Nachdem ich von "Alice im Wunderland" mehrfach irgendwelche Filmausschnitte gesehen hatte und sie immer "total bescheuert" fand, dachte ich, vermutlich hätte ich dem Werk als Kind nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet, gilt es doch als eines der wichtigsten Werke der Weltliteratur. Auch fand ich es persönlich seltsam, dass ich als lebenslanger Fan phantastischer Welten ausgerechnet dieses Buch so abgelehnt haben sollte.
Als Fantasyautor, so dachte ich, müsste man es wohl gelesen haben. Die englische Ausgabe war ja auch problemlos zu beziehen.
Doch was musste ich feststellen? Eine weibliche Person zunächst unbestimmten Alters erlebt fast vollkommen zusammenhanglosen Unsinn, verhält sich dabei so wenig rollengerecht (was auch immer ihre Rolle überhaupt sein soll), ja nicht einmal menschlich, dass einfach nichts mit ihr anzufangen ist. Das Ausmaß an fehlendem Gefahrenbewusstsein, Naivität und schierer Dämlichkeit ist nicht zu überbieten. Extreme sprachliche Finesse ist nicht auszumachen, ich finde weder Witz noch Moral noch sonst irgend etwas, was mein Hirn sinnvoll beschäftigen möchte. Die Langeweile ob der unglaubwürdigen aneinandergereihten Ereignisse wurde etwa auf der Hälfte so quälend, dass ich aufgeben musste. Und das bei so einem Heftchen!
Ich habe sogar versucht, nachzulesen, was gut an dem Buch sein soll. Metaphorik und Satirik soll es enthalten. Nun gut, vielleicht kommt die in der zweiten Hälfte noch. Allerdings konnte mir auch keine Quelle verraten, was daran metaphorisch wertvoll sein soll und auch auf den Gehalt der Satire fand ich nur vage Hinweise auf "Bekannte des Autors". Kurz: Ich konnte nicht einmal recherchieren, was andere eigentlich daran gut finden.
Mir persönlich fehlt die Konsistenz der Welt, die Glaubwürdigkeit der Protagonistin, ein Spannungsbogen (da nichts einen Sinn ergibt, kann auch nichts Spannend sein) und jegliches andere mögliche Merkmal, das ein gutes Buch ausmachen könnte (Humor? Tiefsinn? Moral? - von nichts eine Spur).
Natürlich kann all das in der zweiten Hälfte noch beginnen, ich beurteile nichts, was ich nicht gelesen habe. In diesem Fall kämen die Qualitäten dann wohl zu spät für mich. Tröstlich, dass sich die erste Rezension in diesem Thread in vieler Hinsicht in die gleiche Richtung bewegt, wie meine Ansicht, bin ich doch offenbar nicht gänzlich allein damit. Irgendeine Faszination muss es schon in dieser ersten Hälfte geben, schließlich gibt es genügend Lob dafür zu hören. Für mich persönlich besteht die einzige Faszination darin, dass ich bei keinem literarischen Werk wie bei diesem auch nach ausgiebigem Suchen nichts finden konnte, was ich daran gut finden kann (oder als Kind konnte).