Carlos Ruiz Zafón - Der Mitternachtspalast / El palacio de la medianoche

  • Klappentext:
    Direkt nach ihrer Geburt in Kalkutta wären die Zwillinge Ben und Sheere beinahe einem Auftragsmord zum Opfer gefallen. Um die Kinder vor dem unbekannten Verfolger zu verbergen, wachsen sie getrennt auf: Ben in einem Waisenhaus, Sheere bei ihrer Großmutter, mit der sie durch ganz Indien irrt. Doch 1932, als die beiden sechzehn werden, beginnen die Schrecken von neuem; es kommt zu mysteriösen Todesfällen in ihrem Umfeld. Ben vermutet eine Verbindung zu ihrem Vater, der bei einem tragischen Unglück ums Leben kam. Auf der Suche nach der Wahrheit geraten die Zwillinge immer tiefer in die düstere Unterwelt Kalkuttas. Es beginnt ein grausiges Spiel um Leben und Tod – mit einem Widersacher, dessen Wahn alles Vorstellbare übersteigt. (von Amazon, gekürzt)


    Zum Autor:
    Carlos Ruiz Zafón begeistert mit seinen Barcelona-Romanen um den Friedhof der Vergessenen Bücher ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt. ›Der Schatten des Windes‹, ›Das Spiel des Engels‹ und ›Der Gefangene des Himmels‹ waren allesamt SPIEGEL-Bestseller; der vierte und letzte Band der Tetralogie ist in Arbeit. Auch ›Marina‹, der Roman, den er kurz vor den großen Barcelona-Romanen schuf, stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Seine ersten Erfolge feierte Carlos Ruiz Zafón mit den drei phantastischen Schauerromanen ›Der Fürst des Nebels‹, ›Mitternachtspalast‹ und ›Der dunkle Wächter‹. Carlos Ruiz Zafón wurde 1964 in Barcelona geboren und teilt seine Zeit heute zwischen Barcelona und Los Angeles. (von der Fischer-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: El palacio de la medianoche
    Aus dem Spanischen übersetzt von Lisa Grüneisen
    2. Band der Nebel-Trilogie
    Erstmals erschienen 1994 bei Verlag Edebé, Barcelona
    Erzählt von Ian, einem der Jugendlichen, inzwischen ein alter Mann, in der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters mit Einschüben aus der Jetztzeit
    332 Seiten


    Persönliche Meinung:
    Es geht nicht nur um die Zwillinge, die getrennt wurden, sondern um die Gruppe Waisenkinder, mit denen Ben zusammenlebt und die „Chowbar Society“ gegründet hat, deren sieben Mitglieder fest zusammenhalten, sich allabendlich in einem zerfallenen Haus, genannt Mitternachtspalast, treffen und sich – ähnlich wie im “Club der toten Dichter“ – Geschichten erzählen. Gruslige am liebsten.
    Die ganze Gruppe, ein Mädchen und fünf Jungen treten mit Ben und seiner Schwester Sheere an, dem grausamen Geist Widerstand zu leisten und ihn zu besiegen.


    Vermutlich hätte das Buch einen anderen Rezensenten verdient als mich. Einen, der gepflegten Horror zu schätzen weiß und sich nicht 330 Seiten lang fragt, welcher Sinn hinter der Geschichte steckt. Einen, der Kapitel voller Verfolgungsjagden und voller Gefahren durch ein Wesen aus einer anderen Dimension akzeptiert, das sich in Feuer verwandeln kann, sich an mehreren Orten zugleich aufhält und die Vergangenheit sühnen will. Einen, der die merkwürdige Erklärung für die Existenz des „Gespensts“ versteht.


    Natürlich könnte man Argumente finden, um das Buch literarisch abzuwerten, also eine unpassende Wortwahl (z.B. „brandgeküsst“ für eine schreckliche Verbrennung, S. 127) oder die Inkonsequenz des Ichs, der aus der Erinnerung die Geschichte beschreibt, dabei auch von Handlungen und Gesprächen weiß, bei denen er nicht anwesend war.
    Doch ich gebe zu: Horror ist einfach nicht mein Genre. Auch wenn er sich in einem Jugendbuch „versteckt“ oder von Zafón stammt, dessen Reihe vom „Friedhof der verlassenen Bücher“ ich mit Begeisterung gelesen habe.


    Aber solange keiner derjenigen, die das Buch mit Bestnoten bedacht haben, eine Rezension dazu geschrieben hat, müsst ihr mit meiner Meinung vorlieb nehmen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Den "Mitternachtspalast" habe ich irgendwann im letzten Jahr gelesen, und ich gebe zu, dass dieses Buch sowas wie meine Dosis Methadon für die Zeit ist, die Zafón braucht, um die Tetralogie des Friedhofs der vergessen Bücher fertigzustellen. Es ist wohl auch wirklich eher ein Jugendbuch, und ich kann verstehen, wenn einem die Hintergründe der Handlung etwas weit her geholt erscheinen. Das ging mir am Ende der Erzählung ähnlich.
    Trotzdem habe ich Stunden verbracht, in denen ich regelrecht in die Szenerie der Geschichte abgetaucht bin. Besonders die Stellen, an denen sich die Kinder in das verlassene Bahnhofsgebäude begaben, sind mir in schaurig schöner Erinnerung geblieben. Ich konnte die Geräusche vorbeirauschender Züge, quietschenden Metalls, das Pfeifen des Windes und die Stimmen aus vergangener Zeit förmlich hören. Und das ist es, was mir an Zafóns Büchern so gut gefällt: Es ist wie früher als man selbst noch ein Kind war und sich abends vor dem Schlafengehen Gruselgeschichten erzählt hat..(ich hatte eine Kindheitsfreundin, die Meisterin darin war) und gerade weil alles Gehörte irgendwie abstrus war, konnte man sich anschließend so schön in Sicherheit wiegen... :sleep:

  • Ein schöner Verriss :lol: Mir hat schon der 2. Teil der "Friedhofs"-Reihe nicht mehr gefallen, obwohl ich den ersten Band unglaublich toll fand.

  • Mein Fazit:

    Ein gelungener 2ter Teil der Nebel-Trilogie. Da es sich um abgeschlossene Geschichten, mit ähnlichen Inhalt handelt, können die Bücher einzeln und in unterschiedlicher Reihenfolge gelesen werden. Mir gefiel dieser Teil besser als der Erste, die Geschichte ist etwas vielschichtiger und nicht ganz so vorhersehbar. Das die Erzählung Raum lässt für eigene Spekulationen/ Ideen gefällt mir gut, nicht jedes Detail wird erklärt und doch weiß ich worum es sich handelt. Mir fehlte aber der gewisse Gruselfaktor, was daran liegen mag, dass es ein Jugendbuch ist und ich doch dem Jugendalter schon einige Jahrzehnte entwachsen bin


    Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:, und eine klare Leseempfehlung für Jugendliche