Die Zeit im Sommerlicht

Buch von Ann-Helén Laestadius, Maike Barth, Dagmar Mißfeldt

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Die Zeit im Sommerlicht

»Ein einzigartiger Roman – Gerüche, Geschmäcker, Gedanken galoppieren über die Seiten wie eine gewaltige Rentierherde.« Alingsås Tidning Im Land der Rentiere wird eine Gruppe von Kindern ihrer Welt entrissen und in ein entlegenes Internat verbracht, wo sie sich großen Herausforderungen stellen müssen. Eine unvergessliche Geschichte über dunkle Geheimnisse, Hoffnung und Zusammenhalt und die Rückkehr ins Licht. Schweden in den 1950er Jahren. Else-Maj ist sieben Jahre alt, als sie das vertraute Leben im Sámi-Dorf und die wärmende Gegenwart ihrer geliebten Rentiere hinter sich lassen und in ein sogenanntes Nomadeninternat gehen muss. Hier trifft sie auf Jon-Ante, Marge und andere Sámi-Kinder, die wie Else-Maj von nun an all das verleugnen sollen, was sie von der Welt kennen. Allein die gutmütige Erzieherin Anna, eine Sámi wie sie, hält eine schützende Hand über die Kinder. Doch eines Tages verschwindet sie ohne jede Spur. Erst viele Jahre später erfahren die einstigen Schüler die Antwort und mit ihr endlich eine Chance auf Genugtuung – und Heilung.
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Bewertungen

Die Zeit im Sommerlicht wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Zeit im Sommerlicht

    Worum geht es?
    Die samischen Kinder müssen in den 60er Jahren eine Nomadenschule besuchen. Mit Härte und Unnachgiebigkeit wird ihnen hier versucht, ihre Herkunft auszutreiben. Jahrzehnte später leiden sie auf unterschiedliche Art und Weise unter diesen Erfahrungen.
    Worum geht es wirklich?
    Unterdrückung, Vergessen und neuen Mut.
    Lesenswert?
    Ja, absolut. Bereits das erste Buch der Autorin, deren Mutter selbst als samisches Kind eine solche Schule besuchen musste, konnte mich überzeugen. Jetzt hat die Autorin nachgelegt und wieder ein berührendes und lehrreiches Buch verfasst.
    In zwei Zeitzonen, in den 60ern und in den 90ern, verfolgt man als lesende Person die Kindheit und später das erwachsene Leben von mehreren Kindern samischer Familien. Um ihre Kultur, Sprache und Strukturen zu unterdrücken und zu zerstören wurden die Kinder in Nomadenschulen gezwungen, damit sie ihre indigene Herkunft verlieren und sich der schwedischen Bevölkerung anpassen. Nicht alle Lehrkräfte sind grausam, aber einige nutzen sehr wohl ihre Macht aus und schikanieren die Kinder und quälen sie. Grausamkeiten untereinander und Übergriffigkeiten werden hingenommen und übersehen.
    Zeitlich lernt man die Protagonist*innen in den 90er Jahren kennen. Wirklich gut hat kaum jemand die Kindheit verarbeitet, aber der Umgang damit ist sehr unterschiedlich. Einige leben ein schwedisches Leben voller Heimlichkeiten, damit Freund*innen ja nicht die sambische Herkunft erfahren.
    Sprachlich konnte mich das Buch überzeugen, jedoch blieben mit die Figuren lange eher fremd und der Funke wollte nicht überspringen. Im letzten Drittel hat sich das allerdings sehr schnell geändert und die Geschichte hat mich ungemein berührt.
    Ich finde es wunderbar, wie die Autorin Szenen einfangen kann, die so viel vermitteln und an Hand derer man so viel verstehen kann.
    Ich denke, dass dieses Buch, bzw. Geschichten von indigenen Stimmen, viel mehr gehört werden müssen, damit wir den Umgang mit Mitmenschen und Andersartigkeit hinterfragen und sensibler gestalten können.
    Man braucht für dieses Buch keine Vorkenntnisse, da es auch ein unterstützendes Glossar gibt. Somit kann ich dieses Buch (und auch das erste Werk) wirklich voll empfehlen.
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  • Rezension zu Die Zeit im Sommerlicht

    Mein Eindruck:
    Ann-Helén Laestadius wendet sich in diesem Buch einem traurigen Kapitel zu. Ab ihrem siebten Lebensjahr wurden die Kinder der Sámis gezwungen in sogenannte Nomadeninternate zu gehen. Ihnen wurde dort untersagt sich in ihrer gewohnten Sprache zu unterhalten und ihrer Kultur nachzugehen. Von heute auf morgen mussten sie in der für sie völlig unbekannten Sprache schwedisch reden und schreiben.
    Fünf Kinder begleiten wir in ihrer Schulzeit in den 50er Jahren und 30 Jahre später als Erwachsene. Ihre Schulzeit war streng und oft mit Gewalt begleitet. Das blieb nicht ohne Folgen, wie man sich denken kann. Die dadurch entstandene Traumatisierung, der ihnen entgegengebrachte Rassismus, die Unterdrückung jedweder Ausübung ihrer Kultur, das Weggerissen werden aus allem was sie kannten und liebten, war auch im späteren Erwachsenenalter zu spüren und wirkte sich je nach Charakter unterschiedlich aus.
    Laestadius verbindet das alles zu einer runden Geschichte, indem man gegen Schluss sogar die ehemalige Hausmutter als Greisin wieder trifft. Dadurch entstehen neue Fragestellungen, ob und wie man diese Person bestrafen soll, die maßgeblich mit am Leid der Kinder beteiligt war.
    Fazit:
    Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen, weil mir dieser Teil der Geschichte der Sámis unbekannt war. Hier wäre noch vieles aufzuarbeiten, was man den Kindern und ihren Eltern angetan hatte. Ich vergebe hier 4 Sterne und eine Leseempfehlung für entsprechend Interessierten.
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  • Rezension zu Die Zeit im Sommerlicht

    Vor einiger Zeit habe ich eine Reportage über das Volk der Samen gesehen, und so hat mich die Beschreibung des Romans "Die Zeit im Sommerlicht" sofort interessiert. Sehr gefühlvoll erzählt Ann-Helen Laestadius, selbst Samin, anhand der Protagonist*innen Else-Maj, Marge, Jon-Ante, Nilsa und Ann-Risten von den Nomadenschulen und den lebenslangen psychischen und auch körperlichen Folgen, an denen die ehemaligen Schüler und Schülerinnen dieser Einrichtungen litten. Bis in die 1960er Jahre hinein mussten Kinder samischer Rentierzüchter gesonderte Nomadenschulen besuchen, auf denen sie nur nach vereinfachtem Lehrplan unterrichtet wurden und wo Ihnen die samische Sprache und Kultur verboten war. Die Personen des Romans sind fiktiv, doch die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass ihre Mutter noch eine solche Schule besuchen musste und die erzählte Geschichten auf realen Begebenheiten beruhen. Demnach waren die Kinder auf den Internaten der Nomadenschulen systematischer Diskriminierung, Rassismus, Willkür und körperlicher Gewalt ausgesetzt.
    Der Roman springt immer wieder zwischen zwei Zeitebenen hin und her: In den frühen 50er Jahren begleitet er die noch jungen Protagonist*innen auf die Nomadenschule, und 1985/1986 zeigt er das Leben der inzwischen ca. 40jährigen Erwachsenen und ihrer Familien. Die Erfahrungen der Schulzeit haben bei allen tiefe Spuren hinterlassen, wirken bis in die nächste Generation hinein, und jede*r versucht auf seine eigene Weise damit umzugehen. In jedem der 54 Kapitel steht eine/einer der fünf Protagonist*innen im Mittelpunkt, und wir erleben die Geschehnisse aus seiner bzw. ihrer Sicht. Besonders ans Herz gewachsen sind mir hier Marge und Jon-Ante. Mit viel Liebe beschreibt die Autorin den Familienzusammenhalt der Samen und die tiefe Zuneigung zwischen Eltern, Großeltern und Geschwistern, die ohne große Worte auskommt. Ebenso deutlich wird, welch hohen Stellenwert die Rentiere nicht nur wirtschaftlich, sondern auch emotional und kulturell für die Samen haben. Die Bedrohung des Lebensraums der Rentiere durch Bergbau, Forstwirtschaft, Tourismus und Umweltverschmutzung ist daher für die Samen von existenzieller Bedeutung und klingt auch im Roman immer wieder an. So führt Jon-Antes Tätigkeit als Bergmann zu innerfamiliären Diskussionen, und auch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wird thematisiert.
    Der Schreibstil des Romans hat mir sehr gut gefallen. Er ist voller Wärme und Zuneigung für die Figuren und das Volk der Samen, und dabei gleichzeitig klar und direkt. Deutlich spürbar ist die Kritik an den Verantwortlichen der Nomadenschulen und der schwedischen Kirche, die Trägerin der Schulen war. Das Schicksal der Kinder hat mich sehr bewegt, und die Misshandlungen der Kinder erinnern an ähnliche Berichte aus Kinderheimen und Internaten auch in Deutschland. Es macht mich immer wieder sprachlos, mit welcher Gefühlskälte sogenanntes pädagogisches Personal den Kindern begegnet ist.
    Ein sehr lesenswertes Buch, das die Minderheit der Samen und ihre systematische Unterdrückung in den skandinavischen Ländern bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts in den Mittelpunkt rückt.
    5 Sterne.
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  • Rezension zu Die Zeit im Sommerlicht

    Klappentext/Verlagstext
    Im Land der Rentiere wird eine Gruppe von Kindern ihrer Welt entrissen und in ein entlegenes Internat verbracht, wo sie sich großen Herausforderungen stellen müssen. Eine unvergessliche Geschichte über dunkle Geheimnisse, Hoffnung und Zusammenhalt und die Rückkehr ins Licht. Schweden in den 1950er Jahren. Else-Maj ist sieben Jahre alt, als sie das vertraute Leben im Sámi-Dorf und die wärmende Gegenwart ihrer geliebten Rentiere hinter sich lassen und in ein sogenanntes Nomadeninternat gehen muss. Hier trifft sie auf Jon-Ante, Marge und andere Sámi-Kinder, die wie Else-Maj von nun an all das verleugnen sollen, was sie von der Welt kennen. Allein die gutmütige Erzieherin Anna, eine Sámi wie sie, hält eine schützende Hand über die Kinder. Doch eines Tages verschwindet sie ohne jede Spur. Erst viele Jahre später erfahren die einstigen Schüler die Antwort und mit ihr endlich eine Chance auf Genugtuung – und Heilung.
    Die Autorin
    Ann-Helén Laestadius, geboren 1971, ist eine schwedische Journalistin und Autorin und gebürtige Sámi. In Schweden war sie bereits für ihre preisgekrönten Kinder- und Jugendbücher bekannt, bevor sie mit ihrem ersten Roman für Erwachsene „Das Leuchten der Rentiere“ auf Anhieb einen Bestseller landete. Der Roman wurde in Schweden u.a. als Buch des Jahres 2021 ausgezeichnet, stand in Deutschland etliche Wochen in Folge auf der Spiegel-Bestsellerliste und wird aktuell verfilmt. Auch „Die Zeit im Sommerlicht“ stand auf Platz 1 der schwedischen Bestsellerliste. Ann-Helén Lastadius lebt in der Nähe von Stockholm.
    Inhalt
    Obwohl Else-Maj viel zu klein für ihr Alter ist, wird sie zwangsweise 1950 in die Nomadenschule eingeschult, ein Internat nur für Kinder der Sami. Ihre älteren Brüder hatten bereits gewarnt, dass die Heimleiterin Rita Olsson (zugleich Hausmutter) die Schüler schlägt, doch die Eltern wagten nicht, der Anordnung der Behörde zu widersprechen. Else-Maj, die bis dahin eng mit Eltern, Großeltern, Hund und Rentierherde zusammengelebt hatte, erfährt im Internat diverse Formen von Gewalt. Die Kinder werden geschlagen,verhöhnt, nicht gegen Brutalität und sexuelle Gewalt durch ältere Schüler geschützt – und bei Krankheit vernachlässigt. Einziger Trost ist die Erzieherin Anna, deren Position in der Hierarchie sich jedoch kaum von der der Schüler unterscheidet. Die samischen Vornamen werden durch schwedische ersetzt, die eigene Sprache und Kultur sind streng verboten, zusätzlich religiös verbrämt mit der Drohung, dass einige samische Bräuche sündhaft seien. „Eure Eltern sind mit dem Teufel im Bunde“, wenn sie joiken, heißt es z. B. über einen samischen Brauch.
    30 Jahre später sind die Ex-Internatsschüler, zurück im Dorf, mit Opfern und Zeugen von damals konfrontiert und müssen einsehen, dass es nicht genügt, Gewalt allein zu überstehen - körperlich und seelisch versehrt. Jeder von ihnen war von den hilflosen Eltern verlassen, Opfer und Zeuge zugleich und muss mit der Scham leben, jüngeren Kindern nicht geholfen zu haben. Jon-Ante litt am stärksten unter der eigenen Hilflosigkeit; er arbeitet inzwischen in Kiruna als Bergmann und lebt für sein Oldtimer-Hobby. Sein Vater war der erste, der sich über Gewalt im Internat beschwerte und die Geschwister in die Dorfschule schickte. Jons Teil der Rentiere versorgen zurzeit seine Brüder, was sicher nicht konfliktfrei verläuft. Marge/Margit arbeitet zusammen mit Anne beim häuslichen Pflegedienst und hat Estela aus Kolumbien adoptiert. Sie will bei der Adoptionsbehörde einen perfekten Eindruck hinterlassen und stellt erst nach einigen Umwegen fest, dass „Ella“ ohne Einmischung von Behörden Zugang zu ihren Großeltern findet – zunächst ohne ein Wort Samisch zu können. Anne-Risten/Ann-Kristin durchlebt in der Gegenwart noch immer Ängste vor Schmutz, Bakterien und Krankheit, die kaum verwundern angesichts ihrer Erlebnisse in der Nomadenschule. Nilsa, der älteste der Gruppe, der im Internat ungehindert sein System der Gewalt etablierte, brüstet sich heute damit, dass er mit harter Hand jeden Sohn zum erfolgreichen Rentierzüchter erziehen kann. In Nilsas Person treffen sich väterliche Strenge, um einen Nachfolger zu erzwingen, und die Häme, mit der Hausmutter Rita seine Gewalt gegenüber Schwächeren zuließ. Dass auch Rita Olsson heute im Dorf lebt, macht den inzwischen 40-Jährigen schmerzlich bewusst, dass die Helferin Anna damals sang- und klanglos verschwand.
    Fazit
    Auf zwei Zeitebenen und mit Focus auf mehrere Personen zeigt Ann-Helén Laestadius schonungslos das System staatlicher Umerziehung samischer Kinder, deren Leben noch 30 Jahre später durch Scham und Gewalterfahrung geprägt wird. Der Plot wirkt kompliziert, weil die Kinder schwedische wie samische Namen tragen; sowie Eltern und Großeltern schwer zuzuordnen sind durch die Benennung als Opa/Oma, Mutter/Vater. Cover und deutscher Buchtitel können falsche Erwartungen wecken an einen Roman über die gestohlene Kindheit einer gesamten Generation. Als Lehrstück, wie Gewalt, Vernachlässigung und Hilflosigkeit vererbt werden und hier das Überleben der Kultur bedrohen, sicher ein wichtiger Roman, der allein durch die Formen an Gewalt nichts für sensible Gemüter ist.
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Ausgaben von Die Zeit im Sommerlicht

Hardcover

Seitenzahl: 480

E-Book

Seitenzahl: 501

Besitzer des Buches 2

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