Emmie Arbel: Die Farbe der Erinnerung

Buch von Barbara Yelin

Bewertungen

Emmie Arbel: Die Farbe der Erinnerung wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Emmie Arbel: Die Farbe der Erinnerung

    Im November diesen Jahres fiel mir ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung auf, in dem erzählt wurde, dass die Israelin Emmie Arbel ausgerechnet in der Gedenkstätte eines früheren Konzentrationslagers, in dem sie als Kind inhaftiert war, Zuflucht vor dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober fand. Arbel war zufällig genau zu dieser Zeit für eine Woche nach Deutschland gekommen, um als Zeitzeugin beim "Ravensbrücker Generationenforum" mitzuarbeiten. Die Geschichte von Emmie Arbel hatte ich ansatzweise schon in dem Beitrag "Aber ich lebe" von der deutschen Graphic Novel-Künstlerin Barbara Yelin in der gleichnamigen Anthologie "Aber ich lebe. Vier Kinder überleben den Holocaust" wahrgenommen, die letztes Jahr erschienen ist. Genau dieser Beitrag ist auch in dem neuen Buch "Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung" aufgenommen, aber erweitert und ergänzt.
    Barbara Yelin (geb. 1977) lernte Emmie Arbel im Jahr 2019 in eben dieser Gedenkstätte des Konzentrationslagers Ravensbrück kennen. Seitdem führten Yelin und Arbel viele Gespräche und trafen sich immer wieder - in Deutschland, in den Niederlanden und auch in Israel. Yelin arbeitete damals schon bei dem wissenschaftlichen Projekt "Visual Storytelling and Graphic Art in Genocide and Human Rights Education" mit (Informationen zu diesem interessanten Projekt findet man z.B. hier: https://holocaustgraphicnovels.org/). Emmie Arbel war bereit, sich ebenfalls an diesem Projekt zu beteiligen. So entstand Yelins Graphic Novel "Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung".
    Emmie Arbel wurde 1937 in den Niederlanden geboren. 1942 wurde sie zuammen mit ihrer Familie deportiert. Dabei wurde die Familie getrennt; Emmie Arbel überlebte mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Rudi die beiden Konzentrationslager Ravensbrück und Bergen-Belsen, ihre Großeltern wurden in Auschwitz ermordet, ihr Vater starb in einem Außenlager des KZ Buchenswalds, ihre Mutter starb kurz nach der Befreiung Bergen-Belsens an Hunger und Erschöpfung. Emmie Arbel und ihr Bruder Rudi wurden zunächst in ein Kinderheim nach Schweden gebracht; dort erhielten sie dann die Nachricht, dass ihr älterer Bruder Otto ebenfalls überlebt hatte. Rudi und Emmie kehrten in die Niederlande zurück, die drei Geschwister lebten fortan zusammen mit mehreren anderen jüdischen Waisenkindern bei einer Pflegefamilie in Bilthoven. Dort wurde Emmie von ihrem Pflegevater, der selbst als Auschwitz überlebt hatte, über ein Jahr lang immer wieder sexuell missbraucht, ohne in dieser Situation Hilfe zu bekommen. Eine wirklich unfassbar schreckliche Geschichte - der Schutzraum, den die damals achtjährige Emmie Arbel nach dem Holocaust so dringend gebraucht hätte, war eben gerade kein Schutzraum, im Gegenteil wurde sie hier verraten und vergewaltigt. Im Jahr 1949 wanderte Emmie mit ihren Brüdern und ihrer Pflegefamilie nach Israel aus und wuchs dort in einem Kibbuz auf - bis sie als junge Frau nach ihrem Wehrdienst den Kibbuz verließ, heiratete, verschiedene größere Reisen unternahm, drei Töchter großzog und in verschiedenen Berufen arbeitete.
    Die Graphic Novel zeigt den Prozess der Gespräche von Yelin und Arbel. Insofern hat mich das Buch sehr an die Graphic Novel "Maus" von Art Spiegelman erinnert. Allerdings ist das Prinzip des linearen Erzählens in "Die Farben der Erinnerung" bewusst aufgegeben. Indem mehrere Zeitebenen und Perspektiven gleichzeitig dargestelt werden, kann so der Prozess des Erinnerns, das Fragmentarische dieser Erinnerung, die Erinnerungslücken und auch die Belastung, die damit für Arbel einhergeht, deutlich gemacht werden.
    Das Buch ist großartig. Die eigentliche Graphic Novel wird ergänzt durch ein Nachwort von Barbara Yelin, eine Zeitleiste zur Biographie Arbels, einer Karte zu den Deportations-, Flucht- und Immigrationsrouten der Familie Arbel und zwei sehr informative weitere Aufsätze zu Emmie Arbels Erfahrungen nach dem Holocaust und zum Projekt "Visual Storytelling and Graphic Art in Genocide and Human Rights Education". So wird dem Leser/der Leserin eine wirklich tiefergehenden Auseinandersetzung mit Emmie Arbels Geschichte sowie ihrer Darstellung in der Graphic Novel ermöglicht.
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Ausgaben von Emmie Arbel: Die Farbe der Erinnerung

Hardcover

Seitenzahl: 192

Besitzer des Buches 1

  • Yra

    Mitglied seit 6. Juli 2023
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