Elisabeth Sandmann - Portrait auf grüner Wandfarbe

  • Kurzmeinung

    Rapunzel
    Die Story war mir etwas zu überladen
  • Kurzmeinung

    nordlicht
    eine Familiengeschichte über mehrere Generationen, aber auch die Geschichte einer großen Freundschaft, sehr lesenswert

  • Klappentext:


    Verlieren Sie Ihr Herz an Ella und Ilsabé!


    Das Mädchen Ella Blau aus Bad Tölz träumt 1911 von eigenen Schuhen aus Leder, die ihr den Weg in ein unabhängiges Leben ermöglichen sollen. Jahrzehnte später liest die junge Londoner Übersetzerin Gwen die roten Hefte, die Ella bis 1938 mit ihren Erinnerungen gefüllt hat. Ellas Aufzeichnungen führen Gwen auf das legendäre Hotel Schloss Elmau, zu einem Gutshof bei Köslin und in das Berlin der 1920er-Jahre. Ellas Schicksalsfreundin Ilsabé, Gwens inzwischen 94-jährige und reichlich kapriziöse Großmutter, scheint ihr Wichtiges aus der Vergangenheit zu verschweigen. Geht es nur um verlorene Bilder oder doch um viel größere Verluste? Auf ihrer Reise in die aufwühlende Geschichte ihrer Familie versucht Gwen, das Geheimnis zu entschlüsseln.


    Eindrucksvoll und ergreifend gelesen von Elisabeth Günther.



    Mein Hör-Eindruck:


    Im Jahre 2004 wurde der Elisabeth-Sandmann-Verlag gegründet, der sich unter dem Motto „Schöne Bücher für kluge Frauen“ einer Literatur widmet, die u. a. starke Frauenpersönlichkeiten in den Mittelpunkt stellt. Schon ein Jahr nach der Gründung landete Elisabeth Sandmann einen Bestseller mit Stephan Bollmanns Buch „Frauen, die lesen, sind gefährlich“.


    Elisabeth Sandmanns erster Roman, ein opulenter und komplexer Familienroman, passt zum Motto ihres Verlages. Auch hier wird die Handlung ebenfalls von kraftvollen Frauen getragen.


    Gwen Farleigh, eine junge Engländerin, wird von ihrer Tante Lily zu einer Reise in den ehemals deutschen Osten überredet. Lily will ihre alte Heimat wiedersehen und das Gut in Pommern besuchen, auf dem sie und ihre Geschwister aufgewachsen sind. Gwen lässt sich überreden, und nun beginnt eine Reise in die Familienvergangenheit.


    Auf zwei Zeitebenen und in drei Generationen entrollen sich dramatische Konflikte, Geschichten um Freundschaft, Liebe und Liebesschmerz, um Verrat, Betrug und vor allem um Lügen und Geheimnisse. Diese familiären Dinge werden eingebettet in die Ereignisse der Zeitgeschichte, es geht also auch um die beiden Weltkriege, um Inflation, um Kunstraub, um Vertreibung, Judenverfolgung, Exil und die Nachkriegszeit. Trotz der vielen Rückblicke innerhalb der Zeitebenen gelingt es noch, den Überblick zu wahren.


    Verwirrender ist die Fülle an Personen, die den Überblick zunehmend schwieriger macht. Das Anfertigen eines Stammbaums erwies sich nur kurz als hilfreich, da auch Nachbarn, Freunde u. ä. in die Handlung mit einbezogen wurden. Wer war Anton – Phil – und wer nochmal Antje???


    Dazu kommt, dass die Figuren eher blass und konturlos erscheinen. Der Leser erfährt jede Menge Details über Speisefolgen und darüber, ob jetzt Sancerre oder Barolo getrunken wird. Auch das Wann, Wie und Wo des Tee-Trinkens wird ausführlich erzählt. Und vor allem erfährt der Leser jede Menge Details zu der Kleidung der Damen. Bei dieser Detailfülle kommt die Charakteristik der Figuren gelegentlich zu kurz und macht oberflächlichen Aussagen Platz. So wird z. B. Ella „eine natürliche Anmut“ attestiert, eine andere weibliche Figur (wer??) „sah in der ihr eigenen Art bezaubernd aus“, und Männer haben meist „sensible Hände“. Damit lädt die Autorin ihre Leser zwar zu einer problemlosen Identifikation mit ihren Figuren ein, aber diese Trivialität macht die Figuren auch austauschbar.


    Auch die Protagonistin Gwen verliert immer wieder den Überblick, aber praktischerweise findet sich dann wieder ein vergessener Koffer (2 x) und, ebenfalls zwei Mal, ein geheimes Versteck, eine Dokumentenmappe u. ä., so dass die Spurensuche wieder in Gang kommt. Die Geheimnisse, die ans Tageslicht gezerrt werden, sind teilweise durchaus dramatisch, aber zum großen Teil eher banal und verdienen das Wort „Familiengeheimnis“ nicht.


    Insgesamt hätte dem Roman eine Kürzung und die Fokussierung auf stringente Handlungsabläufe gutgetan. Wie so oft gilt: weniger ist mehr.


    Die Sprecherin Elisabeth Günther bemüht sich nach Kräften, den vielen Figuren ihre eigene Stimme zu geben. Das gelingt nicht immer, v. a. bei den älteren Männern senkt sie ihre Stimme zu einem phlegmatischen Dunkel herab, um dann bei einigen der Frauenfiguren schrill, fast schneidend zu werden. In den reinen Erzählpassagen kann man ihre geschulte und klare Stimme entspannt genießen.


    Fazit: eine verworrene Familiengeschichte, die mich eher enttäuscht zurückließ.

    Und wenn ich an das Verlagsmotto denke, darf ich mich jetzt entscheiden: Ist das kein "schönes Buch" oder bin ich keine "kluge Frau"?


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).