Still

Buch von Thomas Raab, Frank Arnold

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Still

Nur eines verschafft ihm Erlösung: die Stille des Todes Jettenbrunn, ein kleines Dorf am Fuße eines Kalvarienberges. In dieses Elysium wird eines der bedauerlichsten und grausamsten Wesen zugleich geboren: ein Junge, der mit dem Makel des sensibelsten Gehörs geschlagen wurde, das es je gab. Jedes Geräusch, jeder Flügelschlag eines Schmetterlings ist für ihn unerträgliche Qual. Also schreit er. Schreit sich den Schmerz aus der Seele. Seine zudringliche Mutter hört es, aber versteht es nicht. Einzig der schalldichte Keller scheint dem Jungen Ruhe zu bringen. So wächst er heran, isoliert, schweigsam. Bis zu jenem unheilvollen Nachmittag am Weiher. Zuerst tötet er seine Mutter, schließlich das halbe Dorf. Dann zieht er halbwüchsig hinaus in die Welt. Ein unheimliches Geschöpf, das sich seinen Opfern lautlos nähert und doch nie findet, wonach es mit aller Macht sucht. Frank Arnold ist ein meisterhafter Interpret und hat den Deutschen Hörbuchpreis 2014 erhalten. Im Spannungsbereich ebenso zu Hause wie im literarischen Genre, findet er für jeden Stoff die richtige Haltung. Thomas Raab sagt über ihn: »Als würde die Stimme, die mir mein Buch diktiert, nun leibhaftig zu mir sprechen.«
Weiterlesen

Über Thomas Raab

Thomas Raab wurde 1970 in Wien geboren. Obwohl seine Schulzeit laut eigener Aussage eher mühsam verlief, schloss er in den Neunzigerjahren ein Studium in Sport und Mathematik ab und kehrte als Lehrer ans Gymnasium zurück. Mehr zu Thomas Raab

Bewertungen

Still wurde insgesamt 42 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,2 Sternen.

(25)
(9)
(6)
(2)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Still

    Meine Meinung:
    Ungewöhnlich ist es, wenn ein Autor diesen Satz über seinen Protagonisten verfasst. Aber ungewöhnlich ist auch dieses Buch, welches sich für mich als ein poetischer Schatz der Literatur herausgestellt hat. Doch zunächst stellt sich die Frage, für wen ist dieser Tag ein guter Tag? Für die Mitmenschen von Karl? Für Karl selbst? Oder sogar für die Leser, die Karl fast drei Jahrzehnte seines Lebens begleiten? Aber wer genau ist denn eigentlich Karl?
    Am 6. Dezember des Jahres 1982 durchbricht ein Schrei die Stille des kleinen Dorfes Jettenbrunn in Österreich. Karl, der Sohn von Charlotte und Johannes Heidemann, hat das Licht der Welt erblickt und schreit seinen ganzen Schmerz und seine ganze Empörung darüber hinaus. Noch ahnt niemand, dass dieses Geschrei Tage und Nächte andauern soll, lediglich unterbrochen durch einen kurzen Erschöpfungsschlaf. Karls Mutter weiß sich keinen Rat mehr: Jegliche Versuche, den Jungen zu beruhigen scheitern, bewirken sogar das Gegenteil - sobald sie ihn auf den Arm nehmen möchte, wird Karls Stimme noch durchdringender.
    Nur dem Zufall ist es geschuldet, dass Karls Vater die Entdeckung macht, dass jegliches Geräusch für Karl eine Tortur ist – und sei es noch so leise. Selbst den Flügelschlag eines Schmetterlings vermag Karl zu hören. Um der kleinen Familie, vor allem aber Karl das Leben erträglich zu machen, baut der Vater den Keller kurzerhand zu einem schalldichten Bereich um und fortan ist Ruhe. Dem Familienfrieden zwar dienlich, weniger jedoch der familiären Gemeinschaft, fristet Karl lange Zeit ein Eremitendasein. Der einzige soziale Kontakt – abgesehen von seinen Eltern, besteht aus gelegentlichen Besuchen eines Nachbarn, der pensionierter Lehrer ist und Karl unterrichtet. In puncto Zwischenmenschlichkeit liegt der Junge jedoch weit zurück und kann somit auch nicht unterscheiden, was richtig oder falsch ist. Als er mit einbezogen wird, lästige Fliegen zu erlegen und der Satz fällt, dass die Plagegeister endlich tot sind und nun Ruhe ist, hat das fatale Auswirkungen. Woher soll Karl wissen, dass Töten etwas Unrechtes ist? Töten = Ruhe?
    Als die Mutter in ihren verzweifelten Versuchen ihr Kind zu lieben, auf immer mehr Ablehnung stößt, sowohl vonseiten der Dorfbewohner als auch von ihrem eigenen Sohn, beschließt sie, sich vor den Augen ihres Sohnes in einem See zu ertränken. Karl kann dieses Ereignis natürlich nicht zuordnen und ist ebenso verwirrt wie fasziniert von dem friedlichen Ausdruck auf dem Gesicht seiner toten Mutter. Nun ist er sich sicher, dass der Frieden erst im Tod zu finden ist und er verlässt sein Zuhause mit dem Vorsatz, auch anderen Menschen diesen Frieden zuteilwerden zu lassen. Karl hinterlässt eine Spur des Todes, wo auch immer er sich gerade befindet und immer in dem Glauben, richtig zu handeln. Doch er selbst vermag keinen inneren Frieden zu finden …
    „Still“ ist kein reißerischer Thriller, wie man ihn vielleicht bei einer solchen Inhaltsangabe erwarten würde. Was Thomas Raabs Roman ausmacht, ist weniger der Inhalt als die Art, wie der Autor den Weg des Mörders beschreibt, nämlich in ganz leisen Tönen – eben STILL. Hier ist der Name Programm. Und wer nun glaubt, bei einer Schneise des Todes kann es keineswegs still zugehen, der irrt gewaltig. Karl ist beileibe kein Sympathieträger, aber ich konnte gut nachvollziehen, was ihn zu diesen Taten trieb und mich nicht ganz davon freisprechen, so etwas wie Mitleid mit ihm zu haben.
    Der Leser muss sich automatisch mit dem „Kind“ Karl auseinandersetzen, das auf so tragische Art und Weise zum „Mörder“ Karl wird. Es führt kein Weg vorbei am Begreifen dieser Taten. Diesen Roman mit „Das Parfum“ von Patrick Süskind zu vergleichen ist legitim. Aber „Still“ ist durch Raabs Schreibstil so viel mehr. Die Figuren, die er geschaffen hat, sind so gut beschrieben und in Szene gesetzt, dass ich einfach nur fasziniert bin. Die große Wendung dieses Romans wird allerdings von zwei Charakteren verursacht, die ich in meiner Rezension noch gar nicht erwähnt habe. Man darf „Still“ also noch immer mit großer, erwartungsvoller Spannung lesen, ohne dass ich zu viel verraten habe. Ein großartiges Werk und mehr als fünf Sterne wert.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Still

    Thomas Raab: Still - Chronik eines Mörders
    Kategorie: Literatur
    Preis DE 19.99 €
    Seiten: 368
    ISBN: 978-3-426-19956-5
    Nur eines verschafft Karl Heidemann Erlösung von der unendlichen Qual des Lärms dieser Welt: die Stille des Todes. Blutig ist die Spur, die er in seinem Heimatdorf hinterlässt.
    Durch sein unfassbar sensibles Gehör hat er gelernt, sich lautlos wie ein Raubtier seinen Opfern zu nähern, nach Belieben das Geschenk des Todes zu bringen. Und doch findet er nie, wonach er sich sehnt: Liebe. Bis er auf einen Schatz stößt. Ein Schatz aus Fleisch und Blut. Ein Schatz, der alles ändert.
    Ein berauschendes Leseerlebnis, aufwühlend, soghaft, eine virtuose literarische Komposition, die sich konsequent in den Dienst des Erzählten stellt.
    Detailliert aber immer grausig fesselnd und diabolisch packend. Von der ersten bis zur letzten Seite bleibt es unheimlich, sich vorzustellen, dass solche Menschen tatsächlich existieren. Eine "Chronik des Grauens", die ihres gleichen sucht. Es gibt ja nun eine Unmenge an Büchern über Serienmörder, seien diese nun psychopathisch veranlagt oder nicht. Der Fan ist gesättigt und dadurch auch kaum noch zu beeindrucken. Soll heißen: Wirklich gute Krimis gibt es immer seltener. Was Raab aber aus diesen durchaus bekannten Zutaten macht, hebt sich beeindruckend deutlich aus der Masse der Killer-Thriller ab. Man glaubt es zunächst kaum, die Figuren sind wunderbar ausgearbeitet, obwohl die Protagonisten dann doch ein oder zwei Klischees zu viel in einer Person vereinigen.
    Der ganz große Pluspunkt dieses Buches liegt aber in der Konstruktion der Geschichte. Viele Krimis und Thriller kranken ja daran, dass sie interessante Rätsel konstruieren, diese dann aber so komplex werden, dass der Autor sie zum Schluss selbst nicht mehr lösen kann und der Schluss des Buches dann enttäuschend ausfällt. Raab macht dagegen alles richtig. Von der Suche nach Hinweisen auf das nächste Opfer über die Aufdeckung der Identität des Mörders bis hin zum Finale des Buches.
    Raab schafft mit geringen Mitteln eine gute Atmosphäre, ohne dabei zu schwafeln, das Buch ist fantastisch schön geschrieben in einem Stil der packt und überzeugt. Sein Schreibstil lässt sich also leicht lesen und fesselt den Leser dennoch.
    Der Aufbau des Romans, die Eindringlichkeit der Erzählung und die Mitnahme des Lesers auf jeder Seite, das geht unter die Haut. Dieses Buch ist nicht nur ein Thriller, den man mal eben liest und dann nach einiger Zeit wieder vergisst. Das Beste ist ein einfaches Ende ohne großen Wirbel und Übertreibung.
    Sicherlich gibt es hier und da Leser/innen, die das Thema des Buches zu abscheulich oder zu lang gezogen finden, aber es sei gesagt, dass ein gutes Buch auch mal "Verschnaufpausen" braucht. Diese sind auch in diesem Buch vorhanden, aber nicht so, dass es langweilig wird. Die Charakterdarstellung ist dem Autor sehr gut gelungen und auch die Geschichte ist nicht übertrieben.
    Man findet zahlreiche Momente, in denen man das Buch um keinen Preis aus der Hand legen möchte, so sehr ist man darauf aus, die weitere Entwicklung zu erfahren. Dass der geschilderte mörderische Wahnsinn in der Logik des Täters einen - wenn auch moralisch fragwürdigen - Sinn ergibt, so aber entstehen die Taten folgerichtig aus den Tiefen der kranken Täterseele.
    Man kann in gewissen Bereichen alles "miterleben" . Der Autor hat in großen Zügen Fingerspitzengefühl bewiesen und führt den Leser in eine unbekannte und atemraubende Spannung. Es ist hier und da ein wenig Brutal, aber jedem der Thriller und Krimis mag sollte das Buch gegönnt sein.
    Fazit: Nicht perfekt, nicht neu, aber doch erfrischend anders
    Weiterlesen
  • Rezension zu Still

    Kurzbeschreibung:
    Nur eines verschafft Karl Heidemann Erlösung von der unendlichen Qual des Lärms dieser Welt: die Stille des Todes. Blutig ist die Spur, die er in seinem Heimatdorf hinterlässt. Durch sein unfassbar sensibles Gehör hat er gelernt, sich lautlos wie ein Raubtier seinen Opfern zu nähern, nach Belieben das Geschenk des Todes zu bringen. Und doch findet er nie, wonach er sich sehnt: Liebe. Bis er auf einen Schatz stößt. Ein Schatz aus Fleisch und Blut. Ein Schatz, der alles ändert.
    Ein berauschendes Leseerlebnis, aufwühlend, soghaft, eine virtuose literarische Komposition, die sich konsequent in den Dienst des Erzählten stellt.
    Das Ehepaar Johann und Charlotte Heidemann lebt in einem kleinen Dorf in dem jeder jeden kennt, sie lieben sich, sind glücklich und möchten ihrem Eheglück mit Nachwuchs eine Krone aufsetzen. Und der Nachwuchs stellt sich ein, aber mitnichten auf die Weise, die sie sich erwünscht haben, denn der kleine Karl schreit der Welt, in die er geboren wird, vom ersten Augenblick an entgegen. Nichts und niemand kann ihn beruhigen, bis sein Vater entdeckt, dass es seinem geliebten Sohn gut tut, wenn er mit ihm in den Wald spaziert, wo nichts zu hören ist, außer dem Rauschen des Windes und dem Plätschern des Weihers. Er entdeckt, dass Karl ein außergewöhnlich sensibles Gehör besitzt und schrecklich am permanenten Lärm der Welt leidet. Ein Lärm, den er mit seiner Schreierei noch erhöht, was ihm aber natürlich nicht klar ist.
    Karl schottet sich ab, von seinen Eltern gleich wie vom Rest der Welt. Er stellt fest, dass es im Keller des Elternhauses so still ist, wie er es möchte und zieht sich dorthin zurück. Unterrichtet wird er von seinem pensionierten und an den Rollstuhl gefesselten Nachbarn. Die beiden verbindet eine besondere Beziehung und der Nachbar ist Karls einziger Freund; der einzige, der ihn versteht.
    Die verzweifelten Versuche Charlottes, Zugang zu ihrem Kind zu finden, sind ebenso traurig wie erfolglos. Sie flüchtet in einen Sog aus Alkohol, Medikamenten und in eine Affäre mit dem Dorfarzt.
    Als Karl im Teenageralter an einer sehr intensiv beschriebenen Stelle feststellt, dass der Tod den Menschen Erlösung und Frieden zu bringen scheint, nimmt er sich als Lebensziel, diese Erlösung und diesen Frieden in die Welt zu bringen. Tieren gleichermaßen wir Menschen.
    Der Polizist Horst Schubert ahnt schnell, wie der Hase läuft und folgt Karl auf dessen Flucht durch Nacht und Wälder. Auf seinem Weg trifft Karl seine große Liebe Marie; er stellt fest, dass mit dem Tod eines Menschen auch anderen Menschen zu Erlösung verholfen werden kann nicht nur dem getöteten; er findet eine Art Heimat in einem Kloster und verbringt einige Jahre dort, bis er sich auf den Weg macht, Marie wiederzusehen.
    Dieses Buch ist ein ganz besonderes, der Schreibstil einzigartig und beinahe schon poetisch, die Charaktere speziell und atypisch. Ein Buch, das unter die Haut geht. Ein echtes Highlight am (österreichischen) Literaturhimmel und ein Tipp nebenbei: Sollte man die Möglichkeit haben, Thomas Raab live zu erleben, sollte man sie unbedingt nutzen, denn es ist jedes Mal ein ganz besonderes Ereignis, ihn zu erleben.
    Weiterlesen

Rezensionen zum Hörbuch

  • Rezension zu Still

    Lange, unglaublich lange habe ich gebraucht bis ich diese Geschichte beendet hatte. Nicht weil sie schlecht ist oder langweilig oder zu anstrengend. Ganz im Gegenteil. Doch es ist eine so eigene Atmosphäre um dieses erzählte Leben von Karl Heidemann, dass ich immer eine Weile brauchte, um ganz in dieses Buch einzutauchen.
    Ausgestattet mit einem Gehör, dass vermutlich Fledermäuse vor Neid erblassen lassen würde, sofern sie es könnten, ist die Welt in die der kleine Karl hineingeboren wird, für ihn eine einzige Qual. Jedes Geräusch verursacht ihm unsägliche Schmerzen, Frieden findet er nur in der Stille. So wächst er ohne Kontakt zur Außenwelt im lärmgeschützten Keller seiner Eltern auf, lediglich ein alter Lehrer, ein Nachbar, besucht ihn regelmäßig um ihn zu unterrichten. Karl ist intelligent, er verschlingt Bücher die ihm ein Tor zur Welt nach draußen öffnen, die er nur von nächtlichen Ausflügen kennt, wenn alles zur Ruhe gekommen ist. Als er Zeuge wird, wie seine Mutter sich umbringt und danach auf ihrem Gesicht einen Frieden entdeckt, den sie im Leben nie hatte, wird ihm klar: Der Tod ist ein Segen, eine Erlösung für all die, denen das Leben nur Leid und Qual ist. Und so wird Karl, der voller Liebe ist, zu einem Erlöser.
    Dieses Buch einen Krimi zu nennen, ist meiner Meinung nach eine Fehlbezeichnung. Schon eher ist es eine philosophische Auseinandersetzung mit dem Tod - und dem Leben. Lässt man sich völlig auf Karls Sicht der Welt und des Todes ein, kommt man nicht umhin, ihm in vielen Schlussfolgerungen recht zu geben. Aus all den gesprochenen Worten beispielsweise bei einer Beerdigung, dem Wort Friedhof (dem Frieden innewohnt) und nicht zuletzt den friedlichen Antlitzen Verstorbener. Gut, es gibt einige Widersprüchlichkeiten (weshalb in all den von Karl gelesenen Büchern offenbar nie die Rede davon war, dass es falsch ist, Menschen zu töten; die Gründe dafür usw.), doch im Großen und Ganzen ist es eine erstaunlich stimmige Weltsicht, die sich der Junge aneignet. Und je mehr ich mich darauf einließ, umso mehr regte es an, über den Tod und die Einstellung dazu in unserer Gesellschaft nachzudenken und immer wieder in Frage zu stellen. Auch meine Meinung, dass Trauer grundsätzlich ein egoistisches Verhalten ist, fand sich in diesem Buch.
    Doch die Geschichte von Karls Leben ist auch stilistisch etwas Außergewöhnliches. Altertümlich klingt die Sprache, häufig gibt es Aufzählungen wie '...inmitten der Obst- und Gemüsekisten, Mehl- und Gewürzsäcke, Wein- und Sauerkrautfässer...' oder die Sätze sind nicht vollständig, nur kurz wie Anmerkungen: 'Er von links des Weges, wortlos und allein. Sie von rechts des Weges, wortlos und allein. Beide entlang der rot-weißen Markierung.' Oder Beides zusammen: 'Irgendwo im Grünen, weniger Menschen, weniger Zurückweisung, weniger Schmerz, so ihre Hoffnung.' Es entstand ein regelrechter Sog, so empfand ich es, der mich völlig in dieser Lebensgeschichte von Liebe und Tod versinken ließ, immer darauf hoffend, dass es Karl vielleicht doch irgendwann gelingen möge, ein 'normales' Leben zu führen.
    Ein großen Anteil an meiner Begeisterung trägt sicherlich auch der Vorleser Frank Arnold, der das Alles phantastisch liest. Seine Sanftheit, wenn er Karls Gedanken vorträgt, seine plötzlich Ruppigkeit oder auch Wut, wenn er zu den Dorfbewohnern wechselt, die den Jungen jagen. Er passt seine Stimme einfach perfekt den jeweiligen Personen und Situationen an, dass ich mich wirklich wie mittendrin fühlte. Wirklich toll! Dass er 2014 den Deutschen Hörbuchpreis erhalten hat, kann ich nur zu gut verstehen :-)
    Weiterlesen
  • Rezension zu Still

    Rezension:
    Der Protagonist Karl Heidemann kommt mit einem äußerst sensiblen Gehörvermögen auf die Welt, das ihn befähigt, selbst den leichten Flügelschlag eines Schmetterlings zu hören. Diese unglaubliche Gabe ist zugleich auch ein Fluch für das Kind, das aufgrund der ständigen Höreindrücke, die auf ihn einprasseln immense Schmerzen zu erleiden hat. Die einzige für ihn mögliche Weise reagiert das Baby Karl Heidemann darauf mit permanentem Schreien, wodurch sich sein Umfeld von ihm abzuwenden beginnt. Schon als Kind von allen missverstanden, zieht sich der kleine, an sich hochintelligente Karl bald komplett in sich zurück, lebt fortan alleine im Keller des elterlichen Hauses, beobachtet von seiner Mutter mittels Videokamera. Seine Mutter ist bald völlig verzweifelt, durch die Ablehnung, die sie von ihrem eigenen Kind erfährt und begeht Selbstmord vor den Augen Karls.
    Vom Anblick seiner toten Mutter, ihrer tiefen stillen Zufriedenheit in ihrerem Antlitz, tief ergriffen möchte Karl in seiner kindlichen Naivität diesen Zustand tiefster Ruhe und Glückseligkeit auch anderen Menschen schenken. So begeht er schon in frühester Jugend seine ersten Morde. Sein Vater, der dahinterkommt, wendet sich voll Grausen von seinem Sohn ab, da er ihn als Bestie ansieht. Karl, tief verletzt von soviel Unverständnis verlässt sein Elternhaus, um danach mordend durchs Land zu ziehen. Durch sein feines Gehör nimmt er von seinen Mitmenschen Dinge auf, die für andere verborgen bleiben und so weiß er über deren Sorgen und Sehnsüchte bestens Bescheid, und glaubt, sie von diesen irdischen Qualen befreien zu müssen, indem er ihnen den Tod bringt.
    Eines Tages lernt er als Jugendlicher die taubstumme Marie kennen, ein Mädchen von vierzehn Jahren, zu der er eine seelische Verbundenheit verspürt. Die beiden verstehen sich ohne Worte, Karl ist fasziniert von ihrer Anmut und ihrem überschäumenden Lebensmut. Fassungslos muss er zusehen, wie sie von ihrem Vater schwerst misshandelt wird und fasst den Entschluss, ihn zu töten, um sie aus dessen Tyrannei zu befreien. Der Mordversuch misslingt, ihr Vater ist von da an behindert.
    Karl verschwindet aus dem Ort, und kommt in einem Kloster unter, kann Marie aber fortan nicht mehr vergessen, scheint geradezu besessen von ihr zu sein.
    "Still" ist ein unglaublich aufwühlendes und emotionales Werk. Wer allerdings einen blutrünstigen Thriller erwartet, mag enttäuscht sein, Morde geschehen zwar am laufenden Band, und doch passieren diese quasi nebenbei. Es geht hier mehr um die emotionale Ebene, um das Unverstanden-Sein einer verirrten Seele. Karl ist zweifelsohne ein Serienmörder, und trotzdem nimmt man ihn in seiner kindlichen Unschuld nicht als böse wahr. Der Beweggrund für sein Handeln ist immer ein edler, sein daraus resultierendes Tun nur eine erschreckende Konsequenz. Auf brillante Weise versteht es Raab, die Denkweise des Lesers und dessen Rechtsempfinden zu manipulieren, sodass man die Schuld letztendlich dem Umfeld Karls zuschreibt, einfach weil man Karls Beweggründe versteht und für ihn Mitleid entwickelt, während hingegen seine Mitmenschen durchwegs feindselig und grausam ihm gegenüber agieren. Einzig seine beiden Mentoren Alois und Pater Paolo sind imstande, Empathie für Karl Heidemann zu entwickeln.
    Den Stil des Autors fand ich recht gewöhnungsbedürftig und schwer verständlich. Dieser Umstand wurde aber durch die perfekt gewählte, einfühlsame Sprecher-Stimme von Frank Arnold wettgemacht.
    Phasenweise fühlt man sich an Süßkinds "Parfüm" erinnert, und doch handelt es sich hier keineswegs um keinen müden Abklatsch dessen sondern ist, was es ist: Ein aufwühlendes Werk, das sich durch seine Andersartigkeit vom Rest der Masse abhebt und besticht!
    Sterne 4/5
    Weiterlesen
  • Rezension zu Still

    Eigentlich wollte er nichts Böses.
    Inhalt:
    Der Roman erzählt die fiktive Lebensgeschichte des Karl Heidemann:
    Er wurde als Kind in einem kleinen Dorf geboren und war von Anfang an mit einem überaus feinen Gehör "geschlagen", so dass er sich sogar den winzigsten Geräuschen nicht entziehen konnte. So wuchs er in einer freiwilligen Isolation im geräuscharmen Keller auf. Seine Mutter findet keinen Zugang zu ihm und hat leider keinen Einblick in seine Seelenpein. Eines Tages begeht sie Selbstmord und Karl erlebt dies direkt mit. Da er nicht mit seiner Umwelt kommuniziert, erscheint ihm der Tod als "Erlösung" für die Sterbende. Und so versucht er von nun an auch anderen Menschen "Gutes zu tun".
    Meine Meinung:
    Der sehr ruhige Erzählstil ist geprägt von vielen Aufzählungen; und enthält somit oft nur rudimentäre Sätze.
    Deshalb wirkt dieser Berichtstil oft emotionslos (aber es wird über Emotionen berichtet); was aber dem Geschriebenen nicht gerecht wird, da der Autor es schafft, immer wieder sehr gelungene Bezüge herzustellen.
    Das Hauptthema ist das Sterben.
    Und diese Betrachtung des Todes in allen seinen Facetten, finde ich aus ungewöhnlichen Blickwinkeln betrachtet.
    Diese feinsinnigen Beobachtungen werden, für mein Empfinden, feinfühlig beschrieben und münden nicht selten in philosophischen Gedankengängen.
    Beispiele:
    Karl = Hebamme des Todes.
    Über Zukunftsvorstellungen: "Gedanken wie Seifenblasen. Schillernd. Davonschwebend. Ein Zerbersten noch in Sichtweite." (CD 7).
    Ich möchte dem Sprecher hier ein ganz, ganz großes Kompliment aussprechen: Wirklich überragend gelesen!
    Weiterlesen

Ausgaben von Still

Hardcover

Seitenzahl: 368

Taschenbuch

Seitenzahl: 368

Hörbuch

Laufzeit: 00:09:04h

E-Book

Seitenzahl: 354

Besitzer des Buches 65

Update: