Mo Yan - Die Schnapsstadt / Jiugou

  • Also, der Name ist Programm. Es wird wahnsinnig viel über Schnaps und über das Saufen erzählt :drunken: . Dann darüber, wie man möglichst unappetitliche Dinge zubereitet - bis hin zu einem kleine Jungen :pukel: :puker: . Dann geht es auch noch um das Literaturschaffen in China :study: .
    Ein Buch das einem einen Kater erzeugen kann, ohne einem vorher die Freude des Betrunkenseins zu gönnen :rambo: . Reale Zeitverschwendung in meinen Augen. :thumbdown: [-X

  • Hallo,
    ich hatte hier ja auch schon mal ein Buch von diesem Autor vorgestellt: [url=http://www.buechertreff.net/htopic,1408,mo+yan.html]Die Knoblauchrevolte[/url]. Naja, so toll fand ich es auch nicht, da es wirklich sehr deprimierend und abschreckend geschrieben ist - ich dachte aber das liegt an mir... :oops:



    LG schnakchen

  • Reale Zeitverschwendung in meinen Augen

    Entschuldige bitte die Rückfrage nach mehr als 10 Jahren, aber eigentlich hatte ich vor, dieses Wochenende mein neuestes Buch zu lesen - und jetzt sehe ich Deinen Kommentar... Allerdings ist Deine drei Jahre später eingetragene Bewertung mit 4 Sternen doch nicht so schlecht. Lohnt sich das Lesen nun doch? "Reift" die Erzählung noch nach ?
    Und was ist das eigentlich? Ein Krimi, ein Horrorbuch und inwiefern lernt man auch ein bisschen was über die chinesische Gesellschaft? Bei Amazon und auch generell scheint der bislang einzige chinesische Literaturnobelpreisträger ziemlich umstritten zu sein?!

  • @Nungesser
    Ich habe mehrere Romane von Mo Yan gelesen, wenn auch schon vor längerer Zeit, bei "Die Schnapsstadt" können es gut und gerne 7 Jahre sein. In dem Buch, wie in den anderen von Mo Yan, lernt man immer wieder Neues über die chinesische Gesellschaft. Jedenfalls ist es für mich der Fall. Nebenbei bemerkt finde ich die französische Cover für "Die Schnapsstadt" viel gelungener.

  • Knallbunt ist es jedenfalls, das französische Cover. :shock: Für Interessierte hier übrigens die Kurzbeschreibung von Amazon:


    "Die Revolution ist wie Saturn, sie frißt ihre eigenen Kinder", und das tut sie bei Mo Yan in einem wörtlichen Sinn: Gerüchte besagen, dass in einer entlegenen Provinz Chinas dekadente Parteikader, die nach der Wirtschaftswende zu Reichtum gekommen sind, kleine Kinder nach allen Regeln der Kochkunst zubereiten lassen. Sonderermittler Ding Gou'er wird in die "Schnapsstadt" entsandt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Doch kaum hat Ding den Fall aufgegriffen, sieht er sich konfrontiert mit einer wahnhaften Welt...

  • Nee, ich habe das Buch spontan ertauscht, weil ich von Mo Yan bislang nur gehört, aber nie was gelesen hatte. Und ich hätte ihn thematisch auch nicht beim FESTA-Verlag zugeordnet :-k Jetzt lese ich die Kommentare hier im BT und bei Amazon, und frage mich, ob ich das Ding nicht direkt weitergebe. Hängt ein bisschen davon ab, ob der Fokus auf Horror liegt, oder auf den Kriminalfall und wie schlimm das Ganze geschrieben ist. Thematisch liegt mir das Zubereiten von Kindern eher fern.

  • Meines Erachtens hat der Roman überhaupt nichts mit der Literaturgattung Horror zu tun, eher mit der Tageszeitungsseite der vermischten Meldungen.

  • Autor: Mo Yan
    Titel: Die Schnapsstadt, übersetzt von Peter Weber-Schäfer
    Originaltitel: 酒国, Jiǔguó, erschien erstmals 1993
    Seiten: 512 Seiten, unterteilt in 10 Kapitel mit weiteren Unterteilungen
    Verlag: Unionsverlag
    ISBN: 9783293205635


    Der Autor: (Klappentext)
    Mo Yan (was so viel heißt wie "keine Sprache") ist das Pseudonym von Guan Moye. Er wurde 1956 in Gaomi in der Provinz Shandong geboren und entstammt einer bäuerlichen Familie. Seine Bücher wurden mit zahlreichen bedeutenden Literaturpreisen ausgezeichnet. Spätestens seit Zhang Yimous preisgekrönter Verfilmung seines Romans Das rote Kornfeld gilt Mo Yan auch international als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Autoren der chinesischen Gegenwartsliteratur. 2012 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.


    Inhalt: (Klappentext)
    In China brodelt die Gerüchteküche: In einer entlegenen Provinz sollen dekadente Parteikader, skrupellose Parvenüs, die nach der Wirtschaftswende zu Reichtum gekommen sind, kleine Kinder nach allen Regeln der Kochkunst zubereiten lassen. Sonderermittler Ding Gou'er wird nach Jiugou, in die sogenannte "Schnapsstadt" entsandt, um der Fama dieser "Fleischkinder" auf den Grund zu gehen. Doch kaum hat Ding den Fall aufgegriffen, sieht er sich konfrontiert mit einer wahnhaften Welt, die von Aberglaube und Korruption, von Anmaßung und Gier beherrscht wird.


    Meinung:
    Dem eher abschreckendem Klappentext zum Trotz, der dank Kannibalismus eher eine Horrorgeschichte vermuten lässt, habe ich den Roman gelesen. Ein richtiger Horrorroman ist es ohnehin nicht, auch wenn eine Menge gruseliger Dinge geschildert werden. Leider ist es aber auch nicht der erhoffte Kriminalroman.
    Zunächst ein paar Worte zum Aufbau des Romans:
    Die 512 Seiten gliedern sich in zehn Kapitel, jedes nochmals in vier bis fünf weitere Abschnitte unterteilt. Im ersten Abschnitt geht es um den Sonderermittler und den Fortschritt seiner Nachforschungen. Das zweite Unterkapitel ist stets ein Brief eines angehenden Doktoranden der Alkoholkunde an den berühmten Schriftsteller Mo Yan. Anschliessend folgt dessen Antwortschreiben und schliesslich folgt eine Kurzgeschichte des Studenten, welche er gerne über Mo Yans Beziehungen veröffentlichen möchte. Die Kurzgeschichten handeln von der Schnapsstadt, kleinen Dämonen und der Zubereitung merkwürdigster Dinge.
    Knapp hundert Seiten hat es gebraucht, bis der goldbraun gebratene Junge auf dem Silbertablett serviert wurde, mit heissem Dampf aus den Nasenflügeln steigend. Damit war zu rechnen. Ausserdem werden ganze Esel verspeist, und ganze Esel heisst, wirklich ALLES vom Esel wird zubereitet und kommt auf die Tafel. Ich war gewarnt und bin nicht zimperlich. Zudem wurde in der Geschichte bis dahin so viel gesoffen, dass man als Leser ohnehin nicht mehr weiss, was wahr ist, was der Sonderermittler im Delirium phantasiert, und was der Alkoholstudent sich für seine Kurzgeschichten ausgedacht hat. Und dieses Wirrwarr war es auch, das mir an dem Roman nicht gefallen hat. Abschreckende Motive hin oder her - wer wie ich einen Kriminalfall erwartet, den es aufzuklären gilt, wird enttäuscht sein. Dafür erhält man neben einer burschikosen Lastwagenfahrerin und zahlreichen „rotbackigen Jungs mit Pimmelchen“ diverse Anspielungen und Referenzen an chinesische Mythen, aber auch etwas Kritik an korrupte Parteikader und soziale Verhältnisse in der chinesischen Provinz.
    Da ich aber kein China-Kenner bin, stiess ich erst durch Internetrecherche auf ein paar Interpretationsversuche. Für mich war also die Kritik zu versteckt und die Anspielungen auf alte Erzählungen sind mir ebenfalls entgangen. Was bleibt ist dann tatsächlich eine Ansammlung unzumutbarer kulinarischer Ausflüge in einer sprunghaften Erzählstruktur. Und wenn ich mir die Rezis hier im BT ansehe, dann scheinen die grausamen Beschreibungen auch in seinen anderen Büchern die eigentliche Geschichte zu überdecken – was mich davon abhält, weitere Romane vom bislang einzigen chinesischen Literaturnobelpreisträger zu lesen.

  • Und wenn ich mir die Rezis hier im BT ansehe, dann scheinen die grausamen Beschreibungen auch in seinen anderen Büchern die eigentliche Geschichte zu überdecken – was mich davon abhält, weitere Romane vom bislang einzigen chinesischen Literaturnobelpreisträger zu lesen.

    Sehr schade, in meiner Erinnerung der Romane Mo Yans ist das nicht der Fall. Im Allgemeinen ist die chinesische Gesellschaft nicht zimperlich. Vielleicht versuchst Du es in einiger Zeit mit Frösche von Mo Yan über die 1-Kind-Politik in China.

  • Danke für Deine Leseeindrücke, Nungesser!


    Und wenn ich mir die Rezis hier im BT ansehe, dann scheinen die grausamen Beschreibungen auch in seinen anderen Büchern die eigentliche Geschichte zu überdecken – was mich davon abhält, weitere Romane vom bislang einzigen chinesischen Literaturnobelpreisträger zu lesen.


    Das stimmt wohl, wenn man die Staatszugehörigkeit der Gegenwart als Ausgangspunkt nimmt. Jedoch ist Gao Xingjian, Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2000, natürlich chinesischen Ursprungs, und wäre eventuell auch unter anderen Umständen Chinese geblieben... Sein Buch: "Der Berg der Seele" gilt als Meisterwerk (unlesbares?).


  • Und wenn ich mir die Rezis hier im BT ansehe, dann scheinen die grausamen Beschreibungen auch in seinen anderen Büchern die eigentliche Geschichte zu überdecken – was mich davon abhält, weitere Romane vom bislang einzigen chinesischen Literaturnobelpreisträger zu lesen.

    Lass Dich nicht abschrecken. Gib Dir Zeit, lass etwas Zeit ins Land gehen und gib dem Autor noch eine Chance. Prinzipiell glaube ich, dass die chinesische Geschichte und Kultur durchaus eine ziemlich gewaltsame war und ist, was sich eben in den Romanen widerspiegelt. Außerdem kann der Autor, da er in China lebt, seine Kritik nicht so klar und deutlich äußern wie andere chinesische Autoren, die das Land verlassen haben - was ihm ja auch immer vorgeworfen wird. Persönlich glaube ich, dass es sich lohnt, wenigstens noch ein weiteres Buch zu lesen um ein besseres Bild, einen etwas abgerundeteren Eindruck zu bekommen. Die Geschichte hier scheint mir schon sehr extrem. Ich selbst möchte bald auch noch "Frösche" lesen, das liegt schon viel zu lange hier auf dem SUB. Vielleicht können wir es nächstes Jahr gemeinsam lesen? :wink:

    Sein Buch: "Der Berg der Seele" gilt als Meisterwerk (unlesbares?).

    Wieso hast Du den Verdacht, das Buch könnte "unlesbar" sein? Normalerweise äußerst Du so etwas nicht ohne Grund. :-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Danke für Deinen Beitrag, Squirrel!


    Wieso hast Du den Verdacht, das Buch könnte "unlesbar" sein? Normalerweise äußerst Du so etwas nicht ohne Grund. :-k

    Ja, es ist nur ein Verdacht, aber dennoch auf einem Versuch her rührend. Vor etlichen Jahren (vor BT-Zeiten?) versuchte ich mich auf Französisch an diesem Werk und fand keinen Zugang dazu. Damals kam es zu einem Abbruch nach vielleicht 60-70 Seiten, wenn meine Erinnerung richtig ist. Lag es an der französischen Sprache? Ist der Erzählverlauf etwas seltsam, geheimnisvoll?


    Dass ich es nochmals versuchen will führte mich dazu, irgendwann das Buch dann noch in einer deutschen Übersetzung zu kaufen, was ich normalerweise nie mache, wenn ich einen französischen Text vor mir habe...


    Mal sehen, ob das noch mal etwas wird mit einer Zweitlektüre?

  • Ehrlich gesagt: Wenn es um das Verspeisen von Kindern geht, kann der Roman noch so ausgefeilt sein, von einem hoch dekorierten Autor stammen und von mir aus auch gesellschaftliche Auseinandersetzungen oder Politikkritik durchblicken lassen - das ist und bleibt Horror pur. Gegen einen gelegentlichen literarischen Alkoholrausch habe ich auch nichts, auch nichts gegen alkoholkranke Figuren. Aber wenn sich ein Delirium ans nächste reiht, nein danke.


    Vielen Dank für die Warnung, @Nungesser. Ich hätte das Buch sicher irgendwann von einem Flohmarkt oder aus dem Bücherschrank mitgenommen, wenn es irgendwo angeboten würde.


    @tom leo, das wüsste ich aber jetzt auch gern, warum "unlesbar". Bei Amazon sind es immerhin schon 11 Rezensenten, die es offenbar geschafft haben.


    Leider scheint Mo Yan keine Kurzgeschichten oder Erzählungen zu schreiben. Damit probiere ich gerne einen neuen Autor aus. :(

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Lag es an der französischen Sprache? Ist der Erzählverlauf etwas seltsam, geheimnisvoll?

    Vielleicht lag es auch einfach an der falschen Zeit? Manchmal findet man keinen Zugang und Jahre später wundert man sich, warum das damals so war. Ich bin gespannt auf deinen zweiten Versuch. :wink:



    Leider scheint Mo Yan keine Kurzgeschichten oder Erzählungen zu schreiben. Damit probiere ich gerne einen neuen Autor aus.

    Du weißt, Du darfst Dich gerne meiner Bibliothek bedienen :wink: Dann hast Du wenigstens kein Buch gekauft, dass Dir evtl nicht zusagt.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier



  • @tom leo, das wüsste ich aber jetzt auch gern, warum "unlesbar". Bei Amazon sind es immerhin schon 11 Rezensenten, die es offenbar geschafft haben.

    Ja, dafür liegt nun mein Versuch zu lange zurück, dass ich noch genau erinnere, was damals in mir ausgelöst wurde. War da was Zähes, für mich Langatmiges? Oder war es einfach , was Squirrel dann gut ausdrückte:


    Vielleicht lag es auch einfach an der falschen Zeit? Manchmal findet man keinen Zugang und Jahre später wundert man sich, warum das damals so war. Ich bin gespannt auf deinen zweiten Versuch. :wink:


    Und das Buch von Gao Xingjian gilt vielen (dazu gibt es halt Rezis oder trifft man andere Leser) als ganz grosser Wurf.

  • Vielleicht versuchst Du es in einiger Zeit mit Frösche von Mo Yan über die 1-Kind-Politik in China.

    Ja, "Frösche" hatte mich vom Klappentext her auch am meisten interessiert. Wenn ich nochmals ein Buch von Mo Yan lesen sollte, dann versuche ich es mit Deiner Empfehlung.

    Das stimmt wohl, wenn man die Staatszugehörigkeit der Gegenwart als Ausgangspunkt nimmt. Jedoch ist Gao Xingjian, Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2000, natürlich chinesischen Ursprungs, und wäre eventuell auch unter anderen Umständen Chinese geblieben

    Vielen Dank für den Hinweis... Ich hatte die Info über den "einzigen chinesischen Preisträger" irgendwo gelesen, und nicht weiter recherchiert. Generell ist mir die Staatszugehörigkeit egal.

    Lass Dich nicht abschrecken. Gib Dir Zeit, lass etwas Zeit ins Land gehen und gib dem Autor noch eine Chance.

    Auf der "Niemals-wieder-Liste" ist Mo Yan noch nicht, aber ich habe noch so viele andere Autoren zu entdecken, dass für seine 2. Chance garantiert noch etwas Zeit ins Land gehen wird.