Oliver Pötzsch - Der Totengräber und der Mord in der Krypta

  • „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist der dritte Teil der Totengräber-Serie. Sie spielt in Wien 1890. In diesem Buch findet sich eine Karte von Wien aus diesem Jahr sowie ein Personenverzeichnis.
    In Wien spukt es. Nach dem Fund eines Toten unter dem Stephansdom tauchen Fotografien mit Geistererscheinungen auf, Seancen sind der neueste Schrei und Kinder werden vom Nachtkrapp aus dem Waisenhaus entführt. Das alles passt hervorragend zum neuen Buch von Augustin Rothmayer, worin er sich mit Spuk- und Geisterscheinungen befasst.
    Der tote Dr. Lichtenstein hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Schwindeleien bei Seancen aufzudecken. Ist ihm das zum Verhängnis geworden? Er war ein sehr guter Freund von Oberpolizeirat Stukart. Da beide Juden sind, denkt dieser, dass der Fall bei den Kollegen nicht ernst genommen wird und beauftragt Leopold von Herzfeldt mit der Aufklärung. Der findet heraus, dass Lichtensteins letzte Seance bei der Operndiva Maria Vanotti stattfand. Also begibt sich Leo ebenfalls dorthin, zusammen mit Julia, seiner Freundin und Tatortfotografin.
    Leos Kollege Leinkirchner befasst sich in der Zwischenzeit mit dem Verschwinden von Jungs aus dem Waisenhaus, was er aber nicht allzu ernst nimmt. Es sind ja nur Straßenkinder. Zur gleichen Zeit taucht auf dem Friedhof bei Rothmayer und seiner Adoptivtochter Anne deren alter Freund, der Straßenjunge Jossi, auf. Nur ganz kurz konnte er etwas zum Nachtkrapp sagen. Und so erfahren auch Julia und Leo von diesen Kindern. Für die beiden gibt es eine Menge zu tun. Sie gehen, getrennt und zusammen, verschiedenen Spuren nach.
    Zu allem Unglück kommt auch noch Leos Mutter nach Wien und will etwas Zeit mit ihrem Sohn verbringen, was ihm aber gar nicht passt. Sie quartiert sich in einem relativ neuen Hotel ein und lernt einen berühmten englischen Schriftsteller kennen, mit dem sie sich sehr vergnügt und Leo somit entlastet ist.
    Diese Fälle sind für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Immer wenn Leo sicher war, den Täter zu kennen, kommt es anders. Es gibt immer wieder neue Verdächtige, weitere Tote, mehr verschwundene Kinder. Auch privat kommt er nicht weiter, er hat kaum Zeit für Julia. Der Opernbesuch, den er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, fiel wegen des Toten ins Wasser. Außerdem ist er auch noch eifersüchtig auf Julias alten Freund. Julia geht es auch nicht besser, sie hat viel zu tun, nicht nur mit Tatortfotos. Sie macht auch andere Fotos und verkauft sie an verschiedene Leute, weil sie das Geld braucht. Sie will für ihre kleine Tochter eine neuartige Behandlungsmethode ausprobieren lassen, die sehr teuer ist. Auch hat sie gemerkt, dass Leo keinen Draht zur ihrer Tochter findet. Nun überlegt sie, wie es mit ihnen weitergeht.
    Das Buch ist wieder großartig und mitreißend geschrieben, spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Es ist auch mit historischen Fakten hinterlegt, gerade was Franz Joseph Galls Schädellehre betrifft, was sehr grausame Theorien waren.
    Die Handlungsstränge sind sehr gut miteinander verbunden und ergeben am Ende eine gut konstruierte Geschichte aus Historie und Fiktion.
    Diese Bücher sind einfach ein Muss für alle Historienfans und ich möchte unbedingt noch sehr viel mehr vom Totengräber und den anderen lesen.

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  • Spannender Totengräber


    1895 kann man in Wien ganz besondere Orte besichtigen. Unter dem Stephansdom befindet sich eine Gruft mit vielen Knochen, Schädeln und dem einen oder anderen Geist. Die Touristen lieben diese Begegnungen, doch dann wird ein Mann dort tot aufgefunden. Wem ist er zum Opfer gefallen? Ist er vor Panik gestorben? Hat ein Geist ihn ins Jenseits befördert? Oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Während Inspektor Leopold von Herzfeldt sich an die Ermittlungen macht, geht der Totengräber Augustin Rothmayer einer ganz anderen Spur nach. Seine Adoptivtochter Anna hat etwas beobachtet und will den armen Kindern aus dem städtischen Waisenhaus helfen. Was ist nur los in dieser Stadt?


    Zum dritten Mal macht sich der Inspektor Leopold von Herzfeldt auf, ein Verbrechen aufzuklären. An seiner Seite hat er die Hilfe von Julia Wolf, der Tatortfotografin und nicht zuletzt auch dem Totengräber vom Zentralfriedhof. Schnell wird dem Inspektor klar, der Tote hatte etwas damit zu tun, dass im Wien dieser Tage Seáncen immer beliebter werden. Jeder will scheinbar die Geister beschwören, was seine Ermittlungen nicht unbedingt einfacher machen. Gleichzeitig versuchen Julia und Augustin, ein ganz anderes Verbrechen aufzuklären. Es sind Taten, die niemanden zu interessieren scheinen, weil es nur arme Kinder betrifft. Erst als auch ein Junge aus einem reichen Haus verschwunden ist, werden Stimmen laut, doch etwas zu unternehmen.


    Oliver Pötzsch hat es geschickt verstanden, diese beiden Fälle scheinbar nebeneinander zu erzählen. Jede Geschichte für sich ist spannend und gleichzeitig unterhaltsam. Der Autor hat es aber auch geschafft, die beiden Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen und ein stimmiges Gesamtbild ist entstanden. Deutlich ist dabei zu sehen, inwieweit Reichtum und Armut auseinanderliegen. Gleichzeitig ist die Handlung spannend und mysteriös. Manchmal sogar leicht zum Grusel. Ich liebe solche Geschichten.


    Das Privatleben von Leopold und Julia kommt natürlich auch nicht zu kurz. Die beiden schleichen umeinander herum, lieben sich und können irgendwie doch nicht so recht zueinanderfinden. Ich mag auch, dass Julia kein normales Leben dieser Zeit führt. Schon allein ihr Wohnort und die Menschen, die oft auf ihre kleine Tochter aufpassen, sind ungewöhnlich. Hier scheint Oliver Pötzsch aber auch schon neue Fäden auszulegen, die wohl später weiter erzählt werden. Auch erlaubt er es seinen Charakteren, sich weiterzuentwickeln und sich zu verändern, es bleibt also spannend.


    Fazit:

    Mit „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist dem Autor Oliver Pötzsch wieder ein spannender Krimi gelungen. Das historische Wien als Kulisse gefällt mir sehr gut. Die Geschichte ist spannend, manchmal etwas morbide und die Spuren so gelegt, dass sie nicht zu offensichtlich sind. Die Wendungen haben mir gut gefallen, ich mag die Protagonisten, ihre Fälle haben einen hohen Unterhaltungswert. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Fall.


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  • Wien 1895, ein neuer Fall für Leopold von Herzfeldt.

    Anhand des schön gestalteten Covers kann man direkt erkennen, dass dieses Buch zu einer mehrteiligen Reihe gehört. Auch hier kann man am Cover leichte Andeutungen bezüglich des Handlungsortes schließen ohne jedoch zu viel über den Inhalt zu erfahren.

    Der Schreibstiel ist direkt ab dem ersten Wort fesselnd und es wird nie langweilig beim lesen. Durch den Spannungsaufbau und einige Wendungen in der Handlung fiebert man dauerhaft mit. Sobald man selbst einen Verdacht gegen eine Figur hegt, gibt es eine erneute und unerwartete Wendung. Hierdurch gestaltet sich der Leseprozess kurzweilig und man merkt gar nicht, wie dick das Buch eigentlich ist. Auch die zwischenzeitlich erzählten privaten Handlungen tragen dazu bei, dass der Spannungsbogen genau richtig gespannt ist.

    Man merkt während des Lesens immer wieder, dass der Autor sehr erfahren ist und seine Geschichten sehr ausführlich recherchiert.

    Mir hat „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“, genau wie Teil 1 und 2, sehr gut gefallen. Ich würde dieses Buch jedem empfehlen, der gerne historische Romane und Krimis liest, sowie jedem der Fan von Oliver Pötzsch ist.

    Hoffentlich war dies nicht der letzte Fall für Leopold von Herzfeldt.

  • Der neue Band hat mich wieder sehr begeistern können! Oliver Pötzsch steigt direkt mit einer sehr unheimlichen Szene in die Geschichte ein: nämlich den Besuch der alten Gruft unter dem Stephansdom in Wien. Der Mesner möchte sich ein paar Groschen dazu verdienen und führt heimlich immer wieder Touristen in die unheimlichen Gänge, die düster und voller Knochen sind.
    Wie der Titel schon verrät wird hier in der Krypta dann auch schon direkt die Leiche gefunden, deren Tod einige Rätsel aufgibt.

    Leopold von Herzfeldt wird auf die Aufklärung angesetzt und natürlich ist auch wieder Julia mit von der Partie, die sich als Tatortfotografin bisher ja sehr gut gemacht hat. Auch wenn sie bei den Kollegen eher belächelt wird. Als Frau in dieser Zeit ist es wahrlich nicht einfach und der Autor zeigt in vielen Bereichen, wie schwer es ist, Akzeptanz zu finden.
    Überhaupt finde ich es immer wieder faszinierend, wie die Bilder der Vergangenheit heraufbeschworen werden und hier können wir ein sehr lebendiges Wien erleben, und erfahren auch einiges über die vielen technischen Neuerungen, die Einzug halten. Wie zum Beispiel das Telefon, dass sich in vielerlei Haushalten immer mehr ausbreitet oder das erste Kino in Paris eröffnet wurde.
    Oliver Pötzsch versteht es jedenfalls sehr gut, den Charme dieser Zeit wieder aufleben zu lassen und auch die Schwierigkeiten, die damals leider noch viele Leben bestimmt hat. Wie auch der Straßenkinder, die ohne Familie um ihr Überleben gekämpft haben; sie werden hier auch noch eine Rolle spielen, zu der ich aber nichts verraten möchte.

    Jedenfalls ist Leopold ganz schön gefordert. Auch was seine Beziehung zu Julia angeht, denn ihr Standesunterschied ist nunmal nicht so einfach von der Hand zu weisen. Auch Julias uneheliche Tochter, die sie immer wieder wegen der Arbeit vernachlässigen muss.

    Augustin Rothmayer kommt natürlich auch mit ins Spiel. Der kauzige Totengräber ist ja meine Lieblingsfigur, auch wenn er mir immer etwas zu wenig Platz findet in der Handlung. Er darf ruhig auch mal eine größere Rolle übernehmen. Sein Verhältnis zu Anna, dem Mädchen das er mittlerweile adoptiert hat, ist sehr liebenswert und rührt mich immer wieder.

    Ich finde, dass Oliver Pötzsch gerade in diesem und auch in dem letzten Henkerstochter Roman viele Botschaften eingeflochten hat, was Eltern-Kind-Beziehungen betrifft und ich mag die Ansichten, die er vermittelt, sehr und sie berühren mich auch immer wieder.

    Ich hab keine Kritikpunkte gefunden, denn ich bin wieder durch die Seiten geflogen und hab mit Spannung verfolgt, wie der Mordfall weite Kreise zieht und die vielen Fährten interessante Rätsel aufweisen. Auch die Verbindung zu den Seancen bzw. Geisterbeschwörungen fand ich klasse, denn die waren zu dieser Zeit ja sehr beliebt.
    Das Nachwort des Autors lohnt sich hier auch, zu lesen, denn hier gibt es Hinweise auf einige der realen Personen, die hier mitspielen und auch auf die Thematiken, die er in dieser Reihe fokussiert hat. Im ersten Band ging es um Vampire und Untote, in Band 2 um Mumien und Flüche und hier, wie gesagt, um Gespenster und spiritistische Sitzungen.
    Ganz am Ende gibts auch noch ein Glossar über die wienerischen Dialekt-Ausdrücke. Manche der Figuren lässt er ja in den Dialogen in der Umgangssprache reden, was den Wiener Flair toll unterstrichen hat - ich hab da eigentlich auch alles verstanden :)

    Insgesamt eine wirklich tolle, spannende, abwechslungsreiche Fortsetzung mit viel aufregender Unterhaltung, verzwickten Fällen und einem authentischen Einblick in die damalige Zeit.


    Mein Fazit: 5 Sterne

    Weltenwanderer

  • Wien, 1895: Während sich der technische Fortschritt ausbreitet, ist in Wien der Aberglaube noch weitverbreitet. Spiritismus und Séancen sind beliebt und dabei wird allerlei Schwindel betrieben. Dem wollte der Naturwissenschaftler Dr. Lichtenstein entgegenwirken. Doch dann machen Touristen bei einer Führung durch die Gruft des Stephansdom einen grausigen Fund. Zwischen den alten Knochen liegt eine männliche Leiche. Das Gesicht ist verzerrt. Was hat den Mann so entsetzt? Der Tote ist Lichtenstein und ein Freund des Oberpolizeirat Stukart. Der beauftragt Inspektor Leopold von Herzfeldt die Sache zu untersuchen.


    Anna, dem Mündel des Totengräbers Augustin Rothmayer, ist aufgefallen, dass aus dem Waisenhaus im 5. Bezirk in Wien immer wieder Kinder verschwinden. Ein ermordeter Junge hatte Anna noch vor dem Nachtkrapp gewarnt. Doch Leos Kollege Leinkirchner zeigt sich nicht besonders interessiert, handelt es sich doch meist um Straßen- oder Waisenkinder, die angeblich weggelaufen sind. Aber dann verschwindet ein Junge aus einer gutsituierten Familie.


    Dies ist nun bereits der dritte Band um das ungewöhnlicher Ermittlerteam. Auch dieses Mal konnte mich der Autor Oliver Pötzsch wieder fesseln. Er entführt mich mit seiner Geschichte in ein Wien, das sehr atmosphärisch dargestellt ist. Dabei gibt es nicht nur die schönen Seiten der Stadt, sondern auch viel Not und Hoffnungslosigkeit.


    Die Charaktere sind gut und sehr individuell beschrieben. Leopold von Herzfeldt hat in Graz Kriminalistik studiert, kommt aber mit seinen modernen Methoden nicht gut bei den Kollegen an. Auch dass er Jude ist, wird ihm angekreidet. Der Totengräber Augustin ist kauzig, aber ein kluger Kopf. Dieses Mal verfasst er ein Buch zum Thema Spuk- und Geisterscheinungen. Auch die Tatortfotografin Julia Wolf ist wieder mit von der Partie. Sie hat eine kleine Tochter, für die sie nur das Beste will. Inzwischen verbindet sie mit Leo mehr als nur das berufliche Interesse, doch das darf niemand wissen. Es gibt also alle Hände voll zu tun für unsere Ermittler. Doch dann taucht Leos Mutter auf, weil sie Zeit mit ihrem Sohn verbringen möchte, bis sie im Hotel dem Schriftsteller Arthur Conan Doyle begegnet.


    Es gibt immer wieder Wendungen, welche die Spannung hochhalten. Lange habe ich im Dunkeln herumgetappt, wer wohl hinter allem steckt.


    Es ist ein informativer und sehr spannender historischer Krimi, der mir wieder gut gefallen hat.

  • Spannender Krimi im historischen Wien 1895

    Die Bücher von Oliver Pötzsch sind ein Garant für spannende Unterhaltung und tolle Aufbereitung von historisch interessanten Themen. Wie gewohnt ist der Schreibstil flüssig zu lesen. Ich habe alle drei Bücher von der neuen Totengräber-Reihe mit Begeisterung gelesen.

    In diesem Buch, das im Jahr 1895 spielt, geht es um Gespenster und Spiritismus. Nachdem der jüdische Professor Lichtenstein die Betrügerei bei einer Séance aufdeckte, wird er kurze Zeit später in der Gruft des Stephansdoms ermordet aufgefunden. Leopold von Herzfeldt, der ebenfalls ein Jude ist, soll diesen Fall lösen. Es kommen jedoch noch weitere Morde hinzu, die augenscheinlich mit dem ersten zusammenhängen. Zur Seite steht ihm wieder Totengräber Rothmayer und seine Freundin Julia. Als der Waisenjunge Jossi schwerverletzt bei Augustin Rothmayer und Anna auftaucht und vor deren Augen stirbt, bitten sie Leo den Mörder von Jossi zu finden. Dieser Fall hängt jedoch eng mit dem Verschwinden eines reichen Jungen zusammen, den sein direkter Vorgesetzter, Paul Leinkirchner, der ein besonders hartnäckiger Antisemit ist, aufklären muss.

    Die durchweg sympathischen Charaktere der Hauptprotagonisten machen es einem sehr einfach in die Geschichte zu versinken und die spannenden Fälle sowie der Schreibstil tun ihr übriges, um dieses Buch in ein absolutes Lesehighlight und einen tollen Pageturner zu verwandeln.

    Hinzu kommt noch, dass das Buch einen historischen Stadtplan von Wien enthält und dass im Nachwort erläutert wird, welche Personen auf historische Tatsachen beruhen und welche Handlungen der Autor erfunden hat.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass auch dieses Buch ein Bestseller wird. Klare Kaufempfehlung für Leser, die gerne historische Krimis lesen. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall.

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    Die Geister, die wir rufen, lassen einfach nicht los.

    Nach thematisiertem Vampirismus im ersten Band, gefolgt von der Kunst des Mumifizierens in Band zwei, widmet sich Oliver Pötzsch nunmehr der Geisterwelt und des verbreiteten Spiritismus im Wien des Jahres 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt und Totengräber Augustin Rothmayer ermitteln zunächst getrennt in zwei Fällen. Ein toter Gelehrter wird gefunden und das Verschwinden von Kindern wirft Fragen auf. Letztendlich ist wieder das Team, gemeinsam mit Polizeifotografin Julia gefordert. Der Schreibstil ist flüssig und atmosphärisch, wirkt dennoch ausgesprochen leicht. Ich konnte mir, genau wie in den ersten Bänden, das alte Wien beim Lesen so richtig vorstellen. Oliver Pötzsch nimmt einen mit in eine Zeit des Umbruchs. Wissenschaft und Technik sind auf dem Vormarsch, davon profitiert auch die Kriminalistik. Die neuen Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu alten Überzeugungen, die dennoch überdauern. Der Autor zeichnet gleichzeitig ein Sittengemälde dieser Zeit und deren aus heutiger Sicht überholten Menschenbildern. Auch dieser Krimi von Oliver Pötzsch hat mich (trotz einiger Passagen, die kürzer hätten ausfallen können) nicht enttäuscht. Ein spannendes Buch mit gut gezeichneten Charakteren, die sich weiterentwickeln - genau wie das dynamische Beziehungsgeflecht der Personen untereinander. Die Protagonisten haben in meinem Kopf Gestalt angenommen Die Aufklärung der Kriminalfälle bleibt bis zum Ende offen und spannend mit Schlussakkord. Die Erzählstränge, die sich mit dem Privatleben beschäftigen, runden alles gelungen ab und halten das Buch lebendig. Ich freue mich auf einen nächsten Band!

  • Wiener Blut, Wiener Blut…

    Die Geschichten im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts von Oliver Pötzsch sind immer spannende Krimis, aber auch ein interessantes Stück Zeitgeschichte des fin de siècle. Wenn man bedenkt, im dritten Roman um den Totengräber August Rothmayer, Polizeiinspektor Leo von Herzfeldt und Tatortfotografin JuliaWolf spielt die Handlung im Jahr 1895, nur 9 Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, am Ende dessen das habsburgische Reich zerschlagen und auf das Kronland reduziert, so hält man Ausschau nach etwaigen Anzeichen des großen Krieges. Aber nichts dergleichen. Wien scheint nur von Wiener oder Grazer Menschen bevölkert zu sein, keine Tschechen, Slowenen, Ruthener, Kroaten Italiener oder Ungarn sind dabei. Das ist auch ein interessanter Aspekt von Oliver Pötzsch Roman. Wien kommt sehr authentisch rüber: Die alte ehrwürdige KuK Hauptstadt mit ihren Denkmälern, Kirchen, Museen, Prachtstraßen, Prater, Cafés, Restaurants und auch Bordellen, sie sind alle da. Und vergessen wir nicht den Wiener Zentralfriedhof, der heute so groß ist, dass sogar eine Buslinie dafür eingerichtet wurde.

    Die Handlung, oder besser gesagt, die beiden Handlungsstränge, sind hervorragend aufgebaut und miteinander verwoben. Zuerst denkt man, die sind getrennt voneinander, dann bekommen wir die Vermutung zugesteckt, sie führen zueinander und sind eigentlich eine einzige vielfache Mordgeschichte, nur um am Ende doch als zwei separate Kriminalfälle mit getrennten Ermittlungen, hauptsächlich von unserem bekannten und geschätzten Trio geleitet, dargestellt zu werden. Oliver Pötzsch vermag es hervorragend, die Handlungslinien zu führen, zu verknoten und wieder zu trennen.

    Ich liebe Pötzschs Beschreibungen vom alten Wien. Und ich liebe das heutige, gegenwärtige Wien und habe mich richtig vertieft in den kleinen Stadtplan im Innenteil des Einbands. Ich habe die beiden großen Museen in Wien besucht, das Naturhistorische ist mir in Erinnerung geblieben mit den Fossilien- und Gesteinssammmlungen. Den “Rassensaal”, von dem Pötzsch im Nachwort schreibt, gab es nicht mehr bei meinen Besuchen. Den Stephansdom (aber ohne Krypta) habe ich besichtigt und auch Konzerte gehört. Einen Tag haben wir am Wiener Zentralfriedhof verbracht. Leider konnten wir Herrn Rothmayers Häuschen nicht entdecken. Ich glaube, ein erneuter Besuch in Wien ist fällig.

  • Geistermörder und der Nachtkrapp

    Wien, 1895: Unter dem Stephansdom finden Touristen bei einer Führung durch die Gruft eine männliche Leiche zwischen all den Schädeln und Knochen. Der Mann scheint unversehrt nur sein Gesicht ist vor Angst verzerrt. Ist er an einem Herzinfarkt gestorben oder hat ihn etwas anderes in Panik versetzt? Inspektor Leopold von Herzfeldt soll den Fall übernehmen. Er findet heraus, dass der Tote, ein Gelehrter der Naturwissenschaften, bei den spirtituellen Seancen Schwindler aufgedeckt hat. Ob ihm das zum Verhängnis geworden ist? Parallel zu den Ermittlungen wird der Totengräber Augustin Rothmayer durch seine Ziehtochter Anna auf etwas anderes aufmerksam. Im Waisenhaus verschwinden immer wieder Kinder. Die Sprache ist immer vom Nachtkrapp. Geht ein Geist in Wien um oder gibt es doch eine ganz normale Erklärung dafür?

    "Der Totengräber und der Mord in der Krypta" ist Band 3 der Reihe. Vorkenntnisse sind hier empfehlenswert, da die Story der einzelnen Protagonisten auf die Vorgängerbände aufbaut.

    Die Handlung wird aus verschiedenen wechselnden Perspektiven erzählt. Dabei wird die Spannung immer wieder mit Cliffhängern an den Kapitelenden aufrechtgehalten. Da bekommt man am Kapitelende einen Hinweis, aber dann wechselt erstmal wieder die Perspektive. Ganz nebenbei erfährt man in der Story auch noch sehr viel Interessantes über die damaligen Techniken wie bspw. der Tatortfotografie.

    Erzählt wird mit viel Witz und Humor in der Story, allein schon durch den wienerischen Dialekt im Schreibstil.

    Die Hauptprotagonisten sind mir nach wie vor sehr sympathisch und auch ihre gemeinsame Geschichte finde ich sehr spannend. Am besten gefällt mir der Totengräber selbst durch seine schrullige Art. Fand es sogar ein bisschen schade, dass er hier etwas zu kurz gekommen ist. Bin schon sehr gespannt wie es weitergehen wird.

    Mein Fazit:

    Mit viel Witz und Humor wieder ein spannender Krimi - absolute Leseempfehlung.


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  • Ein historischer Kriminalroman mit Kopfkino-Garantie


    Inhalt: Wien, 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt wird an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen: Die Gruft unter dem Stephansdom – wo der Mesner die Leiche des bekannten Arztes Theodor Lichtensteiner aufgefunden hat. Lichtensteiner hatte sich jüngst einige Feinde gemacht: Als Gegner des Spiritismus schlich er sich in verschiedene Séancen ein, um diese als Scharlatanerie zu entlarven. Auch Leopold von Herzfeldt ist der Glaube an Geister fern – doch als die Tatortfotos entwickelt sind, schwebt auf diesen der Geist eines jüngst Beschworenen über der Leiche Lichtensteiners…


    Persönliche Meinung: „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den dritten Band der „Die Totengräber“-Reihe; da die Handlung und der Fall aber in sich abgeschlossen sind, kann man den Roman auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen. Erzählt wird die Handlung aus mehreren personalen Perspektiven, wobei Schwerpunkte auf den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und von Julia Wolf (Tatortfotografin und Partnerin von Leopold) liegen. Beide Figuren sind mit ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebendig und (historisch) authentisch gezeichnet. Die Handlung des Romans besitzt die Struktur eines Ermittlerkrimis: Leopold versucht, gemeinsam mit Julia und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer, den Mörder von Lichtensteiner zu stellen. Dabei führen die Ermittlungen die drei Protagonisten auf Friedhöfe sowie in Séancen, dunkle Gemäuer und Krypten, wodurch die Handlung (wohlig) gruselige Komponenten erhält. Die Spannungskurve des Romans ist hoch: Nicht nur gibt es eine Vielzahl potenzieller Täterfiguren und einige falsche Fährten – schnell wird klar: Der Mord an Lichtensteiner ist nicht der einzige Fall, den es zu klären gilt. Was genau es dabei mit den Fällen auf sich hat und wer dahintersteckt, ist kaum zu erahnen und überraschend. Nicht zuletzt ist auch die Recherchearbeit, die hinter dem Roman steht, hervorzuheben: Man hat während der Lektüre permanent das Gefühl, in ein authentischen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu treten. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist ausgesprochen dreidimensional und tiefenscharf, sodass während der Lektüre ein schönes Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ein spannender sowie authentisch wirkender historischer Roman mit tollen Protagonisten.

  • Cui bono

    Das raffiniert gestaltete Buchcover ist wieder ein Hingucker und hat hohen Wiedererkennungswert. So sieht man wieder das historische Wien, das durch einen beleuchteten Sarg überblendet wird. Schon während der ersten Seiten hat mich der Schreibstil des Autors Oliver Pötsch wieder gepackt. Dieser dritte Fall des Inspektors Leopold von Herzfeldt ist für mich auch das dritte Buch aus dieser Serie. Wie bei der Henkerstochter-Reihe, bei der der eigentliche Hauptprotagonist der Henker Jakob Kuisl ist, ist hier der Hauptprotagonist nicht der Totengräber Augustin Rothmayer, sondern der Inspektor Leopold von Herzfeldt. Während der Totengräber dabei ist, ein Buch mit dem Titel „Spuk und Geistererscheinungen“ zu schreiben, muss sich Leopold erst einmal mit dem Fall um den Toten in der Stephansgruft beschäftigen, der mit dem Oberpolizeirat Stukart befreundet war. Weitere Tote kommen hinzu, die ebenfalls ermordet wurden. Beim Lösen dieser Fälle hilft Leopold die Frage „cui bono“ (wem nützt es). Ich finde die Auflösung überraschend, aber sehr schlüssig.

    Ich fand alle Hauptprotagonisten auf ihre Weise sehr sympathisch, auch wenn sie in unterschiedlichen Welten leben. So schätzt Leopold den schrulligen Totengräber inzwischen nicht nur beruflich als Informationsquelle sehr. Seine Freundin Julia, die Tatortfotografin und Mutter von Sisi ist, hat sogar eine freundschaftliche Beziehung zum Totengräber und vor allem zu seiner Pflegetochter Anna, die ihrerseits gerne mit ihrer Tochter Sisi spielt.

    Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit gelesen. Es ist ein spannendes einfallsreiches Buch, das ich absolut weiterempfehle.

  • Die Totengräber-Serie geht in die dritte Runde

    Diese neue Krimiserie um das Ermittler-Duo Inspektor Leopold von Herzfeldt und Totengräber Augustin Rothmayer, das zu Zeiten Wien Ende des 19. Jahrhunderts spielt, gefällt mir wieder ausgesprochen gut. Der Schreibstil von Oliver Pötsch ist einfach und flüssig zu lesen. Der wienerische Dialekt des Totengräbers, den man wunderbar verstehen kann, passt wunderbar zur Geschichte. Wie bei den beiden Vorgängerbüchern springt man sofort mit einem Auszug aus dem neuen Buch des Totengräbers Rothmayer, das Spuk und Geistererscheinungen beschreibt, in die Geschichte. In seinem dritten Fall muss Leopold von Herzfeldt aufklären, wer Professor Lichtenstein in der Krypta des Stephansdom ermordet hat und wird hierbei wieder tatkräftig durch Augustin Rothmayer mit dessen Hintergrundswissen unterstützt. Seine Freundin Julia arbeitet als Tatortfotografin und kann Leopold ebenfalls wichtige Hinweise zum Lösen der Fälle geben, die sich bei ihm immer mehr häufen. Nebenher soll er den Nachtkrapp finden, der unartige Waisenkinder aus dem Waisenhaus entführt und tötet.

    Die Protagonisten wirken sympathisch und authentisch. Dies gilt vor allem für die einfachen Leute mit ihrem wienerischen Dialekt.

    Absolute Kauf- und Leseempfehlung für historisch interessierte Krimifans.

  • Von Mal zu Mal besser!


    Inspektor Leo von Herzfeldt hat einen neuen, sehr mysteriösen Fall und taucht dabei auch noch in die Tiefen der spiritistischen Sitzungen ein. Natürlich ist auch wieder Julia an seiner Seite und unterstützt ihn, genauso wie der Totengräber Augustin Rothmayer eine wichtige Rolle spielt.


    Oliver Pötzsch ist einer der Schriftsteller, die es schaffen, mich von der ersten Seite an zu fesseln. Die Spannung beginnt im Prolog und nimmt den ganzen Roman kaum mehr ab. Vor allem die letzten zweihundert Seiten habe ich fast in einem Rutsch gelesen und konnte nicht mehr aufhören.


    Sowohl Leo als auch Julia sind mir sehr sympathisch, gerade auch in ihrer zwiespältigen Beziehung. Und über Augustin muss ich immer wieder schmunzeln. Ich sehe ihn direkt vor mir, wie er mit seinem Mantel, den dreckigen Schuhen und dem merkwürdigen Geruch überall hinein stolpert und sich keine Gedanken über sich und seine Aufmachung macht.


    Die restliche Truppe der "Kieberer" jedoch bringt mich jedes Mal auf die Palme, das sind schon sehr unsympathische Typen. Zum Glück ist wenigstens der Oberpolizeirat Stukart auf der Seite Herzfeldts, sonst hätte der einen sehr schweren Stand.


    Mir gefällt das Wiener Umfeld sehr gut und der Autor stellt die Besonderheiten der Wiener und auch der damaligen Zeit sehr gut dar. Ich finde es interessant, darüber etwas zu erfahren.


    Die Auflösung des Falls hat mich sehr überrascht, Pötzsch bringt ganz genau alle losen Enden zusammen und lässt keine offenen Fragen.


    Mein Fazit: unbedingte Leseempfehlung für alle Fans von historischen Krimis und für Fans von Oliver Pötzsch sowieso! Der Autor wird von Roman zu Roman besser.


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    2024 gelesen: 15 Bücher / 6388 Seiten


    :study: Schönwald - Philipp Oehmke

    :study: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen! - Dora Heldt

  • Wien, 1895: In der Krypta des Stephansdoms wird eine männliche Leiche gefunden. Der Tote war ein Freund des Oberpolizeirats Moritz Stukart. Dieser beauftragt Leopold von Herzfeldt mit den Ermittlungen. Da der Tote erst kürzlich eine Séance gestört hatte, gibt es bald Gerüchte, ein Geist habe ihn getötet, diese werden von bei der Presse aufgetauchten Fotographien unterstützt. Auch auf einem von Julia Wolf am Tatort angefertigten Foto scheint ein Geist zu sehen zu sein.


    Das Mädchen Anna, das der Totengräber Augustin Rothmayer bei sich aufgenommen hat, hat derweil andere Sorgen. Immer wieder verschwinden obdachlose Kinder, angeblich hat der Nachtkrapp sie geholt. Auch ein Junge aus reichem Haus ist seit einiger Zeit verschwunden, doch für Leos ermittelnden Kollegen, Paul Leinkirchner, ist klar, der Junge ist von zu Hause weggelaufen.


    Leopold hat neben seinem verzwickten Fall noch andere Probleme, seine Mutter besucht ihn in Wien und freundet sich mit einem berühmten englischen Schriftsteller, der zudem der Spiritistenszene zugeneigt ist, an, und Julia trifft sich mit einem Journalisten.


    Der dritte Band der Reihe hat mich wieder von Anfang an in seinen Bann gezogen. Ich mag diese Reihe einfach sehr, auch wegen ihrer Charaktere, wobei bei mir ganz vorne Augustin Rothmayer steht, der an einem neuen Buch schreibt, natürlich wieder thematisch passend, und aus dem es, wie in den Vorgängern, einige Zitate zu lesen gibt. Um ihn musste ich mir dieses Mal aber auch richtige Sorgen machen. Gut gefallen hat mir, dass Anna eine größere Rolle erhält, und zeigt, dass sie nicht nur Köpfchen hat, sondern auch unerschrocken ist. Interessante Charaktere sind auch der bereits erwähnte britische Schriftsteller und Julias Journalistenfreund, beide haben ihren Anteil an den Ermittlungen.


    Oliver Pötzsch wusste mich wieder einmal von vorne bis hinten zu fesseln, er schreibt packend, bildhaft, und lässt auch immer wieder Humor einfließen. Die beiden Fälle sind interessant und spannend, ich habe die Charaktere gerne begleitet und konnte auch gut mit ihnen mitfühlen. Leo, Julia, Anna und Augustin sind schon so etwas wie gute Bekannte, es ist immer schön, sie wiederzutreffen, und ihre persönliche Entwicklung mitzuerleben. Auch hier tut sich im Privaten manches, und ich bin gespannt, wie das sich auf die weiteren Bände auswirken wird.


    Die Ermittlungen lassen auch den Leser:innen Raum für eigene Überlegungen, die Fälle werden am Ende nachvollziehbar gelöst, einer davon bringt eine Auflösung à la Hercule Poirot im Beisein aller Verdächtigen und sonst Beteiligten mit sich.


    Abgerundet wird der Roman durch eine Karte, ein Personenverzeichnis, ein Glossar und das lesenswerte Nachwort des Autors.


    Die Reihe mochte ich von Anfang an sehr und das hat sich auch bisher nicht geändert, im Gegenteil. Wer gerne gut recherchierte historische Kriminalromane liest sowie gut gezeichnete und etwas eigene Charaktere mag, ist hier auf jeden Fall richtig – absolute Leseempfehlung von mir.

  • Auch der dritte Teil dieser Serie hat mir wieder sehr gut gefallen. Hier passen die Details einfach gut zusammen. Das Setting im Wien des Jahres 1895 ist generell etwas Besonderes, da alle Ermittlungen noch ganz historisch durchgeführt werden müssen. Die Fingerabdruckkunde steckt noch in den Kinderschuhen und alle anderen forensischen Beweise müssen vom hoffentlich erfahrenen Gerichtsmediziner erkannt werden. Sehr rudimentär, verglichen mit der heutigen Technik, aber für den Leser sehr entschleunigend.

    Der Autor schafft es mit seinem Schreibstil, die Beschreibungen der Umgebung mit der Handlung zu verbinden, so dass man als Leser immer weiß, wo man sich gerade befindet und die Spannung trotzdem hoch bleibt, da immer wieder etwas Neues passiert. Die Nebenhandlung mit den Séancen fand ich bezaubernd und die Nebenfigur A.C. Doyle oft zum Schmunzeln. Auch Leos Mutter kommt in diesem Buch als Nebenprotagonistin vor und bringt ein bisschen Oberschichtsflair in das Buch. Im krassen Gegensatz dazu steht der Totengräber Augustin, der Tag für Tag in der gleichen Garderobe unterwegs ist. Überhaupt tummeln sich in dieser Reihe viele schrullige Figuren, meist als Nebenfiguren, wie die dicke Elli, der Gerichtsmediziner und die Biologin. Das bringt den Protagonisten zwar nicht unbedingt Sympathiepunkte, macht das Buch aber unglaublich lebendig und lesenswert. Mir gefällt auch die Mischung aus kriminalistischer Handlung und persönlichen Problemen. Sei es die Zögerlichkeit von Leo und Julia in Liebesdingen oder die gesundheitlichen Probleme ihres Kindes. Die mürrischen, überheblichen und noch dazu antisemitischen Arbeitskollegen oder Leos Eifersucht. All diese kleinen Themen sind sehr elegant in eine äußerst spannende Krimihandlung eingebettet und lassen den Leser sowohl am Privatleben der Figuren als auch an der damaligen Zeit teilhaben.


    Fazit: Ein gelungener historischer Krimi mit schrulligen, aber sehr liebenswerten Charakteren.

  • Über den Autor (Amazon)

    Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitete nach dem Studium zunächst als Journalist und Filmautor beim Bayerischen Rundfunk. Heute lebt er als Autor mit seiner Familie in München. Seine historischen Romane haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht: Die Bände der Henkerstochter-Serie sind internationale Bestseller und wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.


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    ASIN ‏ : ‎ B0BJW7TRB1

    Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein eBooks (31. August 2023)

    Sprache ‏ : ‎ Deutsch

    Dateigröße ‏ : ‎ 5703 KB

    Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 529 Seiten


    Eine unerwartete Leiche

    In der Gruft unter dem Stephansdom in Wien finden Touristen bei einer Führung im Jahr 1895 eine männliche Leiche. Ein entsetzt verzerrtes Gesicht, doch sonst unversehrt. Ist der Mann vor Angst gestorben? Panik?

    Im Wien, Ausgang des 19. Jahrhunderts, grassiert der Spiritismus und überall werden Séancen abgehalten. Der Tote deckte Schwindler auf. War das der Grund, dass er sterben musste? Herzfeldt ermittelt und der Totengräber Rothmayer wird von seiner Adoptivtochter auf ein anders Verbrechen aufmerksam gemacht, denn im Waisenhaus der Stadt verschwinden Kinder. Wer vergreift isch an den Schutzlosen oder ist es doch ein Geist?


    Meine Meinung

    Das Buch ließ sich wieder sehr leicht und flüssig lesen, denn keine Unklarheit im Text störte meinen Lesefluss. Der Messner Josef Waldleitner führte Touristen in die Krypta und verdiente sich damit etwas dar zu. Doch dieses Mal ging es anders aus, denn die Gruppe fang eine Leiche. In einer Krypta gibt es natürlich viele Leichen, aber eben nur skelettierte und keine frischen, und die war absolut frisch. Sie verdarb Herzfeldt und seiner Julia den Opernbesuch. Doch auch ein Junge wird vermisst, und das nimmt zunächst niemand wirklich richtig ernst. Kinder reißen eben öfter mal aus und tauchen dann auch wieder auf. Doch das Buch wird richtig spannend und das bis zum Ende. Denn wie alles zusammenhängt und was sich am Ende herausstellt ist überraschend. Ich habe das so jedenfalls nicht erwartet. Spannend und fesselnd geschrieben hat mich das Buch auch sehr gut unterhalten. Eine Weiterempfehlung und fünf Sterne

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    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Spiritisten, Geister, Scharlatane sowie echte Tote - eine gelungene Fortsetzung

    In diesem dritten Fall bekommen es Leo von Herzfeldt und Julia Wolf mit Spiritisten und verschwunden Waisenkindern zu tun.


    Doch von Beginn an: Oberpolizeirat Stukart lässt Leo von Herzfeldt und Julia Wolf aus der Opernaufführung, in der die berühmte Maria Vanotti singt, holen. Der Grund: Sein Freund Dr. Lichtenstein liegt tot in der Krypta unter dem Stephansdom. Der Mediziner hat angedeutet, die betrügerischen Machenschaften in der Spiritistenszene offen zu legen. Da der Tote ebenso wie Stukart und Herzfeldt jüdischer Abstammung ist, befürchtet Stukart, dass die Ermittlungen im bekannt antisemitischen eingestellten Polizeiwesen, nicht wirklich ordnungsgemäß betrieben werden.


    Leo ist ein rational denkender Polizist, deswegen hat er so seine Zweifel an Séancen und Spiritisten. Da er zu wenig darüber weiß, wendet er sich an Augustin Rothmayer, den Totengräber vom Zentralfriedhof. Der hat allerdings selbst eine schwierige Zeit, denn Jossi, der Freund seiner Adoptivtochter Anna ist plötzlich verschwunden. Genauso verschwunden, wie der kleine Czerny, ein Sohn aus begütertem Haus, dessen Eltern Verbindungen zum Kaiser nachgesagt werden und zahlreiche Knaben aus dem Waisenhaus in Margarethen. Während sich Oberinspektor Leinkirchner, ein Antisemit und Intrigant, mit dem Fall Czerny herumschlägt, sind ihm die verschwundenen Waisenkinder völlig egal.


    Bald wird klar, dass die beiden Fälle Gemeinsamkeiten aufweisen, doch wirklich belastbare Beweise gibt es noch nicht. Und welche Rolle spielt der Journalist, den Polizeifotografin Julia Wolf aus ihrer Jugend kennt?


    Meine Meinung:


    Mit diesem dritten Fall für Leo von Herzfeldt und Augustin Rothmayer lässt uns Oliver Pötzsch wieder in das Fin de Siècle in Wien abtauchen. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich ist größer denn je. Die einen haben kein Dach über dem Kopf und bei anderen ist mit Telefon und Automobil die Moderne eingezogen. Es ist die Zeit des Bürgermeisters Karl Lueger, eines glühenden Antisemiten, der ständig über Juden herzieht, aber mit deren Geldern die Stadt am Laufen hält. Diese antijüdische Stimmung beherrscht auch den Polizeiapparat wie an Oberinspektor Paul Leinkirchner deutlich zu erkennen ist.


    Wie wir es von Oliver Pötzsch gewöhnt sind, hat er penibel recherchiert und ist dabei auf einen bekannten wie umstrittenen Forscher gestoßen: Karl Freiherr von Reichenbach (1788-1869), der sein Leben lang nach dem „Od“, jenem Stoff, der das Leben darstellen soll, geforscht hat. Wer mehr über Reichenbach erfahren will, dem sei Bettina Bàlakas Roman „Der Zauberer vom Cobenzl“ empfohlen.


    Außerdem gibt sich Arthur Conan Doyle, der Schöpfer von Sherlock Holmes, die Ehre, Leo von Herzfeldts Mutter durch Wien zu begleiten. Der Schriftsteller hat als Jugendlicher ein Jahr lang eine Schule in Wien besucht.


    Neben den komplexen Kriminalfällen kommt auch die menschliche Seite nicht zu kurz. Für Julia, die alleinstehende Mutter Julia, die ihren Lebensunterhalt als Polizeifotografin verdient, scheint sich eine berufliche Veränderung anzubahnen, die auf eine Fortsetzung der Reihe hoffen lässt. Stoff dafür gibt es im Wien des Fin de Siècle ja genug.


    Fazit:


    Ein gelungener historischer Krimi aus dem Wien um 1895, bei dem die Stimmung und die gesellschaftlichen Konventionen der Hauptstadt der Donaumonarchie sehr gut getroffen sind. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung für die ganze Reihe.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)