Inhalt (Klappentext):
1792. Die Welt ist in Unruhe. Maschinen machen die Handarbeit der Weber überflüssig – und gefährlich. Ein Landarbeiter stirbt bei einem Unfall und hinterlässt seine Frau Sal und seinen Sohn Kit. Amos, ein junger Tuchfabrikant mit Ambitionen, erbt von seinem Vater ein Unternehmen, das kurz vor dem Ruin steht. Alderman Hornbeam sollte als Friedensrichter für Recht und Ordnung sorgen, schützt aber nur rücksichtslos seinen Reichtum, während Elsie, die Tochter des Bischofs, um die Existenz ihrer Schule für Kinder aus armen Familien kämpft. Und auf dem europäischen Festland schmiedet Napoleon Bonaparte einen gewaltigen Plan, um die Macht an sich zu reißen. Es herrscht Krieg, und der Wandel bestimmt das Leben der Menschen. Wird es ihnen gelingen, sich in der neuen Welt zu behaupten?
Beurteilung:
Bevor dieser Roman erschienen ist, habe ich in diesem Jahr die anderen 4 Kingsbridge Romane gelesen. Hab damit in gewisser Weise einen direkten Vergleich. Und leider schneidet dieser Roman am schwächsten ab. Wobei „am schwächsten“ die nicht ganz zutreffende Bezeichnung ist. „Am unausgewogensten“ wäre wohl zutreffender.
Worum geht es hauptsächlich im Roman. Jetzt könnte ich schreiben: „die Industrielle Revolution“ oder „die Französische Revolution“. Na ja, nicht so recht. Die Industrielle Revolution ist ein Thema, aber hauptsächlich nur am Beispiel des Webstuhls. Nicht was alle anderen Errungenschaften angeht. Was die „Französische Revolution“ betrifft, da erfährt man die meisten Dinge oft nur nebenbei aus in England eingetroffenen Nachrichten. Erst zum Schluss im Kampf gegen Napoleon geht’s zum Ort des Geschehens. Das heißt: weit über zwei Drittel des Romans sind pures Kingsbridge. Alle die damit unzufrieden waren, dass in „Das Fundament der Ewigkeit“ Kingbridge oft links liegen gelassen wurde und die Protagonisten durch halb Europa reisten, dürften hier aufatmen, denn in diesem Roman hockt man sprichwörtlich fast den ganzen Roman lang nur in Kingsbridge rum. Bis halt auf die im Schweinsgalopp abgehandelten letzten Phase des Romans. Mir persönlich war es einerseits zu viel und andererseits aber auch zu wenig Kingsbridge. Was heißt „zu wenig“? Der Roman spielte zwar die ganze Zeit in Kingsbridge, aber was die Beschreibungen der Ortschaften angeht, da war Follett nicht gerade ausführlich. Ganz anders als in den ersten drei Romanen, da spielte Architektur und Baukunst und auch die Nachbarschaft von Kingsbridge eine deutlich größere Rolle.
Das zentrale Thema des Romans ist eindeutig die Auswirkungen der Industriellen und der Französischen Revolution auf die Menschen in England. Und die immer größer werdenden Kluft zwischen den Arbeitern und den Industriellen in der Gesellschaft (bzw. den Leuten, die die politische Macht in England in der Hand halten). Wobei die Arbeiter gern Richtung „Französische Revolution“ schielen, während die „Leute an der Macht“ alles unternehmen, um an der Macht zu bleiben und zu verhindern, dass sich die Revolution auch in England ausbreitet. Und diese Thematik ist für mich das Interessanteste am Roman.
Nebenbei streute der Autor auch Familien- und Liebesdramen ein. Was aber nach anfänglichem Interesse bei mir eher für Verdruss sorgte. Denn Ken Follett verteilte die Erzählperspektiven auf 6 Personen. Und bei jeder dieser Personen gabs Familien- und Liebesdramen. Stellenweise kam es mir vor, als würde ich eine Seifenoper lesen.
Nach ungefähr der Hälfte des Romans machte sich auch noch das Fehlen einer Story mit einem klar erkennbarem "roten Faden" deutlich bemerkbar. Ich fragte mich, wohin führt der Roman den Leser eigentlich. Mir fehlte die sprichwörtliche Karotte vor der Nase. Irgendein Erzählelement, das mich motivierte auch die zweite Hälfte mit viel Elan durchzuhalten. Aber die etwas schwammig geratene Story plätscherte weiter wie gehabt vor sich hin. Erst am Schluss gab es eine Veränderung. Sprichwort: Krieg gegen Napoleon. Leider wurde diese Thematik mehr oder weniger im Schweinsgalopp abgehandelt. Was ich auch nicht besonders mag.
Und das Schicksal der Protagonisten hatte mich zum Ende hin auch nicht besonders fesseln können. Follett bemühte sich zwar nach Kräften, sie nicht zu sehr wie Klischees wirken zu lassen (was ihm nicht immer gelang), aber mir waren es zu viele Charaktere mit zu vielen problematischen Dramen. Und keiner der Charaktere konnte ich mich so richtig fesseln. Nicht so wie in den anderen Kingsbridge Romanen. Follett hatte mir auf zu vielen Hochzeiten getanzt. Mit zwei Charakteren weniger (also zwei Erzählperspektiven weniger) hätte er vielleicht die anderen mehr zur Geltung bringen können.
Jetzt habe ich reichlich gemeckert. Damit will ich nicht sagen, der Roman sei schlecht. Insgesamt war es ein recht interessanter und gut ausgearbeiteter Historischer Roman. Aber auch nicht viel mehr. Und wie gesagt, leider fehlte mir hier eine Story mit einem klar erkennbarem roten Faden. Und dafür, dass man hier im Roman fast nur in Kingsbridge rum hockt, war mir die Anzahl der Erzählperspektiven zu hoch. So kam keiner der Charaktere so richtig zu Geltung. Nicht wie in den anderen Kingsbridge Romanen. Stattdessen führte das hin und her der Charaktere und der Mangel an einer komplexeren Handlung dazu, dass dieser Roman, obwohl er der kürzeste der Kingsbridge Reihe ist, sich für mich wie der längste angefühlt hatte. Aber trotzdem schafft es der Roman dank der ersten Hälfte immerhin auf gute 4 Sterne.