Kurzbeschreibung amazon:
Eine deutsche Südseeballade. In "Imperium" erzählt Christian Kracht eine Aussteigergeschichte in den deutschen Kolonien der Südsee, indem er virtuos und gut gelaunt mit den Formen des historischen Abenteuerromans eines Melville, Joseph Conrad, Robert Louis Stevenson oder Jack London spielt. Die Welt wollte er retten, eine neue Religion stiften, gar ein eigenes Reich gründen - eine Utopie verwirklichen, die nicht nur ihn selbst, sondern die Menschheit erlöst, fernab der zerstörerischen europäischen Zivilisation, die gerade aufbricht in die Moderne und in die Katastrophen des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Doch in der Abgeschiedenheit der Südsee, in einer Kolonie des wilhelminischen Deutschland, gerät ein von einem vegetarischen Spleen besessener Sonnenanbeter in eine Spirale des Wahnsinns, die die Abgründe des 20. Jahrhunderts ahnungsvoll vorwegnimmt.
In seinem vierten Roman zeichnet Christian Kracht die groteske, verlorene Welt von Deutsch-Neuguinea, eine Welt, die dem Untergang geweiht ist und in der sich doch unsere Gegenwart seltsam spiegelt. Zugleich aber ist Christian Krachts "Imperium" eine erstaunliche, immer wieder auch komische Studie über die Zerbrechlichkeit und Vermessenheit menschlichen Handelns.
Roman, 242 Seiten
Meine Meinung:
Robinson und Freitag. Hier heißen sie August Engelhardt und Makeli. Engelhardt ist ein deutscher Aussteiger und Visionär, Makeli ein eingeborener Junge. Gemeinsam harren sie auf einer kleinen Südseeinsel der Dinge, die da auf sie zukommen werden. Zusammen mit noch einigen Inseleinwohnern und ab und zu ein paar Besuchern. Die bleiben aber nie lange. Zu abgedreht und immer mehr dem Wahnsinn verfallend, wirkt Engelhardt auf sie. An diesem Roman faszinierte mich zunächst einmal der Sprachstil. Eine Form, die mich an Thomas Mann denken ließ. Ich will damit aber keinen Vergleich ziehen, sondern nur feststellen, dass der Schreibstil, den der Autor verwendet, irgendwie etwas Altmodisches hat. Manchmal lange verschachtelte Sätze, immer ironisch und hintergründig. Muss man sich erst einmal dran gewöhnen, aber dann ist es auch ein herrliches Lesevergnügen.
Die Person des August Engelhardt hat wirklich gelebt. Ein Vegetarier und Nudist, der versuchte, auf einer Südseeinsel sein Glück zu finden und nebenbei auch noch den Rest der Menschheit zu bekehren. Auch einige andere Personen, die in der Geschichte vorkommen, haben tatsächlich existiert. Wobei der Ablauf der Ereignisse wahrscheinlich oder mit Sicherheit vom realen Geschehen abweichen wird, wenn auch einige Vorkommnisse wohl so stattgefunden haben. Auch die Frau, von der Engelhardt seine kleine Insel erwirbt, um eine Kokosplantage zu betreiben, Emma Farsayth-Coes (Queen Emma), hat ein reales Vorbild.
Die Ereignisse spielen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Deutschland noch einen Kaiser und Kolonien im Pazifischen Ozean hatte. Nach Deutsch-Neuguinea verschlägt es dann auch August Engelhardt. Er hat die abstruse Idee, mit seiner neuen Form der Ernährung in Form von ausschließlichem Verzehr von Kokosnüssen (Kokovorismus) einen gottähnlichen Zustand zu erreichen. Was liegt da näher als der Erwerb einer Kokosplantage? Also wird der Plan in die Tat umgesetzt. Nun braucht er auf seiner abgelegenen Insel nur noch ein paar Anhänger und schon könnte man einen Orden gründen. Den will er den Sonnenorden nennen. Er verschickt Werbebriefe nach Deutschland. Einige Anhänger finden sich ein. Das ist aber wohl doch nicht das Wahre, denn sie bleiben nie länger und dann finden auch noch zwei Weltkriege statt. Diese werden aber nur kurz abgehandelt.
Interessant ist die Geschichte um diesen spleenigen Aussteiger auf jeden Fall. Und mit viel Wortwitz und satirischen Seitenhieben vermittelt der Autor jedenfalls ein abenteuerliches Lesevergnügen. Gelungen fand ich auch die Verbindung von Anfangs- und Schlußszene. Die gleiche Situation wie zu Beginn wird am Ende der Geschichte noch einmal aufgegriffen. Diesmal als Filmszene verewigt.
Mein Fazit: Ein herrliches Lesevergnügen. Eine Form der Satire auf den deutschen Kolonismus. Viele skurrile Typen und Vorkommnisse, die Eingang in diesen Abenteuerroman finden. Die Weltanschauung des Protagonisten Engelhardt nimmt zum Ende hin noch wahrhaft makabre Züge an, als er sich fragt, ob nicht vieleicht sogar Menschenfleisch den gottähnlichen Zustand ermöglichen könnte. Uups. Ein paar unappetitliche Szenen sind schon eingebaut in diesen Roman. Aber keine Sorge, eine Horrorgeschichte entwickelt sich dann doch nicht. Mir hats gefallen.
Meine Bewertung: