Zum Inhalt
An Heiligabend des Jahres 1992 entdeckt der Naumburger Organist Jakob Kemper im morschen Gehäuse der Kirchenorgel ein unbekanntes Oratorium von Johann Sebastian Bach. Sein Fund versetzt den kauzigen Eigenbrödler in höchste Verwirrung, meint er doch das bedeutendste Werk der Musikgeschichte in Händen zu halten. Doch je länger Jakob die Partitur studiert, desto mehr gelangt er zur Überzeugung, dass etwas Mystisches von dem Werk ausgeht, das zunehmend auch auf sein Leben Einfluss zu nehmen beginnt.
Schließlich will Jakob seinen Fund, der ihn psychisch sehr belastet, mit der Welt teilen, und so lässt er ihn den Professoren der Bachgesellschaft zukommen, obwohl er auf diese Herren gar nicht gut zu sprechen ist, haben sie sein Ansuchen um Mitarbeit bei der Renovierung der Orgel doch sehr herablassend abgelehnt. Sollen sie nun entscheiden, was mit dem Werk zu geschehen hat.
Ungeheuer ist Jakobs Enttäuschung, als seine Entdeckung nicht als Jahrhundertfund gefeiert, sondern als Fälschung zurückgeschickt wird.
Meine Gedanken zum Buch
Bildhaft konnte ich ihn mir vorstellen, den hageren Organisten und gelernten Bürstenbinder, wie er mit viel zu weitem Mantel, löchrigem Schal, Baskenmütze und uraltem Schulranzen durch Naumburg eilt. Unter einer übermächtigen Vaterfigur leidend, hat der 45-jährige noch nie die geringste Anerkennung, den allerkleinsten Erfolg zu verzeichnen gehabt. Mit der Entdeckung des unbekannten Oratoriums hofft Jakob auf den großen Durchbruch, auf internationale Bekanntheit, doch bald erkennt er, dass die Macht dieser Musik ganz anderes bewirkt.
Seine Verwirrung, die Ängste, Sorgen und Unzulänglichkeiten seines Protagonisten zeichnet Robert Schneider ganz vortrefflich und arbeitet sich vor bis in die Tiefen dieser empfindsamen Seele. Jakob, der sich selber als der größte Versager aller Zeiten sieht, weder beruflich noch privat auf irgendein Erfolgserlebnis verweisen kann, beginnt angesichts der Bach'schen Musik andere Prioritäten zu setzen, die sein Leben schließlich völlig auf den Kopf stellen werden.
Besonders gut hat mir das Ende der Geschichte gefallen, als der Autor den Meister selber zu Wort kommen und erklären lässt, ob die honorigen Herren von der Bachgesellschaft tatsächlich die Experten sind, für die sie sich selber halten.
Eine sehr empfehlenswerte Lektüre für alle Leser, die das Besondere lieben und eine Liebeserklärung an die Macht der Musik.