James Graham Ballard - Die Betoninsel / Concrete Island

  • Autor:
    James Graham Ballard, geboren 1930 in Shanghai und 2009 in Shepperton (Südengland) gestorben, war ein britischer Schriftsteller, dessen zahlreichen Romane und Kurzgeschichten zum Teil auch verfilmt wurden. Erwähnenswert sind hier "Das Reich der Sonne" (1987 verfilmt von Steven Spielberg mit dem Jugendlichen Christian Bale in der Hauptrolle), ein halb-autobiographischer Roman über einen Elfjährigen, der in Shanghai im Zweiten Weltkrieg von seinen Eltern getrennt wird, "Crash" (1996 verfilmt von David Cronenberg), über Leute, die durch Autounfälle sexuell stimuliert werden, und "High-Rise" (letztes Jahr mit Jeremy Irons verfilmt), in dem es um die Klassengesellschaft und Zivilisationszerfall in einem Hochhaus geht.


    Inhalt:
    Der erfolgreiche Architekt Maitland rast mit seinem Jaguar durch eine Leitplanke, stürzt eine Böschung herunter und strandet sozusagen mitten auf einer Grünfläche, umgeben von einem dicht befahrenen Autobahndreieck. Schwer verletzt, versucht er erfolglos die vorbei fahrenden Autos auf sich aufmerksam zu machen, weil er alleine die steile Böschung nicht empor klettern kann. Aus seinem Privatleben vermisst ihn auch keiner: Ehefrau und Geliebte vermuten den Treulosen bei der jeweils anderen, im Büro ist man gewohnt, dass der Chef sang- und klanglos für ein paar Tage verreist. (Und Handys gab es 1974 noch nicht, könnte in einer modernen Fassung aber auch beim Unfall kaputt gehen). Gestrandet wie Robinson Crusoe, versucht er zunächst von der grünen Insel zu entkommen, anschliessend zu überleben und schliesslich merkt er, dass er gar nicht alleine auf der Insel ist...


    Meinung:
    Naja, da lese ich lieber „Robinson Crusoe“. Ich hatte bereits Mühe, die Grundsituation zu akzeptieren: es geschieht ein Autounfall, der Wagen überschlägt sich, fliegt die Böschung runter, und keines der vorbeifahrenden Autos hält an? Fahrer, die Maitland winkend und um Hilfe signalisierend, sehen, vermuten einen Landstreicher?! Und wirklich niemand vermisst den erfolgreichen Architekten, der Familie und Geliebte hat? Das Ganze kommt mir doch sehr konstruiert vor, aber meinetwegen – es klingt nicht alles nachvollziehbar, aber zur Unterhaltung kann ich vieles hinnehmen. Und die Idee, dass Jemand inmitten der Zivilisation auf Niemandsland strandet, klingt interessant. Die erste Hälfte des Romans ist einigermassen spannend, in der Maitland noch vernünftige Anstrengungen unternimmt, um von der Insel zu entkommen. Zudem muss er sich um Nahrung und Obdach kümmern, und die Gegend erkundschaften. Als er dann auf weitere Bewohner trifft, verschiebt sich der Fokus der ohnehin kurzen Geschichte, und die Intrigen und Machtspielchen geraten in den Vordergrund. Spätestens von dort an wurde es für mich zunehmend uninteressant. Nachdem ich @K.-G. Beck-Ewes Rezi zu „High-Rise“ las und ich mit „Crash“ wenig anfangen kann (jedenfalls mit der Verfilmung), bin ich vorerst nicht an weiteren Texten von J.G. Ballard interessiert.