Bretonisches Lied

Buch von J. M. G. Le Clézio, Uli Wittmann

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Bretonisches Lied

Ein Lied der Erinnerung an eine Kindheit zwischen Meer und Krieg. Der französische Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio erinnert sich in »Bretonisches Lied« an seine Kinder- und Jugendzeit. An die Urlaube mit der Familie in der Bretagne und in »Das Kind und der Krieg« an seine frühe Kindheit im besetzten Süden Frankreichs. Zwei eindrückliche autobiografische Erzählungen aus einem anderen Jahrhundert, die in Frankreich die Bestsellerlisten gestürmt haben. Nostalgisch, aber nie sentimental, so erinnert sich J.M.G. Le Clézio an die Bretagne seiner Kindheit und Jugend. Von 1948 bis 1954 hat er hier mit seiner Familie die Sommerferien verbracht. In einem von berückender Schönheit, aber auch von großer Armut geprägten Landstrich. In poetischen Bildern beschreibt Le Clézio diesen Kindheitsort, die Feste, die Natur, die Sprache, aber auch die Veränderungen, denen die Bretagne immer wieder unterworfen und deren Zeuge er zum Teil war. »Es ist das Land, das mir die meisten Emotionen und Erinnerungen gebracht hat«, sagt der Nobelpreisträger über die Bretagne, die es so, wie er sie erlebt hat, nicht mehr gibt. Doch Le Clézio begibt sich noch weiter auf seiner Reise in die eigene Vergangenheit. In »Das Kind und der Krieg« erzählt er von der Zeit zwischen 1940 und 1945, die er als kleines Kind erst in Nizza und später, als die Deutschen auch den Süden Frankreichs besetzt hatten, in einem Versteck im Hinterland erlebte. Hier vermischen sich die Eindrücke: Erlebtes, Geträumtes, Erzähltes. Alles wird miteinander verwoben zu einem berührenden, eindringlichen Porträt einer Kriegskindheit, deren Essenz leider auch heute noch gültig ist.
Weiterlesen

Bewertungen

Bretonisches Lied wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,6 Sternen.

(3)
(1)
(0)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Bretonisches Lied

    Der Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio erinnert sich in "Bretonisches Lied" an die Urlaube seiner Kindheit in der Nachkriegszeit, die die Familie häufig in der Bretagne verbracht hat. Das Örtchen Combrit war damals noch kaum vom Tourismus berührt und eher bäuerlich-ländlich geprägt, die Kinder spielten am Strand oder auf der Straße, die Highlights waren Feste im Dorf oder im großen Garten eines nahegelegenen Herrenhauses. Er erzählt liebevoll und ein wenig nostalgisch von dieser Zeit, es ist ihm aber wichtig, nichts zu verklären. Er zieht auch immer wieder kritisch den Vergleich zur heutigen boomenden Tourismusbranche.
    Dabei geht er nicht chronologisch oder mit einem durchgehenden Erzählfaden zu Werke, sondern springt vielmehr thematisch hin und her, betrachtet die Gezeiten und die Meerestiere, die Spiele der Kinder und die kulinarischen Genüsse, die Traditionen in der Gegend und die Menschen, die in den Erinnerungen immer wieder auftauchen. Mit wenigen Worten lässt er Bilder im Kopf entstehen und entführt seine Leser:innen zumindest in ihrer Phantasie in das schöne, urwüchsige Land am Meer, Ar-Mor, wie es auf bretonisch heißt.
    Thematisch gegensätzlich ist der zweite im Buch enthaltene Text, "Das Kind und der Krieg", in dem er von seinen ersten Lebensjahren während des zweiten Weltkriegs berichtet. Le Clézio wurde 1940 in Nizza geboren, später verbarg sich die Familie in einem kleinen Bergdorf im Hinterland vor den Nazi-Kollaborateuren, weil der Großvater Engländer und somit persona non grata im Vichy-Frankreich war. Davon sind die Erinnerungen an seine frühe Kindheit geprägt: ein Bombeneinschlag vor dem Haus der Großeltern, die drangvolle Enge in der viel zu kleinen Wohnung in Roquebillière, die man kaum jemals verlassen durfte, die vage Vorstellung von dem in Afrika stationierten Vater, den der Junge noch nie gesehen hatte, der Hunger, der Mangel an fast allem. Ein bedrückendes und sehr eindrucksvolles Plädoyer gegen den Krieg und seine furchtbaren Auswirkungen.
    Dass im Buch zunächst die sorglosen Urlaubserinnerungen stehen und danach erst die Kriegsjahre thematisiert werden, liest sich fast so, als handele es sich um zwei verschiedene Menschen, zwei verschiedene Leben, auch wenn die Nachwehen des Krieges in der Bretagne der späten 40er und frühen 50er Jahre noch deutlich spürbar sind. Von der traumatischen Kriegszeit ist beim Erzähler selbst in den Urlaubskapiteln wenig zu merken - hier war ich mir nicht sicher, ob das die Resilienz eines Kindes ist oder er sich da bewusst auf die Unbeschwertheit konzentriert.
    So oder so habe ich beide Teile des Buches in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gerne gelesen und mich gefreut, dass es auch Nobelpreisträger gibt, deren Bücher bei mir einen Nerv treffen. Oft genug war das ja schon anders.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Bretonisches Lied

    Aus der Sicht eines Kindes ...
    Der Literaturnobelpreisträger von 2008 Jean-Marie Gustave Le Clézio bringt in zwei Essays, nämlich „Bretonisches Lied“ und „Das Kind und der Krieg“ seine Kindheitserlebnisse zu Papier. Geboren am 13. April 1940 erlebt er als Kind, ohne recht zu verstehen, was um ihn herum passiert, den Zweiten Weltkrieg. Aufgrund von bürokratischen Schikanen erhält die Familie, die aus Mauritius wieder nach Frankreich zurückgekehrt ist, statt der französischen die britische Staatsbürgerschaft. Deshalb werden sie scheel angesehen und müssen als „Nicht-Ansässige“ Paris verlassen und landen in der Bretagne. Dieser rauen Landschaft ist der erste Teil seiner Erinnerungen gewidmet. Dabei beschreibt er in kunstvollen Worten die sozialen Spannungen und das karge Leben der Bretonen.
    Im zweiten Teil „Das Kind und der Krieg“ berichtet er über seine Erinnerung an die Kriegsjahre. Wobei er einräumt, vieles davon durch häufige wiederholte Erzählungen verinnerlicht, aber vermutlich nicht selbst erlebt zu haben. So dürfen wir an seiner Kindheit teilhaben. Er erzählt ohne Chronologie von der Besatzung durch die Truppen Mussolinis, die anders als die Deutschen, von weniger Grausamkeit geprägt waren. Als britische Staatsangehörige sitzt die Familie Le Clézio, zumal der Vater in Afrika festsitzt, zwischen allen Stühlen. Von den Deutschen als Feinde klassifiziert und von den Franzosen auch nicht gewollt, sieht sich die Mutter Le Clézios gezwungen, mit den beiden Söhnen und den betagten Eltern mehrmals zu fliehen, bis ihnen in einem kleinen Dorf in den Bergen rund um Nizza selbstlos Zuflucht gewährt wird.
    Meine Meinung:
    Le Clézios Ausspruch „Kindheitserinnerungen sind langweilig und Kinder haben keinen Sinn für Chronologie“ möchte ich widersprechen. Mag sein, dass die Chronologie von Kindheitserinnerungen fehlt oder sich anders darstellt, aber langweilig sind sie nicht.
    Die geschilderten Ereignisse und Eindrücke in beiden Essays haben erstaunliche Aktualität. Zum einen, der Wandel der dörflichen Strukturen in der Bretagne und zum anderen die traumatischen Erlebnisse eines Kindes im Krieg.
    Die wunderbare bildhafte Sprache Le Clézios ist ein wahrer Lesegenuss, der durch die Übersetzung von Uli Wittmann sehr gut gelungen ist.
    Fazit:
    Gerne gebe ich diesem schmalen Buch, das mit seiner wunderbaren Sprache besticht, 5 Sterne.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Bretonisches Lied

    Autor: J. M. G. Le Clezio
    Titel: Bretonisches Lied
    Seiten: 186
    ISBN: 978-3-462-00170-9
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch
    Übersetzung: Uli Wittmann
    Autor:
    Jean-Marie Gustave Le Clezio wurde 1940 in Nizza geboren und ist ein französisch-mauritischer Schriftsteller. Er hat beide Staatsbürgerschaften und studierte nach der Schule zunächst in Bristol und London, während er gleichzeitig Französisch unterrichtete. In Nizza begann er ein Studium der Philosophie und Literatur, beendete dies 1964 und arbeitete im Rahmen seines Militärdienstes als Entwicklungshelfer. 1963 veröffentlichte er eine erste Erzählung, der weitere folgten. Im Jahr 2008 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
    Inhalt:
    Der französische Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clezio erinnert sich in zwei autobiografischen Erzählungen an seine Kinder- und Jugendzeit. An die urlaube mit der Familie in der Bretagne der 1950er-Jahre und an seine frühe Kindheit im besetzten Süden Frankreichs. (Klappentext)
    Rezension:
    Der französische Schriftsteller nähert sich den Orten seiner Kindheit, vermeidet dabei in Erinnerungen zu stöbern. Ihnen misstraut er, vermischen sie sich doch allzu oft mit Erzählten und dadurch als wahr Empfundenen, ohne wahrhaftig zu sein.
    So stellt er zwei Episoden seines Lebens einander gegenüber, die nicht nur geografisch entgegengesetzt zu einander liegen. Le Clezios "Bretonisches Lied" ist dann auch keine Kindheitsbiografie. Den Lesenden liegt mit diesem Werk eine Art romanhafte Geschichtsstunde vor, deren Sog man sich kaum zu entziehen weiß.
    In umgekehrter Reihenfolge beschreibt der Autor zunächst sehr sachlich den Wandel einer Region, ohne nostalgisch daherzukommen. Der Blick für das Vergangene ist geschärft durch das, was die Jahre über hinzukam oder verschwandt. Bilder ungezähmter Natur, archarisch wirkender Landwirtschaft und einer Gegend werden heraufbeschworen, die den Anschluss an die Moderne erst noch finden wird, mit all den Vor- und Nachteilen. Der beschriebene Landstrich spielte erst in Le Clezios späteren Kinderjahren eine Rolle. Die heraufbeschworenen Bilder sind absoluter, haben festere Konturen als die nachgestellten des Krieges.
    Damit gemeint ist die zweite Erzählung, die biografisch gesehen, der zunächst ausgeführten vorangestellt hätte sein müssen. Diese Umkehr bricht das gewohnte Schema, wie auch der Ort nicht gegensätzlicher sein könnte. Vom Norden folgt der Lesende dem Erzählenden, der vermeidet, sich zu erinnern, an etwas, was er nur unbewusst erlebt haben kann.
    Die Betonung liegt auf die Stimmung der Erwachsenen, die sich auf die Empfindungen der Kinder wiederspiegelt. Diese kennen nichts anderes als den Zustand des Jetzt, wissen nicht, wie es anders hätte sein können, ein Leben ohne Krieg. Gefühle lässt Le Clezio hier nicht an sich heran, wirkt auch nicht kalt, nur nüchtern. Die Auswirkungen des Krieges zeigten sich erst später. Der Gegensatz der zwei Erzählungen, die von einander getrennt sind, aber doch nicht losgelöst betrachtet werden können, wirkt hier um so stärker.
    Wörtliche Rede findet sich in beiden Texten kaum. Die gleichen eher einer Zustandsbeschreibung, einem betrachtenden Monolog. Der Autor betrachtet sein früheres Ich oder eher das um das frühere Ich herum Geschehene. Aus Kindersicht passiert nicht viel, die Wucht der Ereignisse wird dem Erzählenden erst später bewusst.
    Das Nüchterne wirkt poetisch, stark in der Übersetzung. Wie viel präsenter muss erst der Originaltext drängen? Die Kompaktheit tut ihr übriges. Kein Wort ist zu viel, zu wenig. Es ist ja auch nur ein überschaubarer Zeitraum, der beschrieben wird. Für das Kind, was später den Nobelpreis erlangen wird, gibt es an diesem Punkt nur das Hier und Jetzt.
    Der Erzählende ist Dreh- und Angelpunkt der eigenen Geschichte. Andere Figuren spielen kaum eine Rolle, sind zu vernachlässigen und doch immer präsent. Immer wieder gibt es Sprünge zwischen den Hier und Jetzt. Der Wechsel stört nicht. Lesend steht man neben den Protagonisten, ist dieser selbst. Landschaften, Häuser, beschriebene Orte sind beinahe greifbar. Es ist so, als wäre man dort, zu dieser Zeit.
    In diesen Texten können sich viele verlieren. Die Sprache ist karg, wie zuweilen die Region und die beschriebenen Jahre. Das muss man jedoch mögen. Wer gerne gewöhnliche Erinnerungen, Biografien liest, für den ist das nichts. Auf die Form muss man sich einlassen, sie auf sich wirken lassen.
    Ein französischer Film ohne Handlung, jedoch mit Aussage und ganz viel Inhalt. Nur eben zwischen Buchdeckeln. Das funktioniert hier wunderbar. Die Melancholie wird kleingehalten. Aus anderen Regionen hat man über diese Zeit schon viel lesen können. Nach meinem Empfinden ist unser Nachbarland hier unterrepräsentiert. Es ist zu hoffen, dass es künftig noch mehr solche Erzählungen geben wird. Le Clezio hat hier ein interessantes Puzzleteil gesetzt.
    @Magdalena Der Ort in der in der Bretagne gesetzten Erzählung ist Sainte-Marine. Die zweite Erzählung ist in und in der Umgebung von Nizza angesetzt.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Bretonisches Lied

    … L'enfant et la guerre
    Klappentext/Verlagstext
    Ein Lied der Erinnerung an eine Kindheit zwischen Meer und Krieg.
    Der französische Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio erinnert sich in »Bretonisches Lied« an seine Kinder- und Jugendzeit. An die Urlaube mit der Familie in der Bretagne und in »Das Kind und der Krieg« an seine frühe Kindheit im besetzten Süden Frankreichs. Zwei eindrückliche autobiografische Erzählungen aus einem anderen Jahrhundert, die in Frankreich die Bestsellerlisten gestürmt haben.
    Nostalgisch, aber nie sentimental, so erinnert sich J.M.G. Le Clézio an die Bretagne seiner Kindheit und Jugend. Von 1948 bis 1954 hat er hier mit seiner Familie die Sommerferien verbracht. In einem von berückender Schönheit, aber auch von großer Armut geprägten Landstrich. In poetischen Bildern beschreibt Le Clézio diesen Kindheitsort, die Feste, die Natur, die Sprache, aber auch die Veränderungen, denen die Bretagne immer wieder unterworfen und deren Zeuge er zum Teil war. »Es ist das Land, das mir die meisten Emotionen und Erinnerungen gebracht hat«, sagt der Nobelpreisträger über die Bretagne, die es so, wie er sie erlebt hat, nicht mehr gibt.
    Doch Le Clézio begibt sich noch weiter auf seiner Reise in die eigene Vergangenheit. In »Das Kind und der Krieg« erzählt er von der Zeit zwischen 1940 und 1945, die er als kleines Kind erst in Nizza und später, als die Deutschen auch den Süden Frankreichs besetzt hatten, in einem Versteck im Hinterland erlebte. Hier vermischen sich die Eindrücke: Erlebtes, Geträumtes, Erzähltes. Alles wird miteinander verwoben zu einem berührenden, eindringlichen Porträt einer Kriegskindheit, deren Essenz leider auch heute noch gültig ist.
    Der Autor
    Jean-Marie Gustave Le Clézio, 1940 in Nizza geboren, studierte in Frankreich und England Literatur. Die Wurzeln seiner Familie liegen in der Bretagne und auf Mauritius. Er veröffentlichte über 40 Bücher – Romane, Erzählungen, Essays – und erhielt für sein Werk zahlreiche Preise. 2008 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Le Clézio lebt hauptsächlich in Frankreich und New Mexico.
    Die biografischen Texte
    „Bretonisches Lied“ enthält den gleichnamigen Text (der u. a. von Sommerferien 1948-1954 der Familie Le Clézio in der Bretagne handelt) und „Das Kind und der Krieg“, das zeitlich vor „Der Afrikaner“ spielt und 1947 mit dem Besuch beim Vater in Nigeria endet.
    „Der Afrikaner“ und „Das Kind und der Krieg“ ergänzen sich als biografische Texte, „Bretonisches Lied“ weicht als Annäherung an die Landschaft seiner Vorfahren und seiner Kindheit davon ab.
    Inhalt
    J. M. G. Le Clézios Familie stammt aus der Bretagne und führt ihren Familiennamen auf einen bretonischen Ort zurück. Im 18. Jahrhundert wanderte ein Vorfahre nach Mauritius aus. Während le Clézio senior in den 40ern des vorigen Jahrunderts als Arzt in Afrika arbeitet, flüchtet seine Frau wegen der Wirtschaftkrise zunächst aus Paris in die Bretagne. Von den deutschen Besatzern wird sie im Zweiten Weltkrieg mit ihren betagten Eltern und zwei Kleinkindern ausgewiesen als „Nichtansässige“ und zieht weiter nach Nizza.
    In „Bretonisches Lied“ setzt sich Le Clézio in episodenhafter Form mit der ihm vertrauten Heimat seiner Mutter auseinander und reflektiert u. a. den Strukturwandel von Fischerei und Landwirtschaft. Er reiht ohne chronologische Ordnung Themen aneinander, die die Bretagne charakterisieren: vom Meer, den Gezeiten, den charakteristischen Hohlwegen, der deutschen Besetzung, über Katholizismus und Auslöschen der bretonischen Sprache in nur einer Generation. Schließlich findet er seine eigene Rolle mit der Feststellung, dass seine Vorfahren keine heldenhaften Seeleute waren, wie er es als Kind vermutlich erträumte, sondern Bauern in einer abgelegenen Gegend.
    In „Das Kind und der Krieg“ reflektiert der französische Autor die Auswirkung von Krieg und Verfolgung auf seine frühe Kindheit, als er noch kein bewusstes Gedächtnis hatte und seine Erlebnisse für normal halten musste. Seine Erlebnisse veranlassen ihn („Ich misstraue Büchern und Erinnerungen“) das Erinnern an sich zu reflektieren und sich von der nachfolgenden Generation zu distanzieren, die nicht mehr nach der Ernte einzeln Ähren auflas, um sie zuhause zu Mehl zu mahlen. Bis in die Nachkriegsjahre waren Menschen dauernd hungrig oder sammelten diese Ähren für andere Hungernde. Auch für meine Familie bedeutete das Ährenlesen den unerbittlichen Trennstrich zwischen zwei Generationen.
    Da es keine Staatsangehörigkeit für Mauritius gab, wurden Vater und Söhne gezwungenermaßen zu Briten erklärt und waren damit Kriegsgegner der deutschen Besatzer. Mit Unterstützung der Dorfbewohner wird die heimatlose Familie in einem kleinen Gebirgsort im Hinterland von Nizza versteckt, um einer Deportation zuvorzukommen. Erst dem Erwachsenen wird klar, dass die Bewohner damals für die Le Clézios und andere Flüchtlinge ihr Leben riskierten. Die Kriegsjahre sind für Le Clézio auch deshalb verlorene Jahre, weil er durch ein bürokratisches Konstrukt erst mit 7 Jahren seinen Vater wiedersehen konnte. Heute erkennt er sich im Verhalten von Kindern wieder, die mangelernährt aus einem Krieg kommen.
    Fazit
    Erstaunlich finde ich, wie exakt Le Clézio in beiden Erinnerungstexten unterscheidet zwischen Erlebtem und nachträglichem Begreifen.
    Weiterlesen

Ausgaben von Bretonisches Lied

Hardcover

Seitenzahl: 192

Besitzer des Buches 4

Update: