Klaus Mann - Kindernovelle

  • Zum Autor:
    Klaus Mann, am 18. November 1906 in München als zweites Kind des Schriftstellers Thomas Mann geboren, schrieb schon als Schüler Gedichte und Novellen. 1924 ging er als Theaterkritiker nach Berlin. Mit seiner Schwester Erika, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens gründete er ein Theaterensemble. Die 1929 gemeinsam unternommene Weltreise finanzierten Erika und Klaus Mann mit improvisierten Vorträgen und Auftritten. 1933 emigrierte Klaus Mann zunächst nach Amsterdam, dann zwei Jahre später in die USA. Als Soldat der US-Army war er am alliierten Feldzug in Nordafrika und Italien beteiligt. Klaus Mann nahm sich 1949 in Cannes das Leben. Sein Werk umfasst Romane, Erzählungen, Essays, Theaterstücke und die beiden autobiographischen Aufzeichnungen Kind dieser Zeit und Wendepunkt. (von Amazon kopiert und ergänzt)


    Inhalt:
    Christiane, Witwe eines bekannten Gelehrten, lebt mit ihren vier Kindern in einer gepflegten Villa in einem bayrischen Dorf. Die Kinder werden von einem Hauslehrer unterrichtet und toben sich, meist unbeaufsichtigt, im Garten, im Wald und am Weiher aus.
    Als angeblicher Verehrer ihres Ehemanns taucht eines Tages der junge Till (Tunichtgut? Herumtreiber? Student?) im Haus auf. Trotz seines Sträubens wirft Christiane sich ihm an den Hals und versinkt in Liebeskummer nach seiner überstürzten Abreise. Doch Tränen sind nicht das einzige, das Till ihr hinterlässt.



    Allgemeine Informationen:
    10 Kapitel auf 107 Seiten mit einem Nachwort von Herbert Schlüter, insgesamt 122 Seiten
    Die „Kindernovelle“ schrieb Mann im Jahr 1926, nachdem er im Jahr zuvor als Skandalautor des Theaterstücks „Anja und Esther“ bekannt wurde.
    Kern der Erzählung ist eine Kindheitsidylle; aus gewissen Details lässt sich die Handlung auf die Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts datieren, eine genaue Eingrenzung gibt das Buch nicht preis.
    Wie Manns Freund und Kollege Herbert Schlüter im Nachwort schreibt, wurde der Autor zu dieser Novelle von seinem Vater inspiriert, der im Jahr zuvor „Unordnung und frühes Leid“ veröffentlicht hatte, auch eine Erzählung, die das Thema Jugend und das Aufwachsen in einer Familie in den 20er Jahren thematisiert. So erfährt man auch, dass Klaus Mann diese Erzählung aus zwei separat geschriebenen Bausteinen, dem Kindheitsidyll und der Liebesgeschichte, zusammensetzte.



    Eigene Meinung / Bewertung:
    In ihrer Kindheit herrschen eitel Sonnenschein und Freiheit. Auch wenn der Vater gestorben und die Mutter die größte Zeit geistesabwesend ist, scheinen die Kinder ein behütetes und glückliches Leben zu führen. Sie erfinden sich Phantasiewelten, in denen jedes eine Rolle verkörpert, sie spielen, streiten und trösten einander.


    Dass die Familie autobiographische Züge trägt, ist unschwer zu erkennen. In den vier Kindern spiegeln sich Klaus und seine Geschwister. (Merkwürdig oder interessant in diesem Zusammenhang: Vom Vater der Kinder in der Erzählung zeugen nur sein Schreibtisch mit Papieren und eine Totenmaske an der Wand.) Auch für die Person des Tills existiert ein Freund Klaus Manns als reales Vorbild.


    Im Wald hinter dem Grundstück steht ein Heim für blinde Kinder. Man dürfte erwarten, dass entweder das Heim oder eines der dort lebenden Kinder eine Rolle spielt (warum sonst sollte Mann dieses Haus eingeführt haben?), wird aber enttäuscht.


    Die Novelle ist ein ruhiges, leicht zu lesendes Buch, emotional seiner Zeit gemäß ein wenig distanziert, und es wirkt im Jahr 2012 bezaubernd nostalgisch.
    Ein kleiner Klassiker, für den man eine große Empfehlung aussprechen kann. Auch für diejenigen, denen Klassiker irgendwann vergällt wurden.


    Fazit:
    Eine kleine, gleichzeitig heitere und melancholische Erzählung.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)