Elizabeth Gilbert - Das Wesen der Dinge und der Liebe / The signature of all things

  • Klappentext
    Alma Whittacker wird an einem perfekten Wintertag des Jahres 1800 in Philadelphia geboren. Dem jungen unabhängigen Mädchen fehlt es an nichts, auch nicht an Bildung. Der Aufbruch der Wissenschaft wird auch ihr Aufbruch in eine eigene Welt; die der Pflanzen und Natur. Während ihr klarer Verstand sie zu einer brillianten Wissenschaftlerin macht, zeigt ihr die Kiebe zu einem Mann, dass nicht alle Geheimnisse zu ergründen sind.


    Eigene Meinung
    Der Klappentext gibt in meinen Augen den Inhalt des Buches wesentlich treffender wieder, als die Amazon beschreibung. Dazu kann ich auch ohne zu Spoilern nicht mehr wirklich etwas hinzufügen. Ich muss euch allerdings vorweg sagen, dass dies mein erster historischer Roman ist und ich absolut keine Vergleichsmöglichkeiten habe.


    Almas Leben und Werden wird auf eine sehr verspielte und detailverliebte Art erzählt. Ihren Sprachstil spiegelt sich also sehr im Cover wieder. Die Geschichte lässt sich recht angenehm lesen und war recht spannend ohne besondere Wendungen oder spektakuläre Zufälle bedienen zu müssen. Das Buch ist in fünf große Kapitel mit jeweils einer hübschen Pflanzenillustration versehen und besitzt dazu noch kleinere fortlaufende Unterkapitel.


    Was für mich an diesem Buch wirklich herausgestochen hat, war die Liebenswürdigkeit der Nebencharaktere. Das mag vielleicht im ersten Moment etwas seltsam klingen, aber es waren gerade die Nebencharaktere (und zwei ganz besonders), die mir unendlich ans Herz gewachsen sind. Es hatte benahe schon etwas grausames, dass sie nur so kurze Rollen bekommen haben. Elizabeth Gilberts Personen wirkten echt und lebendig und hatten alle ihre Ecken, Kanten und Tücken.


    Mit der Familie Whittacker habe ich es allerdings nicht geschafft warm zu werden. Besonders bei Alma und ihrer Schwester blieb immer eine gewisse Distanz, die einfach nicht überbrückt werden konnte. Der Funke wollte bei mir einfach nicht überspringen, was auch an dem allgemeinen Verhalten der gesamte Familie liegen könnte. Sie war nicht wirklich unsympathisch. Ich habe mit ihr geliebt, mich gefreut, gelacht und ich habe sie in die tiefste Hölle gewünscht. Meistens war sie mir aber einfach zu nüchtern.


    Den historischen Hintergrund fand ich recht interessant und gelungen. Man konnte recht viel neues lernen. Ob nun chronologisch alles so stimmt, wie es da steht, weiß ich nicht. Das bisschen, was ich zu dem Zeitraum wusste und aus Neugierde in Wikipedia gelesen hatte, schien sich jedenfalls mit dem im Buch zu decken. Ich bin aber keine Historikerin und da mir hier schlicht und ergreifend das Wissen fehlt, lass ich lieber andere darüber wettern (oder eben auch nicht ;))


    Zwei Dinge sind mir allerdings ziemlich negativ aufgefallen:
    Weiter oben habe ich zwar die detailverliebte und verspielte Erzählart gelobt, weil ich sowas eigentlich ganz gerne mag, aber auf 700 Seiten war es manchmal doch einfach zuviel. Streckenweise verlor sich die gute Frau Gilbert einfach zu sehr in Details. Es war also manchmal langatmig und teilweise sogar etwas ermüdend.


    Genervt hat mich die Tatsache, dass von diesen 700 Seiten knapp 300 bis 350 getrost fehlen könnten, und die Geschichte dadurch keinen Verlust erlitten hätte. Im Gegenteil. Nach knapp 300 Seiten fing die eigentliche Geschichte in meinen Augen erst richtig an und hätte ca 50 Seiten vor dem eigentlichen Ende einen schönen Abschluß gegeben. Dem war nur leider nicht so.
    Vorallem die ersten fünf Kapitel haben bei mir die Frage aufgeworfen, warum ich das, was dort erzählt wurde, überhaupt wissen muss. Das "Wissen", was man dort aufgedrängt bekommt, mag zwar eine nette Hintergrundinformation sein und für Einige die Sache abrunden, hatte aber letztendlich keine Bedeutung für die Geschichte. In dem Buch ging es um Alma und da möchte ich nicht noch die Lebensgeschichte von einem anderen Menschen aufgedrängt bekommen, die mich schlicht und ergreifend nicht interessiert.


    Alles in allem fand ich "Das Wesen der Dinge und der Liebe" ganz schön und einige Stellen bewegend geschrieben, aber für mehr als drei Sterne reicht es in meinen Augen einfach nicht. Dafür ist das ganze einfach zu langatmig.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    The message is in the silence
    Whisper words to calm your mind


    We're running out of time
    Can't seem to recognize
    What put us here in the first place
    Counting down the days, beginning of the end
    (In Flames - Sounds Of A Playground Fading)

  • Die englische Orginalausgabe ist unter dem Titel "The signature of all things" erschienen.

    The message is in the silence
    Whisper words to calm your mind


    We're running out of time
    Can't seem to recognize
    What put us here in the first place
    Counting down the days, beginning of the end
    (In Flames - Sounds Of A Playground Fading)

  • Das englische Cover gefällt mir wesentlich besser, allerdings werde ich gleich die Finger von diesem Buch lassen. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Das deutsche Cover vermittelt auch einen falschen Eindruck vom Buch. Man könnte meinen es spielt an einem exotischeren Ort ^^ Aber irgendwie gefällt mir dieses kitschige schon wieder *grins*

    The message is in the silence
    Whisper words to calm your mind


    We're running out of time
    Can't seem to recognize
    What put us here in the first place
    Counting down the days, beginning of the end
    (In Flames - Sounds Of A Playground Fading)

  • nun habe ich den Roman auch gelesen, mir hat es sehr gut gefallen :D
    Hat zwar länger gedauert bis ich fertig gelesen habe, ist auf jeden Fall kein Buch, das man verschlingt :wink: , aber letztendlich hat es gelohnt.


    Seitenzahl: 704


    Autorenportrait:
    (Quelle: Buchcover/Verlag)
    Elizabeth Gilbert, geboren 1969 in Waterbury, Connecticut, wuchs auf einer Weihnachtsbaum-Plantage auf. An der New York University studierte sie tagsüber Politikwissenschaften, während sie nachts Kurzgeschichten schrieb. 1997 erschien ihr erstes Buch Elchgeflüster, das den renommierten Pushcart Prize gewann. Berühmt wurde Elizabeth Gilbert mit ihrem autobiografischen Reisebericht Eat, Pray, Love (2006). Er verkaufte sich über sieben Millionen Mal, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und 2010 mit Julia Roberts in der Hauptrolle verfilmt. Heute lebt Elizabeth Gilbert mit ihrem Mann in New Jersey.


    Kurzbeschreibung:


    (Quelle: Buchcover/Verlag)
    Das Wesen der Dinge und der Liebe erzählt die Geschichte
    von Alma Whittaker, einer Frau, die sich den Pflanzen verschrieb, die Naturgesetze erforschte und versuchte, das Wesen der Liebe zu ergründen.
    Am Ende ihres Lebens wird Alma auf ein großes Jahrhundert zurückblicken. Sie wird in die Aufbruchsphase Amerikas geboren, die Welt wird erforscht und erobert, Altes durch Neues abgelöst. Ihr umtriebiger Vater ist mit Pflanzenhandel reich geworden und der jungen Alma wird es an nichts fehlen, auch nicht an Bildung. Und so wächst sie zwischen den Pflanzen der prächtigen Gewächshäuser heran. Ihre ganze Leidenschaft gilt der Natur, und während ihrer Studien, die sie ihr ganzes Leben begleiten, gelingen ihr ähnlich revolutionäre Einsichten, wie sie dann Charles Darwin der Welt vorführen wird. Doch Alma selbst zweifelt an ihren Erkenntnissen. Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, warum sich der Mensch nach Liebe sehnt? Was ist Liebe überhaupt?
    Warum sind wir selbstlos und uneigennützig, wie ihre Adoptivschwester Prudence, die schon früh sich für die Befreiung der Sklaven einsetzt? Alma wird Antworten finden, ebenso wie die Liebe.


    Meine Meinung:


    Elizabeth Gilbert hat einen Schreibstil, dass mich sogleich in seine Bann zog. Ihre Art zu erzählen lässt die Geschichte von dem inneren Auge erscheinen. In einer ruhigen, zum Teil poetischen Art erzählt die Autorin die Geschichte von Alma Whittaker. Die beschreibende Art über die Natur, Pflanzen, Wissenschaft, Gedanken und Gefühle der Protagonistin wechselt sich mit lebhaften, warmherzigen und humorvollen Dialogen ab. Eine absolut gelungene Mischung.
    Auch die Geschichte fand ich sehr ansprechend. Intelligente und gebildete Alma Whittaker hat ihr Leben der Erforschung von Pflanzenwelt gewidmet. In dem Roman berichtet Elizabeth Gilbert über ihr Leben als Wissenschaftlerin und private Person, aber auch über ihre Familie und Freunde. Ausgewogen werden diese zwei Bereiche aus dem Leben von Alma dargestellt. Die wissenschaftliche Ausführungen sind informativ, jedem zugänglich und werden sehr gekonnt in die Handlung eingebettet. Die Charaktere sind tiefgründig und plastisch dargestellt: liebevoll und detailliert stellt die Autorin alle Protagonisten dem Leser vor, erzählt von ihrem Leben und davon, welche Rolle sie im Leben von Alma gespielt haben. Die Entwicklungen im Leben der Protagonisten sind überraschend und nicht vorhersehbar. Wodurch es noch spannender ist die Geschichte zu verfolgen.
    Mich hat der Roman von der ersten Seite überzeugt, sowohl die Geschichte als auch die Umsetzung. Sehr gerne tauchte ich in das Leben von Alma Whittaker ein. Mit fast 700 Seiten ist der Roman zwar umfangreich, aber keineswegs zu lang. Das Buch bedarf Muße, Zeit und Aufmerksamkeit. Für die ruhige Abendstunden eine hervorragende Lektüre, die nicht nur eine interessante Geschichte zu erzählen hat, sondern auch mit seinem Erzählstil in seine Bann zieht. Es hat mir sehr gut gefallen.
    Von mir die volle Punktezahl :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit


  • Genervt hat mich die Tatsache, dass von diesen 700 Seiten knapp 300 bis 350 getrost fehlen könnten, und die Geschichte dadurch keinen Verlust erlitten hätte. Im Gegenteil. Nach knapp 300 Seiten fing die eigentliche Geschichte in meinen Augen erst richtig an und hätte ca 50 Seiten vor dem eigentlichen Ende einen schönen Abschluß gegeben. Dem war nur leider nicht so.
    Vorallem die ersten fünf Kapitel haben bei mir die Frage aufgeworfen, warum ich das, was dort erzählt wurde, überhaupt wissen muss. Das "Wissen", was man dort aufgedrängt bekommt, mag zwar eine nette Hintergrundinformation sein und für Einige die Sache abrunden, hatte aber letztendlich keine Bedeutung für die Geschichte. In dem Buch ging es um Alma und da möchte ich nicht noch die Lebensgeschichte von einem anderen Menschen aufgedrängt bekommen, die mich schlicht und ergreifend nicht interessiert.

    Da ging es mir genau umgekehrt wie Dir. Ich fand den Anfang, der die Geschichte Henrys bis zu Almas Geburt erzählt hat, sehr interessant. Dann hat mir wiederum der Abschnitt ganz am Ende gut gefallen, wo Alma Darwins Konkurrent Russel trifft und die Entstehung und Verbreitung der Evolutionstheorie beleuchtet wird.


    Dafür hätte ich auf die Abschnitte in der Bindekammer und die Auszüge aus den schlüpfigen Büchern gerne verzichten können.

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Mir geht es ganz ähnlich wie Elachu. Meine Bewertung ist daher auch: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Ich verstehe nicht, wie Verlage manch perfekten Buchtitel verschandeln können, um eine Käuferschaft anzusprechen, die beim Lesen doch nur enttäuscht sein wird. Anders kann ich mir nicht erklären, wie das „und der Liebe“ noch hinzu gedichtet wurde. Der Originaltitel „The Signature of All Things“ passt so viel besser zum Inhalt, der gar nicht so trivial ist, wie der deutsche Titel vermuten lässt.


    Elizabeth Gilbert erzählt auf knapp 700 Seiten das Leben der außergewöhnlichen Alma Whittaker, die im 19. Jahrhundert das privilegierte Leben eines Einzelkindes genießt, dessen Neigungen und Talente – Wissbegier und Forscherdrang – stets gefördert werden und die so, ganz untypisch für Frauen ihrer Zeit, zu einer anerkannten (wenn auch unauffälligen) Naturforscherin auf dem Gebiet der Bryologie (Wissenschaft der Moose) werden kann.


    Erfreulicherweise beginnt die Geschichte schon vor ihrer Geburt mit dem Werdegang ihres Vaters, eines englischen Arbeitersohnes, der mit Cleverness und Willensstärke um die ganze Welt reist und zu einem wohlhabenden Gutsbesitzers in Philadelphia wird. Seine Geschichte und die Kindheit von Alma werden wunderbar lebendig, spannend und farbenfroh erzählt. Mit dem Auftauchen der verwaisten Prudence, die von Almas Eltern adoptiert und mit ihrem verschlossenen Charakter zu einer mysteriösen Konkurrentin Almas wird, sowie der zauberhaften Retta, die den beiden Halbschwestern mit ihrer quirligen Art eine gute Freundin wird, sind eigentlich die Weichen gesetzt für einen typischen Frauen-Freundschafts-Liebes-Roman, zumal die heranwachsende Alma auch noch ihr Herz für einen jungen Mann entdeckt …


    Weit gefehlt! Gerade an diesem Punkt erfährt die Handlung einen plötzlichen Bruch. Flugs werden Jahre übersprungen, die in anderen Romanen als die interessantesten im Leben einer Frau gelten. Es dauert lange, bis wir endlich mit Alma ihren Schutzbereich verlassen und die Welt erkunden – über Tahiti bis Amsterdam, immer auf der Suche nach Antworten auf Fragen, die Alma selbst nicht immer klar sind, und somit auf die Suche nach sich selbst.


    Das Buch hat mich gleichermaßen enttäuscht wie auch positiv überrascht. Erstaunt war ich vom ersten Teil: so vielversprechend entwickelt sich die kleine neugierige Alma. Ein Highlight ist für mich die surreale Beschreibung der Gartenparty, bei der die Gäste ein Rollenspiel als Planetensystem darbieten, durch das Alma als leuchtender Komet mit brennender Fackel rennt, frei und unabhängig. Enttäuscht und gelangweilt war ich dann von der erwachsenen Alma, die sich als Grüblerin und einsame Forscherin erweist, gefangen in ihrem Mikroversum von Moosen und familiären Pflichten. Erleichtert war ich bei ihrem Aufbruch in die Welt. Die Beschreibung ihres Lebens im exotischen Tahiti, der eigenwilligen Menschen und befremdlichen Bräuche las ich mit Interesse und Vergnügen. Und wohl die gleiche Zufriedenheit
    wie Alma empfand ich beim Lesen des letzten Handlungsstrangs in Amsterdam, wo sie endlich Wurzeln schlägt.


    Letzten Endes bin ich Elizabeth Gilbert doch noch dankbar für den „Bruch“, der statt eines Liebesromans die ganz untypische Lebensgeschichte einer intelligenten Frau geschaffen hat, die uns mit den großen Fragen und Strömungen ihrer Zeit konfrontiert: die revolutionäre Evolutionstheorie wird ganz nebenbei eingeflochten, aber auch Anklänge von Spiritualität und die ungeklärte Frage nach dem Wesen der menschlichen Seele. Leider verliert sich die Spannung nach einem starken Anfang in langatmigen Beschreibungen und den unnahbaren Charakteren.

    "The difference between fiction and reality? Fiction has to make sense."
    Tom Clancy

  • Dicke Bücher können so manchen Leser erst einmal abschrecken. Auch bei dem hier vorliegenden Roman von Elizabeth Gilbert braucht man beim Lesen eine Unterlage oder seine Knie, denn man kann es kaum über jene Stunden lang halten, die es einen, sofort nachdem man es begonnen hat, in seinen faszinierenden Bann zieht.


    Es ist ein historischer Roman und beschreibt das Leben der im Jahr 1800 in Philadelphia geborenen Alma Whittaker. Aus wohlhabendem Haus stammend und mit großer und umfassender Bildung versehen, wird diese bewundernswerte Frau zu einer brillanten Wissenschaftlerin.


    Ihre Arbeit bringt sie rund um die Welt und Elizabeth Gilbert lässt den Leser nicht nur teilhaben an einer spannenden und lehrreichen Entdeckungsreise rund um die Erde, sondern auch an der großen Liebe ihrer Protagonistin zu einem Mann, die sie nicht mit wissenschaftlichen Methoden angehen kann.


    Denn das Wesen der Dinge und das Wesen der Liebe sind doch sehr unterschiedlich. Ein großes Buch, in das sicher auch viele persönliche Erfahrungen der Autorin eingeflossen sind und ein Porträt einer beeindruckenden Frau, die in der männerdominierten Welt der Wissenschaft ihren Platz erkämpft und behauptet. Elizabeth Gilbert schreibt mit viel hintergründigem Humor und zeichnet Alma Whittaker mit einer großen Wärme und Liebe.

  • Auch ich habe diesen dicken Schmöker mit großem Genuss gelesen. :thumleft:
    Das hat mir gut gefallen: die Verknüpfung von Familiengeschichte, Seefahrer-Romantik des jungen Henry, die authentische Schilderung von Almas privilegiertem Leben im Gegensatz zu ihrem trotzdem eingeschränkten Weg als Frau und Wissenschafterin, die Suche nach der Liebe und der Schmerz, als diese scheitert.
    Alle Charaktere waren gut und detailliert dargestellt und mit allen menschlichen Stärken und Schwächen gezeichnet.
    Die vielen Schauplätze machen einen großen Teil des Zaubers dieses Romans aus.
    Ich vergebe: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Das faszinierende Wesen Alma


    Es gibt Romane, die kann man aus der Hand legen, ein paar Tage ruhen lassen und findet sofort den Einstieg wieder. Das mag an der Überschaubarkeit der Handlung und der Personen liegen. Oder aber auch am Erzählstil. Auf "Das Wesen der Dinge und der Liebe" trifft jedenfalls beides zu. Allerdings sei hier gleich zu Beginn angemerkt, dass ich es für ausreichend erachtet hätte, den originalen Buchtitel "The Signature of All Things" ohne das Hinzufügen "der Liebe" in der Übersetzung zu verwenden, weil es die Vermutung hervorrufen könnte, es handelte sich um eine Liebesgeschichte. Das ist der Roman von Elizabeth Gilbert - jedenfalls in der sonst üblichen Form - definitiv nicht. Diesbezüglich halte ich auch den Umschlagtext für irreführend. Das Cover spricht mich sehr an. Gelungen finde ich auch die Gestaltung mit Pflanzentafeln, die sich zu Beginn einen jeweiligen Teils des Romans wiederfinden.


    Der Roman erzählt vom Schicksal der brillanten Alma Whittaker, Tochter eines verschrobenen englischen Botanikers und einer ehrbaren Holländerin. Alma wird am 5. Januar des Jahres 1800 geboren. Ihr Vater notiert hierzu mit der ihm eigenen willkürlichen Rechtschreibung in seinem Wirtschaftsbuch "Eine ehrbare noia mittreisende ist Zu uns geschtossen". Und da die ersten fünf Jahre ihrer "Mitreise" uninteressant zu sein scheinen, lernt der Leser auf den ersten gut 60 Seiten zunächst Henry Whittaker genauer kennen. Er hat es mit Spürsinn, Geschick und Durchhaltevermögen zu Wohlstand gebracht und kann damit seiner Familie ein sorgenfreies Leben bieten.


    Alma ist die Tochter ihres Vaters. Sie sieht nicht nur so aus wie er, nein sie ist genauso klug und robust, störrisch, forsch, rastlos. Von Anbeginn will sie die Welt verstehen und das dafür notwendige Wissen finden. Unermüdlich fragt sie, und sie hat diesbezüglich Glück mit ihren Eltern, die keine geistige Trägheit dulden und den Wissensdurst ihrer Tochter fördern.


    Alma wird eine Spezialistin im Bereich der Bryologie, der Erforschung der Moose. Darüber vergehen die Jahre. Sie ist über fünfzig, als Ambrose kennenlernt. Beide verbindet die gemeinsame Leidenschaft für das Wissen, das Bedürfnis, die Funktionsweise der Welt zu verstehen und den Mechanismus des Lebens zu erkennen. Doch Alma ist eine klar denkende Wissenschaftlerin, Ambrose dagegen Künstler, der Orchideen voller empfindsamer Schönheit malt, weil er in ihnen und anderen Pflanzen göttliche Hinweise über ihr Wesen sieht und sich wünscht, ein Engel Gottes zu sein. Dem kann Alma nicht folgen. Trotzdem bleibt sie stets weiter auf der Suche nach dem Wesen der Dinge und gelangt wie Charles Darwin und Alfred Russel Wallace zu ihrer eigenen Theorie über die Umbildung der Arten. Am Ende ihres Lebens ist sie, die nie etwas anderes kennenlernen wollte als die Welt, glücklich...


    Ich mochte Alma, deren Namen im Spanischen/Portugiesischem die Bedeutung von Seele, Geist oder auch Verstand hat, von Anfang an. Diese ungewöhnliche Person, die eben mit einem ausgezeichneten, intelligenten, präzisen Verstand ausgestattet ist, deren Kopf zwar nicht schön, aber vollgestopft mit Wissen ist, das sie aufsaugt wie ein Moospolster. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass sich der Roman nicht nur eine bildhafte Sprache auszeichnet, sondern sich auch philosophische Momente entdecken lassen und vor allem eine warmherzige, humorvolle Ausdrucksweise findet. Hier ein Beispiel, ein Gespräch zwischen Alma und der Hanneke de Groot, der holländischen Hauswirtschafterin:


    "Jeder Mensch erlebt Enttäuschungen, Kind...
    Mir ist durchaus bewusst, dass jeder Mensch Enttäuschungen erlebt, Hanneke...
    Da bin ich mir nicht so sicher. Du bist noch jung, deshalb denkst du nur an deine eigene Person Du merkst nichts von den Kümmernissen anderer... Die Jugend ist nun einmal selbstsüchtig... Schade, dass wir einen alten Kopf nicht auf junge Schultern setzen können, dann wärest du jetzt schon klug. Irgendwann wirst du freilich verstehen, dass niemand imstande ist, ohne Leid durchs Leben zu gehen - wie auch immer du das vermeintliche Glück der anderen einschätzen magst...
    Aber was tun wir mit unserem Leid?...
    Nun Kind, mit deinem Leid kannst du tun und lassen, was du willst...Es gehört dir. Doch ich will dir sagen, was ich mit meinem tue. Ich packe es an den Haaren, werfe es zu Boden und zermalme es unter den Absätzen meiner Stiefel. Ich schlage vor, dass du lernst, es genauso zu halten."


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Produktinformation
    Autor: Elizabeth Gilbert
    Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
    Verlag: Bloomsbury Berlin (1. Oktober 2013)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3827011566
    ISBN-13: 978-3827011565
    Originaltitel: The Signature of All Things
    Größe und/oder Gewicht: 22,1 x 14,9 x 4,7 cm
    Übersetzer: Tanja Handels, Sabine Schwenk
    Inhaltsangabe
    Nach ihrem Weltbestseller Eat, Pray, Love meldet sich Elizabeth Gilbert mit einem großen Roman zurück. "Das Wesen der Dinge" und der Liebe erzählt die Geschichte von Alma Whittaker, einer Frau, die sich den Pflanzen verschrieb, die Naturgesetze erforschte und versuchte, das Wesen der Liebe zu ergründen. Am Ende ihres Lebens wird Alma auf ein großes Jahrhundert zurückblicken. Sie wird in die Aufbruchsphase Amerikas geboren, die Welt wird erforscht und erobert, Altes durch Neues abgelöst. Ihr umtriebiger Vater ist mit Pflanzenhandel reich geworden und der jungen Alma wird es an nichts fehlen, auch nicht an Bildung. Und so wächst sie zwischen den Pflanzen der prächtigen Gewächshäuser heran. Ihre ganze Leidenschaft gilt der Natur, und während ihrer Studien, die sie ihr ganzes Leben begleiten, gelingen ihr ähnlich revolutionäre Einsichten, wie sie dann Charles Darwin der Welt vorführen wird. Doch Alma selbst zweifelt an ihren Erkenntnissen. Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, warum sich der Mensch nach Liebe sehnt? Was ist Liebe überhaupt? Warum sind wir selbstlos und uneigennützig, wie ihre Adoptivschwester Prudence, die schon früh sich für die Befreiung der Sklaven einsetzt? Alma wird Antworten finden, ebenso wie die Liebe.
    (Quelle: Amazon)
    Meine Meinung:
    Ich habe dieses Buch an einem einzigen Tag gelesen und konnte es kaum aus der Hand legen.
    Das Schicksal von Alma wird so ansprechend geschildert, dass ich mich nicht vom Buch trennen wollte.
    (Glücklicherweise war es ein freier Tag!*g*)
    Beide Eltern, der weitgereiste biologieinteressierte Selfmademan aus den einfachsten britischen Schichten und die ebenfalls aus der Biologie zugewandten Kreisen stammende höhere Tochter aus Amsterdam, prägten die gemeinsame Tochter Alma auf ihre Weise und erzogen sie früh zu selbstständigem Denken, Reden und Handeln. Daraus resultierend kommt sie auf ähnliche Gedanken wie Charles Darwin, zögert aber aus Selbstzweifeln heraus zu lange mit einer Veröffentlichung. Am Ende ihres Lebens schliesst sich der Kreis, als sie dem Dritten in diesem Bunde, Wallace, begegnet.
    Dieses Buch zu lesen, war ebenso unterhaltsam wie lehrreich. Trotzdem gerieten mir manche naturkundliche Exkursionen ein wenig zu detailreich, was ich durch zeitweiliges "Überfliegen" kompensierte.
    Außerdem wäre diesem übrigens auch äußerlich sehr ansprechenden, mit schönen Pflanzenbildern und einem praktischen Lesebändchen versehenen Buch ein etwas gründlicheres Lektorat zu wünschen gewesen, denn ich habe beispielsweise einst gelernt, dass ein Jahrhundert mit dem Jahreswechsel 00 auf 01 (und nicht 99 auf 00) beginnt und nach "während" der Genitiv zu verwenden ist.

  • Inhalt

    Henry Whittaker war der Sohn eines Obst-Gärtners in Kew Gardens/Richmond. Während der alte Whittaker niemals mehr wollte als ein unentbehrlicher Spezialist im botanischen Garten zu sein, setzt sein Sohn seinen Ehrgeiz daran, der Armut zu entkommen. Henry stiehlt seltene Pflanzen in Kew und verscherbelt sie zu hohen Preisen an ausländische Sammler. Als er erwischt wird, erkennt Sir Richard Banks die Talente des Jungen und schickt ihn 1776 als seinen persönlichen Informanten mit James Cook auf dessen 3. Reise. Nachdem der in der Seefahrt erfahrene, erwachsene Henry zunächst auf Rechnung der Holländer in Java die Rinde des Fieberbaums als Arzneimittel anbaute, lässt ihn seine Geschäftstüchtigkeit schließlich Europa den Rücken kehren und in Philadelphia unvorstellbaren Reichtum anhäufen. Henry hat den neuen Lebensmittelpunkt für seine Bedürfnisse und die seiner holländischen Frau gezielt ausgewählt. Er handelt von hier weiter erfolgreich mit Arzneipflanzen und schert sich nicht darum, was andere Menschen von ihm erwarten. Zur Jahrhundertwende wird die einzige Tochter des Paars geboren. Alma, ein wissbegieriges Kind, dem der Reichtum des Vaters die freie Entfaltung ihrer Interessen und Unterricht durch Hauslehrer bis zu ihrem 18. Geburtstag ermöglicht. Auf dem großzügigen Familienbesitz betätigt sich Alma anschließend als Botanikerin und veröffentlicht mehrere Fachbücher. Womöglich hatte Henry als gesellschaftlicher Aufsteiger keine anderen Ziele, als selbst reich zu werden. Mit seiner Pflanzensammlung hat er zwar mehr als den sprichwörtlichen Baum gepflanzt, aber keinen Sohn gezeugt und auch keine Pläne für Almas Zukunft und die des Unternehmens. Alma musste ihre Interessen nie gegen Widerstand durchsetzen, sie verfolgte ungestört stets, was sie gerade interessierte. Niemand verlangte, dass sie in die Firma eintreten oder das Nachfolgeproblem durch Heirat lösen sollte. Alma hat Philadelphia nie verlassen, erhielt keine kaufmännische Ausbildung und doch erwartet Henry nach dem Tod seiner Frau, dass Alma für ihn die Geschäfte führt.


    Fazit

    Nach einem spannenden Einstieg in die Geschichte des Henry Wittaker, die sich wie ein passendes Puzzlestück zwischen Berichte über James Cook einfügt, lässt der Reiz bereits nach, als man sich als Leser fragt, welche Ziele die Whittakers für Alma verfolgen und was Alma selbst zum Handeln antreibt. Ein herrschaftliches Haus mit vielen Personen, eine Epoche der Entdeckungen, in die in den USA auch Auseinandersetzungen um die Sklaverei spielen, hätte so viel Stoff für einen umfangreichen historischen Roman geliefert! Mit Alma treffen wir eine Frau mit für ihre Epoche ungewöhnlichen wissenschafltichen Interessen, doch leider gelingt es Elizabeth Gilbert nicht, glaubwürdige Figuren zu schaffen und deren Innenwelt überzeugend darzustellen. Die Figuren kommen und gehen, doch keine kann für mich an den jungen Henry zur Zeit seiner Lehr- und Wanderjahre heranreichen. Als in der Mitte des Buches die Handlung endlich Fahrt aufnehmen müsste, ist Henry fast 90 Jahre alt, Alma geht auf die 50 zu und bekommt bereits weiße Haare. Mit einer Reise nach Tahiti könnte sich der Kreis für Alma doch noch schließen, aber zu diesem Zeitpunkt war ich vom fahrigen Auf- und Abtreten der Personen ohne roten Faden zu enttäuscht, um diese Wende noch gern weiterzuverfolgen. Wäre der Rest des Buches doch wenigstens annährend so fesselnd gewesen wie die Kapitel um Henrys Erlebnisse als junger Mann zu Beginn des Buches. Im Vergleich mit anderen Büchern über die Zeit der Entdeckungen und der Kolonien kann Elizabeth Gilberts Roman nicht mithalten.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow