T.C. Boyle - Blue Skies

  • Kurzmeinung

    Marie
    Zufällig schlug das Buch auf S. 242 auf - da musste ich es nach 120 Seiten abbrechen
  • Kurzmeinung

    mondy
    Nicht ganz ohne, aber auch mit amüsanten bzw fast schon absurden Momenten. Ein typischer Boyle.
  • Cooper, der leidenschaftliche Insektenforscher, will in Kalifornien zur Rettung der Welt beitragen, auch seine Mutter Ottilie versucht, sich klimabewusst zu verhalten und stellt die Ernährung schon mal auf Insekten als Fleischersatz um. Die Tochter Cat interessiert sich in ihrem Strandhaus in Florida vielmehr für ihre Followerzahlen auf Instagram und legt sich als schickes Accessoire eine Tigerpython zu, während ihr Freund Todd als Bacardi-Botschafter von einer Verkaufsparty zur nächsten jettet. Das Schicksal stellt die Familienmitglieder auf harte Proben, und schon bald verändert sich die Welt um sie herum unwiderruflich...



    "Blue Skies" ist eine Klimadystopie mit großer Dürre und sengender Hitze in Kalifornien und Überflutungen und Starkregen in Florida, gepaart mit erbarmungslosen Stürmen. Mit tiefschwarzem Humor und herrlich ironisch bissig entwirft Boyle eine düstere Gesellschaftssatire. Es wird viel getrunken, um die Gleichgültigkeit zu betäuben, die Langeweile zu ertragen und die Realität auszublenden. So unterschiedlich Cat und Cooper sind, sind sie beide mit ihrem Leben überfordert, orientierungslos und selbstsüchtig.

    Boyles direkter und nüchterner Schreibstil gefiel mir sehr, und auch wenn ich zu allen Protagonist*innen emotional auf Distanz geblieben bin, hat mich das Buch durch die illusionslos-scharfe Zeichnung der Hauptcharaktere und die Beschreibung der klimatischen Veränderungen sowie deren Einfluss auf die Tierwelt richtig gepackt.

  • SimoneF

    Hat den Titel des Themas von „T.C. Boyle- blue skies“ zu „T.C. Boyle - blue skies“ geändert.
  • SimoneF Erneut die Bitte und Aufforderung, die ISBN mit einzutragen in der entsprechenden Eingabezeile unter dem Reiter "Buch".


    Und hier das gleichnamige Original :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „T.C. Boyle - blue skies“ zu „T.C. Boyle - Blue Skies“ geändert.
  • Klappentext/Verlagstext
    Was passiert, wenn die Natur zurückbeißt? – Der neue Roman von T.C. Boyle

    Der Countdown zur Apokalypse läuft: Kalifornien geht in Flammen auf, Überschwemmungen bedrohen Florida. „Der Planet stirbt, siehst du das nicht?", wirft Cooper seiner Mutter vor, die ihre Küche gehorsam auf frittierte Heuschrecken umstellt. Heftige Diskussionen gibt es auch mit Schwester Cat. Sie hat sich als Haustier einen Tigerpython namens Willie angeschafft, die sie sich wie ein glitzerndes Juwel um die Schultern hängt. Die Frage nach dem Verhältnis zur Umwelt geht wie ein Riss durch die Familie, bis eines Nachts Willie aus dem Terrarium verschwindet. Mit „Blue Skies“ hat T.C. Boyle den ultimativen Roman über den Alltag in unseren Zeiten geschrieben. Unheimlich, witzig und prophetisch.


    Der Autor

    T. Coraghessan Boyle, geboren 1948 in Peekskill, N.Y., lehrte bis 2012 Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles.


    Inhalt
    Catherine und Todd leben in der nahen Zukunft an der amerikanischen Südostküste. Hätte Todd das simple Strandhaus in Florida nicht geerbt, würde das verlobte junge Paar finanziell keine großen Sprünge machen können. Als Cat an einer Tierhandlung vorbeikommt, hat sie die Idee ihres Lebens. Sie wird sich einen dekorativ gemusterten Tigerpython anschaffen und mit dem wie eine Stola umgelegten „Willie“ Karriere als Influenzerin in den Sozialen Medien machen. Während der Klimawandel an der amerikanischen Ostküste den Wasserspiegel bereits steigen lässt, erleben dagegen an der Westküste Cats Eltern eine fatale Serie aus Hitze, Trockenheit, Buschbränden und Insektensterben. Cats Bruder Cooper als Insektenforscher verfolgt an vorderster Front, dass die reinen Pflanzenfresser der Insektenwelt nahezu ausgestorben sind. Blutsaugende Artgenossen übertragen jedoch häufiger multiresistente Keime und lösen fatalere allergische Reaktionen aus.


    Ottilie, die Mutter der Geschwister, will stets alles richtig machen und ist dabei, in ihrem Haushalt die Ernährung auf Insekten und Insektenmehle umzustellen, um den Methanausstoß durch Viehzucht zu verringern. Wenn Ottilie täglich stoisch Blätter und anderes Sturmgut von der Wasseroberfläche ihres Swimmingpools abschöpft, wirkt sie wie ein Relikt einer sterbenden Kultur.


    In Florida schlägt derweil die Natur in sintflutartigen Regenfällen zurück. Todd beglückt die Welt mit Bacardi-Events, während die verplante Cat Zwillinge erwartet. Boyles Leser:innen ahnen, dass weder ein Strandhäuschen noch ein PKW zweckmäßig sind auf einer Landzunge, die von allen Seiten vom - stetig steigenden - Wasser umgeben ist. Immerhin denkt Cat soweit, dass ein steigender Wasserspiegel Alligatoren aus den Sümpfen in bewohnte Gebiete transportieren wird. Cooper könnte ihr erklären, dass unverantwortliche Tierfreunde mit dem Import invasiver Arten das natürliche Gleichgewicht zerstört haben … In filmreifen Szenen aus den Untiefen des Influenzer-Daseins muss schließlich - ausgerechnet - Cat um ihr Leben, ihre Kinder und ihren Ruf kämpfen.


    Fazit

    Boyles unvergleichlicher Zynismus sorgt dafür, dass die drei zentralen Figuren samt Partnern ihr Fett wegbekommen. (O-Ton Cat: Männer stürzten ja nach dem Sex sofort zurück an den Gamecontroller oder ihr Fantasy-Buch …). Der Blick des dystopischen Szenarios auf Nicht-Sympathieträger wie Moskitos, Termiten, Schlangen und Alligatoren hat mich sofort eingefangen. Dass die offenbar simpel gestrickte Cat in eher klamaukartigen Actionszenen ins Rampenlicht gerückt wird, lässt für Cooper und Ottilie leider nur Nebenrollen übrig. Bei allem Spaß an Boyles Scharfzüngigkeit finde ich das unbefriedigend.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Hallo Buchdoktor , Danke für deine ausführliche Rezension. Doch ich wollte dich bitten, weniger von dem Inhalt wiederzugeben. Denn leider verrätst du häufig sehr viel von der Handlung, was der Leser lieber selbst entdecken würde. :winken:

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • Mein Eindruck:

    Kaum ein Buch hat mich in letzter Zeit so beeindruckt und beschäftigt mich derart noch so lange nach dem Lesen wie dieses. Und dass, obwohl mir das Thema Klimawandel wahrhaftig nicht unvertraut ist. Ich weiß fast gar nicht wo anfangen mit meinen Gedanken, ohne dabei zu viel von dem Inhalt zu verraten.


    Die Hauptprotagonisten sind überschaubar und in einer Familie vertreten. Da wäre die Mutter, Ottilie, die zumindest im Kleinen versucht etwas zu ändern und kreativ anfängt Insekten, genauer gesagt Heuschrecken, in dem täglichen Speisenplan einzubauen. Die ihren Garten entsprechend bepflanzt, damit dieser noch Insektenfreundlicher wird und mehr Lebensraum bietet. Der Vater, Frank, der in seiner Arztpraxis schon die ersten Patienten behandelt, deren Erkrankungen eindeutig auf den Klimawandel zurückgeht.


    Und ihre beiden erwachsenen Kinder. Cooper, der als Biologe sieht, wie sich die Welt gerade verändert. Und selbst die Auswirkungen auf dramatische Art zu spüren bekommt.

    Seine Schwester Cate, die sich mit einem Tigerpython verspricht ein paar Likes und Follower mehr zu erhalten, um als Influencerin eine Verdienstmöglichkeit zu bekommen. Die sich sehnlichst eine Familie wünscht und auf schreckliche Weise scheitert. Ihr Freund, der für eine bekannte Rum Marke, Partys rund um die Welt veranstaltet und ständig mit dem Flugzeug unterwegs ist. Nur auf sich selbst und seine Außenwirkung fixiert.


    Boyles Bücher rütteln einem immer auf. An einem Moment im Buch kann ich mich ganz besonders erinnern. Dieser dürfte noch oft benannt werden. Er zeigte die schrecklichen Auswirkungen was Unverantwortlichkeit und Unbekümmertheit mit sich bringt.


    Auffällig war noch für mich der Alkoholkonsum. Es scheint mir, als ob der eine oder andere Protagonist sich betäuben müsste, damit er von seiner aktuellen Situation abgelenkt wird, um ja keine Konsequenzen zu ziehen.


    Mein Fazit:

    Der Mensch ist zwar unglaublich mit seiner Anpassung an äußeren Begebenheiten, aber wird unweigerlich an Grenzen stoßen, die er nicht mehr beherrschen kann. Die Erde dürfte mit oder auch ohne die Menschheit auskommen können.

    Für mich war das Buch ein wahrer Pageturner gewesen. Ich fand es durch seine sarkastische und tiefdunkle Weise, die einem hin und wieder atemlos zurückließ, äußerst aufrüttelnd.


    Ich vergebe hier sehr gerne 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ich hab mal einen Spoiler nachgetragen :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Interessant nicht nur für Insektenforscher! Etwas langatmig!


    Der Roman spielt in Kalifornien bzw. auch in Florida. Während es in einem Staat Trockenheit, Wassermangel und Brände gibt, toben in Florida Hurrikans, Überschwemmungen, Wind und Regen. Weitere Katastrophen mit Insekten und Schlangen rund um eine Familie treten ein, alles beschrieben in einfühlsamen Alltagssituationen wie Geburt, Hochzeit, Garten in einem ruhigen Schreibstil, als wäre dies der normale, amerikanische Alltag. Durch eine Insekten-Apokalypse gerät die Ernährung der Menschheit in Gefahr, da die Bestäuber massenhaft sterben. Die Klimakatastrophe wird heraufbeschwört. Aufgrund von Nahrungsmittelmangel müsste unsere eiweißhaltige Ernährung um Insekten wie Grillen z.B. erweitert werden Immer mehr unbehandelbare Infektionen könnten auftreten, da alle Antibiotika unwirksam werden. Eine Python als Spielzeug bzw. als modisches Accessoire wird angeprangert. Diese Szenarien sind nicht als eine Science-Fiktion-Serie gedacht, sondern fordern sicherlich zum Nachdenken und Handeln auf ohne wortreich anzuklagen. Eine sehr fremde Welt zu der in Deutschland!

  • In seinem neuesten Roman "Blue Skies" behandelt T.C. Boyle aktuelle Thema, nämlich sowohl den Klimawandel als auch das Artensterben. Der Mensch ist nicht mehr die Krone der Schöpfung, sondern ist einer selbst verursachten Entwicklung hilflos ausgeliefert.


    Im Mittelpunkt des Romanes steht eine Familie, die vor einer Zerreißprobe steht. Catherine, genannt Cat, die von einer Karriere als Influencerin träumt, Cooper, der zusammen mit seiner Freundin Insekten erforscht und ihre Mutter Ottilie, die ihre Essgewohnheiten umstellt von Fleisch auf Insekten, Bienen züchtet und ihren Garten umweltfreundlich gestalten möchte."Der Planet stirbt, siehst du das nicht?" wirft Cooper ihr vor, ihre kleinen Versuche als sinnlos bewertet.

    Cat lebt mit ihrem häufig abwesenden Freund Todd an der amerikanischen Küste. Todd wirbt für eine bekannte Marke, veranstaltet Partys und fliegt viel. Sein Tesla ist ihm lieb und teuer. Ihm scheint seine Karriere, der äußere Schein wichtiger zu sein als seine Frau oder auch seine Kinder.

    Cat, die dem Alkohol zuspricht und häufig in Bars anzutreffen ist, glaubt, mit einer Schlange ihre Karriere als Influencerin zu beschleunigen.

    Durch Cats Verantwortungslosigkeit und Todds Desinteresse geschieht ein schlimmes Unglück.

    Florida wird überschwemmt, so auch das Haus, in dem Cat und Todd leben. Plötzlich schwimmen Alligatoren am Haus vorbei, das Auto muss woanders geparkt werden und ein Boot wird zum Fortbewegungsmittel.


    Unglück widerfährt auch Cooper durch einen Zeckenbiss. Durch die Klimaerwärmung breiten sich Zecken weiter aus. Das hat tragische Folgen für Cooper. "Die Natur schlägt zurück" könnte man sagen.

    Trockenheit, Dürre und Waldbrandgefahr bedrohen seinen Wohnort Kalifornien. Missernte folgt nach Missernte, die Nahrung wird knapp, ebenso das Trinkwasser, dass nun rationiert werden muss. Der Strom fällt immer wieder aus.

    Der Roman liest sich spannend, Boyles schwarzer Humor, sein Sarkasmus hat mir gut gefallen und veranlasst zum Nachdenken. Ist eine Klimakatastrophe überhaupt noch abzuwenden? Was ist, wenn auch die Insekten sterben, welche katastrophalen Folgen ergeben sich dadurch?

    Das Cover ist treffend gewählt und verdeutlicht anschaulich den Klimawandel.

  • Meine Gedanken zu dem Roman:

    Der neue Roman von T.C.Boyle lässt sich wie gewohnt sehr gut lesen. Gelungene Lektüre zu den aktuellen Themen. Die Leser, die seine Romane gern lesen, werden auch diesmal nicht enttäuscht sein. Wie man den Autor kennt, ist er kein Freund von Wohlfühlgeschichten, seine Besonderheit ist, die schwierigen Themen anzusprechen, wobei er keine Wertung den Geschehnissen gibt, sondern dem Leser überlässt zu entscheiden, was er bei der Geschichte fühlen möchte.


    In dem Roman "Blue Skies" gibt es einen zentralen Satz, um den sich die ganze Handlung dreht. Einer der Protagonisten sagt: "Die Natur hat sich gegen uns gewendet". Und genau darum geht es in diesem neuen Roman. Es geht um die Klimakatastrophe, es geht um den Klimawandel, und um die Menschen, die dagegen nichts unternehmen können.


    Der Roman spielt sich auf zwei Orten ab: während in Kalifornien größte Dürre und unerträgliche Hitze herrscht, und es bald Wüstenwetter herrschen würde, wird Florida überflutet und kann sich von den unendlichen Regen nicht schützen. Dazu kommen große Stürme und Hurrikans. Die Natur spielt verrückt. Und die Menschen sind machtlos. Die Insekten sterben aus, oder überfallen die Menschen in unglaublichen und unkontrollierten Maßen. Auf diesem Hintergrund beschreibt Boyle das Leben einer Familie, deren Mitglieder sich langweiligen, sich fanatisch einem Thema verschreiben, suchen Geltung in den Social-Media, feiern endlose Partys, trinken Alkohol, um sich zu betäuben und um die Sinnlosigkeit zu überstehen. Eine Katastrophe jagt die nächste, nicht nur Natur spielt verrückt, auch diese Familie erlebt ein völliges Chaos, wo ein Trauerfall nach dem anderen geschieht.


    Wie immer präsentiert der Autor seine Figuren distanziert. Auch in diesem Roman überlässt er dem Leser zu entscheiden, was er dabei fühlt und denkt. Erschreckend fand ich, dass das Szenario, auch wenn es überzogen dargestellt worden ist, durchaus sehr nahe der Realität ist. Ich konnte durchaus so eine Familie, mit all den Ereignissen, in der Realität vorstellen.


    Der Roman ist eine gelungene Gesellschaftssatire, die ich leider nicht komisch fand, denn zu ernst sind die Fragen und Themen, die hier betrachtet werden. "Blue Skies" ist zu pessimistisch, um dabei lachen zu können. Mit diesem Roman hat T.C. Boyle auch diesmal einen Treffer gelandet. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen und ich würde die unbedingt, nicht nur an Fans von Boyle, empfehlen. Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: Sterne.

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    Lese gerade:

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  • Willkommen in der Zukunft


    So what?


    Was hat er nicht all schon für Themen beackert, der Bestsellerautor: Afrika-Expeditionen, Ernährungswahn, die Konflikte im Tierschutz, Biosphärenexperimente und den Erfinder des LSD. Ich habe sie mit Vergnügen gelesen und Erkenntnisse daraus gezogen.


    Und nun also der Klimawandel, liegt ja momentan auf der Hand und bietet in seiner Komplexität ausreichend Stoff für ein Epos, bei dem schon die Frage, in welchen Rahmen man ihn eingrenzen kann, eine Herausforderung darstellt.


    Wie Boye diese jedoch Seite für Seite verschenkt, um eine Familienstory daraus zu basteln, die auf Klamauk und Effekthascherei hinausläuft, enttäuscht mich mit fortschreitender Lektüre immer mehr. Viel zu krass fokussiert er den Augenmerk der Leser auf immanent im Bewusstsein verankerte ekelerregende Gegenstände wie die Verarbeitung von Insekten zu Nahrungsmitteln und die Haltung von Schlangen als Haustiere mit erschütternden Konsequenzen, als dass sich dabei ein mentaler Mehrwert einstellen könnte.


    So richtig Dynamik kommt in die Geschichte durch die privaten Katastrophen, der allgemeine Zustand der Umwelt bleibt Kulisse, wenn auch von allerstärksten Auswirkungen. Die sozialen Netzwerke üben ebenfalls ihren negativen Einfluss aus. Auf Seite 285 liest sich das folgendermaßen: "... als hätte das Weltgeschehen, verglichen mit dem, was sie durchmachte, auch nur eine Spur von Bedeutung."


    Über wissenschaftliche Details informiert sich Boyle sorgfältig, das bin ich von ihm so gewöhnt. Er speist einen nicht mit Banalitäten und Gemeinplätzen ab, und das geht so weit, dass ich manche Fachausdrücke nachschlagen muss.


    Die Protagonisten jedoch verhalten sich teilweise so selten dämlich, dass ich nur mit dem Kopf schüttele und denke, sie sind selber schuld. Sie ergehen sich in individuellen Lösungen oder richten sich in der aktuelle Lage ein, was die Welt ja auch keinen Millimter vor dem Abgrund rettet. Von Politik ist absolut keine Rede!


    Was will Boyle uns hiermit sagen? Auf mich hat es wie reiner Sarkasmus gewirkt. Trotzdem gebe ich dem Meister der Dramaturgie noch drei Punkte.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Im Terrarium und auch davor


    „Blue Skies“: in dieser Satire (jedenfalls halte ich diesen Roman dafür) von T. C. Boyle geht es um Cooper, seine drei jeweiligen Freundinnen und seine Eltern Ottilie & Frank, die alle in Kalifornien wohnen. Ottilie kocht gern und so probiert sie sich gehorsam durch die Haltungsbedingungen vieler frittierbarer Insekten der Welt. In „diesem“ Kalifornien ist es immer heiß, manchmal brennt es, daher das breit lodernde, grell orangefarbene Feuer auf dem Cover.


    Der andere Teil der Familie: Coopers Schwester Catherine, genannt Cat, wohnt in Florida, wo es immer regnet, oft stürmt und alles dauernd überschwemmt ist. Eine klimatische Mischung der beiden Bundesstaaten wäre gut, aber das geht ja nun mal leider nicht. Cat ist mit Todd zusammen, einem Bacardi-Repräsentanten und manchmal hat sie Haustiere. Z. B. einen männlichen, sehr freiheitsliebenden, Tigerpython namens Willie, den sie sich um den Hals legt, wenn sie eine Bar aufsucht, was ziemlich oft passiert. Ebenfalls ziemlich oft passiert es, dass Willie aus seinem Terrarium abhaut.


    Und weil Todd weder Tierhaare noch Babys mag, hatte Cat nicht viel Auswahl bei ihrer sonstigen Gesellschaft. Denn er selbst ist meistens auf Reisen und feiert weltweit seine ausschweifenden Bacardipartys. Manchmal darf sie mit, aber meistens nicht, denn das wäre doch eher geschäftsschädigend für seine weibliche Bacardi-Fangemeinde.


    Dann passiert etwas so Schreckliches, dass der Leser erstmal nach Luft schnappt. Das Kopfkino springt an und lässt einen tagelang nicht wieder los. Leider – oder zum Glück – kann das hier natürlich nicht verraten werden. Durch das Schreckliche ändert sich alles und die Protagonisten sind beschäftigt. Dabei könnte alles doch so schön sein. Wenn man nur die Zeit ein ganz klein wenig zurückdrehen könnte.


    Einiges wird uns allerdings hier untergejubelt, z. B. auf S. 151: „Und sie hatten ja auch einen Wagen mit Elektromotor, was den CO2-Ausstoß reduzierte, aber natürlich brauchte so ein Wagen auch ein Kraftwerk, in dem irgendwas verbrannt wurde.“ Und selbstredend ist Cat gegen Covid geimpft und zweimal gegen Varianten geboostert. (S. 150) Zum Schluss, auf Seite 394, dürfen wir dann noch ein Loblied auf die Chemtrails lesen, folgerichtig hätte dann der Himmel auf dem Cover eher weiß als blau sein müssen.


    Fazit: Eine bunte Mischung aus zwei amerikanischen Bundesstaaten. Aber Achtung, auch wenn’s wie Satire klingt, so scheint uns doch das Nach-Corona-Narrativ des Klimawandels immer wieder übergebügelt zu werden. Beim dennoch versöhnlichen Ende dürfen wir dann wieder etwas aufatmen.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • "Blue Skies" ist mein erste Buch von T.C. Boyle, wird aber wahrscheinlich nicht das letzte gewesen sein.

    Inhalt:

    Wir befinden uns in einer USA der möglicherweise gefährlich nahen Zukunft. Während die Influencerin Cat in Florida unter Wassermassen versinkt, röstet der Rest ihrer Familie in der kalifornischen Hitze. Bruder Cooper bemüht sich um einen möglichst nachhaltigen Lebensstil, beschäftigt sich mit Insekten und glaubt an die drohende Apokalypse. Cat kauft sich in Florida eine Tigerpython, um ihre Social Media Accounts zu pushen, und wird von ihrem ständig abwesenden Verlobten ungewollt schwanger.

    Meine Meinung:

    Es ist erschreckend, wie realitätsnah die Bilder zu sein scheinen, die T.C. Boyle in seinem neuesten Roman zeichnet. Man kann eine Realität, wie die, die hier beschrieben wird, beinahe mit den Fingerspitzen spüren, und genau das macht sie du einer der unheilvollsten Dystopien, die ich bislang gelesen habe. In Kalifornien ist der Himmel jeden Tag stechend blau. Es ist so heiß, dass die Wälder in Flammen aufgehen.

    Bei diesem Roman handelt es sich um eine Art prophetische Warnung und um eine bitterböse Kritik an den Oberflächlichkeiten der US-amerikanischen Gesellschaft. Der Text liest sich spannend, ein wenig bizarr, manchmal auch etwas vorhersehbar. Er verfehlt aber keineswegs seinen Zweck, den Leser wachzurütteln und für die Auswirkungen des Klimawandels zu sensibilisieren. Die stetige Konfrontation mit Katastrophen stellt die Protagonisten immer wieder vor große Herausforderungen. Trotzdem sind sie weiterhin in ihren Oberflächlichkeiten gefangen. Boyle behandelt zusätzlich auch Themen wie Konsumüberfluss oder Alkoholmissbrauch. Ihre eigene Ignoranz ist es, die Cat und die anderen nach und nach ins Unglück führt. Der Autor scheut sich hier nicht davor, extreme oder drastische Bilder zu wählen, um seinen Punkt deutlich zu machen. Das Buch ist tatsächlich wenig subtil. Es kommt mir beim Lesen so vor, als würde der Text sein Publikum beim Kragen packen wollen, um sie heftig durchzuschütteln.

    Fazit:

    "Blue Skies" ist ein erschreckendes wie faszinierendes Buch. Ich kann am Ende unmöglich behaupten, dass es mich "gut" unterhalten oder mit gefallen hat, dazu ist es zu böse. Es handelt sich trotzdem um gute, politische Gegenwartsliteratur, die im wahrsten Sinne des Wortes ins Wespennest sticht.

  • Das wir als Menschheit einer riesengroßen Klimakatastrophe entgegensausen dürfte hoffentlich so gut wie allen klar sein. Doch wie umgehen damit? Versuchen gesellschaftlich etwas zu verändern, im Kleinen den eigenen ökologischen Fußabdruck verringern, die Augen vor dem kommenden verschließen oder ganz einfach das Leben noch einmal in vollen Zügen genießen?
    Der Autor dieses Buches T. C. Boyle zeigt anhand einer Familie in Kalifornien diese unterschiedlichen Umgangsstrategien der verschiedenen Charaktere auf und entwirft so ein Psychogramm menschlichen Verhaltens. Das Buch ist sehr nah dran an der Lebensrealität der Menschen und moralisiert nicht. Als Leser*in fühlt mensch sich herausgefordet sich zu fragen, wie mensch selbst reagiert und das vom eigenen Verhalten viel abhängt. Ein Buch zum Nachdenken und zum Aktiv - Werden.

  • Vorausschicken möchte ich: T.C. Boyle gehört zu den Autoren, die ich immer gern gelesen habe, und ich halte ihn für einen der besten zeitgenössischen amerikanischen Schriftsteller. Daher kam sein neues sofort mit, als ich es in der Bücherei entdeckte.


    Dass eine Katastrophe passieren würde, hatte ich schon im Vorfeld mitbekommen, aber ein Roman von Boyle ohne Katastrophe? Gibts den überhaupt?


    Als ich - mit Interesse und Vergnügen - über 100 Seiten gelesen hatte, fiel das Buch hin und schlug zufällig auf Seite 242 auf. Ich konnte nicht anders, meine Augen lasen automatisch einige Sätze, und mir war klar: Das ist eine der schlimmsten Passagen, die ich je in einem Roman (auch von Boyle) gelesen habe. Ich habe das Buch abgebrochen, ehe ich die Figur, der das Schreckliche passierte, kennen lernen konnte.


    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Marie Ich kann dir das gerade so nachvollziehen, wie es dir gegangen war. Ich schrieb ja selbst in meiner Rezension:


    Boyles Bücher rütteln einem immer auf. An einem Moment im Buch kann ich mich ganz besonders erinnern. Dieser dürfte noch oft benannt werden. Er zeigte die schrecklichen Auswirkungen was Unverantwortlichkeit und Unbekümmertheit mit sich bringt.

    Zu dem Zeitraum wollte ich noch nicht mehr verraten und erst noch abwarten ob andere Leser*innen das auch so schrecklich fanden, aber es kam zunächst nichts. Bis ich deinen Beitrag gelesen habe. Vorher habe ich schon gedacht, dass ich wohl doch etwas zu zartbesaitet bin.



    Interessant finde ich ja, dass diese Stelle auch bei Interviews mit T.C. Boyle überhaupt nicht erwähnt wird. Mich würde da ja doch seine Meinung dazu interessieren. Also, wenn er einem aufrütteln wollte, dass wäre ihm gelungen :-?


    Könnte ich dir trotzdem etwas Mut machen, damit du das Buch weiter lesen würdest? Ich weiß, diese Stelle ist so arg. Und vermutlich macht es auch nicht wett, dass man beim Rest wohl tief einatmen muss und sich sein positives Denken weiter aufrecht halten muss, aber es ist knallhart zum Klimawandel passend. Auch in der Charakterbeschreibung dieser oberflächlichen Influencerin (leider). Wahrhaftig keine Wohlfühllektüre :( Wie gesagt, ich kann dich so gut verstehen Marie . Besser wäre es gewesen, er hätte diese Stelle einfach weggelassen.


    Am Ende des Buches allerdings:


    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Marie und Farast : Ihr macht mich neugierig. Ich habe das Buch geschenkt bekommen, aber es liegt noch auf meinem Stapel. Leider.

    Ich lese Boyle zu gerne, ich mag seine Provokationen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich lese Boyle zu gerne, ich mag seine Provokationen.

    Seine Provokationen sind ja wirklich legendär. Ich muss gerade an sein vorheriges Buch denken. Ich fand da eher schräg was abgelaufen war, nämlich



    Hier ist das schon wieder eine andere Sache. Das hatte mich auf eine ganz andere Ebene erwischt. Ich bin gespannt auf deinen Eindruck.

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