Joseph Roth - Radetzkymarsch

  • Ich kann schon mal einen ersten Eindruck schreiben, obsohl ich hitzebedingt erst bis auf Seite 116 gekommen bin. Ich war jetzt unsicher, ob ich es auch im Thread hätte tun können, deshalb lieber hier bei "Ich lese gerade" .
    Es macht so viel Freude diesen Roman zu lesen. Joseph Roth schreibt so fein, so genau und so poetisch (tatsächlich poetisch, ich hätte das fast nicht geglaubt, aber es ist für mich so!). Irgendwie hatte ich ja befürchtet, dass es in dem Buch sehr militärisch zugehen würde und bei dem Stichwort Aufstieg und Untergang einer Familie dachte ich fast schon an einen Aufguss der von mir so geliebten Buddenbrocks von Thomas Mann. Aber von wegen! Klar geht es hier auch um Militär, spielt es ja im Umfeld der Infanterie. Aber hier bekomme ich etwas ganz anderes. Carl Joseph von Trotta ist im Grunde nicht mehr Fisch und nicht Fleisch und profitiert noch sehr von der Heldentat seines Großvaters. Aber sich wirklich mit dem ganzen zu identifizieren, dazu langt es bei ihm nicht mehr. Ich bin gespannt ob er einen neuen Weg für sich finden wird oder wie er überhaupt noch handeln wird. Im Moment macht er ja noch alles wie es von ihm verlangt wird, aber er ist so völlig talentlos mit allem was die Infanterie verlangt. Dazu ist er viel zu feinfühlig oder kann man auch sensibel schreiben? Reiten kann er auch nicht richtig.


    Das regt auch ziemlich zum eigenen nachdenken über Traditionen nach. Inwieweit geht man eigene Wege? Wo macht man eigentlich nur noch das was von einem verlangt wird, weil es schon immer so war? Wo ruht man sich zu sehr auf den "Lorbeeren der Ahnen" aus.


    Spürbar auch schon erste Veränderungen der Monarchie. Der Kaiser ist mittlerweile "nur" noch als Portrait allüberall präsent.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Es macht so viel Freude diesen Roman zu lesen. Joseph Roth schreibt so fein, so genau und so poetisch (tatsächlich poetisch, ich hätte das fast nicht geglaubt, aber es ist für mich so!). Irgendwie hatte ich ja befürchtet, dass es in dem Buch sehr militärisch zugehen würde und bei dem Stichwort Aufstieg und Untergang einer Familie dachte ich fast schon an einen Aufguss der von mir so geliebten Buddenbrocks von Thomas Mann

    Es ging mir genauso, Farast! Ich war sehr überrascht, wie gut "Radetzkymarsch" mir gefiel und weiß gar nicht mehr, wieso es so lange auf meinem SuB lag...ich habe den Schuber mit den Romanen und Erzählungen als Jugendliche geschenkt bekommen. Nun sollte ich weiterlesen und mir auch die anderen Romane/Erzählungen vornehmen - "Hiob" habe ich dann ja gelesen und weitere werden folgen.
    Weiterhin viel Freude beim Lesen! :)

  • Mittlerweile bin ich auf Seite 204 angekommen. Wow, war das gut beschrieben, wie wehmütig der alte Herr von Trotta die Veränderung seiner Lebenwelt verarbeitet. Und überhaupt was der letzte Anlass dafür war. Der folgende Satz fasst das ganze zusammen.


    Zitat von S. 199

    Er sah die Welt untergehn, und es war seine Welt.

    Es gibt bestimmt Änderungen im Leben, die gut und wichtig sind. Trotzdem darf man doch auch ein wenig traurig drüber sein. Ich bin positiv darüber überrascht wie gut das Roth rüberbringt.
    Und die Schwierigkeiten seines Sohnes sind auch nachvollziehbar. Für ihn muss es unglaublich schwer sein, die Erwartungen so vieler Vorfahren gerecht zu werden, wenn man eigentlich gar nicht so recht weiß, wo man eigentlich hingehört und was man selbst will. Vor allem wenn sich starke gesellschaftliche Änderungen ankündigen. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es bei Carl Joseph noch nicht so angekommen ist. Ich weiß nicht so recht, er kommt mir sehr sensibel vor und ich kann mir vorstellen, dass er darunter zerbrechen könnte oder sich dann doch an alte Werte klammern mag, weil gut bewährt.

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  • So, den ersten Teil (acht Kapitel oder 140 Seiten) habe ich zügig durchgelesen. Poetisch, ja tatsächlich - da kann ich zustimmen. Aber nicht zu gekünstelt, sondern ein echter Lesegenuss sozusagen ! (Ich denke dabei gerade an die Beschreibung des Sonntagsgerichts Tafelspitz, das mit wohlgefälliger Betrachtung beschrieben wird: "...das tadellose Oval der jungen Kartoffeln, die in schmelzender Butter schwammen und an zierliche Spielzeuge erinnerten"
    Nachdem ich die ersten 50 Seiten gelesen hatte, unterhaltsam, aber ohne überschwängliche Begeisterung, hat mich der Roman dann endgültig gefangen mit Carl Josephs Kondolenzbesuch beim Wachtmeister Slama: eine unangenehme Atmosphäre, und die peinliche Notwendigkeit der Beiden die Höflichkeitsfloskeln durchzustehen.

    Wann, genau, zu welchem Zeitpunkt, wird man endlich die Kondolenzformel abstossen können? Wenn wir in den Salon treten, oder erst, wenn wir uns gesetzt haben? Muss man sich dann wieder erheben? Es ist als ob man nicht den geringsten Laut hervorbringen könnte, bevor nicht jenes dumme Wort gesagt ist, ein Ding, das man auf den Weg mitgenommen und die ganze Zeit im Mund getragen hat. Es liegt auf der Zunge, lästig und unnütz, von schalem Geschmack.

    Tja, so ähnlich musste ich mir die Frage auch schon stellen. (Zum Glück ohne dass ich ein geheimes Verhältnis mit der Verstorbenen hatte)

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