Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Grant Park

'Grant Park', der dritte Roman des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Miami-Herald-Kolumnisten Leonard Pitts Jr. spielt an zwei der eindrucksvollsten Schauplätze amerikanischer Geschichte: am Tag von Obamas Wahl zum Präsidenten im Herbst 2008 und beim Streik in Memphis, der 1968 zur Ermordung von Martin Luther King führte. In Malcolm Toussaint, dem gefeierten Kolumnisten der Chicago Post, verbinden sich die beiden Ereignisse. Mit 60 Jahren ist er vollkommen desillusioniert. Seine Frau ist gestorben. Ein Leser hat ihn mit dem N-Wort beschimpft. Ein weiterer schwarzer Teenager wurde von der Polizei erschossen. Es ist Wahltag. Barack Obama kann womöglich die Präsidentschaft gewinnen. Überwältigt von Verzweiflung schleust Toussaint eine Kolumne auf der Titelseite seiner Zeitung an der Chefredaktion vorbei, die mehr Provokation als Kommentar ist. Er schreibt, dass er 'müde vom Bullshit der Weißen ist. Genug ist genug ist genug', was zu seiner Entlassung führt. Am gleichen Tag wird er von weißen Rassisten entführt. An einen Stuhl in einem verlassenen Lagerhaus in Chicago gekettet, hört er die Jubelrufe aus dem Grant Park, wo die Menge auf Obamas Siegesrede wartet, während seine Entführer, die White Resistance Army, planen, das Ereignis zu bombardieren. Martin Luther Kings Tod wird verbunden mit der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten. Soll man man sich lieber widersetzen oder auf den langsamen Wandel von Hass und Verzweiflung bauen?
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Bewertungen

Grant Park wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Grant Park

    Der Autor (nach Wikipedia, Polar Verlag und andernorts): Der am 11. Oktober 1957 in Kalifornien im Orange County geborene und in Los Angeles aufgewachsene Leonard Garvey Pitts Jr. ist ein amerikanischer Kolumnist, Journalist und Schriftsteller. Sein Englischstudium an der University of Southern California, das er bereits mit 15 Jahren dank eines speziellen Honors Programs antrat, schloss er summa cum laude ab. Im Jahr 2004 gewann er den Pulitzer-Preis in der Kategorie Kommentar. Er verfasste einige Sachbücher, aber auch die Romane „Before I Forget“ (2009) über einen Soulsänger mit früh auftretender Alzheimer-Erkrankung, „Freeman“ (2012) über einen Sklavenschicksal kurz nach der Ermordung Lincolns und „Grant Park“ (2015). Der Band „Forward from This Moment: Selected Columns, 1994-2008“ von 2009 enthält eine Auswahl seiner Kolumnen für den Miami Herald. Derzeit lebt er in einem Vorort von Washington, DC.
    Kurzbeschreibung (Q: Polar Verlag): "Grant Park", der dritte Roman des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Miami-Herald-Kolumnisten Leonard Pitts Jr. spielt an zwei der eindrucksvollsten Schauplätze amerikanischer Geschichte: am Tag von Obamas Wahl zum Präsidenten im Herbst 2008 und beim Streik in Memphis, der 1968 zur Ermordung von Martin Luther King führte. In Malcolm Toussaint, dem gefeierten Kolumnisten der Chicago Post, verbinden sich die beiden Ereignisse. Mit 60 Jahren ist er vollkommen desillusioniert. Seine Frau ist gestorben. Ein Leser hat ihn mit dem N-Wort beschimpft. Ein weiterer schwarzer Teenager wurde von der Polizei erschossen. Es ist Wahltag. Barack Obama kann womöglich die Präsidentschaft gewinnen. Überwältigt von Verzweiflung schleust Toussaint eine Kolumne auf der Titelseite seiner Zeitung an der Chefredaktion vorbei, die mehr Provokation als Kommentar ist. Er schreibt, dass er "müde vom Bullshit der Weißen ist. Genug ist genug ist genug", was zu seiner Entlassung führt. Am gleichen Tag wird er von weißen Rassisten entführt. An einen Stuhl in einem verlassenen Lagerhaus in Chicago gekettet, hört er die Jubelrufe aus dem Grant Park, wo die Menge auf Obamas Siegesrede wartet, während seine Entführer, die White Resistance Army, planen, das Ereignis zu bombardieren. Martin Luther Kings Tod wird verbunden mit der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten. Soll man man sich lieber widersetzen oder auf den langsamen Wandel von Hass und Verzweiflung bauen?
    Der Roman erschien im Original 2015 bei Bolden in Chicago unter dem Titel „Grant Park“. Eine deutsche Ausgabe wurde unter dem Originaltitel in der Übersetzung aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck 2018 als Hardcover und mit einem Nachwort von Thomas Wörtche beim Polar-Verlag in Hamburg veröffentlicht. Diese Ausgabe umfasst etwa 550 Seiten.
    Der Roman ist ein wirklich spannender und äußerst routiniert erzählter Thriller. Ein Pageturner, den man gerne über Nacht ausliest, wenn man eigentlich schlafen gehen sollte. Er wird auf zwei Zeitebenen erzählt - 1968 während des Müllmänner-Streiks in Memphis vor der Ermordung von Martin Luther King und 2008 kurz vor der Wahl Barack Obamas - die gewinnbringend gegeneinander gestellt werden. In der Gegenwart schummelt der erfolgreiche afroamerikanische Zeitungskolumnist Touissant gegen das ausdrückliche Verbot seines Chefs einen Anti-White-Kommentar auf die Titelseite der Zeitung, der im Grunde zwar nur seine Resignation ausdrückt, dass Schwarze auch 2008 immer noch überall heruntergeputzt werden, aber dennoch für viel Ärger sorgt. Gleichzeitig planen zwei desolate Neonazis die Ermordung Barack Obamas bei einer Wahlkampffeier am Wahlabend im Grant Park von Chicago. In der Vergangenheit der späten Sechziger hadert Hauptfigur Toussaint mit „dem richtigen Weg“, schwarze Bürgerrechte und gesellschaftliche Teilhabe an der Macht zu erlangen, nachdem es zu einer zufälligen Begegnung und einem längeren nächtlichen Gespräch mit Martin Luther King auf einem Hoteldach kam; eine Szene, die auch peinlich oder aufgesetzt hätte werden können. Wenn in einem Roman einer wirklichen Figur der Zeitgeschichte fiktive Worte und Handlungen zugeschrieben werden, muss das schon sitzen.
    Neben all der Spannungsmache erzählt „Grant Park“ also (wie nebenbei oder doch als Hauptsache?!) von Rassismus und wie unterschiedlich er sich äußert. Und nein, das ist mir nicht zu didaktisch wie z.B. dem FAZ-Volontär Kai Spanke (s. Perlentaucher) oder Vincent Cunningham in der New York Times. Und zwar deswegen nicht, weil die den Figuren eingeschriebenen Ansichten über Rassismus sowie die Charaktere in ihrem Verhalten, in ihren Gefühlen und Äußerungen treffsicher beschrieben werden. Treffsicher, wenn auch ein wenig typisiert. Aber wer will bei einer Gegenwartshandlung, die eine kaum längere Zeit als einen Tag dauert, eine große Entwicklung erwarten. In einer so kurzen Zeit erscheint ja fast jeder als Typ, der für ein bestimmtes Leben steht. Außerdem: Geht es bei Rassismus nicht gerade um Stereotype und Denkschablonen? So einem Stereotyp beim Implodieren zuzuschauen, wenn seine Normalität zusammenkracht, gefällt mir. Gefallen hat mir aber vor allem auch, dass die Themen zur Erörterung offen sind: Fremde Ansichten werden verstanden und abgewogen, eigene verteidigt oder verschoben. Zum Beispiel bei dem weißen Zeitungsredakteur Bob, der 1968 in der Bürgerrechtsbewegung aktiv war, aber von seiner afroamerikanischen Freundin verlassen wurde, da sie lieber wieder "bei ihren Leuten sein" wollte, und der später eine Art Alters-Rassismus entwickelte. An seiner Figur wird selbst das Gejammer der Weißen darüber, das die Schwarzen immer wieder von neuem Rassismus anprangern, und "es nicht einfach mal gut sein lassen können", nachvollziehbar aufgezogen - bis es in seine Einzelteile zerlegt wird. Dass das Ergebnis im Grunde nicht anders lautet, als dass Rassismus böse ist, sollte einem Leser nicht zu banal sein. Mit so billigen Allgemeinplätzen, dass jede Bevölkerungsgruppe ihre eigenen Rassismen pflegt, was in der Gegenüberstellung jeden Rassismus relativieren soll, gibt sich der Roman jedenfalls nicht zufrieden. Es wird ganz selbstverständlich erzählt, aber nicht als Neuigkeit verkauft.
    Im übertragenen Sinn geht es also vielleicht darum, dass der Ton die Musik macht. Konkret wird Martin Luther Kings Gewaltfreiheit dem Barrikadensturm der „Black Power“-Bewegung entgegengestellt, die nicht warten will, bis die rassistische Gesellschaft durch Einsicht überwunden ist. Es geht also auch um die Überwindung des Wir-Ihr-Gegensatzes, der durch Verallgemeinerungen Zuspitzungen schafft, die keinem dienen, aber auch darum – und das ist offensichtlich ein entscheidender Punkt –, dass die Schwarzen die Hoffnung in die Weißen nicht aufgeben dürfen (und im Umkehrschluss auch die Weißen nicht in die Schwarzen), was ziemlich klar die Position Martin Luther Kings zu favorisieren scheint, da sich in den USA in den letzten 50 Jahren bezüglich Rassismus und gleichberechtigter Teilhabe an der Macht nicht so viel getan hat, wie es den Anschein hat, wenn man nur "die Leuchttürme" betrachtet. Was der Roman aber auch zeigt, ist, dass Friedfertigkeit und Geduld einen Afroamerikaner nicht gleich zu einem Onkel Tom macht, der den Weißen jede systematische Unterdrückung durchgehen lässt, und der noch seine andere Wange hinhält, wenn er geschlagen wird.
    Ein sehr anregender Thriller mit Haltung und sozialem Bewusstsein, aber auch mit viel Mainstream-Appeal. Das ist kein intellektuelles Krimidrama für den verkopften Nischengeschmack. Wer in „Unterhaltungsliteratur“ geäußerte Haltung (Ideologie, Statements, gesellschaftliche Kommentare) gleich für didaktische Schulmeisterei hält, dem ist nicht zu helfen. Wer von den Problemen der Gegenwart nicht behelligt werden will, kann ja weiter Psychothriller mit kreativ-brutalen Mörderspielchen zwischen genialen Serienkillern und ordnungsliebenden Kriminalpolizisten lesen. Wer dagegen erfahren will, was in den Formen und mit den Klischees der Spannungsliteratur, mit Hilfe von Suspense, Schocks und emotionaler Teilhabe über abstrakte, gegenwärtige Themen erzählt werden kann, der kann viel Vergnügen haben, und vielleicht auch zum Nachdenken über die Befindlichkeiten anderer gesellschaftlicher Gruppen angeregt werden. Was Benachteiligung ist, liegt im Auge des Opfers, nicht im Auge des Täters. Aber nicht jeder, der sich als Opfer fühlt, ist auch Opfer einer systematischen Herabsetzung, die den Rang eines Naturgesetzes für sich in Anspruch nimmt.
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Ausgaben von Grant Park

Hardcover

Seitenzahl: 550

E-Book

Seitenzahl: 597

Taschenbuch

Seitenzahl: 408

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