Klappentext:
Er ist genial, exzentrisch und der berühmteste Architekt der USA - wenn nicht gar der Welt: Mit der überlebensgroßen Figur Frank Lloyd Wright porträtiert T.C. Boyle einen weiteren mythischen Amerikaner. Mitten in der Prärie hat Wright sich einen Traum verwirklicht: das Anwesen Taliesin. Hier lebt und arbeitet er mit seinen treuen Schülern und seinen geliebten Frauen, die erbitterte Kämpfe gegen ihre Nebenbuhlerinnen und gegen die bigotte US-amerikanische Gesellschaft führen: die aparte Tänzerin aus Montenegro, die exaltierte Morphinistin und - natürlich - Mrs Wright. Boyles Geschichte des großartigen Egomanen ist zugleich eine Kritik an der Prüderie der Amerikaner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. (von der Verlagsseite kopiert)
Zum Autor:
T. Coraghessan Boyle, geboren 1948 in Peekskill, New York, unterrichtet an der University of Southern California in Los Angeles. Für seinen Roman ›World's End‹ erhielt er 1987 den PEN/Faulkner-Preis. Als Enfant terrible der amerikanischen Gegenwartskultur wurde T. C. Boyle zum Pop- und Literaturstar seiner Generation. (von der Verlagsseite kopiert)
Allgemeine Informationen:
Originaltitel: The Women
Erstmals erschienen 2009 bei Viking, New York
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren
In drei Teile gemäß den drei wichtigsten Frauen (bis auf die Ehefrau Nr. 1) in Frank Lloyd Wrights Leben gegliedert: 1. Olgivanna, 2. Miriam, 3. Mamah. Die Handlung wird – was die Frauen angeht - in umgekehrter Chronologie erzählt.
Es wird aus unterschiedlichen personalen Perspektiven erzählt, gleichzeitig gibt sich ein allwissender Erzähler zu erkennen, Sato Tadashi, ein japanischer Schüler des Architekten. Vor allem durch einen Kunstgriff gelingt es Boyle, die konträren Erzählperspektiven zu verbinden: Tadashi ist eine Figur der Geschichte, und er schreibt diese Geschichte auf mit einem Blick aus der Distanz und mit Kommentaren. Wo er als Person der Geschichte an die Grenzen des Allwissens stößt, operiert er mit Fußnoten. Eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Methode.
Inhalt:
Er ist der bekannteste Architekt Amerikas mit Verbindungen und Aufträgen über Landesgrenzen hinweg bis nach Japan. Er führt einen ausschweifenden Lebensstil, ist ständig knapp bei Kasse und bezahlt weder seine Angestellten noch seine Gläubiger. Schuld an der Misere haben immer die anderen, vor allem seine Frauen und Geliebten, von denen er sich ausgebeutet fühlt. Obwohl eine jede doch glücklich sein müsste, dass er sich mit ihr eingelassen hat, wie er glaubt.
Eigene Meinung / Bewertung:
„Der Egomane und die Zicken“ wäre ein ehrlicher Untertitel für das Buch. Wohin man schaut, die Hauptpersonen sind nichts als unsympathische, ich-bezogene, menschenverachtende Leute. Wenn also der eine dem anderen das letzte Hemd auszieht? Macht nichts, es trifft immer den / die Richtige(n).
Doch Lloyd Wright behandelt nicht nur seine Frauen wie Leibeigene, sondern auch seine Schüler und Bedienstete. Wer sich in seinem Schatten bewegt, wer teilhat an seiner Kreativität und Inspiration, braucht anscheinend sonst nichts mehr, keine Anerkennung, keinen Lohn, keine Teilhabe am Ruhm. Die Schüler scheinen dem nichts entgegen zu setzen. Von den Bediensteten, meist einfachen Leuten aus der Gegend, regt sich eher Widerstand. Doch den Meister erschüttert nichts. Wer ihm entgegentritt, Geld verlangt oder die vertraglich vereinbarte Arbeit, wer ihn fordert, hat sein Genie nicht verstanden – so einfach ist das. An Menschen verschwendet der Architekt keine Gefühle, nicht einmal an seine Kinder. Das einzige, das ihm ernsthaft am Herzen liegt, ist sein Wohnsitz Taliesin, ein Gesamtkunstwerk, und seine Sammlung japanischer Holzschnitte, die er allerdings in Zeiten klammer Kassen problemlos zu Geld macht.
Beim Figurenentwurf ist Boyle in seinen anderen Büchern ein Meister in der Ambivalenz, so dass der Leser selbst entscheidet, welcher Person er mit seiner Sympathie und Identifikation folgt. Hier fehlt das Eckchen, in dem der Leser sich wohlfühlt und mit einer Figur mitempfindet, bangt und einverstanden ist. Man kommt als Leser keiner Person wirklich nahe, selbst Lloyd Wright bleibt fern und unverständlich. Auch die Handlung ist nur episodenweise fesselnd. In einigen Rezensionen ist die Rede von Boyles Kritik an der amerikanischen Prüderie. Auch eine andere Lesart ist möglich: Der Hintergrund der Anfeindungen an Wrights Lebenswandel durch Presse und Bevölkerung entspricht der realen historischen Moral der Zeit in Sachen Sex und Ehe.
Eher ein Buch für Leute, die sich für die Frauen in der Biographie Frank Lloyd Wrights interessieren als ein Roman für Boyle-Fans.
Fazit:
Die Biographie eines Künstlers und seiner Frauen, leider nicht in gewohnter Lebendigkeit, die Boyles andere Bücher auszeichnet.