John Le Carré - Empfindliche Wahrheit / A Delicate Truth

  • Klappentext:


    Eine Antiterroroperation namens "Wildlife" wird auf Britanniens wertvollster Kolonie durchgeführt: Gibraltar. Ihr Ziel: einen hochrangigen jihadistischen Waffenkäufer einfangen und entführen. Ihre Planer: ein ambitionierter Minister des Außenministeriums und ein privater Verteidigungsunternehmer, der auch sein enger Freund ist. DIe Mission ist so delikat, dass selbst der Privatsekretär des Ministers, Toby Bell, nicht darüber informiert wird.


    Eine disaströse Verschwörung vermutend versucht Toby die Aktion zu verhindern, wird aber prompt nach Übersee stationiert. Drei Jahre später von Sir Christopher Probyn, einem britischen Diplomaten im Ruhestand, herbeigerufen in sein verfallendes Cornishes Herrenhaus und streng beobachtet von Probyns Tochter Emily, muss Toby zwischen seinem Gewissen und seiner Verpflichtung gegenüber dem Geheimdienst wählen.


    Wenn für den Sieg des Bösen nichts nötig ist, als das gute Menschen nichts tun, wie kann er da schweigen?


    Eigene Beurteilung/Eigenzitat aus amazon.de:


    Ich habe Le Carrés eher zurückhaltenden Spionagethriller eigentlich immer sehr geschätzt und bin mit entsprechend hohen Erwartungen an diesen neuen Roman heran gegangen, der diesmal aus-nahmsweise zunächst als Hörbuch auf BBC Radio 4 gelaufen ist.


    Die Geschichte - schwerpunktmäßig rotierend um Toby Bell (a.k.a. Beirut Man) geht von einer schiefgegangenen Geheimaktion auf Gribaltar aus, bei der die durch am Boden befindliche britische Speziallisten gegebene Warnung, einen Angriff auf ein Zielobjekt nicht durchzuführen durch die mehr oder minder professionellen Söldner einer Firma namens "Ethische Abschlüsse" ignoriert werden, was zu einigen bedauerlichen zivilen Kollateralschäden führt.


    Drei Jahre später kocht die Sache wieder hoch und ein beteiligter Soldat, ein ministrialer Mitarbeiter vor Ort und schließlich auch Toby Bell beginnen die Legende ihrer damaligen Abschlussbesprechung zu hinterfragen - und kommen damit in Teufels Küche.


    Sehr filigran gearbeitete Verknüpfungen, die aber nicht wirklich galubwürdig ineinander laufen, wobei die Hauptfiguren - und der Erzähler - beständig ein sehr verklausuliertes High-Englisch sprechen, dass man glaubt, sie wäre gerade aus dem Literaturklub gekommen - was die Handlung nicht gerade voran treibt. Alles in Allem ein vergleichsweise kurzer Le Carré, bei dem ich froh war, als er vorbei gewesen ist. [-(

  • Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar (Ingeborg Bachmann)
    Tja, allerdings wohl nur dann, wenn sie nicht die Aktivitäten irgendwelcher Geheimdienste betrifft. Kommt einem das nicht bekannt vor?
    Das neue Buch von John le Carré ist hochaktuell und vermittelt das Gefühl, statt einer fiktiven Spionagelektüre einen überaus gut geschriebenen Dokumentarroman vor sich zu haben. Es geht um private Militärdienste, geheimdienstliche Aktivitäten ausserhalb der Legalität, Geld, Mord, Vertuschung, Ehre, Loyalität und - natürlich - auch um die Liebe.
    Toby Bell, der junge persönliche Referent (mit vielversprechenden Karriereaussichten) eines Ministers, wird Zeuge wie sein Vorgesetzter unter Umgehung sämtlicher Dienstvorschriften eine illegale Operation unter Mithilfe privater Militärdienste initiiert, die bedauerlicherweise nicht so abläuft wie geplant. Und noch bedauerlicher ist es, dass trotz Nutzung sämtlicher möglicher Bestechungsmöglichkeiten nicht alle Beteiligten ruhig gestellt werden können. So beginnt die Wahrheit sich doch nach einigen Jahren ihren Weg zu bahnen...
    Die Geschichte wirkt auf den ersten Blick unglaublich (bestechliche Minister, vertuschte Morde, überwachte Mitarbeiter, private Militärdienstleister im Auftrag von Regierungsmitgliedern usw.), auf den zweiten jedoch schon wesentlich realistischer. Denn gab/gibt es das nicht alles schon? Alle mauern, kein Wort nach draußen? Je weiter man liest, desto stärker hat man das Gefühl, all das schon einmal gehört, gelesen und/oder gesehen zu haben. Aber nicht nur die Geschichte macht das Buch zu einer außerordentlichen Lektüre: le Carrés Schreibstil ist einfach herrlich. Stets mit einem leichten Ton der Ironie oder des Spottes, je nachdem über wen oder was gerade geschrieben wurde. Trotz des alles andere als amüsanten Themas kann man sich ein Schmunzeln nur schwer verkneifen.
    Toll! Einfach ein tolles Buch, das ich nur empfehlen kann.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Inhalt

    Ein Agent, der für einen Einsatz auf Gibraltar den Tarnnamen Paul Andersen trägt, wartet in seinem Hotel auf seinen Einsatzbefehl. Es handelt sich um eine hochgeheime Operation im Bereich der Terrorabwehr, in Zusammenarbeit mit einer privaten amerikanischen Firma namens Ethical Outcomes. Sie trägt den Namen „Wildlife“. Im Laufe des ersten Kapitels erfährt man, dass es sich um einen Zugriff auf einen gesuchten Terroristen handelt. Die Zielperson soll im Laufe des Abends von seiner Jacht aus zu einem bestimmten Haus in einer Siedlung direkt am Meer fahren. In einem Versteck warten dort die Einsatzkräfte. Mit im Team ist neben Paul ein gewisser Jeb, der als sein Partner fungiert.
    Als sich die Zielperson auf den Weg macht, ist man über ein ausgeklügeltes System von Kameras und Bildschirmen sehr nah am Geschehen dran und bekommt mit, dass etwas schief läuft. Der gesuchte Terrorist fährt gar nicht in das observierte Haus. Dennoch kommt es zum Einsatzbefehl. Paul, der nur als Kontaktmann bei der Operation fungierte, bekommt gar nicht genau mit, was sich im Haus genau ereignet. Er hört nur, dass geschossen wird. Offenbar ist der Einsatz gelungen. Es wird gefeiert. Paul, der eigentlich Beamter im Außenministerium ist, wird zur Belohnung auf einen lukrativen Posten in der Karibik versetzt, wo er von der Queen sogar in den Adelsstand erhoben wird.


    Drei Jahre später kommt Paul Andersen, der mit seinem richtigen Namen Kit Probyn heißt, aus der Karibik zurück und zieht mit seiner an Krebs erkrankten Frau Suzanna nach Cornwall, wo ihn eines Tages die ungeklärte Vergangenheit in Form eines Lederwarenverkäufers, der sich als seinen ehemaligen Einsatzpartner Jeb herausstellt, einholt. Seine Frau Suzanna will unbedingt wissen, was vor drei Jahren bei diesem hochgeheimen Einsatz passiert ist und ob sich ihr Mann Kit in irgendeiner Form schuldig gemacht hat.


    In einer anderen Perspektive begegnen wir dem hoffnungsvollen jungen Diplomaten Toby Bell. Er ist Assistent des Ministers Fergus Quinn und hat mitbekommen, wie sein Minister einen hochgeheimen Einsatz geplant hat, der nicht mehr erwähnt werden darf und dessen Ausgang ein großes Tabu darstellt. Im Laufe von Kits Nachforschungen zum damaligen Einsatz stößt er auf den Namen Toby Bell, von dem er vermutet, dass er als persönlicher Assistent Quinns mehr wissen muss. Er nimmt Kontakt mit Toby auf. Ihre Nachforschungen stoßen nicht auf Gegenliebe. Es wird sehr schnell klar, dass höhere Mächte im Spiel stehen und beide in Gefahr sind.



    Meine Meinung


    Ich habe diesen Roman mit ziemlich hohen Erwartungen gelesen, weil John le Carré für mich für spannende, intelligente Spionageromane steht. Das erste Kapital mit dem Einsatz auf Gibraltar entsprach dann auch ziemlich genau meinen Erwartungen. Aber ich war doch recht ratlos, dass es zu einem Zugriff mit Schusseinsatz gekommen, obwohl man wusste, dass die gesuchte Person sich gar nicht im Haus befand. Ich fühlte mich darüber etwas unbehaglich, weil ich nicht recht wusste, ob ich jetzt etwas nicht verstanden hatte. Erst im Laufe des Buches ist mir klar geworden, dass der Autor diese Unbehaglichkeit erzeugen wollte. Allerdings hat es mir etwas zu lange gedauert, bis nach dem rasanten Anfang wieder wenigstens ein Hauch von Spannung aufgetreten ist.


    Man lernt in Folge die Figuren Toby Bell und Kit Probyn sowie ihr Umfeld kennen, was durchaus interessant ist. Es wird für meinen Geschmack aber etwas zuviel auf gestelztem Niveau daher geredet, so dass ich die Lektüre als recht ermüdend empfand.


    Vom sprachlichen her, war das Buch sehr schön zu lesen. Ich fand auch die Schriftgröße und der Druck sehr angenehm, so dass ich meistens sehr gerne zu diesem Buch gegriffen habe. Aus anderen Rezensionen habe ich entnommen, dass John le Carré mit diesem Buch scharfe Kritik an New Labour übt. Das habe ich durchaus auch empfunden, aber mir war die Kritik dann doch etwas zu wenig explizit. Ich denke, die Tatsache, dass ein misslungener Einsatz, bei dem es zu Kollateralschäden kommt, auch von anderen Regierungen lieber unter den Teppich gekehrt wird. Dass man mit Whistleblowern nicht gerade zimperlich umgeht, kann man ja aktuell in der Politik gut verfolgen.


    Der Roman hat sicher große Aktualität. Man sieht an einem Beispiel wie mit der Wahrheit umgegangen wird, beziehungsweise welche Gefahren lauern, wenn der Wahrheit auf den Grund gehen will. Er gibt auch sehr interessante Einblicke in die Arbeitsweisen von Geheimdiensten und privaten Sicherheitsfirmen. Aber wirklich ins Detail ging er da nicht. Im Vergleich zu älteren Spionageromane hatten die Figuren natürlich Computer, Handys und mussten aufpassen, dass sie nicht abgehört wurden, aber der Autor blieb bei den technischen Möglichkeiten doch eher vage.



    Mein Fazit


    Mich konnte dieser Roman nicht wirklich so packen, wie ich es mir gewünscht hätte. Er war mir nicht durchgehend spannend genug. Sprachlich haben gestelzte englische Dialoge aus vornehmen Herrenclubs durchaus ihren Reiz, aber auf mich haben sie einen etwas verstaubten Eindruck gemacht. Für Fans von le Carré und Kennern der britischen Politik ist der Roman aber sicher empfehlenswert, nicht zuletzt auch weil die Aufmachung wirklich sehr gelungen ist. Ich vergebe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Christopher Probyn soll alias Paul eine Operation auf Gibraltar mitgestalten. Er hält sie zuerst für einen Erfolg. Später kommen ihm die Zweifel. Auch Toby Bell, ein Mitarbeiter des damals involvierten Ministers Quinn, versucht die Wahrheit aufzudecken.
    Das Buch ist sehr kompliziert und auf sehr hohem Niveau geschrieben. Durch die Decknamen und den steten Wechsel zwischen zwei Personen hat man am Anfang Probleme in die Geschichte reinzukommen, was sich später legt. Man erhält gute Einsichten in die Welt der Diplomatie und Politik. Die Geschichte hört relativ abrupt auf und man wird doch etwas ratlos zurückgelassen, wobei man sich frägt was einem diese Geschichte jetzt sagen soll.
    "Empfindliche Wahrheit" ist ein sehr anspruchsvoller Roman ohne große Spannung.

  • Ein Geheimdienst-Thriller.


    Es geht um eine Geheimoperation in der englischen Kronkolonie Gibraltar. Dabei ist etwas schief gelaufen, was natürlich verheimlicht werden soll. Es geht um die direkt Beteiligten bzw. Ausführenden, um Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes sowie die Rolle und Verwicklungen des britischen Außenministeriums und privaten Militärdienstleistern.


    Ich fand den Roman nicht so gut, wie ich erwartet hätte.
    Der Klappentext versprach mehr Spannung, als der Roman dann halten konnte.
    Die Eingangssituation mit der Beschreibung der Geheimoperation auf Gibraltar fand ich sehr gut.
    Doch dann hätte man, meiner Meinung nach, das Buch um gut die Hälfte kürzen können, da nicht viel passierte.


    Aufgrund des ehr trockenen Sprachstils des Autors, blieben die Personen leider etwas farblos. Dieser Berichtstil, der meiner Meinung nach oftmals in einem etwas großen Raster erzählt, hat mir persönlich nicht so gut gefallen, da man als Leser mit den Protagonisten nicht besonders warm geworden ist und man sich die inneren Spannungen der Protagonisten sowie die Tragweite von Situationen selber dazu denken muss.


    Bisher kannte ich den Autor ehrlich gesagt nicht.
    Das Cover ist sehr schön und vermittelt einen hochwertigen Eindruck; passt jedoch, meiner Meinung nach, nicht unbedingt zum Titel oder zum Roman.


    Was mich etwas verwundert hat, ist, dass das Buch neu natürlich in Folie verpackt war. Jedoch ist auf der Buchrückseite keine Inhaltsbeschreibung, sondern „nur“ ein Bild des Autors. Und da eben noch die Folie dran ist, kann man auch die Beschreibung auf der Umschlaginnenseite nicht lesen. Wie soll man dann wissen, was das für ein Buch ist und worum es darin geht? Denn auch der Titel lässt nicht unbedingt auf einen Geheimdienst-Thriller schließen, oder?!


    3 Sterne (von max. 5 Sternen)


    ISBN: 9783550080364
    Autor: John le Carré
    2013
    Hardcover, gebunden
    Ullstein Verlag
    Preis: 24,99 €

  • Denn auch der Titel lässt nicht unbedingt auf einen Geheimdienst-Thriller schließen, oder?!


    Nun, ich denke mal, dass der Verlag davon ausgegangen ist, dass die meisten Leserinnen und Leser wissen, wer John LeCarré ist. Wie berechtigt eine solche Annahme auch immer sein mag.

  • In Gibraltar findet ein streng geheimer Einsatz statt. Ein islamistischer Terrorist soll festgenommen werden, hierzu haben sich eine britische Geheimdienst-Einheit sowie das Team einer amerikanischen Sicherheitsfirma zusammengetan. Als Beobachter ist ein langjähriger Mitarbeiter des britischen Außenministeriums mit vor Ort, der bisher keinerlei Geheimdiensterfahrung in der Praxis hatte. Seine Rolle in diesem Spiel bleibt eher unklar. Offiziell ist der Einsatz ein voller Erfolg, doch stimmt diese offizielle Version? Es bleiben Zweifel. Der Diplomat wird auf einen angenehmen Posten in der Südsee versetzt und lässt die Sache natürlich auf sich beruhen. Erst Jahre später, wieder zurück in England, trifft er mit einem der Mitglieder der damaligen Operation zusammen und wird gezwungen, die Augen zu öffnen. Gemeinsam mit dem damaligen Assistent des früheren Staatsministers, der die Aktion gesteuert hat, beginnt er nachzuforschen.


    Ich habe schon seit einigen Jahren keinen le Carré mehr gelesen und wusste dementsprechend nicht so genau, worauf ich mich da einlasse. Aus der Erinnerung weiß ich noch, dass ich seine früheren Werke sehr spannend fand und kaum aus der Hand legen konnte.
    Dies ging mir hier leider gar nicht so. Die Geschichte war mir zu unklar und verwickelt, die Personen und ihre Motive wurden für mich überhaupt nicht deutlich. Zwischendurch habe ich mich gefragt, ob das Buch eher als Agenten-Satire gedacht sein soll. Trotz des aktuellen und brisanten Themas konnte ich mich einfach nicht in die Handlung hineindenken, obwohl ich mir vorstellen kann, dass vieles durchaus realistisch dargestellt und damit ziemlich beunruhigend ist!


    Die ersten zwei Drittel des Buches fand ich leider furchtbar langweilig und habe überhaupt nicht verstanden, wer hier was und warum tut. Auch mit dem Schreibstil des Autors bin ich nicht wirklich zurechtgekommen.
    Gegen Ende wurde es dann etwas spannender und ich konnte der Handlung auch besser folgen. Da ich das Buch in einer Leserunde gelesen habe, habe ich mich bis dahin durchgekämpft und das Buch dann auch beendet, wenn ich es allein gelesen hätte, hätte ich wahrscheinlich nach hundert Seiten aufgegeben.


    Insgesamt konnte mich das Buch aber auch durch die Steigerung gegen Ende nicht mehr überzeugen und falls ich in nächster Zeit nochmal einen Le Carré lesen sollte, werde ich zu einem seiner früheren Werke greifen!