Liebe Runde - hier war ja wieder einiges los - alldieweil ich mich eine Sonntag weit ab von Computer bewegte - aber jetzt:
Danke Sabine Trinkaus für diese tolle Geschichte. Auch wenn ich mich meistens über die handelnden Personen aufgeregt habe, habe ich das Buch doch gern gelesen
Vielen Dank - das freut mich sehr!
Warum Sabine Trinkaus ? Das habe ichnicht ganz nachvollziehen können, warum Du so gnädig mit ihm bistund er nie zur Rechenschaft gezogen wird.
Für mich ist er ein absoluterKotzbrocken, ein emotional völlig unbeteiligter Mensch.Psychologisch unterfällt das meiner Kenntnis nach dem Begriff"Psychopath". Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut undtatsächlich: "Psychopathie bezeichnet heute eine schwerePersönlichkeitsstörung, die bei den Betroffenen mit demweitgehenden oder völligen Fehlen von Empathie, sozialerVerantwortung und Gewissen einhergeht". Passt für mich zu100% auf diesen miesen Typen !
Psychopath geht mir da ein bisschen zu weit - aber ja, er ist weiß Gott kein Sympathieträger, der Gute. Patrick ist für mich von daher eine "exemplarische" Figur, als dass er ja mit seinem Verhalten glatt durchkommt. Er lügt sich selbst in die Tasche - angefangen von dem Gedanken, dass seine Affäre nichts mit seiner Ehe zu tun hat. Er war derjenige, der unbedingt das Kind und die Familie wollte - versagt aber in seiner Rolle als Vater und Ehemann total. Und nein, er wird nicht zur "Rechenschaft" gezogen - denn man kommt ja nicht in den Knast, wenn man sich so verhält. Er kommt aber mit der Nummer (für mich nur scheinbar) unbeschädigt durch, weil er ja umgeben ist von Menschen, die sein Verhalten immer wieder entschuldigen. Er hat halt beruflich viel zu tun, er braucht halt seine Freiheit, er gibt sich ja immer Mühe ... das funktioniert nur, weil er Leute wie Sarah (die dann ja doch noch ein Einsehen hat und erkennt, wie destruktiv diese Beziehung für sie ist), aber eben auch Katharina (die ihn nie in die Pflicht genommen hat und lieber ihre Probleme vor ihm versteckt) und dann auch Adele (die gern all das übernimmt, was ihm zu viel ist) um sich hat - und eine Gesellschaft, die tatsächlich die Väter noch immer leichter freispricht, wenn irgendetwas schief geht - das ist jedenfalls eine Dynamik, die ich - wenn natürlich glücklicherweise nie so krass - durchaus in meiner Erfahrungswelt beobachte.
Es tut mir leid, Sabine Trinkaus , auchwenn sie eines Deiner "Kinder" ist, ich kann mit dieserFrau nichts anfangen. Ganz ehrlich, mir ist sie too much – zugestört, zu überzeichnet. Mich hat sie bis zuletzt einfach nurgenervt.
Ja, das verstehe ich . Aber sie hat halt auch eine ziemlich miese Geschichte - die sich tief beschädigt hat. Sie ist sehr früh ungewollt schwanger geworden, wurde in eine sehr lieblose Ehe gezwungen. Ihre postnatalen Depressionen wurden nicht behandelt, sondern mit einem "stell dich nicht so an" abgetan - und ihr Kind wurde ihr quasi entzogen und von anderen Leuten aufgezogen. Entsprechend hatte sie nie die Chance, eine Verbindung zu Jakob aufzubauen - der wiederum auch darunter gelitten hat und zu einem sehr kaputten Teenager, der seine Mutter eher verachtet, herangewachsen ist. Für Katharina war dann der Moment, in dem ihr eigenes Kind eine solche Untat begeht, der Moment, in dem sie jede Hoffnung aufgegeben hat. Sie fühlt sich schuldig und verantwortlich - und kommt aus diesem Gefühl nur raus, weil sich sich einfach entscheidet, ihr Kind für ein "Monster" zu halten - und sich in Sicherheit zu bringen. Diese Erfahrung ist dann der Grund, dass sie nie wieder ein Kind möchte - und als Timo dann doch da ist, ist sie natürlich von der Angst getrieben, dass er auch "böse" sein könnte. Darum reagiert sie so empfindlich auf jedes noch so kleine Anzeichen von Aggression (und kann nicht mal ertragen, dass er Kung-Fu-Pandas schaut). Für mich ist sie eben auch ein Opfer - und ja - es wurde ja vielfach schon so formuliert - möglicherweise gehört sie "in die Klapse" - allerdings in erster Linie aus dem Grund, dass sie sehr dringend Hilfe braucht.
Jakobs Läuterung kann ich ihm nicht abnehmen, tut mir leid. Mag sein, dass das Ganze für mich ein zu großes Reizthema ist, aber erst Vergewaltiger, jetzt Menschenfreund? Er tut einer jungen Frau so etwas an und versinkt dann vollkommen in Selbstmitleid, weil seine Mama ihn verlassen hat. Herrje....was soll ich dazu sagen? Und typisch Katharina ist ihr Verhalten auch, einfach Weglaufen vor den Problemen.
Siehe oben - Jakob war 14, als das passiert ist - und emotional "verwahrlost". Seine Mutter hat keinerlei Bindung an ihn - er fängt schon früh an, zu provozieren und "schwierig" zu sein - auch im Sinne von aggressivem Verhalten - weil er sich nach einer Reaktion sehnt. Seitens seiner Mutter bleibt die aus, der Vater findet das im Zweifel eher gut - ein ganzer Kerl ist der Junge eben. Natürlich ist eine Vergewaltigung nicht zu rechtfertigen - egal, wie alt ein Täter ist . Aber grundsätzlich halte ich es durchaus für möglich, dass man nach einer solchen Tat irgendwann aufwacht und Dinge begreift - und sich ändert. Das ist ja auch die Grundidee unseres Rechtsstaats - das, was man erreichen möchte, ist ja eine Resozialisierung - die ich in diesem Fall nicht für ausgeschlossen halte.
aber auch einiges aus der Vergangenheit. Katharina ist ja untergetaucht, aber dennoch gelingt es Jakob und Rike unabhängig voneinander, sie zu finden. Ist das realistisch? Und wie haben die beiden Katharina aufgespürt? Ist Rike zufällig ihre Freundin geworden oder war das kalkuliert? (Muss es ja eigentlich gewesen sein.)
Katharina ist nicht "untergetaucht" - dazu war sie damals gar nicht in der Lage. Sie hat einfach einen Koffer gepackt und ist abgehauen. Da ihr damaliger Mann hat ihr keine Träne nachgeweint. Und da sie keinerlei Forderungen gestellt hat - finanzieller oder sonstiger Art - sondern einfach brav in die Scheidung eingewilligt, gab es ja keinen Grund, dass er nach ihr gesucht hat. Jakobs Wunsch, sie zu finden, entsteht ja erst später, im Zuge seiner Therapie - als er begreift, dass das, was ihn damals getrieben und letztlich zu dieser schrecklichen Tat geführt hat, etwas ist, mit dem er sich auseinandersetzen muss. Darum möchte er Kontakt zu ihr. Sie zu finden ist für ihn nicht sonderlich schwer - genau wie für Rike.
Rike hat nach den tragischen Ereignissen diesen Racheplan gefasst - der sich aber in erster Linie auf Jakob und seinen Vater konzentriert hat. Der Vater stirbt irgendwann bei einem Autounfall, Jakob hat ein massives Drogenproblem - sie sieht ihn in einer Situation, in der sie sicher ist, dass er elend krepieren wird. Erst dann "kümmert" sie sich um Katharina - und reagiert auf die Lebenssituation, in der sie sie vorfindet, aus guten Gründen entsetzt.
Sie freundet sich natürlich mit Vorsatz mit ihr an, weil sie ja zunächst ihr Vertrauen gewinnen muss, um sich dann an ihr zu rächen.
ch fände sehr klasse, wenn Du uns das "Zwacken" wissen lassen würdest, sobald alle durch sind. Für mich wäre hochinteressant, was Du Dir während der LR gedacht hast .
Wir haben uns ja alle schon an mancher Stelle aus dem Fenster gelehnt und wild spekuliert. Und mit Sicherheit manches anders aufgefasst, als Du es beabsichtigt hattest.
Liebe Sabine Trinkaus , mir ist zudem noch eine Frage eingfallen. Warum eigentlich hat Timo in dem Roman keine Stimme bekommen? Obwohl er eine zentrale Figur ist, bleibt er durchgehend sozusagen ein "Objekt" der Handlungen. Dass z. B. Erich nicht näher beleuchtet wird, wundert mich nicht, er hat für mich einfach den Charakter einer Nebenfigur und ist eher der Prototyp fader einfallsloser Ehegatte. Für den reicht glaube ich die Leserfantasie .Hast Du in der Entstehung darüber nachgedacht, die Geschichte auch um Timos Perspektive zu ergänzen? Und falls das so ist, warum hast Du Dich dann dagegen entschieden und nur die Erwachsenen Personen sprechen lassen? Ich will mit meiner Frage nicht zum Ausdruck bringen, dass mir das besser gefallen hätte, mich interessiert nur, wie Du abgewägt hast, wer wieviel Raum bekommt und sozusagen aus der eigenen Perspektive sprechen darf.
Zum Zwacken - siehe oben - mir war es manchmal ein wenig zu harsch, wie sich in der Diskussion um fiktive Charaktere für mich eine gewisse Gnadenlosigkeit einschleicht - will sagen: wenn ich merke, dass ich mit dem, was ich erzähle, nicht immer das erreiche, was ich möchte. Aber das fällt eindeutig unter "Augen auf bei der Berufswahl" - und ich durchaus in Ordnung - und hilfreich.
Timo hat sehr bewusst keine Perspektive, denn genau das ist ja Timos "Problem" - auch wenn er zu klein ist, um das zu realisieren. Er erfüllt für alle Erwachsenen eine bestimmte Funktion - für Patrick und Katharina ist er der Mustersohn, den die "perfekte" Familie braucht, für Adele der Enkel, der sie zu einer "gleichwertigen" Person macht. Er wird natürlich "geliebt" - aber er hat tatsächlich wenig Raum für sich, weil er von Erwartungen (emotionalen und auch sachlichen) erdrückt wird. Das macht sich deutlich in seinen Wutanfällen - weil er ständig irgendwelche diffusen Erwartungshaltungen wahrnimmt, kommt er immer wieder in diese verzweifelte Hilflosigkeit, die sich dann in Wut und körperlicher Aggression ausdrückt.
Ich hoffe, ich habe alle Fragen erwischt - wie gesagt, ihr wart ja sehr fleißig am Wochenende.