Du stirbst nicht

Buch von Kathrin Schmidt

  • Kurzmeinung

    drawe
    Aus dem Koma zurück ins Leben über die Sprache - das ist gekonnt erzählt. Das Liebesgedödel hat mich eher gestört.

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Du stirbst nicht

Ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken. Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer fremden Frau, die doch einmal sie selbst war, einer Ehe, die kurz vor dem Ende stand, und Kindern, die schon eigene Wege gehen wollten und nun bestürzt innehalten. Ein Erinnerungsroman ganz eigener Art, der durch seine innere Dynamik fesselt und vor allem durch die bewegende Schilderung eines sprachlichen Neubeginns überzeugt.
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Bewertungen

Du stirbst nicht wurde insgesamt 18 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,4 Sternen.

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Meinungen

  • Aus dem Koma zurück ins Leben über die Sprache - das ist gekonnt erzählt. Das Liebesgedödel hat mich eher gestört.

    drawe

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Du stirbst nicht

    Ich habe das Buch soeben beendet und bin begeistert. Ich kann mich Sigrids Rezension völlig anschließen, möchte hier aber noch ein paar Eindrücke selbst erzählen. Zunächst ein paar zum Aufbau: das Buch beginnt mit sehr kurzen Spotlights - ein paar Sätzen, dann ein paar ganz kurze Absätze - immer passend zu den wiederkehrenden Wach-Phasen der Protagonistin.. je länger diese Phasen, desto länger die Absätze die dann in kurze Kapitel übergehen. Insgesamt ist das Buch in 6 Kapitel unterteilt. Der Titel erklärt sich in den letzten beiden Sätzen, also Vorsicht ob man wirklich kurz auf die letzte Seite schaut oder nicht. Und nun zu den inhaltlichen Eindrücken.
    Dazu gehört eine Vorgeschichte: mein Vater hatte einen Schlaganfall, mit 60. Er hatte viel Glück, es war nur ein leichter... körperlich wurde er über die Zeit fast völlig wiederhergestellt. Geistig blieben Defizite. Seelisch-psychisch - war er nicht mehr mein Vater. Er war ein anderer Mensch, der nur noch wenig gemein hatte mit dem Mann, der mich groß- und erzogen hatte...... Es sind nicht die körperlichen Katastrophen, die ein Leben nach so einer Krankheit beeinträchtigen, es sind die geistigen und seelisch-psychischen. Denn wer oder was sind wir? Wir sind nicht die Fähigkeit zu laufen, ein Messer zu halten, alleine in eine Dusche einzusteigen, Auto zu fahren. Wir sind unsere Gefühle, unsere Gedanken, unsere Schmerzen und Glücksgefühle, unsere (Ab)Neigungen und Lieben und wir sind unsere Erinnerungen. Wer sind wir ohne Erinnerungen? Niemand ........ ausgeliefert irgendwelchen uns fremden Personen (die wir ja nicht (wieder)erkennen), die uns alles erzählen könnten was sie wollten, wir könnten den Wahrheitsgehalt ja niemals überprüfen...... Deshalb ist diese "Nabelschau" der Protagonistin Helene der eigentliche Heilungsprozess, das was wirklich zählt. Ich will die Wichtigkeit der körperlichen Wiederherstellung (soweit möglich) hier nicht komplett in Abrede stellen, aber die seelische und geistige Gesundung ist die viel wichtigere in diesen ganzen Prozessen. Das geistige Ausgeliefertsein und die Beschränktheit, die sog. 'Kapazitätsprobleme', die Kathrin Schmidt ja sehr genau wiedergibt (hat sie sie doch am eigenen Leib erfahren) sind die gravierendsten Beschränkungen nach einem Hirnschlag gleich welcher Ursache. Sei es die Suche nach Wörtern, sei es die nach Erinnerungen die sich nicht richtig greifen lassen, sie schränken uns in unserem Leben viel mehr ein als ein gelähmter Arm.... Ich kann mich auch nach fast 30 Jahren sehr genau an diese Kämpfe meines Vaters erinnern - er verlor damals wo die Protagonistin Helene gewinnt. Kathrin Schmidt liefert hier einen sensationellen Erfahrungsbericht ohne tränenreiches emotionsüberfrachtetes Geplapper - ein hervorragendes Buch bei aller Tragik der Geschichte.
    Leider enthält das Buch ein paar kleinere logische Fehler, die meiner Meinung nach einem guten Lektor hätten auffallen müssen. Deshalb ziehe ich einen halben Stern ab was zu einer Bewertung von führt
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  • Rezension zu Du stirbst nicht

    Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2009
    HC, 348 Seiten
    Kurzbeschreibung
    Vom Hirnschlag erwacht - die Geschichte einer Heilung Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken. Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer fremden Frau, die doch einmal sie selbst war. Kathrin Schmidt packt ihre Leser diesmal durch die Beschränkung, und zwar im wörtlichen Sinne. Mit den Augen ihrer erwachenden Heldin blicken wir in ein Krankenzimmer, auf andere Patienten, das Pflegepersonal und den eigenen Körper, der plötzlich ein Eigenleben zu führen scheint. Und wir erleben die mühsamen Reha-Maßnahmen mit, die Reaktionen der Familie, den aufopferungsvollen Einsatz ihres Mannes - und die bruchstückhafte Wiederkehr ihrer Erinnerung. Was da zutage tritt, konfrontiert Helene mit einem Leben, in dem sie sich kaum wiedererkennt, und das vieles in Frage stellt, was in der neuen Situation so selbstverständlich scheint. Sie entdeckt frühe Brüche in ihrer Biographie, verdrängte Leidenschaften und aus der Not geborene Verpflichtungen. Als ihr bewusst wird, dass ihr Herz sich bereits auf Abwege begeben hatte und sie den Mann, der sie jetzt so eifrig pflegt, eigentlich verlassen wollte, droht sie den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kathrin Schmidt gelingt das Erstaunliche: Sie macht den Orientierungs- und Sprachverlust nach einer Hirnverletzung erfahrbar und zeigt einen Weg der Genesung, der in zwei Richtungen führt, zurück und nach vorn. Dabei entsteht ein Entwicklungsroman ganz eigener Art, der durch seine innere Dynamik fesselt und durch die Rückhaltlosigkeit, mit der seine Heldin sich mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert, fasziniert. Er überzeugt vor allem durch die bewegende Schilderung eines sprachlichen Neubeginns.
    Über den Autor
    Kathrin Schmidt, geboren 1958 in Gotha, arbeitete als Diplompsychologin, Redakteurin und Sozialwissenschaftlerin. Sie erhielt zahlreiche Preise, darunter den Leonce-und-Lena-Preis 1993. Ihr 1998 erschienener Roman "Die Gunnar-Lennefsen-Expedition" wurde mit dem Förderpreis des Heimito von Doderer-Preises und dem Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1998 ausgezeichnet. Sie lebt in Berlin. Bisherige Veröffentlichungen: "Poesiealbum 1979", Gedichte, 1982. "Ein Engel fliegt durch die Tapetenfabrik", Gedichte, 1987. "Flußbild mit Engel", Gedichte, 1995. Weitere Titel bei Kiepenheuer & Witsch: "Die Gunnar-Lennefsen-Expedition", Roman, 1998. "GO-IN der Belladonnen", Gedichte, 2000. "Koenigs Kinder", Roman, 2002, "Seebachs schwarze Katzen", Roman, 2005.
    Meine Meinung
    Das erste, was Helene Wesendahl hört, ist das Klappern von Besteck, vom Silberbesteck ihrer Großmutter.
    Helene nimmt erst ganz allmählich wahr, dass sie in einem Krankenzimmer liegt, die Personen um sie herum ihre Familie ist. Sie leidet an einer rechtsseitigen Lähmung mit Sprach- und Gedächtnisverlust. Dass sie eine Hirnblutung hatte, begreift Helene erst später.
    Zunächst erscheint Helene alles wie ein Albtraum, sie ringt um Verstehen. Sie hört „Afasie“ und versteht Anfang sieben. Bevor die Sprache zurückkommt, füllt sich Helenes innere Leere mit Erinnerungen, Erinnerungen an ihre Kindheit in Ostberlin, Eheschließung, Geburt der Kinder. Die letzten Wochen vor der Hirnblutung bleiben zunächst verschlossen. Helene fühlt sich ausgeliefert, unfähig, Wünsche zu äußern.
    Der Leser verfolgt in dieser Geschichte der Geschichte eines Menschen, der sich verloren zu haben scheint und darum kämpft, sich wiederzufinden.
    Ihr Ehemann Matthes versorgt sie fürsorglich, veranlasst die Verlegung auf eine besser ausgestattete Station und dann in die Rehaklinik Heidemühlen.
    Dies alles schildert Kathrin Schmidt aus der Sicht der Betroffenen, konsequent die Ich-Form meidend. In eindrucksvollen Bildern erfährt der Leser die Hilflosigkeit und Schrecknisse Helenes.
    Sehr eindrücklich beschreibt die Autorin die Aufarbeitung der Vergangenheit. Weitere Erinnerungen kehren zurück – wollte sie, Helene, Matthes nicht gerade verlassen? Diesen Mann, der nun fast täglich an ihrem Krankenbett steht? Mit Wucht kehrt die Erinnerung an Viola zurück, eine transsexuelle Frau. Wollte sie deshalb ihren Mann verlassen?
    Erst in der Rehaklinik erfährt Helene, dass ihr zweiter Roman gerade erschienen ist. Dass sie, die Schriftstellerin, die durch Sprache lebt, nun „sprachlos“ ist. Sie hat ein „Kapazitätsproblem“. Die Genesung ist langwierig. Zugleich zeigt Kathrin Schmidt für Helene aber auch einen Weg nach vorne, eine Befreiung durch die Rückgewinnung der Sprache.
    Dass man sich als Leser so gut einfinden kann, der Roman so authentisch ist, mag daran liegen, dass Kathrin Schmidt selbst 2002 eine Hirnblutung erlitt.
    Der Roman ist aber nicht jammernd oder mitleidend. Sprachlich knapp und mitleidlos beschreibt die Autorin die Selbstwahrnehmung der Protagonistin.
    Hervorzuheben ist das hohe sprachliche Niveau. Manche Sätze erscheinen fast lyrisch. Allerdings schlägt das Kunstvolle manchmal fast ins Künstliche um, die manche Passagen mehrfach lesen lassen.
    Dieser sensibel erzählte Roman von Kathrin Schmidt überzeugt sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Er ist zu recht für den Deutschen Buchpreis 2009 nominiert.
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Ausgaben von Du stirbst nicht

Hardcover

Seitenzahl: 352

Taschenbuch

Seitenzahl: 352

E-Book

Seitenzahl: 353

Besitzer des Buches 45

Update: