Anschlag auf den Telegraphen

Buch von Karl H Göttert

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Anschlag auf den Telegraphen

    Karl-Heinz Göttert
    Anschlag auf den Telegraphen
    Emons (Softcover/2004)
    ISBN 3-89705-336-5
    222 Seiten
    Euro: 9.-
    Es ist der Herbst 1847 und Nachrichten zwischen Köln und Berlin werden häufig bei Eile mit dem Telegraphen versandt. Dabei handelt es sich noch um ein optisches System, dass nach der Art der Flaggenstellung auf See nach einem spezifischen Codeschlüssel die Nachrichten von einem Signalturm zum nächsten sendet, was dafür sorgt, dass das System nur bei Tage und nur bei guter Sicht zu verwenden. Und das in einer Zeit, in der bereits in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien die ersten privat betriebenen elektrischen Telegraphen eingeführt werden. Das deutsche System hingegen ist fest in preußischer Hand. Und hat als Mannschaften Männer, die dem militärischen Oberbefehl unterstehen.
    Im Signalturm von Flittard findet der Obertelegraphist Adam Schilling, der an diesem Tag alleine Dienst schieben muss den gewaltsamen Tod. Die Tat und die Tatumstände werden von der Obrigkeit unter den Teppich gekehrt um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass das System eventuell anfällig für Sabotage sein könnte. Nur der von der Universität Bonn zurückgekehrte Werner Schilling – der geheingeschränkte Sohn des Getöteten – interessiert sich für die genauen Umstände des Ablebens seines Vaters. Ein eher weltfremder Philologe, der sich nun gezwungen sieht, sich mit den politischen und gesellschaftlichen Realitäten der Jahre 1847/1948 auseinander zu setzen in denen viele Rheinländer – und auch viele andere deutsche Länder – die preußische Kontrolle aus dem fernen Berlin abschütteln wollen, nachdem sie die Preußen zuvor schon von den Franzosen befreit hatten.
    Durch seine Ermittlungen im Kreis des Telegraphen und durch seine Arbeit bei der Kölnschen Zeitung werden Werner – und damit auch den Leserinnen und Lesern – die technologischen und sozialen Entwicklungen in Europa in ihren Zusammenhängen mehr und mehr verdeutlicht. Der optische Telegraph hat die Kurierreiter arbeitslos gemacht, die zunehmende Industrialisierung sorgt dafür, dass der Bedarf an Fachhandwerkern abnimmt, der ehemalige Chefredakteur des verbotenen Kölner Anzeigers – ein gewisser Karl Marx aus Trier – geht nach London, die Eisenbahnen nutzen ihre Monopolstellungen gegen die Industrie aus bevor sie schließlich unter staatliche Aufsicht gestellt werden und die aufkommende Dampfschifffahrt gefährdet viele Handelsunternehmen, die eine stehende Flotte unter Segeln haben. In seinem privaten Umfeld sieht Werner darüber hinaus, wie die Frauen immer mehr Einfluss gewinnen – so sollen sie nicht mehr einfach gezüchtigt werden dürfen – und versuchen in reine Männerdomänen einzubrechen. Das der Telegraph die Welt dabei noch erstaunlich klein macht wird Werner endgültig klar, als sich die neuerliche französische Revolution direkt auf die deutschen Verhältnisse auswirkt. Und auf den Karneval, der dabei wiederum direkt auf die Lokalpolitik Auswirkungen hat.
    Neben so klingenden typisch kölschen Namen wie Camphausen, DuMont, Lengsche und anderen tritt hier aus Berlin noch ein weiterer bekannter Name in den Vordergrund, nämlich der Name eines ehemaligen Soldaten, der sich der Förderung und Weiterentwicklung der elektrischen Telegraphie verschrieben hat – ein gewisser Herr Siemens. In diesem Umfeld gibt es verschiedene Motive für den Angriff auf eine Telegraphenstation. Fortschrittsangst oder das Gefühl, das die optischen Telegraphen den Fortschritt bremsen, Protest gegen die Regierung, Erzeugen von Angst um ein weniger angreifbares Kommunikationssystem durchzusetzen, klare revolutionäre Beweggründe, geistige Umnachtung und eventuell auch nur einfach ein dummer Zufall. Für all dies findet Werner in der Stadt mögliche Hinweise und Verdächtige, während er eindeutig selber immer deutlicher von verschiedenen Gruppen beobachtet wird.
    Die Personenzeichnung ist wesentlich besser gelungen als in den beiden vorhergehenden Romanen Götterts und auch die Geschichte fließt jetzt beim Lesen wirklich vor den Leserinnen und Lesern dahin. Immer noch werden sehr viele historische Fakten in der Geschichte vermittelt, aber dadurch wird der Erzählfluss nicht unnötig aufgehalten. So ist ein spannendes, interessantes und angenehm zu lesendes Buch entstanden, dass außerdem noch die wichtigen – aber meist nicht so bekannten – Wege der Geschichte zu den wichtigen Ereignissen des Jahres 1848 aufzeigt.
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Ausgaben von Anschlag auf den Telegraphen

Taschenbuch

Seitenzahl: 220

Besitzer des Buches 4

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