(Nicht wundern, das Buch ist auf deutsch unter den drei genannten Titeln aufgelegt worden.)
Jude Fawley hatte es von Anfang an nicht leicht in seinem Leben. Nach dem Tod der Eltern ist er bei seiner Großtante aufgewachsen, die ihn nicht unbedingt mit Liebe überschüttet hat, und sein Traum, in Christminster, der berühmten Universitätsstadt, zu studieren, stößt in seinem dörflichen Umfeld auf wenig Gegenliebe. Im Selbststudium versucht er sich Fremdsprachen, Philosophie und ein bisschen Theologie anzueignen, während er zunächst Gelegenheitsarbeiten verrichtet und später eine Ausbildung zum Steinmetz macht.
Mit seiner ersten Liebe hat er auch keinen Glücksgriff getan. Das Bauernmädchen Arabella entpuppt sich schnell als verschlagenes Geschöpf, das ihn trickreich zu steuern weiß, und die überstürzt geschlossene Ehe hat nicht lange Bestand.
Als er seine Cousine Sue zum ersten Mal sieht, verliebt er sich rasch in die belesene, unabhängige junge Frau, ein ungewöhnliches Geschöpf, das seiner Zeit um einiges voraus zu sein scheint, doch es ist nicht klar, ob sie seine Gefühle erwidert.
Thomas Hardy zeigt uns hier das Porträt eines jungen Mannes, der große Träume hat und eigentlich auch die Fähigkeiten besäße, sie in die Tat umzusetzen, wenn ihn nicht rigide Standesschranken und ein leerer Geldbeutel daran hindern würden. Auch in der Liebe ist Jude wenig Glück beschieden, er muss an allen Fronten kämpfen und schaut am Ende doch viel zu oft in die Röhre.
Es ist ein düsteres, zorniges, trauriges Buch, in dem man relativ wenig der schönen, ausschweifenden Schilderungen des ländlichen Lebens findet, auf die Hardy sich so gut versteht, und auch wenig von seinem Humor zu merken ist. Er prangert Standesdünkel und Bigotterie an und warnt eindringlich vor der Institution Ehe, die hier oft als üble Falle dargestellt wird, aus der man nur ausbrechen kann, wenn man gesellschaftliche Ächtung nicht fürchtet. Mich wundert nicht, dass Hardy nach Veröffentlichung des Buches extrem angefeindet wurde - Ende des 19. Jahrhunderts kamen die Botschaften dieses Romans schon einer Revolution gleich!
Jude war mir zwar als Protagonist durchaus sympathisch, hat mein Herz aber nicht so erobern können wie viele von Hardys anderen Hauptfiguren. Irgendwie blieb er mir immer ein wenig fern. Auch mit Sue hatte ich so meine Probleme, sie wirkte oft übermäßig wankelmütig und launisch, fast ein wenig überzeichnet.
Trotz dieser kleinen Kritikpunkte konnte ich das Buch am Ende kaum noch aus der Hand legen. Mein Lieblings-Hardy ist es allerdings nicht geworden.