Doppelleben

Buch von Alain Claude Sulzer

  • Kurzmeinung

    Marie
    Lebhaft erzählte und gut recherchierte Roman-Doppelbiographie
  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Souverän erzählte Doppelgeschichte

Bewertungen

Doppelleben wurde insgesamt 6 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,4 Sternen.

(3)
(3)
(0)
(0)
(0)

Meinungen

  • Lebhaft erzählte und gut recherchierte Roman-Doppelbiographie

    Marie

  • Souverän erzählte Doppelgeschichte

    Abroxas

  • Ein penibel recherchierter hist. Roman

    Bellis-Perennis

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Doppelleben

    REZENSION – Den Prix Goncourt, der seit 1903 als ältester und bedeutendster Literaturpreis Frankreichs alljährlich im November von der Académie Goncourt für den besten französischsprachigen Roman des Jahres vergeben wird, kennt wohl fast jeder, der gern Bücher liest. Fragt man aber den Literaturfreund nach dem Leben der namensgebenden Schriftsteller-Brüder Edmond (1822-1896) und Jules Goncourt (1830-1870), spürt man oft Unwissen. Diese Wissenslücken lassen sich jedoch seit August mit der im Verlag Galiani veröffentlichten Romanbiografie „Doppelleben“ des Schweizer Schriftstellers Alain Claude Sulzer (69) auf wunderbare Weise schließen.
    Der Autor entführt uns mit seinem einfühlsamen Roman zunächst ins Jahr 1869 und lässt uns am Alltag der zwillingsgleich lebenden Brüder Edmond und Jules in ihrer Villa in Auteuil am westlichen Stadtrand von Paris teilhaben. Dort war das Brüderpaar erst ein Jahr zuvor eingezogen. Sie erhofften sich die Stille zum Arbeiten, die in ihrer früheren Stadtwohnung gegenüber der lärmenden Musikwerkstatt von Adolphe Sax, dem Erfinder des Saxophons, nicht gegeben war. Doch kaum eingezogen, brach beim acht Jahre jüngeren Jules die tödliche Syphilis aus, mit der er sich schon als Jüngling 20 Jahre zuvor infiziert hatte und die schließlich 1870 zum qualvollen Tod des erst 39-Jährigen führte.
    Sulzer schildert in einer Rahmenhandlung ähnlich nüchtern, fast brutal, wie es im gemeinsamen Tagebuch der Brüder nachzulesen ist, Jules' körperlichen und geistigen Verfall. Rückblicke mit Berichten aus dem bisherigem Leben beider Brüder zeigen bald ein Gesamtbild und lassen uns Edmond und Jules besser kennenlernen. Wir erfahren vom Tod der Mutter, von gesellschaftlichen Treffen mit ihrem Freund Gustave Flaubert und anderen Künstlerkollegen im Palais der Napoleon-Nichte Prinzessin Mathilde Bonaparte. In einer längeren Parallelhandlung erfahren wir vom traurigen Schicksal ihrer Haushälterin Rose.
    Vor allem diese Gegenüberstellung zweier Lebensläufe in Glanz und Elend – das Wohlstandsleben der Brüder Goncourt, die sich aufgrund ihres ererbten Grundbesitzes und Vermögens ganz der Schriftstellerei widmen können, und zeitgleich jenes armselige, bedauernswerte Schicksal ihrer Haushälterin Rose – bringen die Spannung und Dramatik in Sulzers Roman. Erst jetzt erkennt man die eigentliche Aussage des Romantitels: Mit „Doppelleben“ ist weniger das Leben der zwei Brüder Goncourt gemeint, die doch eher nur ein, nämlich gemeinsames Leben führten, sondern vielmehr das Leben des Brüderpaares zeitgleich zu jenem ganz anderen ihrer Haushälterin – zwei Leben in zwei Parallelwelten. Diese Gegensätzlichkeit des „Doppellebens“ macht Sulzers gleichnamigen Roman nicht nur für Freunde literarischer Klassiker, sondern auch allgemein für Liebhaber historischer Romane interessant und lesenswert: Obwohl die Brüder Goncourt als genaue Beobachter bekannt sind, denen angeblich keine Kleinigkeit entging, achteten sie doch nur auf ihre eigene Gesellschaftsschicht. Der beklagenswerte „Absturz“ ihrer Haushälterin, die das Brüderpaar schon seit deren Kinderjahren treu umsorgte, zuletzt aber zur Trinkerin und Diebin wird, fiel beiden nicht auf. Rose gehörte für sie zwar als Dienstperson zum Haus, doch der Mensch Rose war für beide uninteressant.
    Mit „Doppelleben“ ist dem bereits mehrfach ausgezeichneten Schweizer Autor wieder ein lesenswerter Roman gelungen, der dazu verleitet, sich nach der Lektüre mit den beiden Goncourts noch intensiver zu beschäftigen. Kritisch wäre allenfalls anzumerken, dass Jules' Krankheitsverlauf und körperlicher Verfall nicht in dieser Ausführlichkeit hätte beschrieben werden müssen.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Doppelleben

    Zum historischen Hintergrund:
    Die beiden Brüder Edmond und Jules de Goncourt stammten aus einer vermögenden Familie und lebten ihr Leben lang ausschließlich für ihre Interessen, hauptsächlich die Literatur. Sie lebten und arbeiteten fast symbiotisch zusammen, teilten sich sogar ihre Geliebte. Mit ihrem literarischen Interesse für die niederen Stände gelten sie als die Begründer des Naturalismus.
    Ein besonderes Zeitdokument ist das Tagebuch (ab 1851), das beide Brüder verfassten und das Edmond, der ältere Bruder, nach Jules‘ Tod noch 25 Jahre alleine fortführte. In diesem Tagebuch nehmen die Beiden kein Blatt vor den Mund. Sie beobachten scharf und mitleidlos, notieren unbestechlich genauestens Intimitäten ihres Freundeskreises, zu dem die wichtigsten Literaten ihrer Zeit und auch die Prinzessin Mathilde, Nichte Napoleons und Kusine des Kaisers Napoleon III., gehörten. Das vollständige Tagebuch erschien 2013 erstmals auf Deutsch und ist die Quelle für Sulzers Roman.
    Der Prix Goncourt ging aus einer Stiftung Edmonds Goncourts hervor und gilt inzwischen als der begehrteste Literaturpreis Frankreichs.
    Mein Lese-Eindruck:
    Selten hat mir ein Romantitel so gut gefallen wie „Doppelleben“. Dieser Titel trifft in mehrfacher Weise zu, und zwar auf jeden der verschiedenen Handlungsstränge. Die kapitelweise miteinander verschränkt werden.
    Zunächst betrifft „Doppelleben“ das symbiotische Zusammenleben und -arbeiten der beiden Brüder Goncourt. Jules‘ Syphilis-Erkrankung wird von seinem älteren Bruder beharrlich geleugnet, und hier gelingen Sulzer sehr empathische und berührende Szenen, wenn er die Sorge und auch die Verzweiflung Edmonds erzählt, der sich mit dem geistigen Verfall seines Bruders nicht abfinden kann.
    „Doppelleben“ betrifft aber auch die Magd Rose, die seit den Kindheitstagen der Brüder im Haus lebte und sie wie eine Mutter aufopferungsvoll versorgte. Erst nach ihrem Tod erfahren die Brüder von ihrem Doppelleben: sie hatte sich verschuldet, gestohlen und betrogen, um ihren jungen Geliebten zu finanzieren, dem sie hörig war. Beide Brüder mussten erkennen, dass sie, die so stolz auf ihre scharfe Beobachtungsgabe waren, bei den Tragödien in ihrer direkten Umgebung blind waren. Sie beschließen einen professionellen, d. h. ästhetischen Umgang mit dem Erlebten und schreiben den Roman Germinie Lacerteux, in dem sie das Leben einer Frau der niederen Stände mit allen abstoßenden Facetten thematisieren.
    „Doppelleben“ betrifft aber auch die Zeit, in die der Autor seinen Leser mitnimmt. Es ist die Zeit Napoleons III., wir erleben den Glanz der Salons, üppige Festmähler und opulente Vergnügungen – und auf der anderen Seite das Elende der Unterschicht: gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, Alkoholismus, Kriminalität, Prostitution. Sulzer verschränkt beide Seiten der Gesellschaft. In Erinnerung bleibt eine pointierte Szene, als im Salon der Prinzessin ein Arzt dieses Elend ins Gespräch bringt, was von der champagnertrinkenden Gesellschaft jedoch als „degoutantes Hirngespinst abgetan wird.
    Sulzers Buch besticht nicht nur durch die genaue historische Recherche, sondern auch durch die immer ruhige, fast behäbig-altmodische Sprache, in der er erzählt. Dramatisches wechselt mit Lyrischem, Anekdoten aus den Tagebüchern sorgen für Kurzweil. Sulzer erzählt seine Geschichte mit Empathie, ohne larmoyant zu werden, und so gelingt ihm ein spannender Roman, der eine starke Sogwirkung entfaltet.
    Fazit:
    Ein Lesegenuss der Extraklasse!
    Weiterlesen
  • Rezension zu Doppelleben

    Jules und Edmond de Goncourt - die Stifter des Prix Goncourt
    Alain Claude Sulzer entführt uns in seinem neuen Roman "Doppelleben" in die Zeit Napoleon III. Die Gebrüder Jules und Edmond de Goncourt leben seit dem Tod der Mutter in einem einem gemeinsame Haushalt. Ver- und umsorgt werden die Brüder von Rose, einer unscheinbaren Magd.
    Obwohl keine Zwillinge können die Beiden nicht ohne einander sein. Sie sind so aufeinander fixiert, dass ihnen das Doppelleben von Rose nicht auffällt. Erst nach dem Tod von Rose kommt alles ans Tageslicht.
    Meine Meinung:
    Dieser historische Roman zeigt deutlich, dass Hauspersonal in vielen Fällen als - einem Möbelstück ähnlich - austauschbar angesehen worden ist. Wobei, die Brüder haben nie daran gedacht, Rose zu ersetzen, obwohl sie überhaupt nicht kochen konnte und ihnen teilweise ungenießbare Speise vorgesetzt hat. Jules und Edmond sind in ihrer eigenen Welt eingesponnen. Vor allem als bei Jules die Syphilis ausbricht, mit der er sich vor Jahren, nicht einmal zwanzigjährig, angesteckt hat und jahrelang vor sich hinsiecht.
    Alain Claude Sulzer hat mit diesem historischen Roman das Sittenbild dieser Zeit sehr gut eingefangen. Man kümmert sich nur um sich. Hausangestellte sind ein notwendiges Übel, das man am besten übersieht. Dass es sich hier auch um Menschen mit Sehnsüchten und Träumen handelt, wird geflissentlich übersehen bzw. gar nicht in Betracht gezogen. Umso überraschter sind die Brüder, als Roses Doppelleben ans Tageslicht kommt. Nicht nur, dass sie heimlich ein Kind geboren, dem Kindesvater hörig war, hat sie ihre Dienstgeber auch noch bestohlen, weil sie der Abhängigkeit nicht entkommen ist.
    Geschickt erzählt der Autor die Lebensläufe parallel. Manchmal habe ich den Eindruck gehabt, die beiden Handlungsstränge haben so gar nichts miteinander zu tun, bis sie sich wieder kreuzen.
    Das Brüderpaar schreibt abwechselnd rund 50 Jahre lang Tagebücher, in denen sie sich über zahlreiche Personen recht auslassen. Ihrer Magd setzen sie allerdings mit dem Roman „Germinie Lacerteux (1865)“ auf deutsch Das Dienstmädchen Germinie ein eindrucksvolles Denkmal.
    Edmond wird seinen Bruder Jules um 26 Jahre überleben.
    Der nach den Brüdern benannte Prix Goncourt hat sich zum begehrtesten und werbewirksamsten der zahlreichen französischen Literaturpreise entwickelt.
    Fazit:
    Dieser erzählerischen Meisterleistung, die uns mit den Stiftern des Prix Goncourt bekannt macht, gebe ich gerne 5 Sterne..
    Weiterlesen

Ausgaben von Doppelleben

Hardcover

Seitenzahl: 304

E-Book

Seitenzahl: 287

Besitzer des Buches 10

Update: