Kurzbeschreibung:
Ein Hotel irgendwo in der Wüste. Etwas Großes steht bevor: Abgehalfterte Barkeeper, teilweise talentierte Musiker und eine Handvoll Zombies machen sich auf dem Weg zu dem Festival, das unter dem Motto "Back from the Dead" steht. Die Teilnehmer sollen längst verstorbene Stars imitieren. Keiner von ihnen ahnt, dass sie dem Tod näher sind, als ihnen lieb ist. Denn ein weiterer Gast steht auf der Liste: ein schlecht gelaunter Killer namens Bourbon Kid...
Eine Story wie in einem Road-Movie von Quentin Tarantiono. Nur als Buch.
Inhalt:
Es ist mal wieder Halloween. Auf den Tag 10 Jahre ist es nun her, an dem der Bourbon Kid gezwungen war, seine Mutter zu töten, da sie in einen Vampir verwandelt worden war. Diesen besonderen Tag will er im Hotel Pasadena, einem Nobelschuppen mitten in der gefährlichen Wüstengegend Devil’s Graveyard, begehen. Dort findet der alljährliche „Back from the Dead“-Gesangswettbewerb statt, in dem zahlreiche Doppelgänger von toten Musikern in einer „Deutschland-sucht-den-Superstar“-ähnlichen Megashow den ersten Platz belegen wollen. Einer dieser Doppelgänger ist natürlich der gefürchtete Profikiller Elvis. Zufälligerweise ist auch unser altbekannter Barbesitzer Sanchez an diesem unheilvollen Ort anwesend, da er, genauso wie „die mystische Lady“ Annabel de Frugyn, eine Reise in dieses Hotel gewonnen hat. Hinter den Kulissen der Show geschehen seltsame Dinge, wobei Manipulation des Wettbewerbs noch das geringste Übel ist. Unser gefürchteter Bourbon Kid hat den Auftrag eines James Brown-Doubles angenommen, seine größten Konkurrenten auf den Sieg aus dem Weg zu räumen. Aber nicht nur der Kid ist mit der Knarre unterwegs, der Auftrag wurde gleichzeitig auch noch anderen skrupellosen Killern erteilt und die Show droht im Chaos zu versinken.
Meine Meinung:
ZitatDie massive Schrotladung blies den größten Teil von Neils Kopf weg und spritzte ihn auf Johnnys Gesichtshälfte. Blut, Haare und Gehirnfetzen flogen ihm in den offenen Mund, und er quiekte ein gequältes "Oh Scheiße!"
Wenn ein Polizist nur ein "Oh Scheiße" herausbringt wenn seinem Partner neben ihm im Auto der Kopf weggeschossen wird und dann fast so tut als wäre nichts passiert, hätte ich bei jedem anderen Buch gefragt: "Was soll der Mist bitteschön?". Aber in dieser überdrehten, abgefahrenen Buchreihe hat es mir auf Seite 11 gleich den ersten von zahlreichen Lachern beschert. Gerade diese Stelle fand ich sehr bezeichnend für das gesamte Schaffen von Anonymus. Zeigt es doch sowohl die Brutalität als auch den schwarzen Humor, der sich wie ein roter Faden schon durch "Das Buch ohne Namen" und "Das Buch ohne Staben" gezogen hat und nun nahtlos in "Das Buch ohne Gnade" übergeht. Auch im dritten Teil bekommt der aufgeschlossene Leser wieder das, was man erwartet hat: Ein Buch wie ein Tarantino-Film, versetzt mit einer Menge Sarkasmus und einer Prise Terry Pratchett-Humor.
Die Anfangsszene, die nach obiger Einführung in einem Diner stattfindet, war ebenfalls wieder total typisch und ich dachte schon fast, ich hätte ein Déjà-vu. Jedenfalls sind einige gut bekannte und ans Herz gewachsene Figuren wieder mit dabei: u.a. der ständig vom Pech verfolgte, in jedes Fettnäpfchen tretende, aber sich doch immer wieder aus allem rauswindende Barmann Sanchez; die Wahrsagerin Annabel de Frugyn, besser bekannt als die "mystische Lady", deren Voraussagungen meistens nicht so wirklich eintreffen; und natürlich der megacoole, eiskalte Massenmörder Bourbon Kid, der immer noch damit beschäftigt ist, schlecht gelaunt zu sein und seine Mutter zu rächen.
Dieses Mal sind wir allerdings nicht im guten alten Santa Mondega unterwegs, sondern in einer wüstenähnlichen Gegend namens Devil's Graveyard und dort im imposanten, erstklassigen Hotel Pasadena. Der Schauplatzwechsel von verruchten Bars und heruntergekommenen Motels hin zu einer Schicki-Micki-Bude war zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber jeder Fan dieser Buchreihe kann sich wohl ausmalen was passiert wenn die oben angeführten Figuren alle auf engem Raum zusammentreffen.
Köstlich fand ich mit welchem Sarkasmus die im Hotel stattfindende Casting-Show dargestellt wurde. Wenn die zwei sexy aufgestylten Jury-Damen bei jedem zweiten Künstler begeistert vom "besten Auftritt aller Zeiten" jubeln, mit den immer gleichen hohlen Phrasen wahllos Lob austeilen und dann das dritte "böse" Jury-Mitglied die Euphorie mit beleidigenden Sprüchen bremst, bleibt kein Auge trocken, denn das hat mich einfach zu sehr an diverse in der Realität stattfindende Peinlichkeits-Shows erinnert.
Von den im Klappentext erwähnten Zombies sollte sich übrigens niemand abschrecken lassen, falls man die nicht mag. Sie sind eher Randfiguren in der Geschichte und haben nicht gerade eine große Bedeutung, noch weniger als die in den Vorgängern vorkommenden Vampire. Es muss also niemand befürchten, hier einen weiteren Zombie-Roman vorgesetzt zu bekommen.
"Das Buch ohne Gnade" hat allerdings auch einige Mängel: Es kommt einfach nicht an die Vorgänger ran und meine euphorische Begeisterung ist dieses Mal ein wenig zurückhaltender. Dies lag zum einen dran, da sich das Ganze nicht wie eine Fortsetzung angefühlt hat, sondern eher wie eine Art Zwischenspiel (wobei ich mir ehrlich gesagt nicht sicher bin, ob es vielleicht genau das sein sollte oder ob es sogar in früherer Zeit spielt ). Weder das Buch ohne Namen findet nämlich eine Erwähnung, noch das schockierende Ende aus Teil 2. Zum anderen haben einfach einige tolle Charaktere aus den Vorgängern gefehlt und die hier neu eingeführten waren zwar auch ziemlich cool, aber eben nicht ganz so überragend wie der Mönch Peto oder der kleine Fiesling Dante, die mir schon ziemlich abgingen. Wenn der Autor schon immer alle umbringen muss, sollte er darauf achten, dass er gleichwertige Charaktere einführt.
Fazit: Diese Buchreihe ist und bleibt ein Konsens-Thema: Entweder man liebt sie oder man wird sie abstoßend oder bescheuert finden. Trotz kleiner Schwächen, die sich eingeschlichen haben, bleibt ein überdurchschnittliches Buch, das jedem Freund der Vorgänger auch gefallen wird.