Kurzbeschreibung:
Ein historischer Roman von den Zwillingen Claudia und Nadja Beinert über Margarethe Luther und wie sie ihren Sohn, den Reformator Martin Luther, prägte.
In Zeiten von Pest, Aberglaube und Ablass: 1480 wird die junge Margarethe mit dem gleichaltrigen Hans Luder vermählt. Trotz der zunächst trostlosen Aussicht eines Lebens an der Seite eines Bergmannes ist die Ratsherrentochter 1483 über die Geburt ihres ersten Sohnes Martin sehr glücklich. Als Martin Luther sich Jahre später gegen den Willen des Vaters für ein Leben als Mönch entscheidet, ist Margarethe hin- und hergerissen zwischen Ehegehorsam und Mutterliebe. In den gefährlichen Jahren der beginnenden Reformation wagt sie einen gefährlichen Balanceakt und trifft den mittlerweile berühmt-berüchtigten Sohn sogar heimlich. Erst ihre bedingungslose Zuneigung und Liebe zu Martin – von Geburt an – machten aus Martin Luther den mutigen, unerschütterlichen Reformator, der uns bis heute überliefert ist. (Quelle: Verlagswebsite)
Autorinnen:
Dr. Claudia Beinert, Jahrgang 1978, ist genauso wie ihre Zwillingsschwester Nadja in Staßfurt geboren und aufgewachsen. Claudia studierte Internationales Management in Magdeburg, arbeitete lange Zeit in der Unternehmensberatung und hatte eine Professur für Finanzmanagement inne. Sie lebt und schreibt in Erfurt und Würzburg.
Nadja Beinert studierte ebenfalls Internationales Management und ist seit mehreren Jahren in der Filmbranche tätig. Die jüngere der Zwillingsschwestern ist in Erfurt zu Hause. (Quelle: Verlagswebsite)
Allgemeines:
Erschienen im Februar 2017 als Hardcover bei Droemer Knaur
448 Seiten in 5 Teilen.
Personenverzeichnis, Glossar und sehr ausführliches Nachwort zu den historischen Fakten und Quellen. Außerdem sind noch drei von Luthers Lieblingsfabeln angehängt, die im Roman eine Rolle spielen.
Erzählt wird auf zwei Ebenen: aus der Sicht Margarethe Luthers in der Ich-Perspektive und in der 3. Person in der Rahmenhandlung.
Meine Meinung:
Es gibt Romane, die mehr sind als nur einfache Unterhaltung, die den Leser beschäftigen und noch lange nachhallen. „Die Mutter des Satans“ ist so ein Buch. Im Lutherjahr ist es auch für uns Leser naheliegend, sich mit dem Reformator zu beschäftigen. Der Klappentext dieses Buches hatte mich neugierig gemacht, weil ich dahinter eben keinen Roman erwarten konnte, in dem der zum Helden erhobene Reformator im Mittelpunkt steht. Und so kam es auch. Martin spielt zwar eine nicht unwichtige Rolle in diesem Buch, aber er ist nicht die Hauptfigur. Das ist eindeutig Margarethe Luder, eine aufrechte und gläubige Frau und liebevolle und strenge Mutter. Ihr hartes Leben, ihre Aufopferung, Sorgen und Nöte, aber auch ihre kleinen und großen Freuden im Alltag stehen im Mittelpunkt. Dabei vermitteln die Autorinnen ein sehr eindrucksvolles Bild vom Leben im Mansfelder Land im 16. Jahrhundert. Vom Alltag der Menschen ebenso wie von den Gebräuchen der Bergleute, dem vorherrschenden Glauben und Aberglauben, von der Rolle der Frauen und Kinder.
Ganz „nebenbei“ erfährt man als Leser noch unheimlich viel über Bergbau, die Pest und den Umgang der Menschen mit ihr und nicht zuletzt auch über die Malerei. Mächtig viel Informationen, die den Leser aber dennoch nicht erschlagen, sondern immer wieder ein Aha-Erlebnis hervorrufen.
Besonders gut gelungen ist die Zweiteilung der Geschichte auf verschiedene Ebenen. Da sind die ganz persönlichen Erinnerungen Margarethes, die aus der Ich-Perspektive erzählt werden und den Leser so noch direkter ansprechen. Viele Gedanken und Gefühle fließen hier ein und bauen eine sehr emotionale Bindung auf. Wir lernen ihre Sorgen, Hoffnungen, Ängste und Zweifel ganz unmittelbar kennen und erleben, wie sie sich selbst verändert. Die Liebe zu ihren Kindern prägt sie und diese Liebe prägt andersherum auch die Kinder – auf ganz verschiedene Weise. Sie lebt kein einfaches Leben, aber es gelingt ihr immer, irgendwo noch einen Funken Hoffnung und Kraft zu finden, um auch die verzweifeltsten Situationen zu meistern. Sie hat mich unglaublich beeindruckt, diese Frau. Zerrissen zwischen der Liebe zu ihrem Sohn, der für die Menschen um sie herum zur Inkarnation des Satans reift, und der Zuneigung zu ihrem Mann, die über die Jahre gewachsen ist, findet sie zu Stärke und Mut, die für die damalige Zeit nicht selbstverständlich waren.
Die andere Ebene der Geschichte bildet den Rahmen: Lucas Cranach soll Hans und Margarethe porträtieren. Dieser Teil der Handlung spielt zu einem Zeitpunkt, da alle Ängste und Nöte ausgestanden sind, die Reformation schon Fuß gefasst und die Bauern-Aufstände um Thomas Müntzer schon niedergeschlagen sind. Der berühmte Maler macht sich seine Gedanken um diese Frau, die da vor ihm sitzt und versucht, einen Zugang zu ihr zu finden, um ein wahrhaftiges und ehrliches Porträt schaffen zu können. Und so erleben wir mit, wie das Gemälde auf dem Cover entstand und warum es genau so aussieht. Auch dies ist mehr als interessant.
Anfangs hat mich das Buch sehr betroffen und wütend gemacht, als ich miterleben musste, was aus Unwissenheit, aber vor allem auch aus Aberglauben heraus Kindern und Frauen angetan wurde. So musste ich wirklich immer wieder Lesepausen einlegen, um mich wieder ein bisschen zu beruhigen. Aber je mehr die Geschichte fortschritt, umso mehr nahm sie mich gefangen und am Ende, als Margarethe als „Mutter des Satans“ angefeindet wurde und die Lage für sie und ihr nahestehende Menschen immer gefährlicher wurde, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Die Beinert-Schwestern haben hier einen großartigen Roman um eine großartige Frau geschrieben, der mehr ist, als nur eine Erzählung über längst vergangene Dinge. Es ist ihnen gelungen, den Menschen hinter dem Reformator zu zeigen und uns nahezubringen, wie er zu dem wurde, was er ist. Und darüber hinaus bringen sie auch Lesern, die sich mit Luthers Thesen nicht so gut auskennen, die wichtigsten Ideen und Inhalte sehr verständlich nahe. Und wir erkennen auch, warum die eigentlich recht überzeugenden Ideen Luthers es so schwer hatten, sich durchzusetzen.
Und ein Wort muss ich noch zum Ende des Buches verlieren: nie hat ein Schlusssatz die Bezeichnung „Happy End“ mehr verdient. Ich habe das Buch mit Tränen in den Augen zur Seite gelegt. Danke auch dafür!
Ich habe mit diesem Buch eines der Jahreshighlights gelesen, da bin ich mir ganz sicher. Ich vergebe und empfehle diesen hervorragend recherchierten Roman uneingeschränkt weiter. Nicht nur Freunde historischer Romane werden daran Gefallen finden, sondern auch alle, die mehr über Luther und seine Herkunft erfahren wollen.
Fazit:
Ein berührender und aufwühlender Roman über die Frau, die der Welt einen Reformator schenkte und über ein Leben zwischen Liebe und Angst, Verzweiflung und Hoffnung.