Original : Englisch (Irland), 2016
INHALT :
Thomas McNulty und sein Freund John Cole sind gerade 17 Jahre alt, als ihre Karriere als Tanzmädchen in einem Saloon für Bergarbeiter ein natürliches Ende findet. Für den 'miesesten Lohn aller miesesten Löhne' verdingen sie sich bei der Armee und sind fortan unzertrennlich in Kriegsgeschäften unterwegs. Angst kennen beide nicht, dafür haben sie schon zu viel erlebt. Sie wissen: 'wenn’s um Gemetzel und Hungersnot geht, darum, ob wir leben oder sterben sollen, schert das die Welt nicht im Geringsten. Bei so vielen Menschen hat die Welt es nicht nötig.' Thomas war vor dem 'Großen Hunger' aus Irland geflohen, hatte die Überfahrt und die Fieberhütten in Kanada überlebt, sich bis nach Missouri durchgeschlagen. Wie ein irischer Simplicissimus stolpert er durch das Grauen der Feldzüge gegen die Indianer und des amerikanischen Bürgerkriegs . Davon und von seiner großen Liebe erzählt er mit unerhörter Selbstverständlichkeit und berührender Offenheit. In all dem Horror findet Thomas mit John und seiner indianischen Adoptivtochter Winona sein Glück. Er bleibt ein Optimist, ganz gleich unter welchen Umständen.
(Quelle : Klappentext der deutschen Ausgabe, Amaz.)
BEMERKUNGEN :
Bislang gingen die Romane von Barry so an mir vorbei und ich habe ihn nicht wahrgenommen. Doch in Frankreich fand dieser letzte Roman von ihm (« Des jours sans fin ») eine sehr gute Rezeption und so wurde ich aufmerksam. Und entdeckte, dass es sich tatsächlich um einen vierten Band mit einer « McNulty »-Person aus verschiedenen Generationen handelt und andere Romane hier schon besprochen wurden, siehe : https://www.buechertreff.de/se…highlight=sebastian+barry .
In 23 Kapiteln ist Thomas Mc Nulty der Ich-Erzähler. Die Perspektive – wenn man genau liest – ist die eines zurückschauenden 50-Jährigen in Tennessee auf sein Leben. Von kleinen Einblicken in die irische Vergangenheit, die dortige unglaubliche Hungersnot (in den 50iger Jahren des XIX.Jhrhunderts), den Verlust der Familie und die Flucht nach Amerika abgesehen, setzt das eigentliche Erzählen mit dem Kennenlernen von John Cole an. Da waren beide circa 14/15 Jahre und fanden sich zerlumpt und abgerissen zusammen. Nach zwei « erfolgreichen » Jahren als Tanzmädchen in einer total maskulinen Gesellschaft, und in der Erweckung ihrer gegenseitigen Zugehörigkeit und Liebe, verpflichten sie sich bei der Armee, wo sie mit leichter Unterbrechung jahrelang bleiben. Es ist die Zeit der Indianer- gefolgt von den Sezessionskriegen. Da wird nichts verschönigt. Man ist in einem Strudel der Gewalt, manchmal absolut kostenloser, wo man einander betrügt (die Indianer…) und massakriert. Dennoch bleibt irgendwo eine Form der Unschuld in diesen beiden, insbesondere dem Erzähler. Als sie die erste Verpflichtung beenden nehmen sie Winona, ein Sioux-Mädchen bei sich auf, adoptieren sie. Sie bilden eine schon etwas besondere Familie… Thomas fühlt sich in Kleidern (Kleid!) wohler und nimm,t körperlich feiner gebaut, wie die Rolle einer Frau ein.
Das Besondere hier ist dann, dass diese Art einer Feminisierung in nichts verhindert, dass er, und auch sein Geliebter John Cole, entgegen mancher eventuell bestehender Vorurteile, « gemachte Krieger » und ernsthafte Kämpfer sind ! Hier hat – wie Barry es selber andeutet – wohl auch der Wunsch Pate gestanden, seinem homosexuellen Sohn ein Buch zu widmen und ihn zu ehren. Barry nimmt anscheinend auch Bezug auf einen entfernten Verwandten der Vergangenheit.
Was hält Menschen mitten im Leid und auch geschehenem Unreht zusammen, lässt sie leben ? Kann man sich ein reines Herz bewahren ?
Dabei werden keine schnellen Antworten gegeben… Manchmal herrscht… Schweigen, Stille. Aber toll geschrieben ist dieses Buch von Barry : manchmal fast unerträglich in den Beschreibungen, und dennoch auch irgendwie seltsam « leger », schwebend. Es ist ein durchgehender Text mit relativ wenig direkten Dialogen, der quasi ganz im Freien spielt. Die Amerikaner würden dazu vielleicht « nature writing » sagen. Unsereins fühlt sich vielleicht an einen « Western » erinnert, oder streckenweise an gewisse Romane von McCarthy ?
Echt die Entdeckung wert für die Liebhaber der angesprochenen Theman !
AUTOR :
Sebastian Barry (* 5. Juli 1955 in Dublin) ist ein irischer Dramatiker und Roman-Autor. Er wurde 1955 als Sohn von Francis Barry und der irischen Schauspielerin Joan O’Hara in Dublin geboren, wo er auch aufwuchs. Er ging auf die Catholic University School und absolvierte das Trinity College in Dublin.
Seine schriftstellerische Laufbahn startete 1982 mit der Veröffentlichung des Romans Macker's Garden. Mehrere Gedichtbände sowie ein weiterer Roman, The Engine of Owl-Light, folgten, bevor der Autor sich 1986 und 1988 mit The Pentagonal Dream und Boss Grady's Boys auf das Dramatikerfach einließ. In der Theatersparte fand der Schriftsteller sein wichtigstes Standbein. Auch als Romancier wurde er mehrfach preisgekrönt.
Barry lebt im County Wicklow mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Alison Deegan, und den gemeinsamen drei Kindern; er ist Mitglied bei Aosdána.
Barry schrieb unter anderem das Theaterstück The Steward of Christendom und den Roman The Whereabouts of Eneas McNulty, die beide die Unruhen zwischen loyalistisch-britischen Iren und Nichtloyalisten im Irland des frühen 20. Jahrhunderts thematisieren. Sein Großvater mütterlicherseits, Thomas Dunne, ist der Hauptcharakter von The Steward of Christendom.
Mit seinen Romanen kam Barry mehrmals auf die Shortlist des Bookerpreises und erhielt schon andere Preise für seine Werke.
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Steidl GmbH & Co. OHG; Auflage: 1 (28. September 2018)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3958295185
ISBN-13: 978-3958295186