Hitler ist in gewisser Weise heute immer noch lebendig. Seine Ideen leben fort und er hat immer noch eine gewaltige Macht- nicht nur in Deutschland, obwohl es bei uns am deutlichsten wird. Hitler ist ein Schreckgespenst geworden, in den USA ist "worse than Hitler" eine Redewendung- teilweise auch bei Leuten, die gar nicht wissen, wer Hitler war.
Hitler hat selbst heute noch einen so großen Einfluss, dass man sich fast schuldig fühlt, wenn man Bücher wie das vorliegende liest. Ich glaube nicht an eine Weiterexistenz nach dem Tode, aber ehrlich: sollte es so etwas geben, wäre Hitler (wo auch immer er gerade steckt) vermutlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Er hat sich seinen Platz in der Geschichte gesichert. Er ist zu so etwas wie unserem Voldemort geworden und ich denke, das wäre ganz in seinem Sinne gewesen.
Jeden Tag läuft mindestens eine Dokumentation über Hitler im Fernsehen, meistens mehrere: Hitlers Eroberungen, Hitlers Frauen, Hitlers Schäferhundtrainingsprogramm (kein Witz...). Wir haben über ein halbes Jahrhundert versucht Vergangenheitsbewältigung durch Schuldgefühle zu betreiben- es hat nicht funktioniert. Hitlers Ideen werden immer reizvoller, je mehr der soziale und finanzielle Druck wächst. Um es ganz simplifiziert und überspitzt auszudrücken: der Staat verurteilt Hitler, der Staat "baut nur Mist", der einfache Bürger ist wütend auf den Staat und "würgt ihm eins rein" indem er die NPD wählt. Solche Tendenzen gibt es leider. Die braunen Gruppierungen nutzen dies ganz gezielt aus, indem sie "volksnahe Politik" betreiben, was die NSDAP auch getan hat. Hitler war ein Monster, aber er war effizient und für eine kurze Zeit (bevor der ganze Wahnsinn wirklich losging) hat er die Lebenssituation verbessert, wenn auch durch sehr fragwürdige Methoden. Aufrüstung schafft Arbeitsplätze.
Meiner Meinung nach ist die "aus vergangenen Fehlern lernen"-Haltung keine 100% erfolgreiche Methode seine Macht zu brechen. Geschichtliche Aufklärung ist wichtig, es darf nicht vergessen werden. Es darf aber auch nicht zu große Macht über uns haben. Wie Nietzsche so schön gesagt hat: Lasst uns unsere Feinde mit Lachen töten! (Also sprach Zarathustra) Jemand, der verspottet wird, wird im Allgemeinen nicht politisch ernstgenommen (obwohl gewisse Tendenzen in Italien anscheinend etwas anderes nahelegen...).
Dabei muss man allerdings ganz klar den Mann von den Taten trennen.
Wenn man es sich genau überlegt, hat er eine Menge "Witziges" gesagt: er war klein, dunkelhaarig und nicht sehr ansehnlich und predigt von der Kanzel aus den deutschen Mann: groß, blond und gutaussehend! (Hier mal ein Bild von Tussaud: http://static.cosmiq.de/data/d…61f7b41edf8aa0_1_orig.jpg )
Seine Taten sind ein ganz anderes Kaliber und bevor mir jemand Holocaustverleugnung unterstellt: mein Großonkel war Jude und im KZ.
Natürlich ist es schwierig eine sachliche Diskussion über ein so emotionales Thema zu führen, vor allem da es immer noch Menschen gibt, die im KZ oder den Nachwehen Angehörige verloren hatten. Es sind auch genug Befreite in den darauffolgenden Jahren langsam und qualvoll an den Folgeerkrankungen gestorben, was die Familien hautnah miterlebt haben, oder haben an schweren psychischen Krankheiten gelitten, was für die Opfer und Angehörigen unter Umständen noch viel schlimmer sein kann.
Trotzdem muss man sich irgendwann davon lösen. Der Nationalsozialismus ist keine Erbsünde, deren Schuld automatisch an die nächsten Generationen übergeht. Mein Großvater war im 2. WK ein Jugendlicher, war als kleiner Matrose an Bord und ist für kurze Zeit in US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft gewesen. Er ist vor ein paar Jahren an Altersschwäche gestorben.
Ich persönlich empfinde weder (Mit-)Schuld noch (Mit-)Verantwortung gegenüber der NS-Zeit. Es war schrecklich und ich habe großes Mitleid mit den Opfern- Deutschland selbst hat aber auch sehr unter Hitler gelitten. Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten ermordeten Juden in meinen Augen auch "normale" Deutsche gewesen sind und sich im Allgemeinen auch selbst so gesehen haben. Viele Märtyrer sind gestorben, viele Unschuldige in Arbeitslagern und KZs grausam ermordet worden und viele viele Soldaten wurden für den Größenwahnsinn weniger Menschen geopfert- auf allen Seiten.
Gedenkt der Taten und der Opfer, aber nicht des Mannes.
Das hat er nicht verdient.