Mein Mercedes ist größer als deiner

Buch von Nkem Nwankwo

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Mein Mercedes ist größer als deiner

    Der Autor (nach Klappentext und Wikipedia): Nkem Nwankwo, geboren 1936 in Newfia-Awka bei Onitsha in Nigeria, gestorben 2001 in Tennessee in den USA, studierte von 1959 bis 1962 Anglistik in Ibadan und arbeitete anschließend als Englischlehrer, Rundfunk- und Zeitungsredakteur. 1963 erschien sein erster Roman „Danda“, der später die Grundlage für ein Musical wurde. Weiterhin verfasste er Kurzgeschichten und Kindergeschichten. Seine Geschichten um Bayo („Tales out of School“ von 1963 und „More Tales out of School“ von 1965, einem nigerianischen „Emil und die Detektive“) fanden Eingang in die Schulbücher seines Landes. Während des Biafra-Kriegs arbeitete Nwankwo für den Biafra Arts Council und verfasste als Mitherausgeber ein Buch über die Entstehungsgeschichte von Biafra. Nach dem Bürgerkrieg ging er zurück in den Westen des Landes. Nach dem Erscheinen seines bekanntesten Buches „My Mercedes Is Bigger than Yours“ 1975 ging er zum Studium in die USA und promovierte an der Indiana University. Bis zu seinem Tod lebte er in den USA als Hochschullehrer.
    Der auf Englisch verfasste Roman des nigerianischen Schriftstellers Nkem Nwankwo handelt von Entfremdung, der Fetischisierung des Automobils, dem Gegensatz von Land und Stadt, Tradition und Moderne, dem oberflächlichen Streben nach Einfluss, Geld und sexuellen Ausschweifungen sowie von der seelischen Verkümmerung, die dieses Streben nach sich zieht.
    Ein junger Hallodri, Blender und Gernegroß kommt aus der Hauptstadt Lagos, wo er als windiger PR-Manager arbeitet, nach langem Fernbleiben mal wieder auf Besuch zu seiner Familie in seinem verlumpten Heimatdorf, um ein bisschen mit seinem Reichtum anzugeben, vor allem in Form eines schicken Jaguars. Das Auto ist der Mittelpunkt seines Lebens, lässt sich an ihm doch sein sozialer Status ablesen. Das Auto öffnet ihm Türen. Dank ihm fühlt er sich wie ein Mann von Welt. Außerdem ist es unabdingbar, um Frauen abzuschleppen. Doch nach erster Bewunderung für den Mann, der es in der Fremde, in der modernen Welt der Großstadt „zu etwas gebracht hat“, setzt die langsame Dekonstruktion der Hauptfigur ein. Sie beginnt mit einem Autounfall nach einer durchzechten und durchtanzten Nacht, durch den der Jaguar in einem tiefen Graben landet. Der einzige Abschleppdienst ist einige Kilometer weit weg. Außerdem geht ihm, der nichts auf die Hohe Kante legt, alles für den Augenblick verprasst, ihm, der glaubt, dass sich immer irgendwie ein Weg findet, um sich durchzumogeln, langsam das Geld aus, zahlt er doch allein für die Familienfeste, die rund um seinen Besuch im Dorf stattfinden. Nach und nach kommt heraus, auf wie viel Schein, Einbildung und Angabe sein neureicher Lebensstil fußt, lebt er doch größtenteils auf Pump. Plötzlich muss er mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, wird von Amtspersonen nicht mehr für voll genommen, wird wegen fehlenden Kleingeldes aus dem Bus geworfen und bespuckt und blitzt bei Frauen ab. Plötzlich stehen ihm die Gläubiger auf der Matte. Als er schließlich einige Tage der Arbeit fernbleibt, wird er entlassen. Ein Brief informiert ihn, dass sein Arbeitgeber ihn wegen Unterschlagung angezeigt hat. Von seinem letzten bisschen Geld besorgt er sich Ersatzteile für seinen Jaguar, der immer noch im Graben liegt, und macht sich auf zum Abschleppdienst, um sich sein Auto (das wegen Zahlungsrückständen nicht mehr versichert ist) zurückzuholen, doch das ist bereits von Passanten völlig ausgeschlachtet worden, nur mehr ein Altmetallskelett. Er bekommt einen Nervenzusammenbruch und quartiert sich auf unbestimmte Zeit in seinem ihm wegen der Armut und dem Dreck verhassten Heimatdorf ein, um sich gesund zu pflegen. Doch nichts hilft, weder mütterliche Liebe, noch die Einbindung in familiäre Arbeiten oder eine magische Reinigungszeremonie. Noch nicht mal eine Tracht Prügel. Die Dörfler halten ihn, den fremd gewordenen Stadtmenschen, für ziemlich verrückt. Selbst seine Hinwendung zur christlichen Religion führt nicht zu einer Besserung seines Zustandes. Stattdessen wird er handgreiflich, als er eine anscheinend versprochene Schenkung an die Kirche leisten soll. Er will sich der neuerlichen Geldforderung gewaltsam entziehen - und wird prompt ins Gefängnis gesteckt. Doch dann bietet sich ihm ein Ausweg aus der Misere: Er wird Wahlkampfhelfer für einen gewissenlosen Hochstapler, der sich in der Lokalpolitik etablieren möchte ...
    Ich war zuerst etwas skeptisch, wurde der Roman auf dem Buchumschlag doch als heitere, schmunzelnde Annäherung an die Gegenwart Afrikas angekündigt – und allzu großem Augenzwinkern (oder gar Schenkelklopfen) stehe ich in der Literatur doch immer eher skeptisch gegenüber. Aber dann war ich doch sehr positiv eingenommen von dem Roman, der ganz ohne erhobenen Zeigefinger eine im Grunde sehr moralische Geschichte erzählt – über eine bindungslose, egozentrische Generation, über die Wurzellosigkeit der Jugend, Entfremdung und die Gleichgültigkeit gegenüber ideellen Werten, den Traditionen der Vorfahren und der Moral der Gesellschaft. Es geht um Menschen ohne geistigen Halt, Menschen, die falschen Ideen anhängen und aus Selbstsucht sogar bereit sind, sich auf kriminelle, bösartige Weise gegenüber ihren Mitmenschen zu versündigen. Auch wenn der Bezug in vielen Punkten nicht trifft, musste ich beim Lesen dann und wann doch an Anthony Burgess' „Uhrwerk Orange“ denken. In beiden Büchern geht es um selbstsüchtige, machtgeile Jungmänner, die zuerst aufgebaut werden, um dann - Hochmut kommt vor dem Fall – abzustürzen. Sie werden von der gleichen Gesellschaft zerrieben, die sie einst hoffierte, bevor sie sich dann – und wie es scheint, ohne viel gelernt zu haben - aus der Asche ihrer Depression und ihrer inneren und äußeren Armut wieder zu erheben und neu zu etablieren. Der Erfolg ist den Skrupellosen gewiss! Die Katharsis ist genauso erfolgreich, wie moralisch pervertiert.
    Ein bitterböser, ziemlich toller Roman, der nicht nur viel über Entfremdung im postkolonialen Afrika der Gegenwart zwischen Tradition und Moderne erzählt, sondern auch über allgemeingültige Fragen der Identität in einer das Geld verehrenden, verkehrten Welt voll von in die Irre laufendem Hedonismus.
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Ausgaben von Mein Mercedes ist größer als deiner

Taschenbuch

 

Hardcover

Seitenzahl: 207

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