Klappentext:
Als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth beugt er sich im Kölner „Tatort“ mit grünem Kittel mürrisch über Leichen. Nach Drehschluss fährt er zurück in sein richtiges Leben: Seit über fünfundzwanzig Jahren arbeitet Joe Bausch als Gefängnisarzt in Werl, einer der größten Justizvollzugsanstalten in Deutschland. Die Häftlinge vertrauen ihm. Sie erzählen von den dunklen Seiten, lassen ihn tief in die Abgründe ihrer Seele blicken. Hautnah erlebt er Konflikte und Tragödien: Ein Mann in U-Haft hat Angst um seine schwangere Frau. Bei Joe Bausch legt er eine Lebensbeichte ab – und erhängt sich später. Ein Drogendealer gesteht ihm einen Mord, weil er weiß, dass sein Arzt an die Schweigepflicht gebunden ist.
Persönlich und eindringlich erzählt Joe Bausch zum ersten Mal von einem Kosmos, in dem ganz eigene Regeln gelten. Und er gibt wichtige Denkanstöße, wie Häftlinge resozialisiert und Verbrechen verhindert werden können. Der Knast steht nicht am Rande der Gesellschaft – er ist vielmehr ihr Spiegel. Joe Bausch gewährt Einblicke in eine Welt, die wir nur allzu gerne ausgrenzen würden. Er gibt dem Knast eine Stimme.
Über den Autor:
Joe Bausch, Jahrgang 1953, arbeitet als Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl und ist bekannt als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth im Kölner „Tatort“.
Allgemeines zum Buch:
„Knast“ umfasst 285 Seiten und gliedert sich in einen Prolog, 18 Kapitel sowie einen Epilog. Abgerundet wird das Buch durch eine Danksagung des Autors. Die Kapitel unterteilen sich alle in Unterkapitel bzw. Abschnitte, die mit eigenen Überschriften versehen sind.
Geschrieben ist das Buch in der Ich-Perspektive des Autors und Erzählers Joe Bausch. Dadurch gleicht das Buch einer Autobiographie, obwohl der Autor selbst betont, dass „Knast“ keine solche darstellt.
„Knast“ ist im März 2012 als Hardcover mit Schutzumschlag im Ullstein Verlag erschienen.
Meine Meinung zum Buch:
„Ich bin der Hausarzt von Mördern, Totschlägern, Vergewaltigern, Kinderschändern, Erpressern, Betrügern und Dieben. Ich bin RAF-Terroristen begegnet, Wirtschaftskriminellen, Brandstiftern und Frauen, die ihr Baby umgebracht haben. Aber auch vielen Eierdieben. Im Knast ist alles echt. Hier stehst du nicht mehr auf Brettern, die die Welt bedeuten. Hier stehst du knöcheltief in der Scheiße, bist konfrontiert mit einer Realität, die dir alles abverlangt.“
Mit dieser knallharten Realität macht Joe Bausch seine Leser vertraut. Er nimmt sie mit auf eine Reise hinter Gittern, lässt sie den Knastalltag kennenlernen. Völlig unverblümt und unbeschönigt beschreibt der Autor, was es heißt, wenn sich hinter einem Menschen eine Tür schließt, die an der Innenseite weder eine Klinke noch ein Schlüsselloch hat. Dem Leser wird vor Augen geführt, wie das Leben im Gefängnis abläuft, wie man dort jegliche Eigenständigkeit abgibt und ein völlig fremdbestimmtes Leben führt. Die Eintönigkeit, das Ausgeliefertsein, die Ungewissheit – die Gefühle eines Gefängnisinsassen übertragen sich direkt auf den Leser. Und das, obwohl der Schreibstil des Autors völlig emotionslos ist. Aber dafür ist er eindringlich und so herrlich direkt.
Joe Bausch beschreibt nicht nur seine Kindheit, in der die ersten Grundsteine für seine spätere Entwicklung gelegt wurden, und seinen eigenen Werdegang, angefangen bei seinem ersten Arbeitstag als Gefängnisarzt. Er widmet sich auch den Entwicklung des Gefängnisses, in dem er seit 25 Jahren arbeitet und in dem er schon alles gesehen und erlebt hat. Auch die Auswirkungen seiner Arbeit auf sein Privatleben werden beschrieben. Dabei ist die Tatsache, dass er direkt neben der JVA wohnt und dadurch sowohl Wachmannschaften als auch Insassen einen guten Blick auf sein Haus haben, noch das geringste Übel.
Der Autor berichtet von harten Jungs, solchen, die es werden wollen und solchen, die nur vorgeben, hart zu sein. Er erzählt von den verschiedensten Typen von Verbrechern, die ihm im Laufe seiner Karriere begegnet sind und beschreibt ihre besonderen Eigenschaften. Er gibt Informationen über Tauschgeschäfte preis, lässt den Leser an gelungenen und gescheiterten Fluchtversuchen teilhaben und erzählt von Menschen, die im Gefängnis zerbrochen sind. Das Leben von Frauen im Knast wird genauso beleuchtet wie das Leben von Frauen außerhalb des Knastes, die ihre Männer für eine Stunde besuchen können. Kurzum: Mit „Knast“ wird der Alltag im Gefängnis greifbar. Bausch sagt, dass dieses Buch keine Autobiographie darstellt. Das tut es auch nicht. Aber dafür es ist eine Biographie der JVA Werl, ihrer Insassen und ihrer Mitarbeiter..
Das Buch ist durchweg sehr allgemein gehalten. Zwar erzählt der Autor auch von einigen bestimmten Beispielen und konkreten Fällen, die dann fettgedruckt sind und sich dadurch vom eigentlichen Text unterscheiden. Aber es sind nur eine Handvoll Fälle, die so konkret erzählt werden. Diese sind zudem schon recht alt, stammen hauptsächlich aus den siebziger oder achtziger Jahren. Zum Großteil enthält das Buch Verallgemeinerungen und Zusammenfassungen vieler Erlebnisse und Erfahrungen des Autors.
Mein Fazit:
Mit „Knast“ wird der Alltag in der JVA Werl lebendig und greifbar – Bausch erzählt unverblümt und direkt von seinen Erfahrungen als Gefängnisarzt.