Klappentext
„Du hast die Krone bekommen. Also trag sie auch. Und zwar allein.“
Brandenburg 929: Beim blutigen Sturm durch das deutsche Heer unter König Heinrich I. wird der slawische Fürstensohn Tugomir gefangen genommen. Er und seine Schwester werden nach Magdeburg verschleppt, und bald schon macht sich Tugomir einen Namen als Heiler. Er rettet Heinrichs Sohn Otto das Leben und wird dessen Leibarzt und Lehrer seiner Söhne. Doch noch immer ist er Geisel und Gefangener zwischen zwei Welten. Als sich nach Ottos Krönung die Widersacher formieren, um den König zu stürzen, wendet er sich mit einer ungewöhnlichen Bitte an Tugomir, den Mann, der Freund und Feind zugleich ist ...
Allgemeines
Wenn man das Buch aufklappt, findet man zuerst eine schön gestaltete Karte des ostfränkischen Reiches um 935. Die Gleiche befindet sich auch nochmals am Ende des Buches. Außerdem gibt es am Anfang auch ein sehr übersichtliches Personenverzeichnis.
Das Buch umfasst 861 Seiten und gliedert sich in drei Teile (929; 935 – 938; 939 – 941). Erzählt wird aus der Sicht eines allwissenden Erzählers, man kann immer wieder in verschiedene „Köpfe“ schauen. Am Ende befindet sich noch ein Nachwort der Autorin.
Meine Meinung
Sehnsüchtig habe ich auf den neuen Roman der Autorin gewartet. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Gablés Schreibstil ist wie immer von Anfang an packend, bildgewaltig und unglaublich flüssig, sodass die vielen Seiten förmlich an mir vorbeiflogen. Sofort wurde ich in die Geschichte hineingezogen und habe die Figuren in ihr lieb gewonnen. Im Unterschied zu ihren bisherigen historischen Romanen sind in „Das Haupt der Welt“ fast alle Figuren historisch belegt, wobei der bekannteste natürlich der Sachsenkönig Otto I. ist. Dennoch gibt es über einige Hauptfiguren, wie beispielsweise dem Fürstensohn Tugomir, nur wenige tatsächliche Informationen, weshalb vieles wiederum doch fiktiv ist.
Insgesamt habe ich dieses Buch ein wenig anderes empfunden als die anderen Werke der Autorin. Obwohl auch diese vor geschichtlichen Informationen strotzen, hatte ich dennoch hier das Gefühl, dass der Schwerpunkt etwas mehr auf den historischen Fakten liegt, wahrscheinlich weil eben keine Hauptfigur gänzlich fiktiv ist. Das hat meinen Lesespaß jedoch nicht verringert, denn die Autorin schafft es wie keine zweite, die trockene deutsche Geschichte spannend zu verpacken: Sehr genau wird das, schon vor seinem Antritt als König, komplizierte Verhältnis zwischen Otto und seiner Familie gezeigt und natürlich auch die weiteren Schwierigkeiten während seinen anfänglichen Regierungsjahren. Otto bleibt dabei ein unheimlich neutraler Charakter. Als Leser habe ich ihn nie als extrem sympathisch noch als extrem unsympathisch empfunden. Er ist manchmal sehr hart, naiv und selbstgerecht, an anderen Stellen dann aber wieder sehr gütig und gerecht. Auch seine Brüder sind unheimlich facettenreich gezeichnet. Besonders Ottos älterer Bruder Thankmar hat sich mit seiner lockeren und spitzfindigen Art in mein Herz geschlichen. Der slawische Fürstensohn Tugomir ist ein recht zerrissener und damit interessanter Charakter. In jahrelanger Gefangenschaft bei seinen sächsischen Feinden, schwankt er zwischen der Treue zu seinem Volk und der Freundschaft, die sich langsam gegenüber einigen Sachsen entwickelt. Dennoch gibt er nie auf, steht zu seinen Grundsätzen und brachte mich mit seinem trockenen Humor manches Mal zum Lachen. Die immensen Unterschiede zwischen den Slawen und den Sachsen, vor allem auch in Glaubensfragen, werden besonders in dieser Zeit von Tugomirs Gefangenschaft deutlich und nachvollziehbar dargestellt und bilden einen Kernpunkt des Romans. DIe Informationen, die man hierüber erfährt, sind sehr spannend und haben mich auch dazu verleitet, nebenbei immer wieder mehr dazu im Internet nachzulesen.
Was mir noch besonders aufgefallen ist: In diesem Buch haben wirklich alle Figuren Stärken und Schwächen - niemand ist absolut gut, aber auch niemand absolut böse. Jeder entwickelt sich irgendwie deutlich im Laufe der Handlung und zeigt verschiedene Seiten. Das ist der Autorin wirklich sehr gut gelungen, die Figuren kommen ohne jedliches Klischee aus und im Hinblick auf manch anderes Buch von ihr empfinde ich das als großen Unterschied. Einziges kleines Problem daran war für mich nur, dass die Personen dadurch teilweise ein wenig unnahbar erschienen.
"Ich bin nicht dein Freund. Ich bin dein Gefangener. Beides geht nicht, ganz gleich, was du dir einzureden versucht. Möglicherweise kommt irgendwann der Tag, da du dich für eines von beiden entscheiden musst."
Fazit
Wie immer macht dank Gablé Geschichte Spaß. Ein herrvoragend recherchierter, informativer und spannender Roman mit facettenreichen Figuren. Ich vergebe und warte bereits jetzt wieder auf den nächsten Roman der Autorin (der leider erst in zwei Jahren erscheint).