Jodi Picoult . Die Wahrheit meines Vaters

  • Dass Jodi Picoult gute Bücher schreiben kann, darüber brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. In ihren Geschichten geht es um außergewöhnliche und tragische Schicksale, von denen man hofft, dass man sie nie am eigenen Leib erleben muss. Das ist auch in diesem Fall nicht anders, aber auch mich hat dieses Buch nicht vom Hocker gehauen, wenngleich ich es auch nicht ganz so schlecht fand, wie offenbar einige meiner Vorgänger. Insgesamt kann ich aber auch einigen Meinungen eindeutig nicht widersprechen:


    ch finde die Grundidee für die Geschichte gar nicht schlecht, aber mich stört diese Geballtheit menschlicher Schicksale

    Auch ich fand, dass man in dieser Geschichte mit zu vielen Problemen auf einmal konfrontiert wurde und gar nicht wusste, wo einen das alles hinführen sollte. Ich fühlte mich manchmal ein wenig überfordert und hatte das Gefühl, dass in dieser Geschichte mindestens der Stoff von zwei, wenn nicht drei oder mehr Büchern verarbeitet worden ist. Schade eigentlich, besonders da die Grundidee, wie Strandläuferin ja auch schon sagte, wirklich alles andere als schlecht ist.


    die Geschichte wird insgesamt von fünf verschiedenen Ich-Erzählern erzählt. Das ist viel, aber in dem Fall auch wirklich entschieden zu viel, denn alle erzählen so ähnlich. Sie unterscheiden sich in keiner Weise voneinander und das ist anstrengend.

    Manchmal war ich mir nicht mehr sicher, wer eigentlich gerade am Erzählen ist. Der Einzige, der sich etwas von den anderen abhebt, war - meiner Meinung nach - Andrew, da er seine Tochter quasi immer wieder angesprochen hat.
    Sehr irritiert wurde ich dann auch, als man erfahren hat, dass Fitz


    Die Charakteren wurden, meiner Meinung nach, oberflächlich skizziert, ohne in die Tiefe zu gehen.

    Und dabei gab es da so viel Potenzial. Und vor allem kann diese Autorin auch ganz anders.


    Insgesamt hätte man aus dem Stoff also eindeutig viel mehr machen können, als es Jod Picoult am Ende gelungen ist, obwohl sie durchaus eine begabte Erzählerin ist, wie sie in anderen Büchern bewiesen hat. Da ich die Geschichte zwar teilweise verwirrend und überladen fand, aber dennoch immer wieder von den Ereignissen gepackt wurde, habe ich insgesamt zwar keinen überragenden, aber auch keinen allzu schlechten Eindruck von diesem Buch.

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Meine Meinung:


    Was man aus Liebe tut ...


    ... muss nicht immer besonders logisch sein. Oder legal. In Andrew Hopkins' Fall war es gegen das Gesetz. Verdenken konnte ich ihm seine Taten allerdings nicht, denn als ich nach und nach die Gründe dafür erfahren habe, war ich immer mehr der Überzeugung, dass ich genauso gehandelt hätte. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht von der teilweise erschütternden Wahrheit verraten, das soll schon jeder selbst herauslesen, wie Andrew versucht hat, das Leben seiner Tochter Delia zu "retten". Ich möchte lieber erklären, warum das Buch von mir nur drei Sterne bekommen hat ...


    ~ Es ist immer leichter, einen Menschen zu verurteilen, als sich zu überlegen, was ihn vielleicht so weit gebracht
    hat, eine illegale oder moralisch verwerfliche Tat zu begehen, weil er glaubt, dass er dann besser dran ist. ~

    (S. 377)


    Die Handlungen der Figuren (in der Gegenwart) konnte ich größtenteils nicht nachvollziehen. Warum? - Weil mir manche Entscheidungen für erwachsene Menschen etwas überstürzt und kindisch erschienen sind. Mit ein Grund für das Unverständnis der Handlung, war wahrscheinlich auch die Tatsache, dass die Autorin ziemlich stark an den Emotionen der Buchfiguren gespart hat. Es wird fast alles so nüchtern und gefühllos beschrieben - das hat mir gar nicht gefallen. Auf diese Weise habe ich zu keinem der Hauptcharaktere eine gewisse Nähe aufbauen können. Die Geschichte/die Buchfiguren waren nur aus der Distanz zu betrachten, so richtig einfühlen konnte ich mich leider in niemanden.
    Zusätzlich erschwert wurde der Nähe-Aufbau durch die Kapitelwechsel. In jedem neuen Kapitel wird aus der Sicht einer anderen wichtigen Person erzählt - und davon gab es gar nicht mal so wenige, fünf waren es mindestens.


    ~ Ich könnte ihr aus eigener Erfahrung sagen, dass Menschen, die wir lieben, manchmal Entscheidungen treffen, die wir nicht nachvollziehen
    können. Aber wir sind trotzdem in der Lage, diese Menschen weiterhin zu lieben. Nicht das Verständnis zählt, sondern die Vergebung. ~

    (S. 86)


    Was mir wiederum gefallen hat, waren die Einblicke, die man über alkoholkranke Menschen bekommen hat. Der Alkohol spielt in diesem Buch eine tragende Rolle, genauso wie eine Verhandlung vor Gericht (aber die ist ja fast schon Markenzeichen von Jodi Picoult) und ich persönlich fand es sehr interessant, zu dieser Thematik auch einmal mehr lesen zu können. Ebenso, aber das hat mir nur zum Teil gefallen, tauchen im Text immer wieder bedeutungsschwere Sätze, Gespräche und Fragen auf, über die man vermutlich stundenlang philosophieren könnte. Für mich war das manchmal etwas zu viel, aber ich glaube, das ist sowieso eher Geschmacksache.


    Dann gab es da noch Gefängnisszenen, die zwar zum Teil heftig zu lesen waren, mir aber dennoch wie reine Seitenfüller vorgekommen sind, da sie mit dem eigentlichen Problem mit Delia nicht viel zu tun hatten.
    Ganz genauso wie ein Abschweifen vom Thema sind bei mir die Szenen angekommen, in denen eine Indianerfrau mit Delia Kontakt hatte. Die alte Indianerin hat von abgehobenen Dingen gesprochen, die in ihrem Glauben verankert sind, mit dem ich aber nicht viel anfangen konnte. Es kamen auch einige indianische Ausdrücke vor, die unaussprechlich waren und mich eigentlich nur gelangweilt haben.


    ~ »Ja!« falle ich ihr ins Wort. »Er ist ein Lügner. Er hat mich achtundzwanzig Jahre belogen, wollen
    Sie das von mir hören? Aber die Alternative war die Wahrheit, und die will niemand hören.« ~

    (S. 457)


    Und zu guter Letzt muss ich noch erwähnen, dass es in dieser Geschichte auch um eine Dreiecksbeziehung geht. Interessanterweise lese ich in letzter Zeit viele Geschichten mit Dreiecksbeziehungen, aber diese hier ist mir irgendwie auf die Nerven gegangen. Eben, weil ich, wie oben schon erwähnt, die Handlungen so mancher Charaktere nicht nachvollziehen konnte, wegen deren fehlender Gefühle.


    Alles in allem also eine kleine Enttäuschung für mich. Mein Gesamteindruck war allerdings gar nicht so negativ, wie man durch meine zahlreichen Kritikpunkte jetzt vermuten könnte, unbedingt weiterempfehlen möchte ich Die Wahrheit meines Vaters aber auch nicht.


    (Weitere lesenswerte Buchzitate findet ihr HIER!)


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