Hexengeschichten

Buch von Ludwig Bechstein, Monika Wurmdobler

Bewertungen

Hexengeschichten wurde bisher einmal bewertet.

(1)
(0)
(0)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Hexengeschichten

    Zuerst wollte ich dieses Buch gar nicht kaufen. Hexen interessieren mich generell schon, doch vermutete ich hinter dem Titel Hexengeschichten eher fantastische Geschichten, eben wo Hexen tolle Abenteuer erleben. Und auch das Cover schreckte mich ab: Eine nackte Figur sitzt da auf Flügeln mit Eierstöcken breitbeinig, mit Schwanz und Krallen als Füßen und aus dem Schritt blickt einem eine Abbildung des Teufels entgegen. Alles in einem alten Stil gezeichnet auf den ersten Blick langweilig, bei genauem Hinsehen echt verstörend
    Hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass es sich bei den Geschichten um tatsächliche Legenden und Erzählungen aus der deutschlandigen Neuzeit handelt, hätte ich bedenkenlos und überaus interessiert zugegriffen.
    Ich stellte das Buch also zurück, um in dem Trödel vielleicht noch ein anderes interessantes zu entdecken, da rutschte Hexengeschichten vom Regal und auf den vom Regen benässten Boden, was an einer Ecke eine kleine schmutzige Stelle verursachte. 'Na gut', also kaufte ich es doch
    Die ersten Seiten trieben mir den Schweiß in die Augen - Altdeutsch!
    Eigentlich bin ich ganz talentiert im Umgang mit Sprache aber die Zeit, in der ich mich mit Stilen dieser Art beschäftigte, liegt eine Ewigkeit zurück. Doch man gewöhnt sich schnell daran und ich hatte bald Spaß an den alten Wortspielen, Synonymen und Wendungen.
    Man fühlt sich der Zeit damals so nah, weil man weiß, dass einst genau so erzählt wurde. Kaum verändert, jedoch minimal durch den Herausgeber angepasst an die Gegenwart (1987) in orthografischer und grammatischer Hinsicht. Das steht auch in der Nachbemerkung. Diese ist übrigens gut gelesen zu haben, denn sie blickt von außen auf das Buch und erklärt die Umstände des Entstehens.
    Auch sechs der neun Geschichten haben genauere Erklärungen und einige Hintergründe, so erfährt man zum Beispiel, dass die erste Erzählung Teufelsbuhlschaften aus einem ausführlich handgeschriebenen Bericht stammt, den Ludwig Bechstein bei Nachforschungen fand und diese auch schon in Grimms Deutsche Sagen auftaucht.
    Oder Die Hexenkönigin. Sie beruht auf einem Gedicht eines Pastors.
    Es werden genaue Beschreibungen der Ortschaften geliefert mit Ortsnamen. Und auch die Namen der handelnden Personen sind genau definiert.
    Soweit ich das erkennen konnte, sind die Geschichten chronologisch geordnet und man erkennt deutlich die Unterschiede und für den Kenner auch die Verbindung zum damals entstandenen Hexenhammer und Hexenbulle. Läuft man in der Ersten um 1500 noch Gefahr, schon wegen eines Verdachts zu Tode gefoltert zu werden, gibt es später lange Briefwechsel bis zu einem Urteil und nicht jedes Wort wird mehr auf die Goldwaage gelegt.
    Die Foltern werden übrigens gut detailliert dargestellt. Schwache Nerven, nehmt euch in Acht!
    Im Buch gibt es siebzehn Bilder im selben Stil wie das des Schutzumschlags, genauso eigenartig und auf ihre Weise gruselig, düster. Doch sie passen zu der Stimmung, die vermittelt wird.
    Die Erstausgabe von 1854 enthielt diese Bilder nicht. Heinz Zander illustrierte sie für die Ausgabe in 1986.
    Ludwig Bechstein, ein mir bis dahin unbekannter Geschichtensammler, erzählt in Hexengeschichten zugleich kritisch und objektiv von Hexenverfolgung und den Gesetzen dieser Zeit und schaffte ein wertvolles Werk, das die Sicht der Bürger von damals gut einfängt und eher unbekannte Aufzeichnungen prosaisch und volksnah konserviert.
    Es macht Spaß zu überlegen, was wohl die Wahrheit dahinter sein kann, wie alle Interpretationen jemals zu diesen Schilderungen führen konnten.
    Die Sprache ist schwierig für Ungeübte, doch faszinierend, weil die sie Ursprünge deutlich aufzeigt und Merkmale des Umgangs miteinander und gar Aberglaube.
    Hier ein paar besondere Beispiele:[…]
    Für den vermeintlichen Teufel:
    […]
    Oder am Allerbesten Sachen wie:
    […]
    Das wirkt heute belustigend und niedlich, doch zeigt es perfekt, wie Worte bestehen bleiben und wiederentdeckt werden.
    Wer sich für deutsche Geschichte und Hexenverfolgung und Legenden darüber oder unsere Sprache interessiert, wird von Hexengeschichten genauso fasziniert sein wie ich. Potenzial für einen Klassiker der Neuzeit hat es allemal. Mir ist es eines der kostbarsten Bücher geworden.
    Weiterlesen

Ausgaben von Hexengeschichten

Taschenbuch

Seitenzahl: 271

Besitzer des Buches 2

  • Mitglied seit 12. September 2015
  • Mitglied seit 26. Juli 2009
Update: