Sarah Moss - Wo Licht ist/Bodies of Light

  • Alethea "Ally" Moberley und ihre Schwester May sind die Kinder eines recht ungewöhnlichen Paares. Der Vater Alfred ist ein bekannter Maler und Innenarchitekt, nicht zuletzt berühmt für seine Tapetenmuster, ein liberaler, lebenslustiger Mann, während seine Frau Elizabeth streng und puritanisch das Regiment über die beiden Mädchen führt. Sie ist eine leidenschaftliche Kämpferin gegen Armut und gegen die Unterdrückung der Frau, schießt mit ihren Methoden jedoch bei den eigenen Kindern häufig über das Ziel hinaus, um sie nur ja nicht zu verweichlichen.


    Ally wächst zu einem ernsten, nachdenklichen Mädchen heran, dessen Strebsamkeit eigentlich jede Mutter freuen müsste, doch für Elizabeth ist es nie genug, egal, was Ally tut, selbst als sie als eine der ersten Frauen überhaupt gegen alle möglichen Widerstände ein Medizinstudium beginnt. In ihren Augen ist ihre Tochter schwach und hysterisch. Dass Allys gelegentliche Zusammenbrüche aus purer Überforderung entspringen, kommt ihr nicht in den Sinn, sie soll sich gefälligst zusammenreißen.


    Sarah Moss ist ein Name, den ich mir ab sofort unbedingt merken muss. Dieser Entwicklungsroman über eine junge Frau im viktorianischen England ist keine herkömmliche historische Frauengeschichte, allein schon durch die äußerst treffende Sprache nicht. Sie schafft es, gleichermaßen die damaligen Lebensumstände und engstirnigen Denkweisen zu skizzieren, die erst ganz allmählich aufzubrechen beginnen, wie auch Allys Lebensweg packend zu schildern.


    Wie sehr die die verqueren Ansichten ihrer Mutter verinnerlicht hat und sich dabei selbst das Leben noch schwerer macht, lässt uns aus heutiger Sicht immer wieder den Kopf schütteln, doch gerade das ist das Glaubhafte an diesem Buch. Alle sind Kinder ihrer Zeit und niemand ist schwarzweiß gezeichnet, allen voran Elizabeth, die einerseits so viel Gutes tut und mit so viel Herzblut und Einsatz für ihre Überzeugungen kämpft und andererseits so gar kein Verständnis für die Nöte ihrer Töchter aufzubringen vermag.


    Eine sehr gelungene Emanzipationsgeschichte, gerade weil sie sich nicht mit einem großen Knall, sondern in kleinen, schmerzhaften Schritten vollzieht.