Der Schrecken verliert sich nicht!
„…Unsere gottverdammte Pflicht nach Auschwitz ist, das niemals zu vergessen. Es bleibt ein ewiges Thema. Ich glaube nicht, dass wir aufhören sollten, uns damit zu beschäftigen.“
Dieses Zitat ist der Schluss des Nachwortes von Margarete Mitscherlich zum im März 2013 erschienenen Roman „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ von Monika Held. Vielleicht könnte ich das jetzt noch anders formulieren, aber warum sollte ich, wenn es doch haargenau so auch meine Meinung wiederspiegelt.
Auch dieses Buch entdeckte ich bei Amazon Vine. Ich bin sehr froh, dass ich mir eines der letzten Rezensionsexemplare ordern konnte.
Der Schrecken verliert sich vor Ort
Der Wiener Sozialdemokrat Heiner wurde 1942 von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz gebracht. Mit ihm zusammen wurden 1860 Menschen in dieses Konzentrationslager gebracht. Nur Vier von ihnen haben überlebt!
Als Heiner 1964 in Frankfurt als Zeuge bei einem Kriegsverbrecherprozess ist, lernt Lena ihn kennen und lieben. Aber ist diese Liebe auch stark genug für das Trauma, das Heiner seit Auschwitz mit sich herum trägt? Wird Lena seine Erinnerungen und seinen Umgang damit je verstehen?
Was kommt nach der Hölle?
Von Anfang an hat mich die in der Erzählperspektive verfasste Geschichte von Monika Held gefesselt. Flüssig, bildhaft und dazu noch mit einer sehr angenehmen Sprache befinde ich mich mit den Hauptfiguren zu verschiedenen Zeiten in Deutschland, Österreich und Polen. Obwohl das Verhalten von Heiner manchmal eigenartig anmutet und ich sehr gut verstehen kann, dass seine erste Frau das nicht durchgehalten hat – immerhin war diese auch noch für die kleine Tochter verantwortlich – konnte ich auch sein Verhalten meistens nachvollziehen.
Menschen, die schwere Unfälle oder Naturkatastrophen überlebt haben - Ereignisse, die geschahen, ohne dass es jemand beabsichtigte – erleiden Traumas, unter denen sie ihr gesamtes weiteres Leben zu leiden haben. Die Dinge, die Heiner in Auschwitz erlebte, haben ihm und seinen Kameraden andere Menschen in vollem Bewusstsein angetan! Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er Lena kennenlernte, war Heiners einziges noch verbliebenes Lebensziel, als Zeuge gegen die verbrecherischen Nazis aufzutreten.
Mit Lena begann für ihn noch einmal ein neuer Lebensabschnitt, in dem man sein ehrliches Bemühen spüren konnte, der Liebe wegen über den einen oder anderen Schatten zu springen. Allerdings fand ich es sehr realistisch, dass auch die Liebe nicht alles kitten konnte. Lena ist eine sehr starke Frau, mit sehr starken Gefühlen. Ihren Kampf um ihre Liebe und ihr eigenes Ich fand ich bewundernswert.
Auch den weiteren Verlauf der Geschichte fand ich persönlich sehr interessant. Die Ereignisse in Polen habe ich als Kind eher am Rande und dort wo ich lebte auch ziemlich verfälscht mitbekommen. In der DDR wurden die Ereignisse so propagiert, dass böse imperialistische Kräfte am Wirken sind. Wie es sich tatsächlich verhielt, wurde mir erst als junge Erwachsene klar, als sich auch in der DDR immer mehr Menschen erhoben.
Alles in allem hat mich dieses Buch tief bewegt und mich einmal mehr zu der Erkenntnis geführt, dass ich jegliche Verletzung an Menschenrechten verurteile. Natürlich wünsche ich mir dabei besonders, dass von meinem Heimatland Deutschland nie wieder solche Schrecken ausgehen sollen. In jedem Fall gibt es von mir eine hundertprozentige Leseempfehlung.