Original : Deutsch, 2015
INHALT :
Eine Ästhetik des digitalen Zeitalters – Jeff Koons, iPhone und Brasilian Waxing: Warum finden wir das Glatte schön?
Die Schönheit befindet sich heute in einer paradoxalen Situation. Einerseits breitet sie sich inflationär aus: Überall wird ein Kult um die Schönheit betrieben. Andererseits verliert sie jede Transzendenz und liefert sich der Immanenz des Konsums aus: Sie bildet die ästhetische Seite des Kapitals. Die Erfahrung der Negativität angesichts des Schönen wie Erhabenheit oder Erschütterung weicht komplett dem kulinarischen Wohlgefallen, dem Like. Letzten Endes kommt es zu einer Pornographisierung des Schönen.
Der vorliegende Essay des bekannten Philosophen Byung-Chul Han beschwört jene Formen des Schönen, die sich als Wahrheit, als Desaster oder als Verführung manifestieren. Erschlossen werden auch jene Dimensionen des Schönen, die eine Ethik oder Politik des Schönen begründen würden. (Quelle: Fischerverlag)
BEMERKUNGEN :
Der Autor wirbelt unsere zeitgenössischen, geläufigen Vorstellungen bzw unser Wahrnehmen des Schönen ganz schön durcheinander. Er legt auseinander, wie in unserer Gesellschaft dieses immer mehr mit dem Glatten, Widerstandslosen, Geschliffenen, uns einfach Gleichem ineins gesetzt wird, was eigentlich innerlich keinerlei (positiv verstandenen) Widerstand, kein Echo, keine Bewegtheit, keinerlei Alterität und Neuimplus mehr erzeugen. Nur noch Bestätigung und Entgegenkommen. Auf immer wieder interessante Weise macht der Autor anhand verschiedenster Beispiele klar, dass das Eigentliche des Schönen woanders liegt (oder liegen sollte) : das, was früher pathetisch das « Erhabene » genannt wurde, riefe in uns Staunen und Nachdenken hervor, Infragestellung und Einladung. Ist quasi auch eine Form des Geweckt-Werdens, des guten Erschreckens.
So wird die natürliche Schönheit zu einer Form der Alterität, der Begegnung mit dem anderen, und nicht einfach zur abgeschliffenen Bestätigung einer autoerotischen Suche und Suche nach identischen Gleichmacherei. Schönheit ist nicht einfach reizlose, pornographische, sich aufdrängenden Enthüllung, sondern bestände in verschiedensten Bereichen gerade im reizvollen Sich-Verbergen, Sich-Entziehen. Auch Verwundbarkeit habe da ihren Platz. Schönheit wäre ein Sich Aussetzen gegenüber der möglichen Verwundung, des eventuellen Leides. Immer aber eine Einladung zu einer Form der Auseinandersetzung.
Es ist wohl hier nicht möglich, die vielfältigen Impulse des deutsch-koreanischen Autors nachzuzeichnen, doch das Lesen lohnt sich, bringt unser Nachdenken und Empfinden in Gang, « in die Schwünge ».
Prima Entdeckung !
AUTOR :
Byung-Chul Han, geboren 1959 in Seoul/Südkorea, ist ein deutscher Autor und Essayist sowie Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Er studierte zunächst Metallurgie in Korea, dann Philosophie, Germanistik und katholische Theologie in Freiburg im Breisgau und München. Nach seiner Habilitation 1994 in Freiburg mit der Studie „Heideggers Herz. Zum Begriff der Stimmung bei Martin Heidegger » lehrte er Philosophie an der Universität Basel. 2000 habilitierte sich Byung-Chul Han an der Universität Basel. Anschließend war er bis 2010 Privatdozent am dortigen philosophischen Seminar. Im selben Jahr wechselte er an die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, an der er bis 2012 als Professor für Philosophie und Medientheorie tätig war. Seit dem Wintersemester 2012 lehrt er Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. 2015 erhielt er Le Prix Bristol des Lumières. 2016 wurde ihm der Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung verliehen.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Philosophie ab dem 18. Jahrhundert im Allgemeinen, die Ethik, die Phänomenologie, die Ästhetik sowie die Sozial-, Kultur-, Religions- und Medienphilosophie.
Gebundene Ausgabe: 112 Seiten
Verlag: S. FISCHER; Auflage: 4 (23. Juli 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3100024311
ISBN-13: 978-3100024312