Astrid Rosenfeld - Elsa ungeheuer

  • Inhalt (Klappentext):
    Lorenz Bauer ist der neue Star der internationalen Kunstszene. Doch kaum einer ahnt, dass hinter seinem kometenhaften Aufstieg nicht nur Talent, sondern der raffinierte Plan zweier einflussreicher Frauen steckt.
    Karl Brauer, Lorenz' jüngerer Bruder, weiß das natürlich. Und auch, dass die verrätselten Bilder des aufstrebenden Malers ihren Ursprung in der Kindheit haben - in der Zeit, als Lorenz und Karl gerade ihre Mutter verloren hatten und Elsa in ihr Leben trat. Elsa mit den Streichholzarmen, dem rotzfrechen Mundwerk, den extravaganten Kleidern. Das Mädchen, an das einer der Brüder sein Herz verlor und der andere seine Illusionen. Das Mädchen, das keiner von beiden vergessen kann.


    Autorin:
    Astrid Rosenfeld wurde 1977 in Köln geboren. Sie hat in diversen Jobs in der Filmbranche gearbeitet, unter anderem als Casterin. Ihr Debütroman "Adams Erbe" erschien 2011 und schaffte es auf Anhieb auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis. Astrid Rosenfeld lebt als freie Autorin in Berlin.


    Meine Meinung u. Bewertung:
    Elsa - ein kleines Mädchen, das von ihrer unsteten Mutter und dessen Liebhaber nach zehn Jahren beim Vater geparkt wird, weil diese auf Weltreise gehen wollen. Da ahnt sie bereits, dass es ein Abschied für immer sein wird. Um ihre Verletzlichkeit nicht zu zeigen, reagiert sie starrköpfig, widerspenstig, kämpferisch und auch sehr mutig. Mit den Brüdern Lorenz und Karl verlebt sie eine verrückte Kindheit. Lorenz prügelt sich mit ihr, aber sie schlägt sich stets tapfer, und es verbindet sie auch eine merkwürdige Aura, die Karl sich nicht erklären kann. Karl liebt und bewundert diese kleine Wilde, folgt ihr auf Schritt und Tritt, würde alles für sie tun bis sie eines Tages nach Texas verschwindet.
    Doch sie sollte auch bei den inzwischen erwachsenen Männern einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
    Astrid Rosenfeld hat erneut wunderbare Charaktere geschaffen. Neben dem Dreiergespann sorgen vor allem die Haushälterin Kratzlerin und auf seine Art Herr Murmelstein, ein gestrandeter Dauergast auf der Suche nach der Erkenntnis, für das Wohl der Kinder. Der Humor dieser Seiten ist unwiderstehlich.
    Desweiteren bietet sie einen spitzfindigen Blick zur Künstlerwelt, und schlägt wieder mal das Kapitel 'was ist Kunst' und 'wer macht sie' auf ihre ganz eigene Weise auf.
    Das Buch berührt, ist aber auch schonungslos, unterhält vorzüglich. Liebe, Schicksal, Rausch, Selbstfindung rasant verpackt und hinreißend erzählt. Ich bin mir sicher es wird die Leser von "Adams Erbe" aufs Neue begeistern und neue Fans dazu gewinnen.
    Ich halte es da wie Karl, ich folge der Autorin auch weiterhin. :lol::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Danke für die tolle Rezension, nicht jeder gibt sich hier so viel Mühe, werde das Buch wohl auf die Liste meiner nächsten Bestellungen setzten. Die Geschichte hat Interesse bei mir geweckt.


    Gruß Frauke

  • [Eigenzitat aus amazon.de]:


    "Adams Erbe" hat mir seinerzeit ganz gut gefallen und so war ich an Frau Rosenfelds zweitem Roman sehr interessiert und habe mich auch gefreut, dass es hier wieder einen eigenständigen Roman gibt, ohne Fortsetzungscharakter.


    Zwei Brüder wachsen in einem etwas abgelegenen Dorf auf mit einem alleinerziehenden Vater, einer Haushälterin und einem ehemaligen Lehrer, der ihnen eher unpassende Geschichten aus seinem Leben erzählt. Eines Tages kommt dann der Wildfang Elas ins Dorf, die viele Männer, die ihr Vater sein könnten (buchstäblich) überaus nervös macht, während die beiden Brüder sie sofort in ihrem Bund zur Dritten machen.


    Diese wilde und ungewöhnliche Jugend macht den ersten Teil des Buchs aus, der "Hunde" heißt, während der zweite Teil ("Wölfe") die Leben der beiden erwachsenen Brüder in der gefahrvollen Welt der Kunstindustrie beschreibt. Dabei fühlte ich mich des Öfteren an Eric-Emmanuel Schmitts Lorsque j'ètais une œuvre d'arterinnert - nur ohne den verstörenden magischen Realismus. Ein überaus gelungenes Zweitlingswerk.

  • Auf den Klappentext vertrauend hatte ich eigentlich einen Roman aus der Kunstszene erwartet. Diese spielt auch eine gewisse Rolle, aber für mich eben nur eine zweitrangige. Als ich dann verdaut hatte, dass das eigentliche Thema die Geschichte der Dreiecksbeziehung zwischen Elsa, Lorenz und Karl ist, die durch Lorenz in seinem Lebenswerk verarbeitet wird, habe ich mich mit dem Buch doch recht schnell angefreundet.


    Die Geschichte um die zu Beginn des Romans 11-jährige Elsa, die von ihrer Mutter beim Vater „abgestellt“ wird, damit diese sich auf einer Weltreise mit dem neuen Mann an ihrer Seite vergnügen kann, wird von Karl aus seiner Sicht erzählt. Elsa, die ihren Kummer und Schmerz nicht zeigen will, verbirgt sich hinter einem Schutzwall aus Starrköpfigkeit, Widerborstigkeit und Frechheit gepaart mit schriller Kleidung. Karl liebt Elsa, er himmelt sie an. Mit Lorenz, Karls älterem Bruder, streitet und schlägt sie sich. Trotzdem hat Karl immer das Gefühl, dass Elsa und Lorenz etwas gemeinsam haben, das ihn eifersüchtig macht.


    Astrid Rosenfeld hat gekonnt eine sehr eigentümliche, oft fast schon skurrile Protagonistenschar ins Rennen geschickt. Mein Liebling war natürlich 'Murmeltier', auch wenn seine Gutenacht-Geschichten schon sehr speziell waren, erfuhren die Kinder einzig bei ihm Nähe, Wärme und Zuneigung. Sie hat überzeichnet und überspitzt und über viele Dinge mit einem lachenden und einem weinenden Auge berichtet.


    „Elsa ungeheuer“ ist ein Roman, der lange nachhallt. Das ist hauptsächlich dem beeindruckenden Stil der Autorin zu verdanken, der Sprachgewalt und Einfühlungsvermögen verbindet und mit Metaphern und Wortwitz geschmückt ist.


    Nach der Enttäuschung über den Klappentext habe ich den Roman sehr gern gelesen, er hat mich gut unterhalten und auch nachdenklich gestimmt. Die Autorin ist eine Entdeckung für mich und ihr Erstling „Adams Erbe“ steht bereits auf meinem Leseplan.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Hallo Karthause, freut mich, dass es dir gefallen hat.
    Stimmt die Kunstszene kommt später und ist nicht die Schlüsselrolle des Romans, nur das zusätzliche Zuckerle. Vielleicht hätte ich das in der Rezi deutlicher schreiben sollen,sorry.
    Dann wünsche ich dir viel Spaß mit Adams Erbe und natürlich mit dem Boyne, den du gerade liest, wie ich sehe!
    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ein kleines Dorf in der Oberpfalz. Drei Kinder, Karl, sein Bruder Lorenz und die wilde, temperamentvolle Elsa, wachsen zusammen auf.
    Es verläuft nicht immer reibungslos und besonders der etwas dickere Karl hat unter den Kämpfen zwischen Elsa, die ihm sehr wichtig ist, und seinem Bruder Lorenz zu leiden.
    Im späteren Verlauf ist das Trio erwachsen geworden und Karl taucht ein in eine Welt, die er aus der beschaulichen Heimat nicht gewohnt war. Zudem erfährt er Dinge über Elsa, die er eigentlich gerne nicht wissen möchte.
    Für mich war „Elsa ungeheuer“ von Astrid Rosenfeld eines der besten Bücher seit langem.
    Gefühlvoll und schonungslos erzählt sie die etwas verrückte Geschichte einer Kindheit auf dem Land und dem späteren Erwachsenwerden in der glamourösen Kunstwelt.
    Für mich ist Rosenfelds leichte und ansprechende Sprache schwer zu beschreiben. Ich habe das Buch einfach mit einer großen Lust und Freude gelesen und der Sog der Geschichte hat mich gleich zu Beginn in seinen Bann gezogen.
    Die authentischen Figuren waren teilweise skurril und insgesamt hat mich das Ergebnis manchmal etwas an John Irvings Welt erinnert.
    „Elsa ungeheuer“ ist ein wunderschönes, besonderes Buch, das einen von Anfang an begeistert und Immer wieder überrascht. Es gab zwar einige Andeutungen im Verlauf der Geschichte, dennoch war die letztliche „Auflösung“ am Schluss doch überraschend.
    Ich werde auf jeden Fall noch weitere Bücher der Autorin lesen, da sie es geschafft hat mich mit einer tollen Idee, liebenswerten Charakteren und einer tiefgründigen Sprache zu verzaubern.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :love: :thumleft: :love: :drunken: :love:

  • Man sollte sich vom Klappentext nicht täuschen lassen: Mehr als die Hälfte des Buches gehört der gemeinsamen Kindheit des Dreigespanns Lorenz, Karl und Elsa. Erst ab Seite 163 (von 277) geht es um das erwachsene Leben der Brüder und die Welt der Künste.


    Der erste Teil begeisterte mich; es sah so aus, als hätte ich ein 5- :bewertung1von5: -Buch in der Hand. Das Leben der Kinder im Dorf, das Gasthaus mit dem immer-gleichen Gästen, die phantasievoll und individuell gezeichneten Figuren - es gefiel mir alles ausgezeichnet. Komödie und Tragödie gekonnt zu verbinden schafft nicht jeder Autor, aber die Rosenfeld.


    Doch der Teil über die Machenschaften von Galeristen, Sponsoren und Maler, ihren Drogenkonsum, ihre Ränkespiele und ihre sexuellen Eskapaden flachte für mich ab. Man muss wie lange warten, bis Elsa für eine kurze Szene nochmal auftaucht, aber sie spielt keine Rolle mehr. Eine Enttäuschung für mich, denn bis dahin lebte die Handlung von der Göre.


    5 :bewertung1von5: für den ersten Teil, 3 :bewertung1von5: für den zweiten.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Der erste Satz:


    Für manche Menschen scheint die Erde einfach nicht der rechte Ort zu sein, und meine Mutter Hanna war so ein Mensch.


    Meine Meinung:


    Die Königin des Murmeltiers


    Die elfjährige Elsa ist ein kleiner Teufel, zumindest nach Ansicht ihrer Mutter und der anderen Erwachsenen. Nur einer hat scheinbar sein Herz an dieses vollkommene Ungeheuer verloren: der achtjährige Karl. Denn von der kurzen Berührung von Elsas Lippen auf seiner Wange hat er sich nie wieder erholt.
    Elsa hat den Menschen das Leben schwer gemacht, gleichzeitig muss dieses Mädchen eine unglaubliche Faszination bei gewissen Leuten hervorgerufen haben, denn anders kann ich es mir nicht erklären, wieso Herr Murmelstein (aka Murmeltier) sie als 'Königin' bezeichnet hat und Karl sie über die Jahre hinweg nicht vergessen konnte und ihr am liebsten überall hin gefolgt wäre.


    Dieses Buch ist in einem Ton geschrieben, wie ich ihn noch nie gelesen habe: auf eine Art und Weise melancholisch und zeitgleich mit einem auflockernden Witz.
    Ich musste währenddessen dauernd an einen älteren Film denken, wegen den alten Namen, den benutzten Ausdrücken und auch der Gepflogenheiten der Zeit, in der es spielt.
    Auch an dem eigenen Humor habe ich Gefallen gefunden. So waren zum Beispiel die alte Haushälterin, Frau Kratzler, bei der sich Karl und Lorenz nie sicher waren, ob sie nicht die älteste Frau der Welt ist, mit ihrem Gerede über das Herzjesulein, oder 'das Murmeltier' mit seinen Frauengeschichten inkl. ordinärer Ausdrücke, recht unterhaltsame Gestalten.


    Der Protagonist Karl, aus dessen Sicht diese Geschichte erzählt wird, war mir sehr sympathisch. Möglicherweise hatte ich hin und wieder auch etwas Mitleid mit ihm. Ich hätte ihm auf jeden Fall gewünscht, dass diese Geschichte mehr Gutes für ihn bereithält.
    Zu Karls Bruder Lorenz habe ich viel schwerer Zugang bekommen. Dieser Charakter war mir mit seiner Malerei, seinen Motiven und seiner, in meinen Augen ein wenig eigenartigen Beziehung zu seinem Bruder, oft ein Rätsel.


    Der Schluss, ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Er hat jedenfalls etwas sehr Tröstliches und ist voller Gnade. ;)
    Gerne empfehle ich diese melancholisch humorvolle, etwas gehobenere Lektüre mit seinen unvergesslichen Charakteren weiter.

    5 Sterne!