Das Leben der Rebecca Jones

Buch von Angharad Price, Gregor Runge

Bewertungen

Das Leben der Rebecca Jones wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,8 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das Leben der Rebecca Jones

    Rebecca wird 1905 in Maesglasau in Wales geboren, einem stillen Tal, in dem man von der Landwirtschaft lebt wie in den Jahrhunderten zuvor, weit weg von der industrialisierten Welt.
    In rascher Folge kommen drei weitere Kinder zur Welt, drei Jungen, zwei von ihnen von Geburt an blind. Später folgen noch mehr Geschwister, von denen eines als Baby stirbt und ein weiteres ebenfalls erblindet. Die Behinderung der Brüder entscheidet auch über die weiteren Lebenswege von Rebecca und Bob, dem zweitältesten, denn damit die drei blinden Jungen Schulbildung genießen können, werden sie auf eine kostspielige Schule in England geschickt, so dass kein Geld mehr bleibt, um Rebecca einen längeren Schulbesuch zu ermöglichen und Bob den Traum vom Medizinstudium zu erfüllen. Rebecca muss mit Näharbeiten zum Unterhalt der Familie beitragen und Bob wider Willen den Hof übernehmen.
    Rebecca bleibt zeitlebens in der Gegend, in der sie aufgewachsen ist, und beobachtet im Laufe ihres langen Lebens von ferne, was in der Welt geschieht, während, fast schon ironischerweise, die Brüder ohne Sehvermögen "draußen" herumkommen und es sogar in eine Dokumentation der BBC schaffen. Doch im Gegensatz zu Bob, der zeitlebens mit seinem Schafbauerndasein hadert, macht Rebecca ihren Frieden mit ihrem Schicksal und genießt die kleinen Freuden, die das Leben in Wales ihr bietet, vor allem die Schönheiten der Natur - und die Literatur.
    "The Life of Rebecca Jones" ist ein Buch der ganz leisen, zarten Töne, ein von außen betrachtet gänzlich unspektakuläres Leben ohne Reichtümer, ohne Reisen, böse Zungen würden wohl auch behaupten, ohne irgendwelche nennenswerten Erlebnisse. Doch das liegt ganz im Auge des Betrachters. Es mag für Außenstehende nicht weltbewegend sein, was Rebecca erlebt, aber gilt das nicht für ganz viele Leben? Und bewegt das persönliche Erleben nicht doch die Welt - zumindest die persönliche?
    Mir hat es sehr gut gefallen, in Rebeccas Lebensrealität einzutauchen, insbesondere, weil Angharad Price, die mit diesem wunderschönen Buch ihre eigene Familiengeschichte aufgreift, diese schlichte, karge, von harter Arbeit geprägte Welt und ihre Bewohner liebevoll schildert, aber nicht romantisiert oder idealisiert. Auch die Naturszenen mochte ich sehr. Schön auch, dass das Buch mit einigen historischen Fotos illustriert ist, was den wahren Kern des Romans noch etwas greifbarer werden lässt.
    Die englische Ausgabe enthält zusätzlich noch einen kleinen Sprachführer zur Aussprache walisischer Begriffe und Namen ... was mich allerdings teilweise ganz wuschig gemacht hat, weil ich trotzdem (oder gerade deshalb) ständig gerätselt habe, wie man Bwlch oder Gorfydd nun tatsächlich ausspricht :breitgrins: Das Buch ist übrigens auch im Original auf walisisch und gilt schon als Klassiker der walisischen Literatur, obwohl es noch keine 20 Jahre alt ist.
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  • Rezension zu Das Leben der Rebecca Jones

    Inhalt
    Als Evan Jones 1903 seine Frau Rebecca nach der Hochzeit in sein Tal in Wales holt, wirkt ihre Fahrt in der Kutsche kurz wie eine Entführung. Das Tal ist von beiden Seiten von hohen Bergen umschlossen, aus der Hintertür der Farm blickt man direkt hinunter. Evans Mutter Catrin muss nun in eigenes Haus ziehen und wirft der Schwiegertochter unterschwellig vor, ihr den Sohn weggenommen zu haben. Evans Schwester Sarah bleibt als Arbeitskraft auf dem Hof, ohne sie hätte Rebecca die Arbeit kaum geschafft. In ihrer Erinnerung sieht die Tochter Rebecca ihre Mutter meist dabei, für eine Truppe von Schafscherern zu kochen und zu backen und das viele Geschirr zu spülen. Nach Rebecca werden drei Brüder geboren, die beiden jüngeren blind. Ein dritter Bruder erblindet kurz bevor er eingeschult werden sollte. Die beiden älteren Gruffyd und William werden mit 3 ½ und 5 Jahren fern von zuhause in eine Vorschule für blinde Kinder gegeben. Gruff studiert später Theologie in Oxford, auch William beendet seine Ausbildung erfolgreich. Dass es schon Anfang des 20. Jahrhunderts Unterricht und Lehrmaterial für Blinde gab, hat sich vermutlich kaum jemand so vorgestellt. Die Kosten trägt die Familie und spart buchstäblich jeden Penny dafür. Die beiden älteren Söhne zahlen für ihre Bildung und Selbstständigkeit den hohen Preis, dass sie die walisische Kultur hinter sich lassen müssen und nur noch in den Ferien in ihr heimatliches Tal zurückkehren. Der erstgeborene Robert gibt seinen Lebenstraum vom Studium auf; denn nur er kann die Farm übernehmen und den Lebensunterhalt der Familie verdienen. William lebt inzwischen wieder mit der Familie und verdient eigenes Geld.
    Die Erzählerin der Geschichte ist mittlerweile eine ältere Frau, die offenbar nie das Tal ihrer Kindheit verlassen hat und mit dem Wehmut derer zurückblickt, die kein eigenes Leben führten und sich für die Familie opferten. Die exakten Lebensdaten und Schwarzweiß-Familienfotos lassen die Geschichte authentisch wirken wie eine Biografie. Aufgabe des Lesers ist es, die Verknüpfungen zu suchen zwischen einer sehr jungen walisischen Autorin, einer authentischen Familiengeschichte und dem Schicksal der Rebecca Jones, die diese Geschichte erzählt.
    Fazit
    Eine wunderbare, sehr dichte Erzählung, die ihre verzaubernde Wirkung am besten entfalten kann, wenn man der Versuchung widersteht hinten im Buch zu forschen, wie die Geschichte ausgeht.
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  • Rezension zu Das Leben der Rebecca Jones

    Klappentext:
    Rebecca Jones wird Anfang des letzten Jahrhunderts in eine kleine ländliche Gemeinde im Maesglasau Tal in Wales hineingeboren. Ihre Familie hat das Land dort seit über tausend Jahren bewirtschaftet. Drei ihrer Brüder sind von einer genetisch bedingten Blindheit betroffen, und gerade dieses Handicap ermöglicht ihnen den Zugang zu Bildung und Erziehung außerhalb von Wales. Rebecca und ein weiterer Bruder aber bleiben zurück und bewirtschaften die Farm, halten fest an ihrer Sprache und Tradition, der heraufziehenden Moderne zum Trotz.
    Rebbeccas Erinnerungen erreichen uns mit anrührender Würde und Innigkeit. Kraftvoll und poetisch beschwört Angharad Price den Wandel der Zeiten und eines Lebens herauf, ihre Sprache, ihr Stil, sind von unvergesslicher Präzision und Anmut. Und am Ende lüftet die Erzählerin ein Geheimnis, das dem Leser den Atem raubt. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zur Autorin:
    Angharad Price wurde in Wales in der Nähe von Caernafon geboren. Sie ist Schriftstellerin, Kritikerin und Übersetzerin und unterrichtet Walisisch an der Bangor University. ›Das Leben der Rebecca Jones‹ ist ihr zweiter Roman, der bereits bei Erscheinen als erster walisischer Klassiker des 21. Jahrhunderts gerühmt wurde. Im Jahr 2012 feierte die Familie das tausendjährige Überdauern ihres Farmerlebens im Maesglau Valley. (von der Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: O! Tyn y Gorchudd
    Erstmals erschienen 2002 bei Gomer Press, Ceredigion
    Aus dem Walisischen ins Englische übersetzt von dem Romanautor Lloyd Jones unter dem Titel „The Life of Rebecca Jones“
    In Absprache mit der Autorin folgt die deutsche Übersetzung durch Gregor Runge der überarbeiteten englischen Fassung von 2012
    Ich-Erzählung
    Die Kapitel werden eingeleitet durch Zitate aus Werken von Hugh Jones
    Mit einem Nachwort von Jane Aaron
    175 Seiten
    Eigene Meinung / Bewertung:
    Manchmal passiert es: Man greift zu einem Buch, obwohl man den Autor nicht kennt, nur weil der Klappentext gefällt. Dann liest man und stellt fest: Man hält ein Kleinod in der Hand.
    Die Autorin erzählt von ihrer eigenen Familie, der Farm, die jahrhundertelang von ihr bewirtschaftet wurde, vom harten Leben im walisischen Maesglasau-Tal. Im Mittelpunkt steht Rebecca, die ihr langes Leben gemeinsam mit Eltern und Geschwistern – später mit deren Familien – auf der Farm verbringt; sie erlebt Geburten und Todesfälle, arbeitet im immergleichen Rhythmus der Jahreszeiten auf den Feldern, im Stall und im Haushalt, muss sich von ihren Träumen und Zukunftsvisionen verabschieden – das geringe Einkommen der Familie wurde für die Bildung der blinden Brüder gebraucht, nicht für die des Mädchens.
    Vor dem Leser breitet sich das Panorama einer Kultur aus, die mitten in England blühte und doch anders war. Auch Atmosphäre und Stimmung in Prices’ Buch findet man eher in der irischen Literatur wieder.
    Ein stiller leiser Roman, der an einzelne Ereignisse in Rebeccas Leben erinnert. Damit folgt er der Realität, wo man sich auch nicht – wie in Romanbiographien – minuziös an Tage, Wochen, Jahre erinnert, sondern nur an punktuelle Begebenheiten. Diese wiederum gewinnen durch die Erinnerung eine besondere Bedeutung, ebenso wie die Menschen, die mit ihnen verbunden sind.
    Der walisische Titel (wörtlich übersetzt: Oh, zieh hinfort den Schleier) stammt aus einer Hymne Hugh Jones’ (1816-1897), eines bekannten walisischen Archidiakons der anglikanischen Kirche und Vorfahre der Familie. Gleichzeitig wurde er Titel eines Dokumentarfilms von 1964 über die drei blinden Brüder, den sich die Familie im Haus eines Nachbarn ansah. Den ganzen Hymnus kann man auf Seite 153 nachlesen.
    Die walisische Kultur und Sprache sind, wie Jane Aaron im Nachwort sagt, akut gefährdet. Nicht umsonst galt das Original dieses Buches als unübersetzbar. Dass es, über den Umweg der englischen Fassung, jetzt in Deutsch vorliegt, rückt das Problem der aussterbenden Kultur nun auch in unser Bewusstsein; gut so, damit die Welt nicht wieder ein Stück ärmer wird (auch wenn wir hier nichts dagegen machen können).
    Ob die Pointe am Ende tatsächlich dem Leser den Atem raubt? Ein wenig dick aufgetragen, diese Aussage. Dennoch verblüfft die Pointe. Und ist der Grund, warum diese Rezension nicht bei den Biographien, sondern den Erzählungen eingeordnet ist.
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Ausgaben von Das Leben der Rebecca Jones

Hardcover

Seitenzahl: 176

Taschenbuch

Seitenzahl: 176

E-Book

Seitenzahl: 155

Das Leben der Rebecca Jones in anderen Sprachen

  • Deutsch: Das Leben der Rebecca Jones (Details)
  • Englisch: The Life of Rebecca Jones (Details)
  • Walisisch: O! Tyn y Gorchudd (Details)

Besitzer des Buches 8

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