Die Entbehrlichen

Buch von Ninni Holmqvist, Angelika Grundlach

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Die Entbehrlichen

In einer Gesellschaft, die nur auf ihre produktivsten Mitglieder setzt, gehört Dorrit Wegner zu den »Entbehrlichen«. Allein lebend und ohne Kinder muss sie sich an ihrem fünfzigsten Geburtstag in ein Sanatorium einweisen lassen, das nur einem Zweck dient: die hier wohnen, haben sich für psychologische Tests und Organentnahmen zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen Luxus und Komfort den »Entbehrlichen« die Endzeit ihrer Existenz so angenehm wie möglich machen. Auch Dorrit fügt sich scheinbar widerspruchslos in ihr neues Leben, bis sie einem Menschen begegnet, der ihr alles bedeutet.
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Bewertungen

Die Entbehrlichen wurde insgesamt 28 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Entbehrlichen

    DYSTOPIE
    Klappentext
    In einer Gesellschaft, die nur auf ihre produktivsten Mitglieder setzt, gehört Dorrit Wegner zu den »Entbehrlichen«. Allein lebend und ohne Kinder muss sie sich an ihrem fünfzigsten Geburtstag in ein Sanatorium einweisen lassen, das nur einem Zweck dient: die hier wohnen, haben sich für psychologische Tests und Organentnahmen zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen Luxus und Komfort den »Entbehrlichen« die Endzeit ihrer Existenz so angenehm wie möglich machen. Auch Dorrit fügt sich scheinbar widerspruchslos in ihr neues Leben, bis sie einem Menschen begegnet, der ihr alles bedeutet.
    Meine Meinung
    So groß bekannt scheint das Buch bei uns nicht zu sein, was mich ehrlich gesagt etwas verwundert. Denn obwohl das Thema einerseits weit hergeholt scheint, hat es andererseits Momente, die einem sehr real und aktuell vorkommen Ein bisschen von der Grundthematik erinnerte es mich an "Vollendet" von Neal Shusterman - während er allerdings die "ungewollten" Jugendlichen als nutzlos und damit Organspender deklariert hat, sind bei Ninni Holmqvist die älteren Generationen das Ziel der Auslese.
    Es geht um den Wert eines Menschen und dem damit verbundenen Sinn, den jeder Einzelne seinem Leben gibt.
    Die Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt den Menschen ja schon seit Jahrhunderten, aber in dieser zukünftigen Gesellschaftsform, in der die Protagonistin Dorrit Weber lebt, hat ihn sehr klar formuliert:
    "Nur neue Konstellationen werden anerkannt. Menschen, die einen neuen Haushalt gründen und neue Menschen poduzieren ... alles muss sich vorwärtsbewegen." Seite 136
    Man muss also etwas einbringen in die Gesellschaft - und zwar vorrangig Kinder, um das Überleben unserer Art zu sichern; oder man muss sich in beruflich besonders hervorbringen, oder zumindest einen Nachweis haben, dass man einen Partner hat, der einen liebt. Man sozusagen benötigt wird, und nicht entbehrlich ist.
    Eine gruselige Vorstellung, anhand von "Daten" zu bemessen, ob ein Mensch wichtig ist oder geopfert werden kann. Anders kann man es nicht nennen, denn Frauen ab 50 und Männer ab 60, die von niemandem benötigt werden (Geschwister oder Freunde zählen hier übrigens nicht), kommen in die Einheit. Einen Ort, an dem sie ihre letzten Jahre scheinbar ohne Entbehrungen verbringen können, gleichzeitig aber auch Versuchskaninchen spielen müssen für psychologische und physische Tests und eine Art Ersatzteillager sind, falls ihre Organe für "benötigte Menschen" gebraucht werden.
    "Das Leben und das Dasein haben keinen Wert an sich. Wir haben keine Bedeutung, nicht einmal die Benötigten haben eine Bedeutung. Das Einzige, was wirklich wertvoll ist, ist das, was wir produzieren." Seite 116
    Die Autorin steigt auch direkt in dem Moment ein, in dem Dorrit zu ihrem 50. Geburtstag abgeholt in eine dieser Einheiten gebracht wird. Es ist kein aufregender, von Spannung getragener Roman, sondern eher leise, schleichend, und dadurch umso beklemmender.
    Mit sehr viel Gefühl und dabei kurz und prägnant, weiß sie sehr gut die aufwühlenden Gefühle und Bedürfnisse zu zeigen, auf Missstände zu deuten im Umgang miteinander, aber auch den liebevollen und fürsorglichen Umgang, den jeder von uns so dringend braucht.
    Die "Entbehrlichen" sitzen alle in einem Boot und auch wenn jeder mit der Situation anders umgeht, entwickelt sie ein sehr feines Gespür für die anderen, die Verzweiflung, die Ängste, die Einsamkeit, die über sie hereinbrechen. Eine Gefühl der Zusammengehörigkeit entsteht, auch weil die Situation wohl anders gar nicht auszuhalten ist.
    Wichtig fand ich hier auch, dass diese Menschen alle schon vorher in der Gesellschaft einen schlechten Stand hatten, als geringwertig angesehen wurden. Keine Familie gegründet? Keinen Erfolg im Beruf? Welchen Nutzen hat man dann für die Gesellschaft, wenn man keinen Beitrag leistet für das Gemeinleben?
    Das Stichwort Leistungsgesellschaft hat für mich schon immer einen faden Beigeschmack, denn jeder hat das Recht, sein Leben so zu gestalten, wie er möchte - mit allen Vorteilen und allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Ein Urteil darüber zu fällen, steht niemandem zu.
    Wie sich Dorrits Leben in diesem überwachten Ausgeliefertsein entwickelt hat eine subtile Spannung, der man sich kaum entziehen kann. Wie alle anderen muss sie an allen Forschungen teilnehmen, die äußerste körperliche Belastungen und seelische, ja, Grausamkeiten beinhalten, was teilweise verstörend und erschreckend erzählt wird.
    Ein wichtiges Buch, das mit einer sanften Eindringlichkeit erzählt wird und dadurch umso mehr berührt. Den Wert eines Menschen zu messen ist nicht möglich, weil jedes Leben wertvoll ist. Nicht nur "große" Taten zählen, sondern grade die kleinen, liebevollen Gesten und zwischenmenschlichen Momente sind wichtig und lassen sich an keiner Skala werten.
    Mein Fazit: 5 Sterne
    Weltenwanderer
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  • Rezension zu Die Entbehrlichen

    […]
    Auch mich hat "Die Entbehrlichen" stark an dieses Buch erinnert. Nicht nur von der Thematik her, sondern auch die melancholische Atmosphäre. Und ich muss sogar sagen, dass mich Holmqvists Buch noch etwas stärker berührt hat als das Ishiguros. Ok, man will jetzt sicher nicht darüber streiten, was ethisch noch eher vertretbar wäre: Menschen von Geburt an als Ersatzteillager zu züchten oder wenn sie in ihrer zweiten Lebenshälfte als "entbehrlich" beurteilt werden. Noch viel extremer als die Tatsache, dass man aus seinem Leben herausgerissen wird und als nicht mehr benötigt für die Gesellschaft eingestuft wird, fand ich, dass sich hier überhaupt niemand gewehrt hat und alle wie die Schafe zur Schlachtbank haben führen lassen. Es gab zwar totale Überwachung, aber nirgends war von Wärtern oder Aufpassern die Rede und auch von einem Aufstand hat man nie etwas gelesen. Die Betroffenen haben sich teilweise sogar verständlich im Sinne der Gesellschaft gezeigt, auch wenn sie natürlich über ihren Status nicht erfreut gewesen sind. Es schien als ob eine Umerziehung der Menschen schon sehr weit fortgeschritten war. Und gerade dieses Sichfügen fand ich so bedrückend.
    Die ganze Geschichte war sehr bedrückend und traurig und trotzdem gab es Momente, an denen man sich für die Menschen im Sanatorium freuen kann. Ganz wunderbar fand ich wie sich Freundschaften zwischen den zum Tode Geweihten entwickelt haben, wie sie sich gegenseitig unterstützt und aufgebaut haben und einfach füreinander da gewesen sind, weil sie alle das gleiche Schicksal teilten. Die Beziehung der Protagonistin zu Johannes war ebenso wundervoll und ich habe mich sehr für sie gefreut, dass sie in dieser Situation noch die Liebe ihres Lebens gefunden hat. Es war alles sehr, sehr emotional und wer nahe am Wasser gebaut ist, wird am Ende eine Träne verdrücken müssen, da bin ich mir sicher.
    Fazit: "Die Entbehrlichen" war ein sehr bewegendes, aufwühlendes, aber auch erschreckendes Buch und ich kann es nur empfehlen.
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  • Rezension zu Die Entbehrlichen

    Nun habe ich dieses relativ leicht zu lesende Buch mit allerdings beklemmender Thematik gelesen und würde es hier gerne in der Folge von Conor weiter empfehlen.
    Es teilt sich in vier ungleich lange Teile auf mit je 10, 26, 7 und dann nur einem abschließenden Kapitel. Dadurch sind die Abschnitte recht überschaulich und jeweils leicht zu meistern. Eigentlich gibt es in jedem Kapitel eine « neue » Information oder Wende.
    Dorrit Wegner ist gleichzeitig die Ich-Erzählerin des Buches, womit – das könnte eventuell spannungsmindernd sein bis zu einem Punkt – ja vorausgenommen wird, dass sie zumindest bis zum Schlußpunkt des Buches « noch leben wird ».
    Beklemmend empfand ich sicherlich schon die Tatsache, dass der Mensch nun durchwegs (bis zum gemachten, herbei geführten Tod) einfach als Ersatzteillager für so genannte Unentbehrliche(re) dargestellt wird. Aller begleitender Luxus täuscht nicht über diese Verzweckung und Instrumentalisierung des Menschen hinweg.
    Noch beklemmender (fast?) finde ich die Einteilung an sich in Menschen verschiedener Wertekategorien. Will man den so genannten « Wert » des Menschen tatsächlich also an seinem gesellschaftlichen Nutzen festmachen ? Geht da nicht die Unentgeltlichkeit des Lebens, und die absolute Würde jedes Menschen (ob am Anfang oder am Ende des Lebens, oder in egal welcher gesellschaftlichen Rolle!) verloren ?
    Und man kann sich – trotz des vorherrschenden Gefühls, von solcher Realität noch weit weg zu sein – doch schon jetzt fragen, inwieweit wir uns in diese Richtung bewegen, wenn Menschen allgemeinhin zu- und eingeordnet werden.
    Dass ein Buch all diese Fragen aufwerfen kann ist eine starke Leistung ! Man müßte nun allerdings zusätzlich sagen, dass die Betroffenen, die so genannten « Entbehrlichen » dieses Spiel fast schon verinnerlicht haben. Wenn sich die Erzählerin aufzulehnen scheint, so fast eher, weil sie an einem gewissen Zeitpunkt die « Nützlichkeitsanforderungen » erfüllt und somit glaubt, von nun an eine Lebensberechtigung zu haben. Bedenkenswert... Also wird die Definition der Entbehrlichkeit oder des Nutzdenkens quasi angenommen ?!
    Wem kommt dies alles nun aber etwas bekannt vor? Zumindest bei mir machte es sofort « Klick » : mich erinnerte manches in der Thematik an den großen Roman von Ishiguro, der hier schon besprochen wurde : Kazuo Ishiguro: Alles was wir geben mussten Hat man diesen zuerst gelesen, so scheinen mir die rein literarischen Qualitäten und der fast noch geschicktere, verstecktere Aufbau des Briten japanischer Herkunft noch stärker zu sein. Danach erscheint Holmqvist irgendwie etwas « leichter ». So sollte man es durchaus umgekehrt angehen und die Schwedin zuerst lesen und eventuell Ishiguro anschliessend.
    Wem der Ishiguro zu « kompliziert » oder angedeutet erschien wird dahingegen hier eventuell eine zugänglichere, linearere Verarbeitung eines ähnlichen Themas finden.
    Empfehlenswert!
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  • Rezension zu Die Entbehrlichen

    kulturnews.de:
    Was ist ein Mensch wert? Was ist eine Frau wert, die alleine lebt, keine Kinder hat, deren Eltern gestorben sind und die vordergründig nichts für die Gesellschaft leistet? In Ninni Holmqvists Gesellschaftsentwurf ist eine solche Frau mit 50 Jahren entbehrlich - und soll ihren Tribut zahlen, indem sie in einer so genannten Einheit lebt. Eine Einheit, in der es ihr nicht schlecht geht, in der sie gut ernährt und medizinisch bestens versorgt wird. Denn sie dient zunächst als Testperson für neue Medikamente. Später muss sie für die "Benötigten" Organe spenden. Und nach fünf bis sechs Jahren in der Einheit endet ihr Leben mit der "Endspende". Ein Wort, das keinen Raum mehr für Fantasie lässt. Holmqvist reiht sich dank ihres distanzierten Stils und der Konsequenz ihrer Gedankengänge in die Riege großer Literatinnen wie Doris Lessing oder Margret Atwood ein. Sie denkt das ökonomische Prinzip der Gewinnmaximierung in ihrer Utopie gegen jedes menschliche Sozialverhalten und ohne Rücksichtnahme auf Gefühle zu Ende. (bl)
    Kurzbeschreibung:
    Dorrit Wegner lebt in nicht allzu ferner Zukunft. Sie gehört zu den 'Entbehrlichen' , denjenigen, die ihre Produktivität nicht durch die Geburt eines Kindes unter Beweis gestellt haben. Und so wird sie an ihrem 50. Geburtstag in die 'Einheit' eingewiesen, eine Anlage, die - obwohl mit allem nur erdenklichen Luxus ausgestattet nur einem Zweck dient: Die Bewohner müssen sich für psychologische Tests und Organentnahmen zur Verfügung stellen - bis hin zu einer radikalen Operation, der so genannten 'Endspende' für die 'Benötigten', die zum sicheren Tod des Spenders führt.
    Ein ebenso kluger wie beklemmender Roman, der auf brillante Weise die Abgründigkeit einer Welt vor Augen führt, in der die menschlichen Werte endgültig aufgegeben sind. Ein Text, der gerade darin mit allem Nachdruck auf der Sinnhaftigkeit des Lebens beharrt.
    Die Autorin:
    Ninni Holmqvist, geboren 1958, debütierte 1995 mit der Novellensammlung Kostym (deutsch: Kostüm).
    2004 erschien ihre Erzählsammlung "Die Verführten" auf deutsch. "Die Entbehrlichen" ist Ninni Homqvists erster Roman, der von der skandinavischen Presse gefeiert wurde.
    Die Autorin lebt in Südschweden, wo sie neben ihrer schriftstellerischen Arbeit als Übersetzerin aus dem Dänischen und Englischen tätig ist.
    Meine Meinung:
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, das Thema war sehr beklemmend.
    Die Vorstellung, als "Versuchskaninchen" allzeit bereit zu sein, jederzeit zur Spende, bzw. Endspende aufgerufen zu werden ist sehr gruselig.
    Zwar haben die Entbehrlichen schöne Randbedingungen - einen Wintergarten, Park, Geschäfte, Kino, Sportanlagen - aber was ist das letztendlich wert?
    Der Roman hat mir auch vom Schreibstil gepackt, sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
    Ein Buch, was einen nachdenklich stimmt.
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Ausgaben von Die Entbehrlichen

Taschenbuch

Seitenzahl: 272

Hardcover

Seitenzahl: 269

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