Ich habe nach etwa 100 Seiten entschieden lediglich das Fazit am Ende jeden Kapitels zu lesen, weil ich das Gefühl hatte, dass immer wieder die gleichen Aussagen, Argumente und Schlussfolgerungen zum Thema gemacht werden. Am Ende war die Aussagekraft der letzten 110 Seiten nicht höher als die der ersten 100 Seiten.
Anfänglich habe ich mir sehr viel von diesem Buch erhofft, weil das Thema meine Interessen und Sichtweise zu 100% widerspiegelt, aber leider gelingt Michael Winterhoff keine objektive Betrachtungsweise der Thematik. Die grundlegenden Aussagen unterstütze ich dennoch und erkenne die gleichen Tendenzen ebenfalls, aber er pauschalisiert die Extremfälle seiner Tätigkeit als Kinderpsychiater und beschwört als krönenden Abschluss ein baldiges Ende unseres Friedens und Wohlstandes herauf. Das geht selbst mir als großer Kritiker unseres Bildungssystems zu weit.
Lediglich die Bildungsreform für negative Tendenzen unserer Gesellschaft verantwortlich zu machen, halte ich für viel zu einfach und gefährlich. Meines Erachtens muss ebenfalls die Verrohung der Sprache in der Gesellschaft und den Medien, ein verändertes politisches Klima und eine völlig andere Mediennutzung thematisiert werden. Wieso es übrigens nur negativ betrachtet wird, dass junge Menschen den Lebenssinn nicht mehr nur in einer erfolgreichen Karriere sehen, kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen.
Umso mehr verstehe ich nun die sehr guten Bewertungen der Leser im Netz und zeitgleich die umfangreiche Kritik seiner fachkundigen Kollegen. Eigentlich würde es reichen den Einband des Buches zu lesen um alle Kernthesen und Schuldigen des Dilemmas zu kennen. Ein gut recherchiertes Essay über 5 Seiten hätte ähnliche Aussagekraft. Wenn am Ende des Buches für die sieben weiteren Bücher des Autoren über die gleiche Thematik geworben wird, stellt sich mir schon die folgende Frage:
Hätte man lieber weniger Bücher mit höherer Informationsdichte schreiben sollen? Dann wäre es aber kein populärwissenschaftliches Werk für die breite Masse sondern ein Fachbuch für Experten geworden. Ob man die Werke dann millionenfach über die Ladentheke gereicht hätte, kann bezweifelt werden.
Wie man nach diesem Buch die Motivation verspürt weitere 7 Bücher, wobei schon der jeweilige Titel die Marschrichtung aufzeigt, zu lesen, kann ich nicht nachvollziehen. Sehr schade und meines Erachtens eine verpasste Chance der Aufklärung und objektiven Auseinandersetzung mit den Missständen!