Die Flügel der Freiheit

Buch von Tilman Röhrig

Bewertungen

Die Flügel der Freiheit wurde insgesamt 10 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,9 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Flügel der Freiheit

    Auch ich fand den Roman unterhaltsam zu lesen und hinsichtlich der historischen Figuren gut recherchiert, aber trotzdem ist bei mir kein Funke übergesprungen.
    Zum einen war mir die vom Autor erfundene, ins Reformationsgeschehen eingebettete Liebesgeschichte zwischen Barthel und Dorlein über weite Strecken zu banal. Irgendwie nach dem Motto: Man muss da noch eine herzzerreißende Romanze mit viel Geschmuse unterbringen, um die entsprechenden Bedürfnisse der Leserschaft zu befriedigen. Ja, ich sehe schon, dass Dorothea und Bartholomäus stellvertretend für viele Menschen stehen, denen die Lehren Luthers oder Müntzers kaum verständlich waren, die aber trotzdem zwischen deren Lagern ohne eigenes Zutun schier zerrieben wurden. Aber diesen als intelligent dargestellten Protas nehme ich nicht ab, dass sie gar nicht so recht begreifen, was dieser Luther eigentlich will.
    Allerdings macht der Autor es auch den LeserInnen nicht leicht, Luthers Anliegen zu durchschauen, und hierin liegt mein größter Kritikpunkt an dem Roman: Man bekommt Müntzer als Person und in seinen Lehren als einen unsympathischen, selbstdarstellerischen Möchtegern-Propheten präsentiert, dem es nur um Aufruhr geht. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern das dem historischen Müntzer gerecht wird. Sein durchaus berechtigtes soziales Anliegen, nämlich die wirtschaftliche Not der unteren Stände, wird hier wie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Luther wiederum scheint ihm argumentativ immer nur hinterherzuhecheln, sich an ihm und seinen Mitstreitern abzuarbeiten. Was aber Luthers eigene reformatorische Anliegen eigentlich ausmacht, was sie für den Glauben und das soziale Gefüge dieser Zeit bedeuteten, kommt in diesem Roman viel zu kurz. Und das, obwohl es sich auch angesichts des Titels "Flügel der Freiheit" geradezu aufdrängen würde, die Gedanken aus Luthers 1520 erschienener Schrift "Von der Freiheit eines Christenmenschen" hier ausführlicher ins Geschehen einzuflechten. Stattdessen erscheint Luther nur als ein überfressener, ständig herumfurzender, rülpsender Choleriker, stets mit dem einen Fuß auf dem Abort und mit dem anderen in der Tür irgendeines Freundes, den er um Geld anbettelt. Seine theologischen Anliegen gehen im Vergleich zu Müntzers Thesen komplett unter. Das finde ich bei einem Roman, der ja bewusst im Umfeld der Reformation angesiedelt ist, sehr schade.
    Anders als Tilman Röhrigs hervorragender Roman "In dreihundert Jahren vielleicht" weist dieser hier auch nicht einmal in Ansätzen über sich und seine Zeit hinaus. Während "In dreihundert Jahren vielleicht" zwar während des Dreißigjährigen Krieges spielt, aber in vielen seiner Aussagen absolut zeitlos ist, für die LeserInnen erkennbare gezielte Verweise auf andere historische Epochen enthält und somit von aktueller Brisanz ist, bewegt sich Röhrigs Reformationsroman gedanklich keinen Schritt über das Jahr 1525 hinaus, obwohl Luthers und Melanchthons reformatorische Gedanken die Kirchenlandschaft der folgenden 500 Jahre entscheidend mitbestimmt haben. Ich verstehe auch nicht so recht, warum Röhrig den Roman mit Luthers Hochzeit enden lässt. Und wenn sie nicht gestorben sind...? Den Einstieg auf der Wartburg habe ich als sinnvoll und gelungen empfunden, aber dass Katharina von Bora dem manchmal doch etwas drögen Reformator mit ihrem Wirken gewaltig auf die Sprünge geholfen hat, ihm sozusagen auch noch einmal Flügel verliehen hat, wird hier leider nicht mehr entfaltet.
    Knappe gibt es von mir.
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  • Rezension zu Die Flügel der Freiheit

    Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Es hat geschneit. Auf den Wehrmauern liegt weißer Schimmer, als Barthel die Wartburg erreicht. Im Auftrag seines Meisters Lucas Cranach soll er Briefe an Martin Luther überbringen. Wie befürchtet erhält Luther Nachricht, dass radikale Kräfte seine Reformation gefährden. Deshalb will er so schnell es geht nach Wittenberg zurückkehren. Während es ihm dort gelingt, seine Schriften und Predigten endlich praktisch umzusetzen, erstarken seine Gegenspieler wieder. Vor allem sein einstiger Weggefährte Thomas Müntzer begibt sich auf einen riskanten Weg, er fordert den Aufstand gegen die weltliche Obrigkeit. Ein Weg, der viele Menschen in größte Gefahr bringt. Nicht zuletzt den Gesellen Barthel und seine Liebste Dorothea. Die Lage spitzt sich mehr und mehr zu. Luther beschließt, den Kampf gegen Müntzer aufzunehmen.
    Autor (Quelle: amazon)
    Tilman Röhrig, geboren 1945, lebt in der Nähe von Köln. Der ausgebildete Schauspieler ist seit über vier Jahrzehnten als freier Schriftsteller tätig. Die größten Erfolge brachten ihm seine historischen Romane, die allesamt Bestseller und vielfach übersetzt wurden. Für sein literarisches Werk erhielt der Autor, dessen lebendige Lesungen begeistern, zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Großen Rheinischen Kulturpreis.
    Allgemeines
    Erschienen am 4. Oktober 2016 im Pendo Verlag als HC mit 480 Seiten
    Gliederung: 49 Kapitel, Personenverzeichnis, Ortsverzeichnis, Landkarte im vorderen und hinteren Einband
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungsorte und -zeit: Verschiedene Orte zwischen Wittenberg und Eisenach, 1521 bis 1525
    Zum Inhalt
    Als Martin Luther erfährt, dass sein ehemaliger Anhänger und Mitstreiter für die Reformation, Thomas Müntzer, eine eigene, durch Fanatismus geprägte Bewegung zu gründen versucht, hält ihn nichts mehr auf der Wartburg, wo er Schutz gefunden und das Neue Testament ins Deutsche übersetzt hat. Er kehrt nach Wittenberg zurück und beginnt wieder zu predigen. Außerdem obliegt ihm die Obhut über einige aus dem Kloster geflohene Nonnen, für die er ein Auskommen, bzw. Ehemänner finden will.
    Thomas Müntzer, der sich gedanklich immer weiter von der Lehre Luthers entfernt hat, sieht sich als „Propheten“ und „Seelenwart“. Er begnügt sich nicht damit, neben der katholischen die protestantische Glaubensbewegung zu stärken. Vielmehr wird er zunehmend fanatischer und wiegelt seine Anhänger dazu auf, zunächst Klöster und Kapellen, in denen seiner Meinung nach der Abgötterei gefrönt wird, zu zerstören; schließlich hetzt er die unzufriedenen Bauern zum bewaffneten Widerstand gegen die weltliche Obrigkeit auf, ein aussichtsloses Unterfangen, das Tausende das Leben kosten wird…
    Beurteilung
    Pünktlich zum Beginn des Luther-Jahres widmet sich Tilman Röhrig in seinem neuen Roman den Themen „Reformation“ und „Bauernkriege“. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Martin Luther und sein Gegenspieler Thomas Müntzer, der Eine als „gemäßigter“ Vertreter der reformatorischen Bewegung, der Andere als sich selbst überschätzender, fanatischer Aufwiegler gegen geistliche und weltliche Autoritäten. Mit großer Sorgfalt entwirft der Autor die beiden gegensätzlichen Charaktere. Thomas Müntzer wird sehr negativ dargestellt, er ist arrogant und selbstgefällig gegenüber seinen Anhängern, Gegnern und auch seiner Frau Ottilie, einer ehemaligen Nonne. Demgegenüber tritt Luther als Sympathieträger mit manchmal ziemlich rustikalen Sitten auf.
    Die Romanfiguren sind fast alle historische Persönlichkeiten, es ist jedoch auch eine fiktive Liebesgeschichte geschickt in die Handlung eingewebt. Der junge Bartholomäus Reiche, genannt „Barthel“ ist als Formstecher für Druckplatten bei Lucas Cranach beschäftigt, er liebt Dorothea, die Tochter des Spenglers Konrad Gerlach, der unter den verhängnisvollen Einfluss Müntzers gerät.
    Der Erzählstil ist anschaulich, teilweise auch ziemlich derb und vermittelt ein eindrucksvolles Bild vom verheerenden Einfluss eines manipulativen Fanatikers und von den Grausamkeiten der Bauernkriege.
    Im Anhang findet sich ein Personenverzeichnis, leider fehlt ein Nachwort des Autors mit weiteren Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen. Auch eine Bibliographie zu diesem komplexen Themenbereich wäre eine Bereicherung gewesen.
    Fazit
    Ein gut recherchierter und anschaulich geschriebener Roman über die reformatorischen Strömungen des frühen 16.Jahrhunderts, für jeden Leser, der sich für die Reformation und die Bauernkriege interessiert, sehr empfehlenswert!
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Ausgaben von Die Flügel der Freiheit

Hardcover

Seitenzahl: 480

Taschenbuch

Seitenzahl: 480

Hörbuch

Laufzeit: 00:08:07h

E-Book

Seitenzahl: 479

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