John Burnside - In hellen Sommernächten (ab 01.09.2022)

  • Und von daher ein Austausch durchaus interessant sein könnte? Und vielleicht hilfreich für Liv?

    Das hätte sie erkennen können, aber sie ist viel zu sehr in dieser Abwehrhaltung gefangen.

    Liv wird aus dieser Begegnung nichts mitnehmen.

    Wieso bedient Burnside hier das Klischee des schlechten englischen Essens?

    Das ich überhaupt nicht bestätigen kann.

    Ich glaube nicht, dass Burnside hier das schlechte englische Essen im Auge hat, sondern

    eine Übersprungshandlung von Liv, die völlig verunsichert etwas sucht das ein fester

    Punkt für sie ist. Das ist für sie die Heimat und das Gefühl von Sicherheit. Sozusagen der

    Geschmack der Heimat, den sie sich zu sich holt.

    Ansonsten bin ich bei dir. Ich habe selten so gut gegessen wie in den Landgasthäusern in Wales und Schottland.


    Das übersteigt Livs Fähigkeiten - es sei denn, sie ist hellsichtig.

    Dieses Verhalten von Liv kennen wir ja schon. Das macht sie auf dieser Reise ja sehr

    exzessiv mit jedem der ihr begegnet. Ich glaube das Burnside hier nur ihre Verwirrung

    und Verunsicherung zeigen will. Deshalb beurteilt und verurteilt sie alle Menschen die

    ihr, wie sie glaubt, zu nahe kommen. Diese Beurteilungen von Liv sind zum großen Teil

    völlig aus der Luft gegriffen und wirken beinahe krankhaft.


    Die Mutter hätte wissen müssen, das diese Reise für ihre labile Tochter nicht gut sein

    kann. Oder ist es, wie jemand (warst du das?) gesagt hat, ein "ins kalte Wasser werfen",

    geplant von der Mutter? Vielleicht, um ihre Tochter wieder auf den Boden der Realität

    zu holen?

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Diese Beurteilungen von Liv sind zum großen Teil

    völlig aus der Luft gegriffen und wirken beinahe krankhaft.

    Du würdest diese Beurteilungen also bei der Figur lassen. Ich würde sie eher Burnside anlasten: dass er eine andere Möglichkeit findet, den Leser zu dieser Einschätzung kommen zu lassen als sie einfach seiner Figur unmotiviert - wie ich finde - in den Mund zu legen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • den Leser zu dieser Einschätzung kommen zu lassen als sie einfach seiner Figur unmotiviert - wie ich finde - in den Mund zu legen.

    Ich finde das gar nicht so unmotiviert. Das sehe ich eher als eine Schutzhandlung von Liv.

    Diese Reise überfordert sie völlig und Burnside versucht das auf diese Weise zu zeigen.

    Kann sein, dass Burnside da ein wenig über das Ziel hinausschießt, aber ich verstehe das

    als ein Mittel ihre Überforderung zu zeigen.

    Ich habe schon etwas weiter gelesen. Livs krankhaftes Verhalten steigert sich noch............

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Was wir hier erleben ist eine ganz andere Liv. Es ist wie wenn sie all das was sie ausmacht auf „ihrer“ Insel zurück gelassen hätte. Da ist nichts mehr von dem unwirklichen, illusorischen vorhanden welche ansonsten Liv umgibt, mit all den Geheimnissen.

    Eine „gewöhnliche“ junge Frau welche sich in einer Lage befindet welcher sie nicht gewachsen sind. Sie befindet sich in einer für sie völlig fremden Welt, wurde natürlich auch nicht darauf vorbereitet, was sie erwarten könnte.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich habe schon etwas weiter gelesen.

    Das mache ich dann auch. Manches klärt sich ja beim Weiterlesen.

    Da ist nichts mehr von dem unwirklichen, illusorischen vorhanden welche ansonsten Liv umgibt, mit all den Geheimnissen.

    So ein bisschen, allerdings auch anders, klingt es an, wenn Kate erzählt, Arild sei ein Wassermann gewesen. Es bleibt offen, ob sie nur das Sternzeichen meint oder das Zeitalter. Vielleicht beides.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Info: Bis zum Ende dieses Kapitels habe ich in meiner Ausgabe keine nennenswerten

    Absätze mehr.

    Es geht also von: "I ate my food in a little park..." bis "...as it disappeared from view."

    Wie ist das bei euch?

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    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Pensum 5

    Absatz 5 von: "I ate my food in a little park.." bis: "Where would you like to go?"


    Liv denkt an ihre Mutter und an eine Szene aus ihrer Kindheit, in der ihr bewusst wurde,

    dass ihre Mutter sterblich ist und sie dann ganz alleine auf der Welt wäre.

    Für sie ist das einerseits schockierend, aber die Wahl ihrer Mutter alles Vergangene hinter

    sich zu lassen und einen Nebel über alles was vorher war zu erschaffen, auf besondere Weise

    schön. Das ist merkwürdig, weist aber auch wieder auf Burnsides eigenes Leben hin. Seine

    Sehnsucht einfach aus der Welt zu verschwinden, sich aufzulösen.

    Die Beschreibung der Einsamkeit der Mutter gepaart mit dem Gedanken an den Tod ist sehr

    eindrücklich und zeigt auch die Verlustangst von Liv.

    Zitat

    I felt that solitude and the fact of he coming death where somehow linked -

    and that was what made it beautiful. I knew that even though she was going

    to die, she had chosen something lonely and difficult and, though I didn`t

    know what it was, her chosing it seemed beautiful to me.

    Liv wird zunehmend nervöser und folgt dem Rat ihrer Mutter eine Galerie zu besuchen.

    Über ihre Gedanken zur Malerei kommt die Erinnerung, vor allem als sie ein Sohlberg

    Gemälde betrachtet. Diese Erinnerung führt sie sofort wieder in die Heimat, aber

    auch zur Sehnsucht nach der Mutter und zum Tod der Brüder.

    Ihre Gedanken beim Betrachten des Bildes >The Fisherman`s cottage< sind wunderbar

    erzählt und ich kann das so gut nachvollziehen, wenn man sich von einem Gemälde in

    eine andere, ganz eigene Welt transportieren lässt. Die Welt um sich herum verschwindet

    und man reist in eine andere Welt, wo immer das auch ist.

    Zitat

    I sat there for fifteen minutes, or longer even, but I wasn`t in that gallery, in that

    English market town any more, I was home. Not just home, on Kvaloya, but home

    in my own head, in the place where dreams happened. I was in a place that nobody

    else could ever see, and I was completely alone there.

    Beruhigend wirkt das alles aber nicht auf Liv. Sie fühlt sich verfolgt und beobachtet.

    Kommt dazu vielleicht auch noch das schlechte Gewissen über ihre Entscheidung

    die Einladung von Kate nicht anzunehmen?

    Sie ist sich so sicher, dass da jemand ist, dass ihr Gefühl fast zur Panik führt.

    Vielleicht kommt sie ja im Hotel zur Ruhe...........................

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Matt Ruff - Lovecraft Country

  • Es geht also von: "I ate my food in a little park..." bis "...as it disappeared from view."

    Wie ist das bei euch?

    Tatsächlich bisschen anders!


    5: "Erst später ging mir auf" S. 233 - "Lassen Sie es sih schmecken", sagte er S. 235

    6: "Ich setzte mich in den kleinen Park" S. 235 - "in dem die ersten Bilder hingen" S. 238

    7. "Was verstehen wir unter wild?" S. 238 - "Wohin darf ich Sie bringen?" S. 246


    Dein Absatz 5 besteht also in unserem Tb aus drei Abschnitten.


    Pensum 5 Absätze 5, 6, 7

    Die Beschreibung der Einsamkeit der Mutter gepaart mit dem Gedanken an den Tod ist sehr

    eindrücklich und zeigt auch die Verlustangst von Liv.

    Ich hatte anflugweise sogar den Eindruck, dass der Mutter Gefahr droht. Wir wissen natürlich von der Jetzt-Zeit-Liv, dass sie lebt, aber es irritiert mich, dass Liv sie nicht erreicht und, das vor allem, dass die Mutter in dem Hotel nicht anruft. Immerhin hat sie das Hotel gebucht und weiß, wo ihre Tochter steckt.


    https://www.artic.edu/artworks/152437/fisherman-s-cottage


    Vor diesem Bild versinkt also Liv. Es erinnert sie an Kyrres Hütte, aber wohl vor allem an die mythischen Dinge, die er erzählt. Ein sehr symbolisches Bild, finde ich. Wie der Blick des Betrachters nach unten geht - das Weiß des Hauses leuchtet geisterhaft zwischen den Bäumen hervor, und diese Bäume ...


    Liv befindet sich beim Betrachten des Bildes in derselben Position wie zuhause. In dem Bild blickt sie von einer erhöhten Position auf das Geisterhaus, so wie sie zuhause mit dem Fernglas die Hütte und deren Bewohner beobachtet hat.

    Hier aber hat sie auf einmal das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie tauscht also die Rollen.

    Dieses Gefühl hält auch an.


    Wie beurteilt Ihr Livs Geisteszustand?

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  • das Weiß des Hauses leuchtet geisterhaft zwischen den Bäumen hervor, und diese Bäume ...

    Ich habe dieses Bild ja auf dem Cover meines Buches und für mich wirkt das eher

    bedrohlich, vor allem die Bäume. Dann das geisterhaft beleuchtete Haus......

    Ich frage mich wo denn da die Lichtquelle ist.

    Wie beurteilt Ihr Livs Geisteszustand?

    Bis Absatz 6 finde ich ihren Zustand noch nachvollziehbar. Sie ist allein, macht sich Sorgen

    um die Mutter, ist aufgewühlt vom Gespräch mit Kate. Der Tod des Vaters kurz vor ihrem

    geplanten Besuch. Kurz, sie fühlt sich verloren, handelt aber noch vernünftig.

    Ernst wird es allerdings, als sie beginnt sich verfolgt zu fühlen. Führt ihre Panik vor der

    Beobachtung hier nun zum Verfolgungswahn? So langsam kann man sich Sorgen machen

    um ihren psychischen Zustand.


    Die Mutter!? Das ist nicht nur irritierend, sondern auch unverständlich. Sie schickt ihre

    Tochter alleine nach England, ruft nicht an und ist dann auch noch nicht erreichbar.

    Wenn sie das bewusst tut, wäre das der Gipfel der Gefühlskälte.

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    William Shakespeare


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  • So langsam kann man sich Sorgen machen

    um ihren psychischen Zustand.

    Ja. Wenn man weiterliest, wird es immer kurioser.

    Die Mutter!? Das ist nicht nur irritierend, sondern auch unverständlich. Sie schickt ihre

    Tochter alleine nach England, ruft nicht an und ist dann auch noch nicht erreichbar.

    Wenn sie das bewusst tut, wäre das der Gipfel der Gefühlskälte.

    ...wobei wir wieder berücksichtigen müssen, dass Liv uns diese

    alles erzählt!

    Aber egal wie es ist: für mich wird das alles immer merkwürdiger und befremdlicher.

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  • Aber egal wie es ist: für mich wird das alles immer merkwürdiger und befremdlicher.

    Auf jeden Fall das eigenartigste Mutter/Tochter Verhältnis das ich (in Romanen) kenne.


    Im weiteren Verlauf entwickelt sich das Ganze für Liv zum veritablen Albtraum.

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  • Ich husche mal ganz schnell in unsere MLR und wollte mich kurz melden. Ich habe unseren Abschnitt zu Ende gelesen und werde auch noch meine paar Eindrücke posten. Nur heute nicht, mir fallen fast die Äuglein beim Schreiben zu und wer weiß was ich dann alles zusammenschreiben würde. :uups: Nicht das ihr denkt, ich wäre euch abhanden gekommen.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Absatz 5 Seite 233


    Man bekommt den Eindruck, Liv fühlt sich befreit -es ist wie wenn eine Last von ihr abgefallen wäre. Jedoch auffallend ist wie sie nicht nur ans Essen denkt - sie kauft eine Unmenge an Lebensmittel ein um diese zu verzehren, da sie Hunger hat - was eigentlich nicht ihre Art ist. Diese Bedürfnis essen zu müssen klingt, etwas kompensieren zu müssen, Stress, Nervosität und Kummer ein Zustand dem sie hilflos gegenüber steht, mit dem sie nicht weiß umzugehen. Auch ihre Abwehrhaltung wenn sie bemerkt dass sie noch nicht weiß ob sie zum Abendessen mit Kate gehen wird, ist ein untrügliches Zeichen wie unwohl sie sich fühlt.

    …beschloss ich Mutters Rat zu befolgen. Seite 234

    Liv ist eine absolut unselbständige junge Frau welche sich ohne die Ratschläge ihrer Mutter wie sich bewegen in einer unbekannten Umgebung, gar nicht zurecht finden würde.

    Dieser Mangel an Eigeninitiative ist wirklich tragisch. Man muss sich wirklich fragen auf was für ein Leben hat ihre Mutter sie eigentlich vorbereitet.


    Liv denkt an ihre Mutter und an eine Szene aus ihrer Kindheit, in der ihr bewusst wurde,

    dass ihre Mutter sterblich ist und sie dann ganz alleine auf der Welt wäre.

    Deshalb ist die Insel für Liv so wichtig, deshalb kann sie diese nicht verlassen. Denn sollte ihre Mutter eines Tage sterben, was nur natürlich ist, ist diese ihr „Nest“ in dem sie sich geborgen fühlt.


    Ich hatte anflugweise sogar den Eindruck, dass der Mutter Gefahr droht.

    Diesen Gedanken können wir ohne Bedenken fallen lassen.


    Die Mutter!? Das ist nicht nur irritierend, sondern auch unverständlich. Sie schickt ihre

    Tochter alleine nach England, ruft nicht an und ist dann auch noch nicht erreichbar.

    Wenn sie das bewusst tut, wäre das der Gipfel der Gefühlskälte.

    Wenn wir erlebt haben wie Mutter und Tochter miteinander kommunizieren, bis zum heutigen Tag jedenfalls. Gespräche welches sich immer an der Oberfläche bewegten. Niemals konnte man erkennen dass eine Unterhaltung wirklich in die Tiefe ging (sorry für die Plattitüde) wie wenn sich beide scheuten zu viel von sich preiszugeben.

    Somit ist es meiner Ansicht nach eine gewisse Nachlässigkeit der Mutter, welche sich schon ihr ganzes Leben lang mehr mit ihrer Kunst wie mit ihren Mitmenschen beschäftigt hat. Es gab nicht wirkliche Gemeinsamkeiten von Tochter und Mutter, jede lebte in ihrem eigenen Universum.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • sie kauft eine Unmenge an Lebensmittel ein um diese zu verzehren, da sie Hunger hat

    Das ist mir auch aufgefallen; später im Hotel lässt sie sich vom Zimmerservice ebenfalls Riesenmengen liefern.

    Fand ich merkwürdig.

    Essen als Trost - kann ich verstehen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Pensum 5

    Allerdings kann ich keinen Grund erkennen wieso Angelika ihrer Tochter nichts erzählen mochte was für ein Mann Arild gewesen ist.

    Das konnte ich auch nicht nachvollziehen. Sie hat Arild komplett aus ihrer Welt aus ihrer Welt außen vor gelassen, als wenn er nie existiert hätte. Vielleicht waren sie sich schlicht zu ähnlich in ihrer Art völlig in dem aufzugehen was sie tun und es an erster Stelle zu stehen. Zwei Platzhirsche -die sich gerne im Mittelpunkt sehen- vertragen sich schlecht an einem Ort.

    Wobei mir Liv bei der Konstellation wirklich richtig Leid tut. Sie kann da ja nur außerhalb stehen.

    Übrigens war ich irgendwann fast schon auf dem Gedanken gekommen, dass Angelika nur eine kurze Affäre mit Arild hatte. Das schien ja dann doch etwas länger gedauert zu haben wie gedacht. Ich kann es fast gar nicht glauben, dass in diesem Fall Arild keinerlei Interesse an seiner Tochter gehabt hatte. Das fühlt sich sehr kalt an.


    Gleich der 1. Satz: das Café war gar nicht nett.

    In dem Fall fand ich es schon nachvollziehbar. Richtig gemütlich klang die Beschreibung des Ortes ja wirklich nicht. Und bei dem Essen, was dort verkauft wurde, hätte ich auch gestreikt. Da ist die Umschreibung "gar nicht nett" ja fast schon amüsant zu lesen.

    Mich hatte es ja bei der Begegnung mit Kate Thompson so irritiert, wie sie sich am Zucker bedient hatte. Als wenn es eine Süßspeise wäre. Wie so eine Metapher, dass sie ganz besonders freundlich (süß) zu Liv sein müsste.

    Ich frage mich gerade, wenn ich an die Szene zurückdenke, warum sie Liv überhaupt etwas über Arild erzählen möchte. Hatte Arild eigentlich das Bedürfnis noch seine Tochter kennenzulernen? Oder war es da eher Kate Thompson die das Bedürfnis hatte. Und wenn ja, warum. Irgendwie macht das alles für mich keinen wirklichen Sinn. Und was verbirgt sie noch vor Liv. Warum dieses künstliche Hinauszögern mit der Einladung zum Abendessen. Als wenn da irgendein super Geheimnis wäre, was sie Liv noch über Arild oder ihrer Mutter erzählen wollte. Ich würde ja fast behaupten, dass es da nicht viel gäbe. Höchstens das Kate und Liv im gleichen Boot sitzen würden. Arild und Angelika sind ja doch recht starke Persönlichkeiten, die im Vordergrund stehen möchten und ihren eigenen Leidenschaften nachgehen. Der Rest der Menschheit bleibt da außen vor. Vielleicht wollte sie das Liv klar machen. Wir werden es wohl nie erfahren, was sie mit ihr bereden wollte.




    Wieso bedient Burnside hier das Klischee des schlechten englischen Essens?


    Ich glaube nicht, dass Burnside hier das schlechte englische Essen im Auge hat, sondern

    eine Übersprungshandlung von Liv, die völlig verunsichert etwas sucht das ein fester

    Punkt für sie ist. Das ist für sie die Heimat und das Gefühl von Sicherheit. Sozusagen der

    Geschmack der Heimat, den sie sich zu sich holt.

    Das glaube ich auch nicht. Liv brauchte einfach ein wenig Sicherheit.



    Liv stellt auch hier Überlegungen an, die über eine reine Beobachtung + Schlussfolgerung weit hinausgehen. Seite 225: "Ein Gefühl, dass es sinnlos geworden war, mir zu erzählen, was sie wusste". Der Eindruck betrifft Kates Mimik. Wieso kann Liv den Gesichtsausdruck so tiefgehend deuten?

    Ähnlich auf S. 223: "Kate Thompson gehörte zu jener Sorte Mensch, die anderer Leute Schmerz auf sich nehmen und den Groll spüren, den diese selbst nicht spüren, weil sie zu verletzt sind oder zu verblendet". Wenn Burnside uns dieses Bild von Kate vermitteln will, muss er das anders machen. Das übersteigt Livs Fähigkeiten - es sei denn, sie ist hellsichtig.



    Ich finde das gar nicht so unmotiviert. Das sehe ich eher als eine Schutzhandlung von Liv.

    Diese Reise überfordert sie völlig und Burnside versucht das auf diese Weise zu zeigen.

    Kann sein, dass Burnside da ein wenig über das Ziel hinausschießt, aber ich verstehe das

    als ein Mittel ihre Überforderung zu zeigen.

    Ihr findet mich gerade sehr nachdenklich über diesen Punkt. Wenn man darüber nachdenkt, wäre es schon schöner gewesen, wenn es Burnside handwerklich etwas anders gelöst hätte. Liv ist zwar schon der Typ Mensch der ständig Andere beurteilt, aber sie ist nicht besonders empathisch. Diese Gedanken übersteigen eigentlich tatsächlich ihre Fähigkeiten, wenn ich darüber nachdenke, wie sie so ist.





    Eine „gewöhnliche“ junge Frau welche sich in einer Lage befindet welcher sie nicht gewachsen sind. Sie befindet sich in einer für sie völlig fremden Welt, wurde natürlich auch nicht darauf vorbereitet, was sie erwarten könnte.

    Da kann ich ihre Mutter Null verstehen. Sie lässt ihre Tochter in einer sehr beschützten, ruhigen und einsamen Gegend aufwachsen. Weiß, dass sie eher für sich ist und aus diesem Grund keinerlei Erfahrungen sammeln kann. Und dann lässt sie sie alleine eine Reise machen, mit einem Ziel, von dem es schon von Anfang an feststand, dass es sie völlig überfordern müsste. Wenigstens telefonisch hätten die beiden ja in Kontakt bleiben können. Sie hätten miteinander sprechen und so etwas ähnliches wie einen Austausch haben können. Aber sogar diese Möglichkeit wird gekappt, weil sie für ihre Tochter nicht erreichbar ist.

    Ganz nach dem Motto, jetzt sieh mal zu wie du damit umgehst. Schwimm oder geh unter.



    sie kauft eine Unmenge an Lebensmittel ein um diese zu verzehren, da sie Hunger hat

    Das ist mir auch aufgefallen; später im Hotel lässt sie sich vom Zimmerservice ebenfalls Riesenmengen liefern.

    Fand ich merkwürdig.

    Essen als Trost - kann ich verstehen.

    Das konnte ich auch gut nachvollziehen. Wobei die Mengen ja etwas übertrieben waren und ich fast schon erwartet habe, dass sie das Ganze wieder unappetitlich hinausbefördert. :uups:



    Ihre Gedanken beim Betrachten des Bildes >The Fisherman`s cottage< sind wunderbar

    erzählt und ich kann das so gut nachvollziehen, wenn man sich von einem Gemälde in

    eine andere, ganz eigene Welt transportieren lässt. Die Welt um sich herum verschwindet

    und man reist in eine andere Welt, wo immer das auch ist.

    Das war wirklich so wunderschön beschrieben.


    Aber dieses Bild hatte etwas in ihr geweckt. Denn ab da fühlt sie sich beobachtet, auf eine sehr unheimliche und bedrohliche Art.




    Wie beurteilt Ihr Livs Geisteszustand?

    Nicht besonders gut. Sie fühlt sich verfolgt und fängt an zu halluzinieren.

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  • Vielleicht waren sie sich schlicht zu ähnlich in ihrer Art völlig in dem aufzugehen was sie tun und es an erster Stelle zu stehen.

    (Arild und Angelika)

    Ja, das sehe ich genauso. Angelika hat wohl schnell erkannt, wie fanatisch ihr Arild ist und wie er seine Lebensmöglichkeiten auf seinen Umweltschutz (oder was das genau ist) fokussiert, ohne Rücksicht auf persönliche und in diesem Fall auch sehr menschliche Verpflichtungen.

    Insofern kommt mir Angelikas Handelns sehr folgerichtig vor.

    Mich hatte es ja bei der Begegnung mit Kate Thompson so irritiert, wie sie sich am Zucker bedient hatte. Als wenn es eine Süßspeise wäre. Wie so eine Metapher, dass sie ganz besonders freundlich (süß) zu Liv sein müsste.

    Ach das ist schön, dass Du das sagst! Mir hat dieses Bild sehr gut gefallen. Kate süßt ihren Tee derart plakativ! Aber ich hatte andere Assoziationen: dass Kate Liv mit dem Zucker lockt, wie man Pferde lockt, dass sie sie versöhnlich und freundlich stimmen will. Sie hat Gutes, Süßes in ihrer Hand - soe wie sie Liv das Erzählen über ihren Vater anbietet.

    Aber auch, dass sie sich nach dem Tod ihres Gefährten selber etwas Gutes gönnen will.

    Hatte Arild eigentlich das Bedürfnis noch seine Tochter kennenzulernen?

    Ja, hatte er. Kate erzählt, dass er mit dem Sterben eigens gewartet habe, bis sie eintrifft.

    Aber dieses Bild hatte etwas in ihr geweckt. Denn ab da fühlt sie sich beobachtet, auf eine sehr unheimliche und bedrohliche Art.

    Was ich verstehen kann.

    Es kann nur die Huldra sein (egal, ob die jetzt ihr Alter Ego ist oder tatsächlich eine andere Person), die sie bedroht. Der Anblick des Hütte-ähnlichen Hauses versetzt sie gedanklich wieder in diese andere Welt.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Liebe Mitstreiter,


    Corona hat uns jetzt auch erwischt. Mein Mann liegt mit hohem Fieber flach, ich halte mich noch aufrecht, aber ich merke schon die ersten Symptome an mir zuppeln. Vielleicht habe ich Glück und der Kelch geht doch noch an mir vorüber. Ich habe mir schon so viel zu dem Buch aufgeschrieben, aber leider bin ich momentan etwas dumpf im Kopf und werde alles erst in den nächsten Tagen in eine vernünftige Form bringen können. Ich hoffe, es stört Euch nicht, wenn ich meine Gedanken zu früheren Passagen nachreiche. Jetzt geht es mit einem heißen Tee und einer dicken Decke in den Lesesessel. Bis hoffentlich morgen oder übermorgen.

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer

    :musik:Jussi Adler-Olsen - Verachtung
















  • mofre Kurier dich gut aus und geh es langsam an. Ich wünsche dir schnelle Genesung und vor allem keine Nachwirkungen von Corona. Deinem Mann auch alles Gute!

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  • Pensum 5

    Aber ich hatte andere Assoziationen: dass Kate Liv mit dem Zucker lockt, wie man Pferde lockt, dass sie sie versöhnlich und freundlich stimmen will. Sie hat Gutes, Süßes in ihrer Hand - soe wie sie Liv das Erzählen über ihren Vater anbietet.

    Deine Assoziation gefällt mir auch. Dieses locken würde ja auch zu eine Art Huldra passen.



    Ja, hatte er. Kate erzählt, dass er mit dem Sterben eigens gewartet habe, bis sie eintrifft.

    Mir fehlt da ein wenig seine Initiative. Ein persönlicher Gruß von ihm als er noch lebte, eine kurze Notiz, irgendwas halt was sein Interesse für seine Tochter gezeigt hätte. Im Grunde ist es ja immer nur Kate die erzählt und schreibt. Schade was da alles an Möglichkeiten vergeben wurde. Selbst wenn es zu seiner Art nur um sich zu kreisen passen würde. Ob er es wohl in seinen letzten Stunden bedauert hatte? Das wird man wohl nicht mehr erfahren.


    Es kann nur die Huldra sein (egal, ob die jetzt ihr Alter Ego ist oder tatsächlich eine andere Person), die sie bedroht.

    An die bösartige Form der Huldra musste ich auch denken.


    Ich hatte übrigens bei der Beschreibung des Wesens noch eine Assoziation zu einem Film den ich vor zig Jahren mal gesehen habe. "Wenn die Gondeln Trauer tragen" mit Donald Sutherland. Seine Tochter war tödlich verunglückt und in Venedig lief er einem kleinen Mädchen hinter her, dass eine rote Jacke trug und von dem er meinte, dass es seine Tochter wäre. Das war letztendlich gar keine gute Idee!


    So bedrohlich wie im Film so wirkte auch diese Gestalt. Da ist ein Prozess in Liv in Gang gesetzt worden. Wenn man so nimmt, da bedroht irgend etwas ihre heile Welt von außen, die im Moment so gar nicht mehr heil ist. Mal sehen was daraus noch wird. Zumindest wissen wir ja, dass sie nicht komplett den Verstand verlieren wird. Ist ja ihr 28-jähriges Ich das die Geschichte erzählt.

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  • Corona hat uns jetzt auch erwischt.

    Ich hoffe, dass es mit einem Fiebersturm erledigt ist und Ihr Euch schnell erholt!

    Ansonsten kann ich Dir aus eigener Erfahrung nur sagen: unterschätze die Rekonvaleszenz nicht, schone Dich so lange es geht - oder wie mein lieber Bridgefreund sagte: man sollte nicht zu früh wieder 18 Löcher spielen wollen. (Der Gute meinte das ernst.)

    Ich hatte übrigens bei der Beschreibung des Wesens noch eine Assoziation zu einem Film den ich vor zig Jahren mal gesehen habe. "Wenn die Gondeln Trauer tragen" mit Donald Sutherland. Seine Tochter war tödlich verunglückt und in Venedig lief er einem kleinen Mädchen hinter her, dass eine rote Jacke trug und von dem er meinte, dass es seine Tochter wäre. Das war letztendlich gar keine gute Idee!

    ich hatte genau dieselbe Vorstellung, und zwar dieses Bild, wo sich der Zwerg (ich glaube, auf einem Podest in einem Turm?) plötzlich umdreht und man nur den Bruchteil einer Sekunde die Fratze sieht. Unheimlich, genau wie diese Szene im Buch.


    Halluziniert Liv? Oder hat sie das wahre Gesicht der Huldra gesehen? Ihr eigenes?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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