Günter Zäuner - Halbseidenes biedermeierliches Wien

  • Wien im Biedermeier - keineswegs die zuckersüße Idylle, die einem immer wieder vorgegaukelt wird

    Dieser Streifzug durch Wien ist der fünfte Teil einer Reihe, die sich einerseits mit Kriminalgeschichten des historischen Wiens in der jeweiligen Epoche als auch mit der Geschichte selbst beschäftigt.

    Diesmal ist das biedermeierliche Wien im Fokus des Autors Günter Zäuner. Als Biedermeier oder auch Vormärz werden die Jahre zwischen 1815 und 1848 bezeichnet. Zu Beginn steht das Ende der Napoleonischen Kriege und der Neuordnung Europas am Wiener Kongress 1814/15 und am Ende die Revolutionen von 1848.


    Die 16 Geschichten, die nicht alle wirklich als kriminell zu bezeichnen sind, geben einen Einblick in eine Zeit, die vom Spitzelwesen des Fürsten Metternich dominiert wird. Die Menschen ziehen sich in ihre Wohnungen (soferne sie welche haben) zurück und frönen der Privatsphäre mit Walzerklängen und scheinbarer Idylle.


    Dass es hier in Wien auch anders zugegangen ist und die Mehrheit der Bewohner unter äußerst prekären Umständen gelebt haben, zeigt diese Anthologie auf.


    Weder waren die Wiener Wäschermädel so süß, noch liegt das Glück auf der Straße. Vielmehr sind die Wäscherinnen sowohl den Unbillen des Wetters als auch der Ausbeutung durch ihre Arbeitgeber ausgesetzt.

    Jeder Geschichte ist ein tabellarischer Abriss der Geschichte vorangestellt, so dass der Leser weiß, wann was wo sonst noch geschehen ist.


    Mir gefällt diese Art von Kriminalgeschichten. Autor Günter Zäuner wirft mit diesem Buch einen Blick auf die äußeren Umstände der Zeit und rückt das häufig verklärte Bild des Biedermeiers zurecht. Der Tanz auf dem brodelnden Vulkan, der sich 1848 entladen wird, ist bereits deutlich spürbar.


    Fazit:


    Gerne gebe ich dieser Anthologie, die das fälschlich verklärte Biedermeier, wieder in das rechte Licht rückt, 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)