Originaltitel "Little Lord Fauntleroy"
Inhaltsangabe (nach "Das Buch der 1000 Bücher") von Amazon kopiert
Cedric Erroll, genannt Ceddie, blond und blauäugig, ist das siebenjährige Kind eines früh verstorbenen englischen Grafensohns und seiner jungen amerikanischen Frau. Mutter und Sohn leben sehr bescheiden in New York, als der Rechtsanwalt Havisham sie mit der Nachricht überrascht, dass Ceddie künftig der Erbe eines Grafentitels (Earl of Dorincourt) und eines riesigen Vermögens sein wird. Zwei Brüder seines Vaters sind kinderlos verstorben, so dass der alte Earl nun den Sprössling seines dritten Sohnes, den er wegen seiner amerikanischen Heirat verstoßen hatte, anerkennen und auf seine künftige Rolle vorbereiten muss. Ceddie soll nun auf Schloss Dorincourt leben, während seine Mama im Dorf bleiben muss – worauf sie nur um ihres Sohnes willen eingeht. Ceddie selbst jedoch, der nicht nur besonders hübsch, sondern auch gewitzt und überaus mitfühlend gegenüber seinen Mitmenschen ist, gewinnt durch seine freundliche Art die Herzen aller – von den Dienstboten bis zu seinem mürrischen Großvater, der ihn zunächst sehr skeptisch empfangen hatte. Ceddies Mutter wird wegen ihres karitativen Handelns bald von den Dorfbewohnern verehrt.
Bisher kannte ich "Der kleine Lord" nur durch die allweihnachtliche Wiederholung des Films (einer sehr werkgetreuen Verfilmung), den ich alle Jahre wieder ebenso rührend wie kitschig finde, der mich aber immer wieder in meiner Liebe zu Alec Guiness bestärkt.
Jetzt habe ich das Buch (eine wunderschöne Flohmarkt-Ausgabe von 1961) aus seiner 20jährigen SUB-Position befreit.
Es fällt mir sehr schwer, dem Buch gerecht zu werden. Erstens spukt der Film beim Lesen ständig in meinem Kopf, zweitens lese ich im Jahre 2006 ein Buch mit einem Protagonisten, der 1886 als eine Art Idealbild eines wohlerzogenen, liebevollen, hübschen, intelligenten, sozialen Knaben erschaffen wurde. Die Hauptpersonen, in erster Linie Cedric und seine Mutter, aber auch die amerikanischen Freunde, die Bediensteten und Gäste sind edel und gut, der Graf wirds, und die Bösen empfangen die wohlverdiente Strafe.
Glücklicherweise hat die Autorin Sinn für Humor: So blitzt, v.a. in Passagen, die aus der Sicht eines Bediensteten erzählt werden, ein wenig Distanz und Schalk durch. Die Gegenüberstellung des amerikanischen und englischen Lebensstils ist zwar plakativ, aber nicht ohne kleine ironische Spitzen (wenn auch der englische auf der ganzen Linie siegt).
Einige Sätze aus Kindlers Literaturlexikon zum Buch:
Indem sie ihren kleinen Helden - mehr die sentimentale Verkörperung einer schönen Idee als ein Kind aus Fleisch und Blut - die Brücke zwischen amerikanisch-demokratischer und englisch-aristokratischer Lebensweise schlagen ließ, verlieh die Autorin den Wunschvorstellungen vieler ihrer Landsleute Ausdruck. Dass die nach dem Motto "Das Gute siegt, das Böse unterliegt" konstruierte Handlung lediglich ein Aufguss altbewährter romantischer Märchenmotive ist und ein sehr verschwommenes, unreflektiertes Bild von den sozialen Verhältnissen der Zeit gibt, konnte des Siegeszug des vielfach übersetzten Jugendbuchs nicht verhindern.
kurze Informationen zur Autorin
Marie