Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
Düsseldorf/Kaiserswerth im Jahre 1822. Johanne hat nur einen großen Wunsch: Sie möchte der Armut entkommen und ihr trostloses Elternhaus verlassen. Doch der protestantische Pfarrer Theodor Fliedner erkennt ihre Klugheit und Reife. Er ermutigt sie, ihm in seiner Gemeinde zu helfen. Dabei ist schnell offensichtlich, dass Johanne die ideale Gattin für den ehrgeizigen Pastor wäre. Sie aber lehnt eine Ehe ab und wählt die Freiheit. Fliedner und Johanne bleiben enge Vertraute, verbunden durch ihren Glauben und die Vorbereitungen zur Gründung des ersten Diakonissenhauses in Kaiserswerth.
Johannes Hoffnung, ihre jüngere Schwester Catharine, die zu ihr zieht, würde sich ebenso stark in der Kirche wiederfinden wie sie selbst, wird enttäuscht. Catharine geht ihren eigenen Weg. Mit ihrem Geliebten stürzt sie sich 1848 in die Revolution. Zwischen den Schwestern entbrennt ein heftiger Kampf um die persönlichen Überzeugungen. Erst ihre gemeinsame Pflegetochter Magdalena scheint erfolgreich darin zu sein, Glaube, Liebe und politische Überzeugung in Einklang zu bringen.
Autorin (Quelle: amazon)
Gina Mayer, geb. 1965, studierte Grafik-Design und arbeitete danach als freie Werbetexterin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Seit 2006 hat sie eine Vielzahl an historischen und zeitgeschichtlichen Romanen für Erwachsene und Jugendliche veröffentlicht. Viele ihrer Bücher spielen in ihrer Wahlheimat Düsseldorf, wo Gina Mayer mit ihrem Mann und zwei Kindern lebt.
Allgemeines
• Format: Kindle Edition
• Dateigröße: 904 KB
• Verlag: edition oberkassel; Auflage: 1 (10. Dezember 2013)
Handlungsorte: Kaiserswerth, Düsseldorf, New York
Handlungszeit: 1822 - 1876
Erzählung in der dritten Person, fünf Hauptteile, die abwechselnd aus der Perspektive einer der drei Hauptfiguren berichten
Zum Inhalt
Im Mittelpunkt dieses Romans stehen nicht nur die Lebensgeschichten der drei Protagonistinnen Johanne, Catharine und Magdalena König, sondern auch das Leben und Wirken des protestantischen Pfarres Theodor Fliedner (1800 - 1864), der gemeinsam mit seinen beiden Ehefrauen Friederike (1800 - 1842) und Karoline (1811 - 1892) die Kaiserswerther Diakonie begründete. Als junger Mann von 22 Jahren kommt Fliedner nach Kaiserswerth, um dort eine Pfarre zu übernehmen. Johanne König, ein intelligentes junges Mädchen aus einer bitterarmen Familie, unterstützt den Pastor in seinen wohltätigen Werken und verliebt sich in ihn. Fliedner erwidert zwar ihre Gefühle, aber an erster Stelle kommt bei dem tiefgläubigen Mann immer Gott. Als er Johanne einen Heiratsantrag macht, lehnt diese ab, denn sie fühlt sich mit den unmäßigen Ansprüchen Fliedners an eine Ehefrau im unermüdlichen Dienste der Kirche überfordert und will eine gewisse Freiheit für sich wahren.
Dennoch arbeitet sie weiterhin engagiert mit Fliedner und dessen neuer Ehefrau Friederike zusammen. Ihre jüngste Schwester Catharine übergibt sie zur Erziehung ihrer eher weltlich ausgerichteten Freundin Nelli. Auch Catharine verliebt sich in einen angehenden Pfarrer. Im Gegensatz zu Fliedner gelingt es Gustav Winkels jedoch nicht, "zu Gott zu finden". Die gesellschaftlichen Zustände (Ausbeutung der Arbeiter zur Zeit der beginnenden Industrialisierung und die Knechtung des einfachen Volkes durch die Obrigkeit) wecken bei ihm Zweifel an der Existenz Gottes.
Deshalb gibt Winkels seine Tätigkeit auf und wendet sich der geplanten Revolution (1848 ) zu. Auch Catharine, die seine Geliebte geworden ist, entwickelt immer mehr freiheitliche Ideen, nicht nur im Hinblick auf die Arbeiterschaft, sondern auch im Hinblick auf die durch Konventionen in ihrem Lebensradius eingeschränkten Frauen. Die konträren Lebenseinstellungen von Johanne und Catharine führen zu großen Spannungen zwischen den Schwestern. Die jüngste der drei König-Frauen, Magdalena, ist die Ziehtochter von Johanne und Catherine. Dem Einfluss beider Frauen ausgesetzt, wandelt sie gewissermaßen zwischen deren Welten, erlangt aber auch in einer weniger konservativen Umgebung (New York) Möglichkeiten, wie sie den Frauen in der Alten Welt nicht offenstehen.
Persönliche Beurteilung
In diesem Roman stehen nicht so sehr die Charaktere der drei weiblichen Hauptfiguren im Vordergrund. Vielmehr erhält der Leser einen Einblick in die gesellschaftliche Ordnung und das Leben zur Zeit der Industriellen Revolution. Auf der einen Seite stehen die obrigkeitskonformen, recht phantasielosen Menschen um Fliedner: tiefgläubige Protestanten, die trotz ihres beschränkten Horizonts viel Gutes tun und unermüdlich karitativ tätig sind. Zu dieser Gruppe gehört Johanne, die allerdings dennoch Fliedner durchaus mit kritischen Augen sieht und ihm gegenüber ihre manchmal abweichende Meinung selbstbewusst vertritt. Auf der anderen Seite stehen die Revolutionäre, die althergebrachte Rollenbilder ablehnen und von einem gerechten, geeinten und demokratischen Deutschland träumen.
Sowohl die religiöse als auch die politische Bewegung der Zeit wird sehr gut recherchiert dargestellt.
Der Erzählstil vermag die größtenteils düstere Atmosphäre der geschilderten Epoche gut zu transportieren. Die Handlung läuft anfangs etwas schleppend an, wird dann aber durch die gegensätzlichen Perspektiven von Johanne und Catharine (später auch Magdalena) immer fesselnder. Ein Autorennachwort habe ich (in der Kindle Ausgabe) vermisst.
Wer sich für religionsgeschichtliche Themen (Protestantismus) und für die deutsche Geschichte des 19.Jahrhunderts (Revolution 1848 ) interessiert, hat hier einen sehr lesenswerten Roman vor sich. Freunde historischer Liebesromane werden dagegen kaum auf ihre Kosten kommen.
Fazit
Ein gründlich recherchierter Roman zur Erneuerung des Diakonissenwesens unter Theodor Fliedner und zu den revolutionären Bestrebungen im Deutschland des 19.Jahrhunderts.