Pierre Magnan – Das Mädchen vom Ende der Welt / Laure du bout du monde

  • Original : Französisch, 2006


    INHALT :
    Eine Kindheit in Not und Reichtum (anderer Art) in der Provence der 50iger, Anfang 60iger Jahre...


    BEMERKUNGEN :
    Wirklich "am Ende der Welt" (siehe Titel), oder zumindestens einem Zipfel davon, nämlich in Eourres (http://fr.wikipedia.org/wiki/%C3%89ourres ), irgendwo in der Abgeschiedenheit der Provence, wurde Laure viel zu früh geboren und galt schon als tot. Entgegen der Überdrüssigkeit der eigenen Eltern verdankt sie ihr Leben wohl eher der Energie der Großmutter und ihrer Tanten, die sich solange einsetzen und kümmern, bis der Säugling über dem Berg ist. Und ist dies nicht ein Vorzeichen, wie die ersten vierzehn Jahre ihres Lebens (soweit reicht die Erzählung) ausschauen werden : starke Prüfungen im Umfeld von Not und Armut, frühes Arbeiten auf den Lavendelfeldern und als Hirtin, Vernachlässigung durch Ignoranz selbst lieber Leute..., und dennoch zur gleichen Zeit auch immer wieder die Präsenz von Helfern und Schützern ?


    Aber auch neben diesen äußeren Einflüßen ein unbändiger Lebenswille, eine Neugier für alles Neue, für Wissen, so dass sie sich in der von den Ihrigen eigentlich als überflüssig betrachteten Schule auszeichnet und schließlich auch durchsetzt. Hartköpfig ist sie ! Recht hat sie dabei ! Und dann dieses « lichte Wesen », dem es ab und zu gelingt, Menschen zusammenzuführen, Versöhnung zu stiften durch ihre Unschuld, ihren ungetrübten Blick auf Freund und Feind. Man kann sich fragen, ob dieses an einem Ostersonntag geborene Kind eine besondere Gabe besitzt ? Und Menschen um sie herum teils zum besten herausfordert ?


    Nicht immer wird es innerlich ungetrübt bleiben. Es kommt die Jungmädchenzeit und die Verfolgung von den als animalisch erfahrenen Männern, bzw Burschen. Der Tod schlägt in nächster Nähe ein. Eventuelle Behinderung, üble Nachrede treffen sie unschuldig.


    So bewegt sich dieser Roman auf einer Ebene zwischen Märchen und derbem Realismus. Aber wenn man genau hinschaut ist so manches Märchen sehr realistisch in Beschreibungen der Abgründe... Und vielleicht führt mancher Abgrund doch zu einem (vorläufig) guten Ende ?


    Pierre Magnan hüllt diesen wunderbaren Roman ein in eine derbe und dennoch manchmal wunderbare Bergwelt und Natur. Er ist ein Schreiber der Provence und wurde dafür in Frankreich bekannt als Krimiautor mit Lokalkolorit. Hier aber wechselt er das Thema, schreibt etwas ganz anderes. Was hat ihn wohl dabei bewegt ? Ist es eine Widmung an den Lebensmut mancher Frauen? (So ist das Buch auch aus der Perspektive einer Frau des Dorfes geschrieben.)


    Hut ab vor diesem feinen Roman ! DIESER hier wurde (noch) nicht übersetzt, doch andere Bücher von Pierre Magnan sind auf Deutsch erhältlich.


    AUTOR :
    Pierre Magnan wurde 1922 in Manosque (Basses-Alpes) geboren und starb imApril 2012 in Voiron.
    Er besuchte in seiner Geburtsstadt bis zu seinem zwölften Lebensjahr die Schule, die er als Dreizehnähriger verließ, um als Schriftsetzer in einer Druckerei zu arbeiten. Als Zwanzigjähriger wurde er in den Jugendarbeitsdienst (Service du Travail Obligatoire) eingezogen, beging Fahnenflucht und flüchtete zu den französischen Widerstandskämpfern (Maquis) des Departements Isère.
    1946 veröffentlichte er seinen ersten Roman, der von der Kritik positiv aufgenommen wurde, aber wenig Erfolg beim Publikum hatte. Die folgenden drei Romane waren ebenfalls kein Publikumserfolg. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in den folgenden Jahren als Angestellter einer Transportfirma, schrieb aber in seiner Freizeit weiterhin Romane, die niemand verlegen wollte.
    Erst 1976 erzielte der Kriminalroman Le sang des Atrides Aufmerksamkeit und erhielt zwei Jahre später den Prix du Quai des Orfèvres. Nun begann für Magnan eine neue Karriere. Er verfasste 1984 sein bekanntestes Werk La Maison assassinée, das ebenfalls ausgezeichnet und verfilmt wurde. In seinen Kriminalromanen ermittelt seine Romanfigur Kommissar Laviolette hauptsächlich in der Provence. Die Provence ist Inspiration und Hintergrund all seiner Romane. Pierre Magnans Bücher bestechen durch die fast greifbare Beschreibung der Landschaft, die Allgegenwart der Jahreszeiten und des Wetters - die Provence in ihrer ganzen Pracht. "Diese Verbrechen und Kommissar Laviolette sind für mich ein Mittel, um eine Stimmung einzufangen, eine Abenddämmerung, ein Morgengrauen über dieser kargen, einsamen, tragischen Landschaft der Haute Provence" (Pierre Magnan)."Tod in Bronze" (2003).
    Pierre Magnan lebte bis zum Ende seines Lebens in Forcalquier.
    (Quelle : Vita bei amazon.de ; wikipedia)


    Schöne Webseite des Autors : http://www.lemda.com.fr/index.php


    Taschenbuch
    Verlag: Denoel (1. September 2007)
    Sprache: Französisch
    ISBN-10: 2070347214
    ISBN-13: 978-2070347216

  • Gerade entdeckt, dass es seit letztem Jahr eine Übersetzung für dieses wunderbare Buch gibt! Sehr empfehlenswert! "Das Mädchen vom Ende der Welt":


    Grandioses Spätwerk des großen Pierre Magnan in der einfühlsamen Übertragung der vielfach ausgezeichneten Übersetzer Irène Kuhn und Ralf Stamm. Die Provence ist in den mehr als dreißig Büchern von Pierre Magnan (1922–2012), einem Weggefährten des großen Jean Giono (Der Husar auf dem Dach, Das Lied der Welt, Jean der Träumer), allgegenwärtig – vor allem, was die Schauplätze und die Liebe zu dieser wunderbaren herben Landschaft angeht. Letztlich geht es in allen Romanen Magnans – von Unverhofftes Morgenrot (L’aube insolite, 1946) über die Laviolette-Krimis bis Das Mädchen vom Ende der Welt (Laure du bout du monde, 2006) – um die Condition humaine, der alle Menschen unterworfen sind. Das Ende der Welt: ein entlegenes Dorf hoch oben in der grandiosen, rauen Haute-Provence, Anfang der 1950er-Jahre. Das Leben erschöpft sich in harter Bauernarbeit. „Glücklich!“, rief der Großvater. „Das ist noch so ein Wort, das du in einem Buch gelesen hast! Wo doch das Wichtigste im Leben das Geld ist: Geld muss man haben. Glück? So ein Unfug! Glück, das ist ein Zeitvertreib für reiche Leute“, so bringt es der alte Chassabut seiner Enkelin Laure gegenüber auf den Punkt. Laure: zuerst eine 750 Gramm „schwere“ Frühgeburt, später ein zartes, von der eigenen Mutter abgelehntes Mädchen, das von Anfang an nur die schlechtesten Karten zu haben scheint. Dann aber erlebt der Leser das Magnan’sche Wunder: Unwiderstehlich beginnt die untergründige Poesie eines Buches zu wirken, das erschütternde Chronik ist und einfühlsamer Entwicklungsroman, subtiles Charakterbild eines tapferen, unbezähmbar lebensfrohen, lernbegierigen Mädchens und schroffe Schilderung einer uns so fernen Lebenswelt. Am Ende des Romans wird Pierre Magnans unverwechselbare Erzählweise, seine magisch „unmoderne“ Sprache bewirkt haben, dass niemand das Mädchen vom Ende der Welt je wieder vergessen kann. (amazon.de)


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