Buchkrümel, ich sinne noch über das nach, was Du „kalt“ nennst. Meinst Du vielleicht, dass die resignative Stimmung des Romans Dir persönlich trostlos vorkommt? Dass Du diese Schicksalsergebenheit, diesen mangelnden Willen, nach vorne zu sehen, dieses Nachtrauern einer versunkenen Welt beklemmend findest? Denn dann könnte ich Dich in gewisser Weise verstehen. Allerdings erzeugt die sensible Sprache Roths, die melancholische, schwebende Stimmung des Romans (mit „warmherzig“ hat das nichts zu tun) in mir eher den Eindruck von verhangener, sanfter Trauer als von Trostlosigkeit. Wie Dr.Watson oben schon sagte, ist vieles aus der Vita und der labilen, an sich selbst zweifelnden Persönlichkeit Joseph Roths zu erklären. Er war schon ein Utopist, aber ein rückwärtsgewandter. Er zeichnete die Monarchie nicht wie sie tatsächlich war, sondern wie sie sein sollte, als einen idealisierten, mythisch-überhöhten Ort sozusagen. Für die Sache der Monarchisten setzte er sich konkret erst dann ein, als das Dritte Reich sich abzuzeichnen begann.
Liebe Mofre,
mittlerweile habe ich wirklich den Eindruck, dass du meine Rezi gar nicht gelesen hast.