Die Enthüllung Claudias: Den sie nicht begangen haben konnte

Buch von Daniel Keyes

Bewertungen

Die Enthüllung Claudias: Den sie nicht begangen haben konnte wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Enthüllung Claudias: Den sie nicht begangen haben konnte

    Inhalt laut amazon.de: In einer eisigen Winternacht sterben in einer Luxusvilla in Columbus, Ohio, Mickey McCann, Inhaber von "Mickey's Eldorado Club", seine Geliebte, ein Go-Go-Girl aus dem Club, und seine alte Mutter. Die Opfer wurden aus nächster Nähe mit mehreren Schüssen in den Kopf getötet, was auf einen besonders brutalen Mörder hindeutet, dem es Vergnügen bereitet, die Gesichter seiner Opfer zu zerstören. Die Polizei tappt im Dunkeln. Der Fall geht als einer der sogenannten .22-Kaliber-Morde in die Kriminalgeschichte ein. Einen Monat später taucht bei einem ehemaligen Officer der Polizei eine schöne junge Frau auf, die gesteht, bei der Mordtat dabeigewesen zu sein und die Schüsse abgegeben zu haben. Sie wird verhaftet und vor Gericht gestellt. Sie hat die Todesstrafe zu erwarten. Doch bei den Vernehmungen verwirrt sie sich zunehmend in Widersprüche, und die Aussagen werden immer grotesker und phantastischer. Sie kann unmöglich etwas mit den .22-Kaliber-Morden zu tun haben; doch woher weiß sie ganz exakte Details vom Tatort und vom Tathergang?
    Der am 15. Juni 2014 verstorbene US-amerikanische Schriftsteller Daniel Keyes - bekannt vor allem für seinen Science-Fiction-Roman "Blumen für Algernon" (alter deutscher Titel: "Charly") - zeigte sich in diversen Romanen und Büchern sowohl an Außenseiterfiguren am Rande der "guten" Gesellschaft, als auch an psychischen Grenzgängern und multiplen Persönlichkeiten interessiert. Wahrscheinlich weil er in Deutschland hauptsächlich als Science-Fiction-Autor bekannt ist, wurden seine beiden True-Crime-Bücher "Die Leben des Billy Milligan" und "Die Enthüllung Claudias" vom Heyne-Verlag 1992 unsinnigerweise in seiner Science-Fiction-Reihe veröffentlicht. Das Billy-Milligan-Buch hat es später immerhin noch in die Allgemeine Reihe des Verlages geschafft.
    Sobald man begriffen hat, es nicht mit einer utopischen Geschichte zu tun zu haben, kann man sich unvoreingenommen in das Rätsel um Claudia Yasko vertiefen, das Daniel Keyes in vielen Gesprächen und monatelangen Recherchen lösen möchte. Bei dem Buch handelt es sich wohlgemerkt auch nicht um einen schlüssig erzählten Kriminalthriller, der auf Tatsachen beruht, sondern eher um die ausführliche Darlegung journalistischer Recherchen. Das geschilderte Rätsel kreist im Kern um die offene Frage, wieso die junge Frau über detaillierte Kenntnisse des Schauplatzes eines brutalen Verbrechens verfügt. Jahre nach den Geschehnissen bittet sie den Autor Daniel Keyes, der ihr wegen seines Buches über Billy Milligan, einen Verbrecher mit multiplen Persönlichkeiten, bekannt ist, ihre „wahre“ Geschichte aufzuschreiben, beziehungsweise diese überhaupt erst - anhand von Gesprächen mit ihr - aus den Tiefen ihres Unterbewusstseins ans Licht zu bringen. Dass sie wirkliches Vertrauen zum Schriftsteller fasst, um sich zu öffnen, dauert seine Zeit und nimmt einige Umwege ...
    Claudia Yasko wird als ausgesprochen schön beschrieben. Trotz ihrer labilen, naiven, abhängigen Persönlichkeit hinterlässt sie bei unterschiedlichen Leuten einen bleibenden Eindruck. Die latent schizophrene Frau mit Berufswunsch Schauspielerin hat einen starken Hang zu Esoterik und Übersinnlichem, nimmt manchmal Drogen, wird Mitglied von Sekten und lebt überhaupt gerne im Dunstkreis des Verbrechens. Das Nachtleben dubioser Halbweltkreise behagt ihr, so dass sie unter anderem auch als Hostess und Nackttänzerin arbeitet. Auf mysteriöse Weise wird sie in einen Dreifachmord verwickelt, der sich als Teil einer brutalen Raubmordserie herausstellt. Doch ist sie Mittäterin, unbeteiligte Zeugin, hellsichtiges Medium oder schlicht eine clevere Aufschneiderin, die die Aufmerksamkeit sucht? Die Geschichten und Geständnisse, die Claudia über ihre Tatbeteiligung macht, widersprechen sich von Mal zu Mal. Nicht nur Polizisten und Psychiater erhalten unterschiedliche Versionen und Modifikationen der Geschehnisse, auch Daniel Keyes muss häufig erkennen, der Unwahrheit oder direkten Lügen aufgesessen zu sein.
    Ein großer Teil des Buches schildert die Gespräche zwischen Daniel Keyes und Claudia Yasko, die oft nur stockend vorankommen oder in Sackgassen münden. Viele Aspekte ihrer Erlebnisse schildert sie nur bruchstückhaft, falls sie nicht sogar ganz hinter gedanklichen Schutzmauern verborgen bleiben. Manchmal hat man den Eindruck, sie erzählte hanebüchene Geschichten nur, um zu gefallen. Die weiteren Recherchen dienen hauptsächlich dazu, ihre Berichte zu verifizieren, das Psychogramm einer verwirrten Frau und verwirrenden Lügnerin zu zeichnen. Die Lebensläufe der diversen im Umfeld der Mordserie auftauchenden Verbrecher werden dagegen nicht ausführlich geschildert. Das ist vielleicht ein wenig schade. Andererseits gerät so der Umfang des Buches auch nicht zu sehr aus dem Ruder.
    Fast noch wichtiger als die Enträtselung der verbrecherischen Geschehnisse erscheint sowieso die Annäherung an das Faszinosum dieser enigmatischen Frauenfigur zu sein, hinter deren harmlosen Äußeren sich eine Ansammlung an Absonderlichem verbirgt, ein lebenslanger Tanz auf der Kippe. Dass auch die endgültige Lösung nicht der Wahrheit entsprechen muss, stellt kein Manko des Buches dar, sondern vermag ein Nachdenken über endgültige Wahrheiten anzuregen, dass auch über das Zuklappen des Buches hinaus wirkt. Die Auflösung des Rätsels wird für mich nicht dadurch geschmälert, dass ein Zweifel zurückbleibt. Im Gegenteil: Die "Enthüllung Claudias" ist ein spannendes und unheimliches Psycho-Puzzle für Freunde von True-Crime-Berichten.
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Besitzer des Buches 1

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