James Miranda Barry

Buch von Patricia Duncker

Bewertungen

James Miranda Barry wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 2,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu James Miranda Barry

    Klappentext:
    Anfang des 19. Jahrhunderts schließen drei Männer der englischen Oberschicht einen Pakt. Um die Talente eines Mädchens nicht zu vergeuden, sorgen sie für eine männliche Identität und lassen "den" Elfjährigen Medizin studieren. James Miranda Barry führt ein abenteuerliches Männerleben, das alle Winkel des 19. Jahrhunderts ausleuchtet. Männer wie Frauen erliegen der Verführung seiner Unnahbarkeit. Erst am Ende kehrt Barry zu dem einzigen Menschen zurück, das unter seine Verkleidung sieht.
    Zur Autorin:
    Patricia Duncker, geboren 1951 in Jamaika, lebte lange in Frankreich und ist die Autorin von fünf Romanen, zwei Sammlungen von Kurzgeschichten und zahlreichen Essays. Sie lehrt Literaturwissenschaften an der University of Manchester. "James Miranda Barry" ist ihr zweiter Roman.
    Allgemeines:
    Originaltitel: James Miranda Barry aus dem Englischen übersetzt von Heidi Zerning
    491 Seiten in 5 Teilen, die ungeraden als Ich-Erzählung, die geraden aus der Perspektive eines unbeteiligten Beoachters, Nachwort der Autorin mit Literaturangabe, Dank und Richtigstellung der historischen Fakten und Daten
    Inhalt:
    Wie hier zu lesen, soll eine Leichenwäscherin des toten James Barry entdeckt haben, dass er in Wirklichkeit eine Frau war. Auf dieser These baut die Autorin ihr Buch auf und schmückt die Geschichte zu einer halb-fiktiven Biographie aus.
    Eigene Meinung / Beurteilung:
    Der erste Teil führt den Leser in das herrschaftliche Haus des Generals Francisco de Miranda, der mit der Mutter des namenlosen Ich-Erzähler-Kindes zusammenlebt. Auch wenn Francisco es als "mein Mädchen" anspricht, entsteht vor dem inneren Auge das Bild eines Jungen, denn ein Kind, das seine Mutter stets "meine Liebste" nennt, sie nicht loslässt und sich in ihren Röcken verkriecht, klingt eher nach Sohn als nach Tochter. Auch wird das Kind in Latein, Geographie, Philosophie und Biologie unterrichtet; von typisch weiblichen Unterweisungen ist nicht die Rede.
    Von seiner Geschlechtlichkeit hört man bis zu den letzten Seiten nichts mehr. Das Bild eines Mannes bleibt, auch wenn der jetzt Barry Genannte als sehr klein mit roten Locken, winzigen Händen und Füßen beschrieben wird. Dass er als durchsetzungsstark, sturköpfig und mutig charakterisiert ist und als Militärarzt in verschiedenen Kolonien arbeitet, trägt sicher zu diesem Bild bei.
    Unglaubwürdig, dass Barry als Arzt in der Rolle des Ich-Erzählers keinen Gedanken an seine geschlechtliche Identität verschwendet. Er erinnert sich nur an die erlauschten Bruchstücke eines Gesprächs, in dem die drei Männer beschließen, sie / ihn mit Jungenkleidung auszustaffieren und zum Medizinstudium zu schicken.
    Teil vier und fünf lesen sich wie ein Abenteuerroman, in dem der Held eine prekäre Situation nach der anderen unbeschadet meistert. Als angesehener, hoch dekorierter, aber im Umgang schwieriger Mann führt Barry zahlreiche Neuerungen in die medizinische Praxis ein (Hygiene), entwickelt Ideen eines sozialen Miteinanders und wendet sich gegen die Sklaverei. Außerhalb des Kreises, der ihn als Kind umgab, scheint er für niemanden innige Gefühle oder Liebe zu hegen; Alice Jones, seine Kinderliebe, bewahrt er im Herzen.
    Alice Jones war keine historische Persönlichkeit; sie hat im Buch eine doppelte dramaturgische Funktion als Gegenpart zu Barry: Sie muss sich alles erarbeiten, folgt nur ihrem eigenen Kopf, erreicht als Frau das, was sie sich erträumt hat; sie genießt ihre völlige Freiheit, braucht sich von keinem etwas sagen zu lassen, pfeift auf Manieren und Höflichkeit und ist bereit, dafür Konsequenzen zu tragen. In der zweiten Funktion ist sie die Klammer um Barrys Geschichte, der Punkt, in dem diese beginnt und sich schließt.
    Atmosphäre und Stimmung fängt die Autorin so ein, dass für den Leser die schwüle Hitze der Tropen ebenso spürbar wird wie das vornehme und steife Gebahren an den Tafeln der reichen Engländer, obwohl sie sprachlich mehrmals über die Stränge schlägt: "Zwillingsvulkane mit einem tiefen Einschnitt dazwischen. Schneeige Almen stiegen zu den verborgenen Bergkegeln auf, die in brodelndem Schlummer des glücklichen Liebhabers harrten, der sie zur Eruption entflammen sollte." (S. 276 - nein, es geht nicht um Landschaftsbeschreibung ) oder: "Er entblößte eine herrliche Phalanx von Zähnen, alle so gerade ausgerichtet wie die Kreuze auf einem Militärfriedhof." (S. 301)
    Trotz allem: Es war ein lockeres Vergnügen, dieses Buch zu lesen. Vielleicht, weil ich solange keinen Abenteuerroman mehr gelesen habe.
    Fazit:
    Wer keine Biographie des historischen James Miranda Barry erwartet und über einige Fehlgriffe der Autorin hinwegsehen kann, den erwartet eine leichte lebhafte Lektüre.
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Ausgaben von James Miranda Barry

Taschenbuch

Seitenzahl: 496

Hardcover

Seitenzahl: 495

Besitzer des Buches 7

Update: